KriPoZ-RR, Beitrag 68/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 31.08.2020 – AK 20/20: Zum Grad der Eingliederung in einen fremden Geheimdienst nach § 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG

Amtlicher Leitsatz:

Für die Qualifikation des § 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG ist nicht zu verlangen, dass das Tun des Täters zu einer funktionellen Eingliederung in die Ausforschungsbemühungen des Geheimdienstes einer fremden Macht führt. Ausreichend ist jedenfalls, wenn sich die Tat als Ausfluss der Einbindung des Täters lediglich in die geheimdienstliche Beschaffungsstruktur darstellt.

Sachverhalt:

Der Beschuldigte ist im Februar 2020 vorläufig festgenommen worden und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, sich durch mehrere Ausfuhren von Werkzeugmaschinen nach Russland, gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 lit. A, Abs. 7 Nr. 1 und 2 Alternative 1 AWG i.V.m. Art. 1 lit. A, Art. 2 Abs. 1 der Russlandembargo-VO (EU) Nr. 833/2014, §§ 52, 53 StGB strafbar gemacht zu haben.

Nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen soll der Beschuldigte mehrere Werkzeugmaschinen, die der Russlandembargo-VO unterfallen waren, an einen Geschäftspartner verkauft und geliefert haben, der vom russischen Geheimdienst kontrolliert worden war. Der Beschuldigte soll dabei mit einer militärischen Verwendung der Maschinen gerechnet haben.

Der Beschuldigte hat sich gegen die Fortdauer seiner Untersuchungshaft gewendet.

Entscheidung des BGH:

Der BGH entschied, dass die Untersuchungshaft fortzudauern habe.

Der Beschuldigte sei dringend verdächtig gewerbsmäßig und geheimdienstlich gesteuert, gegen ein Verkaufs- und Ausfuhrverbot der Europäischen Union verstoßen zu haben.

Neben der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit (§ 18 Abs. 7 Nr. 2 Alt. 1 AWG) sei der Beschuldigte ebenfalls verdächtig, für einen Geheimdienst einer fremden Macht gehandelt zu haben (§ 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG).

Eine organisatorische Eingliederung in den fremden Geheimdienst sei dafür, ebenso wie bei § 99 Abs. 1 StGB, nicht erforderlich. Im Unterschied zu dieser Norm fordere § 18 Abs. 7 Nr. AWG jedoch gerade keine geheimdienstliche Tätigkeit, sondern nur ein schlichtes Handeln für einen fremden Geheimdienst. Somit sei ebenfalls nicht erforderlich, dass der Täter funktionell in die Ausforschungsbemühungen des ausländischen Geheimdienstes eingegliedert sei, so der BGH.

Demnach sei es für die Verwirklichung der Qualifikation des § 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG ausreichend, wenn sich die Tat als Ausfluss der Einbindung des Täters lediglich in die geheimdienstliche Beschaffungsstruktur darstelle.

Dies sei im vorliegenden Fall anzunehmen und der Haftbefehl daher aufrechtzuerhalten.

 

Anmerkung der Redaktion:

Die Qualifikation des § 18 Abs. 7 Nr. 1 AWG wurde 2013 vom Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung des Außenwirtschaftsrechts geschaffen, um der höheren Gefährlichkeit illegaler Beschaffungsvorgänge, wenn sie geheimdienstliche gesteuert werden, zu begegnen.

 

 

 

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