KriPoZ-RR, Beitrag 21/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 09.02.2021 – 3 StR 382/20: Konkurrenzrechtliches Verhältnis von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB und § 226 Abs. 1 StGB

Leitsatz der Redaktion:

Eine (vollendete) gefährliche Körperverletzung gem. § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB steht mit einer (vollendeten) schweren Körperverletzung (§ 226 Abs. 1 StGB) in Tateinheit.

Sachverhalt:

Das LG Oldenburg hat den Angeklagten wegen schwerer Körperverletzung verurteilt und eine ebenfalls verwirklichte gefährliche Körperverletzung dahinter zurücktreten lassen.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte das Opfer mit einer Waffe oder einem gefährlichen Werkzeug und mit anderen Beteiligten gemeinschaftlich sowie mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung verletzt. Dabei hatte das Opfer eine schwere Folge i.S.d. § 226 Abs. 1 StGB erlitten.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Urteil auf die Revision der Nebenklage hin nicht auf, da keine Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten ersichtlich gewesen seien.

Zwar habe das LG eine tateinheitliche Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung und schwerer Körperverletzung nur auf die Verwirklichung der Tatbestandsvarianten Nr. 4 und 5 gestützt und die ebenfalls verwirklichte Verurteilung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 zurücktreten lassen. Dieser Rechtsfehler begünstige den Angeklagten jedoch allenfalls im Schuldgehalt der Tat und damit im Strafausspruch, der allerdings von der Nebenklagerevision nicht umfasst sein könne.

Da dennoch eine tateinheitliche Verurteilung aufgrund der § 224 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 5 StGB erfolgt sei, sei es in diesem Fall nicht zu entscheiden gewesen, ob § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB tatsächlich hinter § 226 Abs. 1 StGB zurücktrete.

Allerdings ließ sich der Senat zu einem Hinweis hinreißen, wonach er auch zwischen diesen beiden Tatbestandsvarianten eine tateinheitliche Verurteilung für vorzugswürdig halte.

Lasse man § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB hinter § 226 Abs. 1 StGB zurücktreten, komme das spezifische Tatunrecht, das mit dem wissentlichen und willentlichen Einsatz einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs verbunden sei, nicht angemessen zum Ausdruck. Insoweit müsse also aus Klarstellungsgründen eine tateinheitliche Verurteilung erfolgen, da nur so ersichtlich werde, dass die schwere Folge i.S.d. § 226 Abs. 1 StGB mittels einer Waffe bzw. eines gefährlichen Werkzeugs beigebracht worden sei.

 

Anmerkung der Redaktion:

Für das Verhältnis von § 224 Abs. 1 Nr. 4 und 5 StGB zu § 226 Abs. 1 StGB hatte der BGH dies bereits 2008 so entschieden: BGH, Beschl. v. 21.10.2008 – 3 StR 408/08.

 

 

 

 

KriPoZ-RR, Beitrag 57/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 14.05.2019 – 3 StR 65/19: Tateinheit beim Drogenkauf auf Kommission

Leitsatz der Redaktion:

Bezahlt ein Drogendealer bei seinem Lieferanten mehrere Lieferungen rückwirkend, werden die unterschiedlichen Lieferungen tateinheitlich nach § 52 Abs. 1 StGB verbunden.

Sachverhalt:

Das LG Kleve hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte in drei Lieferungen Betäubungsmittel bei seinem Lieferanten „auf Kommission“ erhalten und gewinnbringend weiterverkauft. Erst danach hatte er die Lieferungen zusammen bezahlt.

Das LG hat die drei Lieferungen als drei tatmehrheitliche Fälle des Handeltreibens gewertet.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob das Urteil auf, da die konkurrenzrechtliche Betrachtung rechtsfehlerhaft gewesen sei.

Maßgeblich für die Verwirklichung mehrerer Tatbestände in Tateinheit (§ 52 Abs. 1 StGB) sei die Überlagerung der Ausführungshandlungen. Zu diesen Ausführungshandlungen gehöre beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln auch das Bezahlen der Lieferungen. Daher sei anerkannt, dass Tateinheit gegeben sei, wenn ein Dealer bei seinem Lieferanten in einem Vorgang eine frühere Lieferung bezahle und direkt neue Betäubungsmittel erhalte.

Diese Wertung müsse auch auf den vorliegenden Fall übertragen werden, so der BGH. Daher sei die Bezahlung des Lieferanten für mehrere zurückliegende Lieferungen das verbindende Element der Handlungen und mache sie zu teilidentischen Ausführungshandlungen. Dies begründe somit Tateinheit.

 

Anmerkung der Redaktion:

Im Oktober 2019 hatte der BGH zuletzt entschieden, dass die gleichzeitige Besitzausübung über verschiedene Betäubungsmittelmengen bei hinzutreten besonderer Umstände eine tateinheitliche Verknüpfung bewirken kann (BGH, Beschl. v. 10.10.2019 – 4 StR 329/19).

 

 

KriPoZ-RR, Beitrag 30/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 25.06.2019 – 3 StR 130/19: Von Mittätern in Tatmehrheit begangene Delikte können beim Täter zu einer Tat verknüpft werden

Leitsatz der Redaktion:

Fördert ein Täter durch seine Tatbeiträge die tatmehrheitlich begangen Taten seiner Mittäter gleichzeitig und gleichartig, können ihm diese Taten als tateinheitlich begangen zugerechnet werden.

Sachverhalt:

Das LG Oldenburg hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 45 Fällen (teilweise nur im Versuch) verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte wechselnde Mittäter bei Wohnungseinbruchdiebstählen dadurch unterstützt, dass er sie mit einem Auto in ein Wohngebiet gefahren, im Fahrzeug gewartet und alle Täter anschließend mit der Beute zurück gefahren hatte.

Die Mittäter hatten in vielen Fällen an einem Abend mehrere tatmehrheitlich verwirklichte Taten begangen, die das LG dem Angeklagten auch als tatmehrheitlich zugerechnet hat.

Hiergegen richtete sich die Revision des Angeklagten.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob die tatmehrheitliche Verurteilung auf.

Es sei für jeden Mittäter einzeln zu betrachten, ob die begangen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich begangen worden sind.

Fördere der Täter mit seinem Tatbeitrag mehrere Taten in individueller Weise, liege bei Handlungsmehrheit auch Tatmehrheit vor. Profitierten jedoch viele Taten in gleicher Weise durch die gleichartige Unterstützungshandlung des Täters, verknüpfe dieser die Taten in seiner Person zu einer Handlung iSd § 52 Abs. 1 StGB.

Um eine solche Förderung habe es sich in diesem Fall gehandelt, da der Angeklagte alle tatmehrheitlich begangenen Taten seiner Mittäter durch seine, für alle Taten gleichartige, Handlung in gleichem Maße und gleichzeitig unterstützt habe.

Anmerkung der Redaktion:

Diese Rechtsprechung wurde vom BGH am 17.06.2004 (3 StR 344/03) entwickelt und zuletzt am 22.12.2011 (4 StR 514/11) bestätigt.

 

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