von Prof. Dr. Christoph Zehetgruber
Abstract
Die Schwierigkeiten der Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit im Rahmen der Tötungs- und Körperverletzungsdelikte bei „Renn-“ bzw. „Raserfällen“ stellt derzeit ein kontroverses Thema in der strafrechtlichen Diskussion dar. Der Beitrag plädiert für eine Beibehaltung der derzeitigen Vorsatzsystematik wie -dogmatik und spricht sich gegen eine (etwaige) gesetzliche Neuregelung zu Lasten der bewussten Fahrlässigkeit aus.
I. Diskussionsgegenstand und aktuelle Fälle
Im Zusammenhang mit der Abgrenzungsfrage zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit mögen die jüngst durch den für Verkehrsstrafsachen zuständigen 4. Senatdes BGH entschiedenen Fälle und Diskussionen um die Berliner „Raser vom Kurfürstendamm“,[1] die Kölner „Rheinterrassenraser“[2] sowie den „Motorradraser von Bremen“[3] gleichsam als gedanklich-inhaltlicher Rahmen sowie Anknüpfungspunkte der Diskussion fungieren. Den soeben angesprochenen Entscheidungen des BGH ist gemein, dass sich jene vor Einführung des neuen § 315d StGB ereigneten, dessen Abs. 5 somit auf jene grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangen konnte, und sich die Tötung von unbeteiligten Verkehrsteilnehmern als Folge eines „Rennens“ (bzw. „Rasens“) mit extrem überhöhter Geschwindigkeit und weiteren hinzutretenden Verkehrsverstößen (Überfahren roter Ampeln, Vorfahrtsverstöße, falsches Überholen, etc.) darstellte. In Frage stand in allen drei Konstellationen, ob die bzw. der Täter bei Vornahme der Tathandlungen hinsichtlich des Taterfolgs (Tod eines anderen Menschen) bedingten Vorsatz aufwiesen oder „nur“ mit bewusster Fahrlässigkeit gehandelt hatten, somit der Anwendungsbereich der §§ 212, 211 oder des § 222 StGB eröffnet war.[4] Während die LG Köln und Bremen– in Übereinstimmung mit bereits zuvor ergangenen Entscheidungen in ähnlichen Fällen – wegen fahrlässiger Tötung verurteilten, hatten sich die Angeklagten nach Ansicht des LG Berlin des Mordes strafbar gemacht und wurden zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die beiden erstgenannten Entscheidungen wurden hinsichtlich der grundsätzlichen Verurteilungen wegen u.a. fahrlässiger Tötungen bestätigt, jene des LG Berlin jedoch in der Revision (auf Grund verschiedenster, vom BGH festgestellter Mängel) aufgehoben.
II. Abgrenzungspunkte zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit
Bedingt vorsätzlich handelt nach der – entgegen anderer Ansichten[5]– in der Lehre wie auch der Rechtsprechung immer noch herrschenden sog. Billigungs- oder Einwilligungstheorie[6] derjenige Täter, welcher den Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt (kognitives oder Wissenselement),[7] und billigend in Kauf nimmt, oder sich wegen des erstrebten Zieles zumindest mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (voluntatives oder Wollenselement).[8] Ein Billigen des Taterfolgs bedeutet keineswegs, dass der Taterfolg für den Täter erwünscht sein muss, er diesen „innerlich begrüßt“.[9] Auch ein Erfolg, welcher dem Täter gänzlich unerwünscht ist, kann dem Rechtssinn nach gebilligt werden, sofern sich jener mit diesem abgefunden bzw. er das Opfer, um sein angestrebtes Ziel zu erreichen, in einer Art und Weise gefährdet hat, dass es vom Zufall abhängt, ob der Erfolg eintritt,[10] der Täter somit nicht mehr auf das Ausbleiben des Taterfolgs vertrauen durfte.[11] Bloßes Hoffen auf einen günstigen Ausgang des Geschehens bewirkt nicht gleichsam als Automatismus einen Ausschluss des bedingten Vorsatzes, was auch in Fällen, in welchen der Täter dem Eintritt des Erfolgs gleichgültig gegenübersteht, gilt.[12]
Bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen immer dann vor, wenn der Täter die Möglichkeit der Tatbestandsverwirklichung zwar erkannt hat, mit jener jedoch nicht einverstanden ist und „ernsthaft und nicht nur vage“ darauf vertraut, dass der Taterfolg nicht eintreten werde,[13] wobei hierzu auch leichtsinniges Vertrauen auf einen glücklichen Ausgang zu zählen ist.[14]
Somit ist nach herrschender Ansicht für die Annahme von Eventualvorsatz sowohl die Verwirklichung des Wissenselements in Bezug auf den Taterfolg, als auch jene des in den gegebenen Konstellationen wohl problematischeren Wollenselements notwendig. Die Unterscheidung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit erfolgt primär auf der letztgenannten, voluntativen Ebene.[15] Ein bisweilen propagierter Verzicht bzw. ein Aufgeben der gedanklichen Zweitteilung des Vorsatzes zugunsten eines einzelnen Kriteriums des Wissens um den Tatbestandserfolg[16] ist abzulehnen, da mit einer derartigen Normativierung des Vorsatzerfordernisses im Ergebnis die Grenzziehung zwischen dem Gefährdungsvorsatz und dem Vorsatz in Bezug auf einen „qualitativ“ umfassenderen Erfolg im Sinne einer tatsächlich eingetretenen Körperverletzung oder Tötung kaum mehr zu begründen wäre[17] sowie die zwar umstrittene, dem Grund nach jedoch anerkannte Rechtsfigur der bewussten Fahrlässigkeit zu Gunsten eines erweiterten Vorsatzverständnisses de facto aufgegeben würde.[18] Darüber hinaus wäre mit einer derartigen, normativierten Sichtweise auf subjektive, dem einzelnen Straftäter vorwerfbare innere Einstellungen zur Tat die Gefahr verbunden, dass es für die Verhängung einer Sanktion nicht mehr auf dessen individuelle Schuld ankäme, sondern einer pseudoobjektiven, da von den Vorstellungen der Entscheider geprägten Betrachtungsweise das Wort geredet würde.[19] Der Sinn eines Schuldstrafrechts kann es jedoch nur sein, den Täter (gemessen an seiner persönlichen Schuld) so individuell wie möglich zu sanktionieren,[20] was durch eine (noch stärkere) Normativierung des Vorsatzes gerade nicht erreicht werden kann, wenn man jenen schlicht „zuschreibt“.[21]
Die Bestimmung, ob der Täter (bedingt) vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat, ist eine solche der Feststellung innerer, subjektiver Zustände, welche mangels der Möglichkeit, auf die Gedankenwelt des Täters im Zeitpunkt seines Handelns direkt zugreifen zu können, ein Rekurrieren auf objektive Kriterien häufig notwendig machen wird und die Beweiswürdigung berührt.[22] Hierbei sei freilich angemerkt, dass mitunter getroffene Aussagen, die subjektiven Vorgänge auf Täterseite seien grundsätzlich ausschließlich unter Zuhilfenahme objektiver Kriterien ermittelbar[23] bzw. in der Praxis spiele allein das kognitive Element des Vorsatzes eine Rolle,[24] weswegen auf das voluntative verzichtet werden könne, in dieser Generalität nicht zutreffend bzw. abzulehnen sind. So finden sich etwa sehr wohl auch (mutmaßliche) Straftäter, die bereitwillig zu ihren inneren Einstellungen und mentalen Vorgängen vor, während und nach der Tat Auskunft zu geben bereit sind, sodass subjektive Kriterien bemüht werden können. Ferner kann aus Vor- wie Nachtatverhalten, getätigten Äußerungen und Gesprächsprotokollen eine indizielle Bedeutung für die Bejahung oder Verneinung des Vorsatzes gezogen werden und darüber hinaus sind in Bezug auf rechtstatsächliche Urteilsfeststellungen differenzierte Ausführungen zur Bejahung oder Verneinung des Vorsatzes gefordert.