KriPoZ-RR, Beitrag 19/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 23.07.2019 – 1 StR 433/18: Einordnung einer Waffe als Kriegswaffe nach § 1 Abs. 2 KrWaffG

Leitsatz der Redaktion:

Von § 1 Abs. 2 KrWaffG werden auch solche Waffen erfasst, mit denen eine vollautomatische Schussabgabe zwar aufgrund eingebauter Behinderungen oder fehlender Teile nicht möglich ist, deren volle Funktionsfähigkeit im Hinblick auf eine vollautomatische Schussabgabe aber jederzeit mit einfachen Werkzeugen, leicht zu beschaffenden Teilen und in verhältnismäßig kurzer Zeit von jedermann wiederherstellbar ist.

Sachverhalt:

Das LG Stuttgart hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher unerlaubter Beförderung von Kriegswaffen und wegen vorsätzlicher unerlaubter Ausfuhr von Kriegswaffen verurteilt.

Nach den Feststellungen des LG hatte der Angeklagte bei einem iranischen Waffenhersteller, der auch die AK 47 Kalaschnikow produzierte, 400 Gewehre nach seinen Plänen aus den Teilen der Kalaschnikow anfertigen lassen. Dabei hatte das Unternehmen die Einzelteile derart verändert, dass eine vollautomatische Schussabgabe nicht mehr möglich war. Allerdings war es mit Ersatzteilen und Anleitungen aus dem Internet in sehr kurzer Zeit möglich gewesen, diese baulichen Einschränkungen rückgängig zu machen und so eine vollautomatische Schussabgabe zu ermöglichen, was dem Angeklagten auch bekannt gewesen war. Er hatte jedoch gehofft, dass die Waffen keine Kriegswaffen darstellten. Im September 2011 hatte der Angeklagte zwei der Waffen an das Beschussamt verschickt und im Dezember eine Spedition mit der Ausfuhr der restlichen Waffen in die Schweiz beauftragt.

Entscheidung des BGH:

Der BGH verwarf sowohl die Revision des Angeklagten als auch die der Staatsanwaltschaft und bestätigte damit das Urteil des LG Stuttgart.

Obwohl keine vollautomatische Schussabgabe (sog. Dauerfeuer) möglich gewesen sei, handele es sich bei den Gewehren um Kriegswaffen nach § 1 Abs. 2 des KrWaffG, da ein Rückbau zu einer vollautomatischen Waffe jederzeit mit geringem Aufwand durchführbar gewesen sei.

Für diese Auslegung des § 1 Abs. 2 KrWaffG spreche zum einen der Wortlaut der Norm, der Kriegswaffen als solche Gegenstände definiert, die „geeignet sind, allein, in Verbindung miteinander oder mit anderen Gegenständen … Zerstörungen oder Schäden an Personen oder Sachen zu verursachen“, was auf die Gewehre zutreffe.

Zudem wolle auch der Gesetzgeber solche Gegenstände mit dem KrWaffG erfassen, da er in der Gesetzesbegründung davon spreche, alle erdenklichen Lücken schließen zu wollen. Dies könne ihm jedoch nur gelingen, wenn nur solche Gegenstände ihre Kriegswaffeneigenschaft verlieren würden, die dauerhaft funktionsuntüchtig geworden seien oder deren Rückbau derart kompliziert und kostenintensiv sei, dass er absolut unverhältnismäßig sei.

Abschließend stellt der BGH auf den Sinn und Zweck des Kriegswaffenkontrollgesetzes ab, der umgangen würde, wenn von jedermann einfach zurückzubauende Waffen nicht vom Anwendungsbereich des Gesetztes erfasst würden.

Anmerkung der Redaktion:

Nach der Regelungstechnik des KrWaffG kommt es für die Einstufung als Kriegswaffe auf die formale Eintragung in die Kriegswaffenliste an (§ 1 Abs. 1 KrWaffG). Diese Liste kann gem. § 1 Abs. 2 KrWaffG von der Bundesregierung durch Verordnung und mit Zustimmung des Bundesrats aktualisiert werden. Maßgeblich für die Aufnahme einer Waffe in die Kriegswaffenliste ist die Definition in § 1 Abs. 2 KrWaffG, der in diesem Urteil vom BGH lehrbuchmäßig ausgelegt worden ist.

 

 

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