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KriPoZ-RR, Beitrag 43/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 11.05.2021 – 4 StR 350/20: keine Vermögensbetreuungspflicht eines Arztes für das Vermögen der gesetzlichen Krankenkassen bei der Verordnung häuslicher Krankenpflege

Amtlicher Leitsatz:

Bei der Verordnung von häuslicher Krankenpflege gemäß § 37 Abs. 2 SGB V obliegt dem verordnenden Kassenarzt keine Betreuungspflicht im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB hinsichtlich des Vermögens der gesetzlichen Krankenkassen (Abgrenzung zur BGH, Beschluss vom 16. August 2016 – 4 StR 163/16).

Sachverhalt:

Das LG Bochum hat den Angeklagten wegen Untreue verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte bewusst falsche Atteste für häusliche Krankenpflege ausgestellt, die die betreffenden Patienten dann bei dem von seiner Ehefrau mitgegründeten Pflegedienst eingelöst hatten. Die Pflegeleistungen waren tatsächlich nicht oder nur zu einem geringen Teil erbracht worden. Um Zahlungen der Krankenhasse zu erhalten, hatte die Ehefrau des Angeklagten im Anschluss falsche Leistungsbescheinigungen über einen Abrechnungsdienst bei der Krankenkasse eingereicht. Dieses Vorgehen war dem Angeklagten bewusst gewesen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob die Verurteilung wegen Untreue auf, da den Angeklagten als Arzt – im Gegensatz zur Verordnung von Heilmitteln und bei der Abrechnung ärztlichen Sprechstundenbedarfs – bei der Verordnung häuslicher Krankenpflege nach § 37 Abs. 2 SGB V keine Vermögensbetreuungspflicht für das Vermögen der gesetzlichen Krankenkassen getroffen habe.

Die für eine Strafbarkeit nach § 266 Abs. 1 StGB erforderliche Vermögensbetreuungspflicht gründe sich auf vertragliche oder gesetzliche Sonderbeziehungen, die eine Einwirkung auf das Vermögen des anderen ermöglichten und in denen die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen eine, im Vergleich zur generellen Rücksichtnahmepflicht in Rechtsbeziehungen, herausragende Stellung einnehme, so der BGH. Dies bestimme sich anhand einer Gesamtabwägung, bei der der Frage, ob die Betreuungspflicht Hauptpflicht des Rechtsverhältnisses sei, erhebliche Bedeutung zukomme. Daneben spielten aber auch das Maß der Eigenständigkeit und die Möglichkeiten zur Kontrolle durch den Auftraggeber eine große Rolle.

Da es – anders als bei der Verordnung von Medikamenten – bei der Verordnung von häuslicher Krankenpflege nicht allein auf den Arzt ankomme und die Krankenkasse in diesen Fällen eigene zusätzliche Prüfungs- und Kontrollmechanismen hätte, hänge die Leistungserbringung von der Genehmigungsentscheidung der Krankenkasse ab. Daraus ergebe sich, dass die Einwirkungsmöglichkeiten des Arztes auf das Vermögen der gesetzlichen Krankenkassen begrenzt sei und dieser somit keine Vermögensbetreuungspflicht habe.

 

Anmerkung der Redaktion:

Bei der Verordnung von Medikamenten erfolgt keine gesonderte Prüfung durch die Krankenkassen und es ergibt sich direkt ein Leistungsanspruch des Versicherten. Daher bestehe in diesem Fall eine Vermögensbetreuungspflicht des Arztes, so der BGH in seinem Beschluss vom 16.08.2016 – 4 StR 163/16.

 

 

 

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