[25] Zuzugestehen ist jedoch, dass eine Feststellung der subjektiven Täterseite mit vergleichbarer Sicherheit wie auf objektiver Ebene aus verschiedensten Gründen kaum zu bewerkstelligen sein wird und eine, im strafrechtlichen Sinn zwar ausreichende, dennoch wohl immer bloße Annäherung an die tatsächlichen Vorstellungen des Täters bleiben wird (müssen).[26] Besonders gefährliches Agieren des Täters (beispielhaft erwähnt seien etwa Schüsse, Messerstiche, Drosselungen, aber auch das Rasen mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit unter Nichtbeachtung roter Ampeln sowie Vorfahrtsregeln, bisweilen kombiniert mit weiteren Verstößen gegen die Straßenverkehrssicherheit) löst somit eine Indizwirkung für das Vorliegen bedingten Vorsatzes,[27] jedoch (auch auf Grund der durchaus zu hinterfragenden Hemmschwellentheorie) keinen Automatismus in Bezug auf dessen Vorliegen aus.[28] So betonte der BGH in seinen jüngst ergangenen Raser-Entscheidungen, dass die reine Gefährlichkeit der Tathandlung per se kein maßgebliches Kriterium darstelle,[29] sondern eine Gesamtbetrachtung aller objektiven wie subjektiven Umstände des konkreten Einzelfalles in die Beurteilung der Frage des Vorliegens des Vorsatzes einfließen müsste, wozu etwa auch die Persönlichkeit des Täters, dessen psychische Verfassung und seine Tatmotivation wie auch die Verkehrsverhältnisse, die gefahrenen Geschwindigkeiten, das Ausmaß sowie die Anzahl der Verkehrsverstöße, die Dauer des Rennens sowie dessen Planungsgrad zu zählen seien.[30]
Im Ergebnis hängt somit – wenig befriedigend für menschliche Vereinheitlichungstendenzen und die abstrakte pro futuro Einschätzung von „Raser-“und „Rennfällen“ mit Personenschäden – jedoch unter Aspekten der gerechten Entscheidung im jeweiligen Einzelfall zutreffend – die Bejahung oder Verneinung des bedingten Vorsatzes von umfassenden Feststellungen zur objektiven wie subjektiven (häufig notwendigerweise indiziert durch sämtliches Verhalten des Täters vor, bei und nach der Tat) ab;[31] eine „Abkürzung“ über die Reduktion des Vorsatzes auf eine reine Wissenskomponente – etwaig gekoppelt mit einer Formulierung aller Vorsatzformen in einem neuen § 16 StGB und gleichzeitiger genereller Festschreibung einer gesetzlichen Strafmilderung bei bedingtem Vorsatz[32]– ist insofern weder angezeigt noch zielführend. Entgegen mancher Stimmen, welche den Tötungsvorsatz auf Grund des mit dem Rennen bzw. Rasen einhergehenden Eigenrisikos der Fahrer, welche den eigenen Tod, jeden anderer Fahrzeuginsassen oder die Beschädigung ihrer Fahrzeuge billigen müssten, verneinen,[33]ist zuzugeben, dass das voluntative Element des Vorsatzes durch ein Unterschätzen der Gefahr des Erfolgseintritts zwar berührt wird und etwaig zu einer Verneinung des Vorsatzes führen kann, doch auch in diesem Bereich ist jener für den jeweiligen Einzelfall unter Berücksichtigung aller denkbaren festgestellten Faktoren, und der konkreten Vorstellungen der beteiligten Raser zu ermitteln.