KriPoZ-RR 2/2024

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

Leitsatz der Redaktion:

Gesetzeseinheit in Form der Konsumtion ist im Grundsatz nur dann anzunehmen, wenn der Unrechtsgehalt eines Verhaltens durch einen der anzuwendenden Straftatbestände bereits abschließend erfasst wird.

Sachverhalt:

Das LG hat den Angeklagten der Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung und der Beihilfe zur versuchten Nötigung in Tateinheit mit Beihilfe zur Bedrohung schuldig gesprochen. Zudem hat die Kammer ihm deswegen eine Geldauflage erteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen.

Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Angeklagte im Auftrag einer anderweitig verfolgten Person einem Zeugen eine Nachricht dieser zeigte, in der der Zeuge dazu aufgefordert wurde, zu der von ihm beobachteten Tat keine Angaben bei der Polizei zu machen. Anderenfalls würde der Zeuge Opfer einer gefährlichen Körperverletzung werden. Der Zeuge ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken.

Entscheidung des BGH:

Der Senat hat aus prozessökonomischen Gründen das Verfahren mit Zustimmung des Generalbundesanwalts auf den Vorwurf der Beihilfe zur versuchten Nötigung beschränkt. Dieser hatte in der Antragsschrift eine Schuldspruchänderung beantragt, da die tateinheitliche Verurteilung wegen Beihilfe zur Bedrohung neben der Beihilfe zur versuchten Nötigung nicht der einschlägigen Rechtsprechung des BGH zum Konkurrenzverhältnis entspreche. Nach ständiger Rechtsprechung trete die Bedrohung hinter eine nur versuchten Nötigung zurück, wenn die Nötigungshandlung in einer Bedrohung mit einem gegen den Genötigten gerichteten Verbrechen bestand.

Der 5. Senat betont, dass er – wie bereits der 4. Strafsenat – zur Annahme von Tateinheit zwischen einer Bedrohung und einer nur versuchten Nötigung tendiere. Hierzu führt der Senat aus, dass eine Konsumtion grundsätzlich nur anzunehmen sei, wenn der Unrechtsgehalt einer Handlung durch einen der anzuwendenden Straftatbestände bereits erschöpfend erfasst werde. Er bezweifelt, dass eine Bedrohung von einer nur versuchten Nötigung erschöpfend erfasst wird. Hierzu führt er aus, dass die Strafrahmenobergrenze des § 241 Abs. 2 StGB durch die Novellierung der Vorschrift im Zuge des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität (BGBI. I, S. 441) auf zwei Jahre Freiheitsstrafe erhöht wurde. Zudem intendieren beide Straftatbestände den Schutz unterschiedlicher Rechtsgüter. § 240 StGB schütze die Freiheit der Willensentschließung und -betätigung, während § 241 StGB den Schutz des subjektiven Rechtsfriedens bezwecke. Dies spreche dafür, zwischen beiden Straftatbeständen eine Idealkonkurrenz anzunehmen.

Der Senat weist jedoch darauf hin, dass einer Rechtsprechungsänderung möglicherweise eine Entscheidung des 3. Strafsenats (3 StR 161/22 Rn. 4) entgegenstehen könnte.

Anmerkung der Redaktion:

Der 5. Senat lässt (vorsichtig) seine Ablehnung der bisherigen Rechtsprechung hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses zwischen § 240 und § 241 StGB erkennen. Es bleibt nun abzuwarten, ob sich zukünftig der 3. Senat zu dieser Rechtsfrage äußert und ggf. seine Ansicht hierzu klarstellt.

 

KriPoZ-RR, Beitrag 34/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 02.07.2019 – 2 StR 130/19: § 241 StGB tritt hinter § 177 StGB zurück, wenn die Drohung zur Durchführung der sexuellen Handlung eingesetzt wird

Leitsatz der Redaktion:

Die Reform des § 177 StGB hat keine Auswirkungen auf das Konkurrenzverhältnis zu § 241 StGB.

Sachverhalt:

Das LG Köln hat den Angeklagten u.a. wegen versuchter Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung in drei Fällen, in einem Fall in weiterer Tateinheit mit Bedrohung verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte nachts eine junge Frau überwältigt, die gerade ihre Wohnungstür hatte aufschließen wollen. Er hatte sie gewaltsam von der Tür weggezogen, sie nach Gegenwehr ihrerseits gegen ein Geländer geschleudert und weitere Hilferufe der Geschädigten durch eine Todesdrohung zu unterbinden versucht.

Nachdem er sie in ein Gebüsch geführt und nochmals gedroht hatte sie „abzustechen“, wurde eine Zeugin auf das Geschehen aufmerksam, was den Angeklagten zur Flucht veranlasst hatte, ohne den Geschlechtsverkehr vollziehen zu können.

Entscheidung des BGH:

Der BGH änderte das Urteil dahingehend, dass die tateinheitliche Verurteilung wegen Bedrohung entfällt.

Der Tatbestand der Bedrohung trete hinter der sexuellen Nötigung oder Vergewaltigung gesetzeskonkurrierend zurück, wenn die Todesdrohung Tatmittel der sexuellen Nötigung sei und der Ermöglichung der sexuellen Handlung diene. Gleiches gelte auch für den Versuch der Vergewaltigung.

Die Änderung des § 177 StGB vom 4. November 2016 ändere an dieser Rechtsprechungspraxis nichts, da das Tatbestandsmerkmal der qualifizierten Drohung zwar in einen Qualifikationstatbestand überführt worden sei, sich inhaltlich allerdings nicht verändert habe.

Anmerkung der Redaktion:

Diese konkurrenzrechtliche Betrachtung wurde vom BGH am 23. April 2002 entwickelt (1 StR 95/02).

§ 177 StGB wurde im November 2016 durch das Fünfzigste Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches („Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung“) reformiert. Eine Chronologie des Gesetzgebungsverfahrens finden Sie hier.

Prof. Hörnle, die ebenfalls als Sachverständige im Gesetzgebungsverfahren tätig war, ordnete die geplanten Änderungen in der KriPoZ kritisch ein. Den Beitrag finden Sie hier. Einen weiteren Beitrag zum neuen Sexualstrafrecht von Dr. Papathanasiou finden Sie hier.

 

 

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