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Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuches als Ausdruck einer evidenzbasierten Strafrechtspolitik?

von Büşra Akay und Prof. Dr. Anja Schiemann

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Abstract

Im November 2023 hat das Bundesministerium der Justiz ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Strafgesetzbuches vorgelegt und eine Reihe von Delikten identifiziert, die aufgehoben oder angepasst werden sollen. Wie dies im nächsten Schritt umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Der Beitrag gibt eine Übersicht über die durch das Eckpunktepapier in den Blick genommenen Straftatbestände und bewertet die intendierten Streichungen und Änderungen.

In November 2023, the German Ministry of Justice released a white paper on the modernization of the German Criminal Code, identifying various offenses that will be adjusted or removed altogether. However, the next steps towards these changes are still unclear. This paper will provide an overview of the targeted criminal offenses and evaluate the proposed cuts and modifications.

I. Einleitung

Bereits im Koalitionsvertrag „Mehr Fortschritt wagen“ hatten es sich die Regierungsparteien auf die Agenda geschrieben, „das Strafrecht systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche“ hin zu überprüfen und „einen Fokus auf historisch überholte Straftatbestände, die Modernisierung des Strafrechts und die schnelle Entlastung der Justiz“ zu legen.[1] Dies sei – so das Eckpunktepapier – Ausdruck einer liberalen, evidenzbasierten Strafrechtspolitik, die das Strafrecht als Ultima Ratio begreift.[2] Das Eckpunktepapier wird seinem Anspruch auf evidenzbasierte Strafrechtspolitik aber nur in Teilen gerecht. Denn eine Streichung historisch überholter Straftatbestände und sprachliche Anpassungen reichen nicht aus, um die in der Überschrift zum Ausdruck kommende „Modernisierung“ des Strafgesetzbuchs in Angriff zu nehmen. Hierzu bedürfte es umfassenderen Reformen, die leider ausbleiben.

II. Aufzuhebende oder inhaltlich anzupassende Straftatbestände

Als aufzuhebende oder inhaltlich anzupassende Straftatbestände nimmt das Eckpunktepapier gleich elf Straftatbestände in den Blick. Neben den Delikten wie dem unerlaubten Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB und dem Erschleichen von Leistungen gem. § 265a StGB, die schon seit längerem in der Diskussion stehen, wird auch die Streichung weniger im Fokus stehender Deliktsgruppen wie dem unerlaubten Glücksspiel nach §§ 284 ff. StGB und der Gebührenüberhebung nach § 352 StGB vorgeschlagen.

1. Verletzung amtlicher Bekanntmachungen nach § 134 StGB

Mit § 134 StGB soll eine überholte Vorschrift aufgehoben werden, die justizpraktisch bedeutungslos ist.[3] Geschützt ist die staatliche Informationserfüllung zugunsten der Bürger.[4] Konkret soll die Beeinträchtigung der öffentlichen Wirksamkeit amtlicher Kundmachungen erfasst werden.[5] Die amtliche Kundmachung genießt schon seit dem Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794 rechtlichen Schutz.[6] Die heutige Fassung wurde durch Art. 19 Nr. 51 EGStGB von 1974 Gesetz und sowohl in den Straftatvoraussetzungen als auch in den Straftatfolgen erweitert.[7] Da amtliche Kundmachungen nicht mehr (nur) per Aushang am schwarzen Brett, sondern medial, in Amts- und Gemeindeblättern oder im Internet veröffentlicht werden, ist eine Beeinträchtigung der staatlichen Informationserfüllung nicht mehr zu befürchten. Daher ist die Aufhebung zu befürworten.

2. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB

Bereits auf dem 56. Verkehrsgerichtstag 2018 haben Experten des Arbeitskreises III Empfehlungen zur Überarbeitung des § 142 StGB ausgesprochen, da der Tatbestand zu „gewichtigen Rechtsunsicherheiten“ führe. Insofern sei eine bessere Verständlichkeit der Norm geboten, insbesondere durch eine Begrenzung des Unfallbegriffs auf Fortbewegungsvorgänge und eine Präzisierung der Wartezeiten bei Unfällen mit Sachschäden bei einer telefonischen Meldung. Gefordert wurde auch eine Reform der Möglichkeiten der Strafmilderung oder des Absehens von Strafe bei tätiger Reue in § 142 Abs. 4 StGB. Hier, so der Vorschlag der Experten des Verkehrsgerichtstags, sollte die Begrenzung auf Unfälle außerhalb des fließenden Verkehrs entfallen und die Regelung auf alle Sach- und Personenschäden erweitert werden.[8]

Das Eckpunktepapier sieht nun vor, in Konstellationen von Unfällen mit bloßen Sachschäden alternativ zur bestehenbleibenden Wartepflicht eine Meldepflicht einzuführen. Hierzu sollen Meldestellen eingerichtet werden, an die die entsprechenden Informationen auch digital übermittelt werden können, um so eine zeitgemäße und bürgerfreundliche Option zu schaffen.[9] Insofern wird hier eine Forderung des 56. Verkehrsgerichtstags aufgegriffen. Da keine weiteren Anpassungsbedarfe benannt werden, ist davon auszugehen, dass die Modifizierung des § 142 StGB weit hinter den Forderungen der Experten zurückbleibt und insbesondere auch die Regelung über die tätige Reue nicht weiter ausgebaut werden soll.

Auch auf dem 62. Deutschen Verkehrsgerichtstag 2024 waren sich die Experten noch einig, dass die Vorschrift des § 142 StGB angesichts der Komplexität reformiert und verständlicher und praxistauglicher formuliert werden sollte. Mit großer Mehrheit sprach man sich dafür aus, dass auch nach Unfällen mit Sachschäden das unerlaubte Entfernen vom Unfallort weiterhin strafbar bleiben sollte. Positiv stand man dagegen der Einrichtung einer zentralen und neutralen Meldestelle gegenüber. Auch wurde die Forderung des 56. Verkehrsgerichtstags wieder aufgegriffen, die Voraussetzungen der tätigen Reue zu ändern und zu erweitern. Sie solle bei jeder Unfallflucht innerhalb von 24 Stunden nach dem Unfall möglich sein.[10]

Etwas unklar bleibt, wie die vom Bundesjustizministerium angedachte Reform des § 142 StGB letztlich ausgestaltet werden soll. War ursprünglich geplant, den Tatbestand zu reduzieren und Unfälle, die zu reinen Sachschäden führen, aus dem Anwendungsbereich herauszulösen,[11] so scheint diese Reformidee durch das Eckpunktepapier doch wieder ein Stückweit zurückgenommen zu werden. Vielmehr wird sich dem Vorschlag der Verkehrsgerichtstage angenähert, bei Sachschäden lediglich zur bestehenden Wartepflicht eine – auch digitale – Meldepflicht an eine einzurichtende Meldestelle zu etablieren. Insofern ist die Herabstufung zur reinen Ordnungswidrigkeit gem. § 34 StVO i.V. mit § 49 Abs. 1 Nr. 29 StVO wohl nicht mehr geplant.

Ebenfalls unausgesprochen bleibt im Eckpunktepapier eine Anpassung der tätigen Reue nach § 142 Abs. 4 StGB. Der Anwendungsbereich der tätigen Reue ist aufgrund der Forderung, dass das Unfallereignis ohne Beziehung zum fließenden Verkehr stehen muss, sehr eingeschränkt und spielt daher in der Praxis kaum eine Rolle.[12] Daher sollte – sofern man sich ohnehin zu einer Modifizierung des § 142 StGB entschließt –, auch die Beschränkung auf den ruhenden Verkehr aufgeben und der Anwendungsbereich der tätigen Reue dementsprechend vergrößert werden, um eine praxistauglichere Regelung zu schaffen.

