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Verbot der Gesichtsverhüllung während der Gerichtsverhandlung

Gesetzentwürfe: 

Mitte Juni 2017 hat der Gesetzgeber bereichsspezifische Regelungen zur Gesichtsverhüllung getroffen (BGBl I 2017, S. 1570). So dürfen beispielsweise Beamt*innen und Soldat*innen bei Ausübung ihres Dienstes ihr Gesicht nicht verhüllen. Aber auch im Wahl-, Personalausweis-, Ausländer- und Straßenverkehrsrecht sind entsprechende Regelungen geschaffen worden. Eine bundeseinheitliche Regelung zur Gesichtsverhüllung in der Gerichtsverhandlung gibt es bislang jedoch nicht. 

Daher brachten die Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern am 21. September 2018 einen Gesetzesantrag für ein Verbot der Gesichtsverhüllung während der Gerichtsverhandlung in den Bundesrat ein (BR Drs. 408/18). Der Gesetzentwurf setzt einen Beschluss der Justizministerkonferenz aus Juni 2018 um. Der Bundesrat hatte die Bundesregierung bereits 2016 aufgefordert, die Implementierung einer entsprechenden gesetzlichen Regelung zu prüfen. Die Bundesregierung hat sich allerdings bis dato noch nicht dazu geäußert. 

Derzeit gibt nur § 176 GVG (Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung) dem Richter die Möglichkeit, eine Entfernung der Verhüllung anzuordnen. Auch durch die Rechtsprechung hat sich noch keine einheitliche Handhabung in Bezug auf Gesichtsverschleierungen in der Gerichtsverhandlung herausgebildet. Bei gleichen oder ähnlich gelagerten Sachverhalten habe es sowohl die Hinnahme der Verhüllung über Maßnahmen zur Identitätsfeststellung bis hin zu einem Verbot gegeben. Die bayerischen und nordrhein-westfälischen Gerichte erwarten aufgrund der Zahl von Zuwanderern aus Kulturkreisen, in denen eine Verschleierung üblich ist, ein vermehrtes Auftreten solcher Fallkonstellationen in der Praxis. Daher sei die Schaffung einer rechtssicheren Regelung geboten. 

Das Gerichtsverfassungsgesetz soll daher um eine Regelung erweitert werden, wonach die an der Verhandlung beteiligten Personen ihr Gesicht während der Sitzung nicht verhüllen dürfen. Zwar bedeute dies für eine Frau, die üblicherweise eine Verschleierung trägt, einen Eingriff in das Grundrecht der Religionsfreiheit (Art. 4 GG). Dieser Eingriff sei aber zur Aufrechterhaltung der im Rechtsstaatsprinzip verankerten Funktionsfähigkeit der gerichtlichen Verhandlung und Kontrolle (Art. 20 Abs. 3, 92 GG) geboten. Auch die Mimik der beteiligten Personen müsse das Gericht als Erkenntnismittel bei der Aufklärung des Sachverhaltes ausschöpfen können. Eine Ausnahmeregelung sei aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten. Lediglich im Falle besonders gefährdeter Prozessbeteiligter oder Opfer von Säure-Attacken könne eine Ausnahme gemacht werden. 

Im Anschluss an die Sitzung wurde der Gesetzesantrag an den Rechts- und an den Innenausschuss überwiesen. Nach ihrer Empfehlung wird der Antrag zur Abstimmung wieder auf die Tagesordnung gesetzt (BR Drs. 408/1/18). In seiner Plenarsitzung am 19. Oktober 2018 hat der Bundesrat den Entwurf schließlich beschlossen und der Bundesregierung zwecks Gegenäußerung zugeleitet. Am 10. Dezember 2018 wurde der Entwurf in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/6287).

 

 

 

 

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