[34] Unrichtig verfuhr insoweit etwa das LG Berlin in der vom BGH aufgehobenen Entscheidung in Bezug auf die Strafbarkeit der Raser nach §§ 212, 211 StGB, indem es pauschalierend und ohne hinreichend individualisierten Bezug ausführte, dass der Gedanke der Eigengefährdung im Ergebnis nicht zu berücksichtigen sei, da Raser sich „in ihren tonnenschweren, stark beschleunigenden, mit umfassender Sicherheitstechnik ausgestatteten Autos geschützt, stark und überlegen wie in einem Panzer oder einer Burg“ fühlen und „jegliches Risiko für sich selbst“ ausblenden würden.[35]
Gerade im Bereich der Eigengefährdung des Täters ist insofern auch die Art des Kraftfahrzeugs (Pkw, Lkw oder Motorrad und dessen exakte Beschaffenheit) mit in die Beurteilung einzubeziehen.[36] Eindeutig führte der BGH insofern aus, dass „eine generelle Regel, wonach bei Fahrzeugkollisionen die Risiken für die Insassen der am Unfall beteiligten Fahrzeuge nahezu gleichmäßig verteilt sind und deshalb die Inkaufnahme tödlicher Folgen für Insassen des unfallgegnerische Fahrzeugs notwendig auch die Billigung eines gleichgelagerten Eigenrisikos zur Folge hat, […], in dieser Allgemeinheit nicht“[37] bestehe. Eine generelle Verneinung des Vorsatzes auf Grund von Eigengefährdung ist daher – ebenso wie die pauschale Feststellung, ein Unfall im Rahmen eines Rennens wäre nie vom Vorsatz der Täter erfasst, da jenen ja das Gewinnen des Rennens das maßgebliche Ziel sei, mit welchen Unfälle nicht in Einklang zu bringen wären – nicht überzeugend, kann ein Rennen doch auch trotz Unfällen anderer Verkehrsteilnehmer oder sogar tätereigener dennoch gewonnen werden,[38] schließt also das Ziel des Rennsieges die Annahme des billigend In-Kauf-Nehmens von Unfällen mit Personen- und Sachschäden (auch am tätereigenen Körper oder Fahrzeug) nicht notwendigerweise aus.[39] Es ist mithin gerade nicht zu forderndes Merkmal, das Rennen nur ohne an Körper oder Vermögenswerten Schaden zu erleiden zu gewinnen; der insofern getätigte Einwand hinsichtlich der Verneinung des Vorsatzes auf Grund vorhandenen Eigenrisikos verfängt in dieser Generalität nicht. Wer als Sieger aus einem Rennen hervorgehen will, dem kann es somit sehr wohl gleichzeitig egal oder auch unerwünscht sein, ob es zu einem Unfall (und etwaigen Schäden) kommt. Gedanken zur Eigengefährdung sind jedoch als Indiz zu werten, dass der Fahrer auf einen guten Ausgang vertraut und daher nicht bedingt vorsätzlich, sondern bewusst fahrlässig gehandelt hat.[40] Macht sich der Täter nun nach den Feststellungen tatsächlich keine näheren Gedanken über mögliche konkrete Unfallszenarien, muss im Rahmen der Beweiswürdigung zur Differenzierung zwischen bedingtem Vorsatz und Fahrlässigkeit auf objektive Umstände zurückgegriffen werden, die (als Notwendigkeit menschlicher Rechtsprechung) in die eine wie andere Richtung interpretiert werden können,[41] wobei freilich der Grundsatz des in dubio pro reo (gleichsam in der Abwandlung des in dubio pro Fahrlässigkeit) hinreichend zu beachten ist.[42]