Auch sollte das Bundesjustizministerium überdenken, ob allein der Ausbau der Meldemöglichkeiten ein probates Mittel ist, um die geplante Entkriminalisierung voranzutreiben. Schließlich ist Rechtsgut des § 142 StGB allein die Feststellung und Sicherung der durch den Unfall entstandenen zivilrechtlichen Ansprüchen sowie der Schutz vor unberechtigten Ansprüchen.[13] Dann aber stellt sich die Frage, ob hier nicht das Ordnungswidrigkeitenrecht ausreichen würde, um entsprechende Ansprüche zu sichern. Recht zu geben ist aber Steinert, dass sich mit einer alleinigen Verlagerung auf das Ordnungswidrigkeitenrecht die vielfach kritisierten Problemfelder im Bereich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nicht beheben lassen, sondern lediglich verschoben werden. Auch im Ordnungswidrigkeitenrecht blieben Unsicherheiten in Auslegung und Anwendungsbereich wegen fehlender Präzisierung der Wartezeit und Bagatellgrenze bestehen.[14] Wenn man insoweit schon von einer Modernisierung des Strafgesetzbuchs im Eckpunktepapier spricht, so sollte dies auch im Rahmen des § 142 StGB Anlass sein, nicht nur über eine Erweiterung der Meldemöglichkeiten nachzudenken, sondern den Straftatbestand umfassend zu reformieren.

3. Ausübung der verbotenen Prostitution gem. § 184f StGB

Auch § 184f StGB, der die Prostitution[15] in Sperrbezirken unter Strafe stellt, soll laut dem Eckpunktepapier aufgehoben werden. Die Vorschrift geht auf das 4. StRG 1973 zurück und wurde seitdem mehrmals umstrukturiert.[16] Inzwischen hat sich bei der gesetzlichen Regelung von Prostitution insgesamt einiges geändert. Die Inanspruchnahme sexueller Dienstleistungen ist in Deutschland grundsätzlich straflos und nur in wenigen Ausnahmefällen unter Strafe gestellt. Um die rechtliche und soziale Stellung der Prostituierten zu verbessern wurde 2001 das ProstG erlassen, das den Anspruch der Prostituierten auf Entgelt sichern soll.[17] Im Jahr 2016 folgte das ProstSchG, das neben gewerberechtlichen Regelungen auch Maßnahmen gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel vorsieht. Damit wurde das Verdikt der Sittenwidrigkeit und Sozialschädlichkeit von Prostitution aufgegeben.[18]

Mit dieser Neubewertung der Prostitution ist § 184f StGB unvereinbar. Schon das geschützte Rechtsgut ist fraglich. Die Strafbarkeit schützt nicht die betroffenen Personen vor Zwangsprostitution. Im Gegenteil: Täter können nur Personen sein, die selbst der Prostitution nachgehen. Geht man davon aus, dass das Rechtsgut das Allgemeininteresse an der Vermeidung von mit der Prostitution verbundenen Belästigungen und Gefahren ist,[19] liegen mit den Sperrgebietsverordnungen ausreichende öffentlich-rechtliche Normen des Gefahrenabwehrrechts vor. Ein Straftatbestand lässt sich bei einem bloßen „Verwaltungsunrecht“[20] nicht legitimieren. Unabhängig davon ist problematisch, dass § 184f StGB nicht einmal eine Konfrontation mit fremder Sexualität voraussetzt.[21] Sogar, wenn man davon ausgehen würde, dass das oben genannte Rechtsgut ein schutzbedürftiges ist, ist fraglich, inwiefern eine Belästigung oder Gefahr von Prostitution bei einer bloß diskreten Kontaktaufnahme zwischen Sexarbeiterinnen und ihren Kunden im räumlichen Geltungsbereich einer Sperrbezirksverordnung vorliegen kann, wenn diese Anbahnung weder von Dritten wahrgenommen wird, noch überhaupt öffentlich wahrnehmbar ist. Damit wäre § 184f StGB ein abstraktes Gefährdungsdelikt.[22] Selbst bei einer Wahrnehmung durch Dritte bleibt fraglich, wieso die Konfrontation mit der Anbahnung einer sexuellen Dienstleistung als strafwürdig eingestuft werden soll, während anderweitige Konfrontationen mit unentgeltlicher Anbahnung sexueller Kontakte oder sexualisierter Werbung auf Plakatwänden im öffentlichen Raum anders bewertet werden. Im Hinblick auf das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung[23], der geänderten Normalitätsvorstellungen über Sexarbeit und der rechtlichen Neubewertung, die sich im ProstG und ProstSchG widerspiegelt, ist § 184f StGB verfassungsrechtlich nicht zu legitimieren. Insofern ist die vom Bundesjustizministerium geplante Streichung nur konsequent.

4. Geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung gem. § 217 StGB

Der recht junge, 2015 ins Strafgesetzbuch eingeführte, Straftatbestand der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung gem. § 217 StGB, wurde nicht einmal fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten im Februar 2020 vom BVerfG aufgrund seiner Verfassungswidrigkeit für nichtig erklärt. Es wurde festgestellt, dass das strafbewehrte Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung es Suizidwilligen faktisch unmöglich mache, die von ihnen gewählte, geschäftsmäßig angebotene Suizidhilfe in Anspruch zu nehmen. Hier trete die Achtung vor dem auch das eigene Lebensende umfassenden Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen in Kollision zu der staatlichen Verpflichtung, die Autonomie Suizidwilliger und darüber hinaus auch das Rechtsgut Leben zu schützen.[24]

Das Eckpunktepapier sieht vor, aufgrund dieser Entscheidung und der darin erklärten Nichtigkeit der Vorschrift,[25] diese aus deklaratorischen Gründen aufzuheben.[26] Dabei hatte das BVerfG trotz festgestellter Verfassungswidrigkeit des § 217 StGB quasi den Weg geebnet auch für verfassungsmäßige strafrechtliche Regelungen zur Suizidhilfe, indem es ausführte: „Aus der Verfassungswidrigkeit des § 217 StGB folgt nicht, dass der Gesetzgeber sich einer Regulierung der Suizidhilfe vollständig zu enthalten hat. (…) Zum Schutz der Selbstbestimmung über das eigene Leben steht dem Gesetzgeber in Bezug auf das Phänomen organisierter Suizidhilfe ein breites Spektrum an Möglichkeiten offen. (…) Sie können mit Blick auf die Bedeutung der zu schützenden Rechtsgüter auch im Strafrecht verankert oder jedenfalls durch strafrechtliche Sanktionierung von Verstößen abgesichert werden“.[27]

Aufgrund dieses Türöffners durch das BVerfG zu einer modifizierten Regelung der geschäftsmäßigen Suizidhilfe einschließlich der Möglichkeit zu flankierenden strafrechtlichen Normen, gab es in der Folge diverse Gesetzentwürfe von Abgeordneten und einen Diskussionsentwurf des Bundesgesundheitsministeriums.[28] Nach einer kontroversen öffentlichen Anhörung der Sachverständigen im Rechtsausschuss, gab der Rechtsausschuss zwar eine Beschlussempfehlung ab,[29] letztlich konnte aber in der zweiten Lesung des Bundesrats über die beiden übrig gebliebenen Gesetzentwürfe keine erforderliche Mehrheit erzielt werden.

Insofern ist es vermutlich einem pragmatischen Ansatz des Bundesjustizministeriums geschuldet, hier nicht einen weiteren Vorstoß zur rechtlichen Ausgestaltung der gewerbsmäßigen Suizidhilfe zu wagen. Allerdings bezieht sich das Eckpunktepapier ausdrücklich nur auf die Modernisierung strafrechtlicher Regelungen. Nicht ausgeschlossen ist daher, dass auch in Zukunft über schon diskutierte verwaltungsrechtliche Zulassungsmodelle nachgedacht wird.[30] Ein strafbewehrtes Verbot der geschäftsmäßigen Suizidhilfe wird es dagegen auf längere Sicht vermutlich nicht geben – allerdings ist man ja auch vor 2015 gut ohne einen entsprechenden Straftatbestand ausgekommen.

