KriPoZ-RR, Beitrag 30/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 25.06.2019 – 3 StR 130/19: Von Mittätern in Tatmehrheit begangene Delikte können beim Täter zu einer Tat verknüpft werden

Leitsatz der Redaktion:

Fördert ein Täter durch seine Tatbeiträge die tatmehrheitlich begangen Taten seiner Mittäter gleichzeitig und gleichartig, können ihm diese Taten als tateinheitlich begangen zugerechnet werden.

Sachverhalt:

Das LG Oldenburg hat den Angeklagten wegen Wohnungseinbruchdiebstahls in 45 Fällen (teilweise nur im Versuch) verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte wechselnde Mittäter bei Wohnungseinbruchdiebstählen dadurch unterstützt, dass er sie mit einem Auto in ein Wohngebiet gefahren, im Fahrzeug gewartet und alle Täter anschließend mit der Beute zurück gefahren hatte.

Die Mittäter hatten in vielen Fällen an einem Abend mehrere tatmehrheitlich verwirklichte Taten begangen, die das LG dem Angeklagten auch als tatmehrheitlich zugerechnet hat.

Hiergegen richtete sich die Revision des Angeklagten.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob die tatmehrheitliche Verurteilung auf.

Es sei für jeden Mittäter einzeln zu betrachten, ob die begangen Taten tateinheitlich oder tatmehrheitlich begangen worden sind.

Fördere der Täter mit seinem Tatbeitrag mehrere Taten in individueller Weise, liege bei Handlungsmehrheit auch Tatmehrheit vor. Profitierten jedoch viele Taten in gleicher Weise durch die gleichartige Unterstützungshandlung des Täters, verknüpfe dieser die Taten in seiner Person zu einer Handlung iSd § 52 Abs. 1 StGB.

Um eine solche Förderung habe es sich in diesem Fall gehandelt, da der Angeklagte alle tatmehrheitlich begangenen Taten seiner Mittäter durch seine, für alle Taten gleichartige, Handlung in gleichem Maße und gleichzeitig unterstützt habe.

Anmerkung der Redaktion:

Diese Rechtsprechung wurde vom BGH am 17.06.2004 (3 StR 344/03) entwickelt und zuletzt am 22.12.2011 (4 StR 514/11) bestätigt.

 

KriPoZ-RR, Beitrag 01/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 16.04.2019 – 3 StR 48/19: Grundsätzlich Tatmehrheit bei nacheinander erfolgenden Angriffen auf einzelne Menschen

Leitsatz der Redaktion:

Greift ein Täter nacheinander einzelne Menschen an und verletzt deren höchstpersönliche Rechtsgüter, stehen diese Taten grundsätzlich in Tatmehrheit zueinander, selbst dann, wenn sie auf einem einheitlichen Tatentschluss beruhen und in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen.

Sachverhalt:

Die zwei Angeklagten versetzten dem Opfer K im bewussten und gewollten Zusammenwirken auf offener Straße Faustschläge gegen Kopf und Oberkörper. Als einer der beiden Täter ein Messer aus seiner Hosentasche zog, kam die Freundin des Opfers F ihm aus Angst um dessen Leben zu Hilfe. Daraufhin rammte der Angeklagte ihr das Messer mit bedingtem Tötungsvorsatz wuchtig in den linken Oberbauch und floh anschließend in der Vorstellung, ihr möglicherweise tödliche Verletzungen zugefügt zu haben.

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit (§ 52 StGB) mit zwei Fällen gefährlicher Körperverletzung (zum Nachteil des K und der F).

Entscheidung des BGH:

Die Beurteilung der Konkurrenzen durch das Landgericht halte sachlichrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Werden einzelne Menschen nacheinander angegriffen und in ihren höchstpersönlichen Rechtsgütern beeinträchtigt, so bestehe sowohl bei natürlicher als auch bei rechtsethisch wertender Betrachtungsweise – selbst bei einheitlichem Tatentschluss sowie engem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang – regelmäßig kein Anlass, diese Vorgänge rechtlich als eine Tat zusammenzufassen. Eine Ausnahme könne dann gegeben sein, wenn eine Aufspaltung in Einzeltaten wegen eines außergewöhnlich engen zeitlichen und situativen Zusammenhangs, etwa bei Messerstichen innerhalb weniger Sekunden oder bei einem gegen eine aus der Sicht des Täters nicht individualisierte Personenmehrheit gerichteten Angriff, willkürlich und gekünstelt erschiene. Eine solche Ausnahme sah der BGH in diesem Fall allerdings nicht als einschlägig an.

Daher verurteilte er den Beschwerdeführer wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (zum Nachteil der F) und gefährlicher Körperverletzung (zum Nachteil des K) in Tatmehrheit (§ 53 StGB).

Anmerkung der Redaktion:

Ähnliche Entscheidung des 2. Strafsenats: BGH, Beschl. v. 10.02.2016 – 2 StR 391/15

 

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