Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 20.05.2021 – 3 StR 302/20: Zu den Tathandlungen der Terrorismusfinanzierung
Amtliche Leitsätze:
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Die Tathandlung des Sammelns umfasst neben dem Einsammeln bei anderen Personen das Zusammentragen im Sinne eines Ansammelns.
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Die bloße Umwidmung vorhandenen, gegebenenfalls zu anderen Zwecken gesammelten Vermögens begründet keine Strafbarkeit wegen Terrorismusfinanzierung.
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Ein Entgegennehmen im Sinne des § 89c Abs. 2 StGB liegt nicht vor, wenn im Rahmen eines Austauschverhältnisses erworbene Vermögenswerte durch eine Gegenleistung kompensiert werden und deshalb keinen Vermögenszuwachs zur Folge haben.
Sachverhalt:
Das LG Aachen hat den Angeklagten wegen Terrorismusfinanzierung zu einer Jugendstrafe verurteilt.
Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte den Plan gefasst sich in Ägypten dem „Islamischen Staat“ anzuschließen. Um das Flugticket dorthin bezahlen zu können, hatte er ein Mobiltelefon verkauft und den Restbetrag aus zu Geschäftszwecken angesparten 1.000€ beglichen.
Entscheidung des BGH:
Der BGH hob das Urteil auf, da der Angeklagte keine Vermögenswerte im Sinne des § 89c Abs. 2 Var. 1 StGB gesammelt habe.
Sammeln sei das auf eine größere Menge gerichtete Zusammentragen verschiedener Gegenstände durch das Einsammeln bei anderen Personen oder das Zusammentragen im Sinne eines Ansammelns, so der BGH. Ein solches weites Verständnis der Tathandlung sei aufgrund des Gesetzeszwecks geboten, denn dieser sei es, künftigen Taten die materielle Grundlage zu entziehen, was nicht gelänge, wenn nur das Einsammeln bei dritten Personen tatbestandsmäßig wäre.
Dadurch werde der Tatbestand auch nicht zu sehr ausgedehnt, da er auf subjektiver Seite eine Einschränkung durch das Absichtserfordernis in Absatz 2 erfahre. Tatbestandsmäßig seien nämlich nur solche Sammel-Handlungen, die der Täter schon in der Absicht, eine Katalogtat zu begehen, vorgenommen habe. Fasse er diesen Entschluss erst, wenn die Vermögenswerte bereits vorhanden sind und sollen diese dann umgewidmet werden, erfülle dies den Tatbestand gerade nicht.
Da der Angeklagte nur zwei bei ihm bereits vor seinem Ausreiseentschluss vorhandene Vermögenswerte zusammengeführt habe, habe er den Tatbestand nicht erfüllt.
Ebenfalls sei eine Strafbarkeit wegen Entgegennahme eines Vermögenswerts nach § 89c Abs. 2 Variante 2 StGB nicht zu sehen. Zwar habe der Angeklagte Vermögenswerte in Form des Verkaufserlöses und des Tickets entgegengenommen, für diese habe er aber jeweils eine Gegenleistung weggegeben, sodass aus den Geschäften kein Vermögenszuwachs resultiert habe. Ein solcher sei allerdings im Rahmen einer einschränkenden Auslegung des Tatbestands zu fordern, so der BGH.
Dies ergebe sich daraus, dass von einem Güterumsatz, der keinen Vermögenszuwachs beim Täter bewirke, keine erhöhte Gefahr für das vom Tatbestand geschützte Rechtsgut ausgehe. Dies könnte zwar der Fall sein, wenn der Täter sich beispielsweise durch einen Güterumsatz konkrete Anschlagsmittel zulege. Allerdings sei für diesen Spezialfall § 89a Abs. 2 Nr. 2 und 3 StGB geschaffen. Würde man nun das Erhalten eines Anschlagsmittels auch ohne Vermögenszuwachs immer als Terrorismusfinanzierung bestrafen, liefe der Spezialtatbestand mit seinen zusätzlichen Anforderungen an die erworbenen Gegenstände weitgehend leer.
Anmerkung der Redaktion:
Der Gesetzgeber versucht, die Terrorismusfinanzierung durch einen besseren Austausch von Finanzinformationen zu bekämpfen. Das Gesetz zur europäischen Vernetzung der Transparenzregister und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1153 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Nutzung von Finanzinformationen für die Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und sonstigen schweren Straftaten (Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz) wurde am 25. Juni 2021 beschlossen.
Einen Artikel zum neuen Terrorismusstrafrecht von Prof. Dr. Jens Puschke finden Sie hier.