5. Entziehung Minderjähriger gem. § 235 StGB

Der auch als Muntbruch bezeichnete Tatbestand trug bis zum 6. StrRG 1998 die Überschrift „Kindesentziehung“.[31] Unter der neuen Bezeichnung „Entziehung Minderjähriger“ wurde der Tatbestand des § 235 StGB neu gefasst, um Strafbarkeitslücken im Schutz von Kindern gegen Entziehung zu schließen, wie bei der heimlichen Wegnahme von Kindern sowie bei Erscheinungsformen des kommerziellen und organisierten Kinderhandels.[32] § 235 Abs. 2 StGB stellt es unter anderem unter Strafe, Minderjährige in das Ausland zu verbringen, um sie den Eltern oder einem Elternteil zu entziehen. Der Gedanke der Norm ist, dass eine Durchsetzung des Sorgerechts im Ausland oft mit Schwierigkeiten verbunden ist.[33] Der EuGH hat bezüglich § 235 Abs. 2 StGB ausgeführt, dass die Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV verlange, eine Entziehung in einen anderen Mitgliedstaat genauso zu behandeln wie eine Entziehung innerhalb Deutschlands.[34] Eine Entziehung innerhalb Deutschlands ist nur beim Hinzutreten weiterer Umstände, wie Gewalt, Drohung oder List strafbar. Soweit § 235 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu einer Ungleichbehandlung von deutschen Tätern nach Abs. 1 mit solchen aus dem EU-Ausland führt, ist diese Strafnorm wegen Verstoßes gegen Art. 21 AEUV nicht anwendbar.[35] Das Eckpunktepapier sieht daher eine Anpassung des § 235 Abs. 2 StGB an die EuGH-Rechtsprechung vor.

Unter dem Aspekt der Strafbedürftigkeit und dem Schutzgut des elterlichen Sorgerechts stellt sich jedoch die generelle Frage, ob das Strafrecht das richtige Instrument für die leichtere Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen ist. Zwar soll § 235 StGB neben dem Sorgerecht des Elternteils auch die unmittelbar entzogene Person schützen,[36] die Verletzung der persönlichen Freiheit, körperlichen und psychischen Entwicklung und Integrität der entzogenen Person kann jedoch über andere Tatbestände wie den §§ 223, 239, 240 StGB erfasst werden.

6. Erschleichen von Leistungen gem. § 265a StGB

Bereits in der 19. Legislaturperiode gab es mehrere Gesetzentwürfe, die darauf abzielten, das Fahren ohne Fahrschein, also die Beförderungserschleichung nach § 265a Abs. 1 Var. 3 StGB straffrei zu stellen – entweder durch ein generelles Absehen jeglicher Sanktionierungen oder in Form der Herabstufung als Ordnungswidrigkeit.[37] Auch in der 20. Legislaturperiode brachte die Fraktion Die Linke einen Gesetzentwurf in den Bundestag ein und entfachte die Diskussion um die Entkriminalisierung des sog. „Schwarzfahrens“ neu.[38]

