Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 03.03.2021 – 4 StR 338/20: Diebstahl am Geldautomaten
Amtlicher Leitsatz:
Zum Gewahrsam des Bankkunden am Bargeld im Ausgabefach eines Geldautomaten, wenn er den Auszahlungsvorgang durch Einführen seiner Karte und Eingabe der zugehörigen PIN-Nummer ausgelöst hat.
Sachverhalt:
Das LG Dortmund hat die Angeklagten L. und B.R. wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall in fünf Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Nötigung, den Angeklagten T. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls sowie Diebstahls in einem besonders schweren Fall und den Angeklagten D.R. wegen besonders schweren räuberischen Diebstahls in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatten sich die Angeklagten L. und B.R. neben Bankkunden an den Geldautomaten gestellt und nachdem diese ihre Karte und PIN in den Automaten eingegeben hatten, das Eingabefeld verdeckt und selbst Beträge eingegeben und die Auszahlung bestätigt. Danach hatten sie das Geld entnommen und sich entfernt. Teilweise hatten sie dabei eine Kundin vom Automaten weggeschubst. Die Angeklagten T. und D.R. hatten teils an den Taten mitgewirkt und die Flucht der Täter gesichert.
Entscheidung des BGH:
Der BGH bestätigte die Verurteilungen durch das LG, da es sich bei der Entnahme der Geldscheine aus dem Automaten um eine Wegnahme gehandelt habe.
Bei der Freigabe des Geldes in dem Ausgabefach des ordnungsgemäß bedienten Automaten könne es sich, wie vom Zweiten Strafsenat vertreten, um eine Preisgabe des Gewahrsams durch das Geldinstitut handeln, was einen Bruch desselben unmöglich machte.
Andererseits nehme der Dritte Strafsenat einen Gewahrsamsbruch an, da die Bank den Gewahrsam am Geld nur an den den Geldautomaten ordnungsgemäß Bedienenden übertragen wolle und gerade nicht an eine später eingreifende Person.
Dies Streitfrage entschied der Vierte Strafsenat jedoch nicht, da er jedenfalls von einem im Zeitpunkt der Entnahme des Geldes bestehenden Mitgewahrsam der Bankkunden ausgeht, der unproblematisch durch den Täter gebrochen worden sei.
Gewahrsam sei definiert als die von einem Herrschaftswillen getragene tatsächliche Sachherrschaft. Eine solche sei gegeben, wenn jemand auf eine Sache unter normalen Umständen einwirken kann und seiner Herrschaft keine Hindernisse entgegenstehen. Dabei seien die Umstände des Einzelfalls und die Anschauungen des täglichen Lebens maßgeblich, so der BGH.
Die Verkehrsanschauung ordne Bargeld, das im geöffneten Ausgabefach eines Geldautomaten liege zumindest auch der Person zu, die den Automaten bedient habe, der somit zumindest ein Mitgewahrsam zufalle. Dieser sei auch von einem Herrschaftswillen getragen, da die Person wisse, dass ihr Konto mit dem Betrag belastet werde. Daher sei es auch unerheblich, dass die Täter den genauen Betrag eingegeben hätten.
Diesen Mitgewahrsam hätten die Täter jedenfalls gebrochen.
Anmerkung der Redaktion:
Die Entscheidung des Zweiten Strafsenats finden Sie hier.
Den KriPoZ-RR Beitrag zur Entscheidung des Dritten Senats finden Sie hier.