Die bisweilen gegen die Annahme eines bedingten Vorsatzes in Stellung gebrachte Ansicht, es müsse konsequenterweise in Fällen, in welchen der Vorsatz tatsächlich zu bejahen sei, beim Passieren von Gefahrenstellen (etwa an Kreuzungen) ein versuchtes Tötungsdelikt angenommen werden, welches jedoch qua nicht hinreichender Konkretisierung in Bezug auf das Tatopfer durch die Rennteilnehmer mangels Bestimmung des in Aussicht genommenen Opfers nicht möglich und somit die Bestimmung der Anzahl der versuchten Taten ebenfalls nicht möglich sei, vermischt in unzutreffender Weise Fragestellungen des Vorsatzes mit jener der Versuchsstrafbarkeit.[43] Darüber hinaus sind die sich stellenden Schwierigkeiten ohne dogmatische Probleme unter Zuhilfenahme der Rechtsprechung zu den sog. Giftfallefällen lösbar.[44] Ist der bedingte Vorsatz in Bezug auf den konkreten Raser zu bejahen, wird das unmittelbare Ansetzen als maßgebliches Kriterium des Versuchsbeginns dann gegeben sein, wenn für jenen feststeht, dass ein Opfer in seinen Wirkungsbereich gelangen wird, wobei dies bei Wahrnehmung des Opfers durch den Täter und dennoch erfolgender Fortsetzung des Rennens anzunehmen ist.[45] Wird seitens des Täters das Erscheinen eines Opfers hingegen bloß für möglich gehalten, bedarf es zur Bejahung eines Tötungsversuchs des tatsächlichen Gelangens des Opfers in den Wirkungsbereich des Rasers, wodurch sich die Gefahr hinreichend verdichtet.[46]
III. Die Rechtsfolgenseite als Diskussionspunkt
Unzweifelhaft wirft die Diskussion um die Anwendung der §§ 212, 211 bzw. des § 222 StGB, verknüpft mit der Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit innerhalb der „Renn-“ und „Raserfälle“ (auch) einen Bezug zur Frage der Angemessenheit einer Sanktionfür derartige, tatsächliche Schäden hinsichtlich des Rechtsguts Leben verursachende Verhaltensweisen auf. Die in diesem Zusammenhang durch Hoven vorgeschlagene Lösung, die Problematik der Angemessenheit des Strafmaßes über eine in den subjektiven Tatbestand zu implementierende Kategorie der „Leichtfertigkeit“ zu lösen, bewirkt leider keine tatsächliche Erleichterung auf prozessualer Ebene, und führt zu neuen Abgrenzungsproblematiken,[47] was ihre Einführung ja gerade verhindern will. Darüber hinaus ist die dem Gesetz bekannte Rechtsfigur der „Leichtfertigkeit“ (siehe als prominentes Beispiel etwa § 251 StGB) dem Grunde nach eine solche der Fahrlässigkeit, und keine originäre, eigenständige, zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit angesiedelte Zwischenkategorie.
IV. Fazit
Eine bisweilen geforderte, mehr oder minder starke Normativierung des Vorsatzes über das derzeitig bestehende Maß hinaus ist wegen der notwendigen subjektiven Komponente des Vorsatzes abzulehnen, da sie den Fokus der strafrechtlichen Verantwortlichkeit weg vom maßgeblichen Individuum und hin zu einer (allein vermutlich) objektiven Sicht verschiebt. Die – zugebenermaßen – diskutablen Rechtsfolgen der Anwendung des § 211 StGB müssen deliktsspezifisch (etwa durch gesetzliches Abgehen vom Automatismus der lebenslangen Freiheitsstrafe) gelöst werden. Eine Änderung des bewährten Vorsatzkonzepts (zu Lasten der anerkannten Rechtsfigur der bewussten Fahrlässigkeit) ist insoweit weder notwendig noch allgemein angezeigt.
[1] BGH, KriPoZ 2018, 129 ff.; zuvor LG Berlin, JZ 2017, 1062 ff. = KriPoZ 2017, 200 ff. = NStZ 2017, 471 ff.
[2] BGH, BeckRS 2017, 116709 = JZ 2018, 577 ff. = KriPoZ 2017, 253 ff. = SVR 2017, 358 ff.; zuvor LG Köln, BeckRS 2016, 17841.
