Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Urt. v. 23.10.2019 – 2 StR 139/19: Versuchsbeginn beim Eingehungsbetrug in mittelbarer Täterschaft
Leitsatz der Redaktion:
Entlässt der Hintermann den Tatmittler aus seinem unmittelbaren Herrschaftsbereich, ist darin dann noch kein Versuchsbeginn zu sehen, wenn die Tatbegehung erst nach einer längeren Zeit erfolgen soll oder eine konkrete Rechtsgutsgefährdung beim Opfer noch nicht eingetreten ist.
Sachverhalt (gekürzt):
Das LG Wiesbaden hat den Angeklagten wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung, schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung in zwei Fällen und Fahrens ohne Fahrerlaubnis in sieben Fällen verurteilt.
Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte ein Bekannter des Angeklagten 2017 einen im Jahr 2008 gestohlenen PKW der Marke Bentley angekauft. Dem Angeklagten war daraufhin aufgefallen, dass das Fahrzeug eine sog. Doublette darstellte, also ein Fahrzeug mit gefälschter Fahrzeugidentifikationsnummer. Er hatte dann den gutgläubigen Zeugen S mit der Bitte kontaktiert, das Fahrzeug im Kundenauftrag zu verkaufen und ihm gefälschte Fahrzeugpapiere vorgelegt. Auf dieses Angebot hatte sich ein Interessent gemeldet, zu einem Vertragsschluss war es jedoch nicht gekommen.
In einer weiteren Tat, hatte der Angeklagte eine Garage angemietet, um in dieser mit seinen Bekannten von diesen gestohlene Autos „aufzubereiten“, also unter anderem die Fahrzeugidentifikationsnummer zu verändern. Die PKWs wurden vor einem Verkauf von der Polizei sichergestellt.
Entscheidung des BGH:
Der BGH hob das Urteil auf, da die Feststellungen eine Verurteilung wegen versuchten Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung und wegen schweren Bandendiebstahls in Tateinheit mit gewerbs- und bandenmäßiger Urkundenfälschung nicht trügen.
Die Einschaltung des Zeugen S sei als mittelbare Täterschaft zu werten, was Auswirkungen auf die Beurteilung des Versuchsbeginns habe. Im Grundsatz sei der Versuchsbeginn bei Beteiligung eines mittelbaren Täters schon dann zu sehen, wenn der Hintermann die Einwirkung auf den Tatmittler abgeschlossen habe, so der BGH. Mit dem Entlassen des Tatmittlers sei ein unmittelbares Ansetzen für den Hintermann zu bejahen, wenn dieser die Vorstellung gehabt habe, dass die Tatbegehung in engem Zusammenhang mit seiner Einwirkung geschehe.
Etwas anderes müsse gelten, wenn die Tatbegehung erst nach längerer oder ungewisser Zeit erfolgen soll, das Opfer also nach der Vorstellung des mittelbaren Täters noch nicht oder nur möglicherweise konkret gefährdet ist.
In diesen Fällen sei auch für das unmittelbare Ansetzen des Hintermanns der Versuchsbeginn des Tatmittlers maßgeblich.
Zu diesen Gesichtspunkten blieben die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils zu unkonkret.
Ebenso habe das LG nicht tragfähig begründet, warum eine Mittäterschaft des Angeklagten vorliegen solle, indem er die Garage anmietete.
Bei jeder Bandentat sei vereinzelt festzustellen, welchen Grad der Tatbeteiligung die Handlung eines Bandenmitglieds erfülle, dies gelte vor allem bei der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe. Hier sei eine wertende Gesamtbetrachtung mithilfe folgender Kriterien vorzunehmen: Interesse an der Durchführung der Tat, Umfang der Tatherrschaft und der Wille zur Tatherrschaft. Die ledigliche Förderung der Ausführung der eigentlichen Tathandlung genüge für eine (Mit-)Täterschaft gerade nicht.
Auch diese Fragestellung könne anhand der Feststellungen des LG nicht abschließend beurteilt werden, sodass eine Aufhebung des Urteils geboten gewesen sei.
Anmerkung der Redaktion:
Die breit diskutierte Frage nach dem Versuchsbeginn bei mittelbarer Täterschaft hat der BGH schon hier diskutiert.