KriPoZ-RR, Beitrag 30/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 07.04.2020 – 3 StR 90/20: Ruhen der Verjährungsfrist bei Sexualdelikten

Leitsatz der Redaktion:

Das Ruhen der Verjährung bei Sexualdelikten gem. § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB richtet sich einzig und allein nach der Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers und muss nicht teleologisch reduziert werden.

Sachverhalt:

Das LG Oldenburg hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte in der ersten Hälfte des Jahres 1993 sein Opfer zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Ein Ermittlungsverfahren wegen dieses Vorwurfs war 1999 mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt worden. Erörterungsbedürftig war für den BGH ausschließlich die Frage der Verjährung der Tat.

Entscheidung des BGH:

Der BGH bestätigte die Verurteilung durch das LG, da die Tat entgegen der Ansicht der Revision noch nicht verjährt sei.

Die Verjährungsfrist ruhe bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers. Daran ändere auch die Gesetzesänderung des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB vom 27.01.2015 nichts, da die Tat vor Änderung der Norm nicht verjährt war und damit kein Rückwirkungsverbot bestanden habe. Demnach finde die neue Regelung, die auf das 30. Lebensjahr abstellt, Anwendung.

Zudem sei die Norm auch nicht teleologisch zu reduzieren und die Verjährung nur bis zur Einleitung des ersten Ermittlungsverfahrens ruhen zu lassen. Ob die Tat bereits vor Vollendung des 30. Lebensjahres des Opfers Gegenstand von Ermittlungen gewesen sei, entfalte keine Relevanz. Dafür spreche schon der klare Wortlaut des § 78b Abs. 1 Nr. 1 StGB, der eine andere Auslegung nicht zulasse. Zudem müsse auch aus Gründen der Rechtsklarheit und –sicherheit auf die Vollendung des 30. Lebensjahres abgestellt werden, so der BGH.

Nähme man ein Ende des Ruhens der Verjährung ab Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden von der Tat an, erfinde man ein Kriterium, welches im Gesetz überhaupt nicht angelegt sei und zudem erhebliche Nachweisschwierigkeiten bereite. Auch der Gesetzgeber habe bei Änderung der Norm allein die Perspektive der Opfer vor Augen gehabt, die genug Zeit haben sollten, um die Tat zu verarbeiten und Anzeige zu erstatten. Die schon vorher vorhandene Kritik der Literatur habe der Gesetzgeber bewusst nicht aufgenommen.

 

Anmerkung der Redaktion:

Informationen zur Änderung des § 78b StGB finden Sie hier.

 

 

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