[3] BGH, HRRS 2018 Nr. 393 = JZ 2018, 579 ff.; zuvor LG Bremen, Urt. v. 31.1.2017 – 21 Ks 280 Js 39688/16.
[4] Zur Diskrepanz des möglichen Strafmaßes bei jenen angesprochenen Normen siehe nur Jahn, JuS 2017, 700 (701); Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439; Walter, NJW 2017, 1350.
[5] Etwa Grünewald, JZ 2017, 1069 (1071 m.N. in Fn. 20).
[6] Herzberg, JZ 2018, 122 (123); Jahn, JuS 2017, 700 (701); Preuß, NZV 2017, 105 (106).
[7] Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577); Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439 (440); Momsen, KriPoZ 2018, 76 (85 m.N. in Fn. 62); Neumann, Jura 2017, 160 (167 m.N. in Fn. 54); Preuß, NZV 2017, 105 (106); Walter, NJW 2017, 1350; für ein Überdenken des heutigen Modells der Vorsatzfeststellung Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577, 1578); für die Einführung eines neuen § 16 StGB etwa Walter, KriPoZ 2018, 39 (41–43).
[8] Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 11); Grünewald, JZ 2017, 1069 (1070 m.N. in Fn. 10); Herzberg, JZ 2018, 122 (123); Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577); Jahn, JuS 2017, 700 (701 m.N. in Fn. 4); Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439 (440 m.N. in Fn. 8); Momsen, KriPoZ 2018, 76 (85 m.N. in Fn. 63); Preuß, NZV 2017, 105 (106); Walter, NJW 2017, 1350.
[9] Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 12); Herzberg, JZ 2018, 122 (123).
[10] Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 14 m.V.a. auf die legendäre Lederriemen-Entscheidung des BGH); Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577); Jahn, JuS 2017, 700 (701); Preuß, NZV 2017, 105 (106); Walter, NJW 2017, 1350.
[11] Vgl. hierzu Jahn, JuS 2017, 700 (701); kritisch Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439 (441).
[12] BGH, NStZ 2000, 583 (584); Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 15, 16); Herzberg, JZ 2018, 122 (123, 124 m.N. in Fn. 8); Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577).
[13] BGH, NStZ 1984, 19; Grünewald, JZ 2017, 1069 (1070); Herzberg, JZ 2018, 122 (123, 124); Preuß, NZV 2017, 105 (106 m.N. in Fn. 12); vgl. auch Jahn, JuS 2017, 700 (701).
[14] Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 17, 18); zur Auslegung des Begriffs des Vertrauens im Rahmen der bewussten Fahrlässigkeit siehe Walter, NJW 2017, 1350 (1351, 1352); derselbe, KriPoZ 2018, 39 (42) sowie Herzberg, JZ 2018, 122 (124).
[15] So auch Grünewald, JZ 2017, 1069 (1070).
[16] Dafür in Bezug auf den Eventualvorsatz eintretend Herzberg, JZ 2018, 122 (123).
[17] Instruktiv hierzu Momsen, KriPoZ 2018, 76 (85, 86 u.V.a. §§ 224 Nr. 5, 315c und 315d Abs. 2 StGB, 95).
[18] Explizit hierfür votierend Walter, KriPoZ 2018, 39 (42); kritisch Momsen, KriPoZ 2018, 76 (85, 88, 95); allgemein Grünewald, JZ 2017, 1069 (1071 m.N. in Fn. 26, 27).
[19] Ähnlich Momsen, KriPoZ 2018, 76 (88).
[20] So auch Momsen, KriPoZ 2018, 76 (95).
[21] Dafür Puppe, JR 2018, 323 (325, 326); eingeschränkt Hörnle, NJW 2018, 1576 (1578), sofern „das Bemühen erkennbar ist, so weit wie möglich der mentalen Verfassung der Angeklagten nahezukommen.“; vgl. auch Grünewald, JZ 2017, 1069 (1071); dagegen Eisele, JZ 2018, 549 (553 m.N. in Fn. 49).
[22] Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 19, 20).
[23] Vgl. Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 19); Grünewald, JZ 2017, 1069 (1070 m.N. in Fn. 11, 12).
[24] Herzberg, JZ 2018, 122 (123 ff.); tendenziell ähnlich Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439 (440, 441).
[25] Momsen, KriPoZ 2018, 76 (86).
[26] Vgl. hierzu ferner Hörnle, NJW 2018, 1576 (1578).
[27] Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 30); Jahn, JuS 2017, 700 (701); Walter, NJW 2017, 1350. Grünewald, JZ 2017, 1069 (1070, 1071 m.N. in Fn. 17) spricht an dieser Stelle insofern zutreffend von einer Normativierung des Vorsatzes.
[28] So bereits BGH, NStZ 1984, 19; siehe auch Walter, NJW 2017, 1350 m.N. in Fn. 4, 6.
[29] BGH, JZ 2018, 574 (575); 577 (578); 579 (580); Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 30); siehe auch Momsen, KriPoZ 2018, 76 (86 m.N. in Fn. 74).
[30] So BGH, NStZ 2000, 583 (584); BGHSt 57, 183 (186 ff.); Neumann, Jura 2017, 160 (167 m.N. in Fn. 57–60); Eisele, JZ 2018, 549 (551 m.N. in Fn. 31); Preuß, NZV 2017, 105 (106).
[31] Vgl. allgemein nur Neumann, Jura 2017, 160 (167).
[32] Siehe hierzu Walter, KriPoZ 2018, 39 (42, 43).
[33] Vgl. etwa Mitsch, DAR 2017, 70; Preuß, NZV 2017, 105 (106); Walter, NJW 2017, 1350 (1351).
[34] Eisele, JZ 2018, 549 (552, 553);Kulhanek, Beck-OK-StGB, 37. Ed., Stand 1.2.2018, § 316d Rn. 5.
[35] LG Berlin, KriPoZ 2017, 200 (209) = NStZ 2017, 471 (476); BGH, KriPoZ 2018, 129 (131); siehe hierzu sowie zu weiteren vom BGHmonierten Fehlern des gegenständlichen Urteils Momsen, KriPoZ 2018, 76 (92); Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577); Puppe, JR 2018, 323 (324, 325); allgemein kritisch zur Rechtsprechung des 4. Senats in diesem Zusammenhang Hörnle, NJW 2018, 1576 (1577, 1578).
[36] BGH, JZ 2018, 574 (576); Eisele, JZ 2018, 549 (553 m.N. in Fn. 60).
[37] BGH, JZ 2018, 577 (579); Eisele, JZ 2018, 549 (553 m.V.a. Fn. 58).
[38] Ähnlich, wenngleich (zu singulär) auf die Sicherheitsstandards der Kraftfahrzeuge abstellend, die den Fremdtötungsvorsatz im Ergebnis als gegeben erscheinen lassen können Grünewald, JZ 2017, 1069 (1071) sowie Kubiciel/Hoven, NStZ 2017, 439 (441, 442).
[39] Ähnlich Preuß, NZV 2017, 105 (106); zu generell Momsen, KriPoZ 2018, 76 (91 m.V.a. Jäger in Fn. 107); Puppe, JR 2018, 323 (325); Walter, NJW 2017, 1350 (1351).
[40] Hörnle, NJW 2018, 1576 (1578).
[41] Eisele, JZ 2018, 549 (554).
[42] Vgl. Momsen, KriPoZ 2018, 76 (91, 92).
[43] Vgl. hiezu Eisele, JZ 2018, 549 (554 m.V.a. Kubiciel/Hoven in Fn. 63).
[44] Eisele, JZ 2018, 549 (554 m.N. in Fn. 66–68); siehe auch Herzberg, JZ 2018, 122 (128, 129).
[45] Eisele, JZ 2018, 549 (554).
[46] A.a.O.
[47] Vgl. auch Momsen, KriPoZ 2018, 76 (96).