Im Eckpunktepapier möchte das Bundesjustizministerium aufgrund des geringen Unrechtsgehalts § 265a Abs. 1 Var. 3 StGB streichen und die Tatbestandsalternative „Beförderung durch ein Verkehrsmittel“ als Ordnungswidrigkeit ahnden. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass in der Polizeilichen Kriminalstatistik von 2022 die Mehrheit der erfassten Fälle des § 265a StGB, nämlich 98 %, die Tatbestandsvariante der Beförderungserschleichung betrifft.[39] Das verwundert nicht, ist doch bei den anderen Varianten des § 265a Abs. 1 StGB allein die unbefugte Inanspruchnahme einer Leistung zulasten Dritter nicht ausreichend, sondern es muss hinzukommen, dass vorhandene Sicherheitsvorkehrungen umgangen werden.[40] Bei der Beförderungserschleichung ist dies allerdings zumindest nach Auffassung des BGH nicht erforderlich, sondern vielmehr ausreichend, wenn der Täter das Verkehrsmittel unberechtigt nutzt und sich dabei allgemein mit dem Anschein umgibt, er erfülle die nach den Geschäftsbedingungen des Betreibers erforderlichen Voraussetzungen.[41] Diese extensive Auffassung ist zwar zu Recht in der Literatur auf Kritik gestoßen,[42] jedoch ist eine Änderung der ständigen Rechtsprechung nicht absehbar.  Insofern muss sich, wenn sich schon die Rechtsprechung nicht ändert, das Gesetz ändern, so möchte man meinen und es sprechen gute Gründe dafür, das „Schwarzfahren“ zu entkriminalisieren. Das Eckpunktepapier bezieht sich bspw. auf den geringen Unrechtsgehalt der Vorschrift. Strafrecht als Ultima Ratio soll nach der Rechtsprechung des BVerfG immer nur dann zur Anwendung kommen, wenn ein Verhalten in besonderer Weise sozialschädlich und für das menschliche Zusammenleben so unerträglich ist, dass seine Verhinderung besonders dinglich erscheint.[43] Dies wird man angesichts des Bagatellcharakters der Beförderungserschleichung verneinen müssen, da der Unrechtsgehalt – wie auch das Eckpunktepapier ausführt – als gering anzusehen ist.[44] Zudem ist eine Pönalisierung des schichten Fahrens ohne Fahrschein unverhältnismäßig, da eine zivilrechtliche Regulierung ausreichend ist. Die Verkehrsbetriebe können über ihre erhöhten Beförderungsentgelte ihren Verlust begrenzen.[45] Zudem hätten sie die Möglichkeit, technische Schutzvorkehrungen zu schaffen, um einer Beförderungserschleichung entgegenzuwirken, wie dies im Ausland der Fall ist.[46] Wenn hierauf aus ökonomischen Gründen verzichtet wird, kann es aufgrund dieser bewussten Entscheidung der Verkehrsbetriebe nicht Aufgabe des Strafrechts sein, hier durch eine strafrechtliche Ahndung letztlich zivilrechtliche Ansprüche der Verkehrsbetriebe durchzusetzen.[47]

 

In Kritik geraten ist die Beförderungserschleichung vor allem dadurch, dass überproportional Menschen mit niedrigem Einkommen betroffen sind, die nicht in der Lage sind, die regelmäßig ausgesprochenen Geldstrafen zu zahlen. Daher kommt es im Rahmen einer Verurteilung nach § 265a StGB am häufigsten zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe, so dass letztlich die härteste Sanktion regelmäßig wegen eines Bagatelldelikts verhängt wird.[48] Zwar hat man mit dem Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts auch die Ersatzfreiheitsstrafe reformiert, hier allerdings nur den Umrechnungsmaßstab von Geldstrafe in eine Ersatzfreiheitsstrafe in § 43b StGB geändert und die Ersatzfreiheitsstrafe halbiert.[49]Letztlich ändert diese Reform also nichts daran, dass nach wie vor – nur eben kürzer – Menschen allein aufgrund einer Deliktsverwirklichung wegen Beförderungserschleichung im Strafvollzug landen.

 

Insofern wäre eine gänzliche Entpönalisierung der richtige Schritt.[50] Eine wie im Eckpunktepapier geplante Herabstufung zur Ordnungswidrigkeit wäre nicht nur systemwidrig,[51] sondern würde auch das Problem, dass gerade mittellose Menschen überproportional von der Sanktion – jetzt im Ordnungswidrigkeitenrecht durch entsprechendes Bußgeld – betroffen wären, nicht lösen. Letztlich würde es diese Menschen bei einer Verlagerung der Beförderungserschleichung ins Ordnungswidrigkeitenrecht sogar härter treffen. Denn auch im Ordnungswidrigkeitenrecht droht bei Nichtbegleichung der Geldbußen gem. §§ 96 ff. OWiG eine Erzwingungshaft. Bei Verbüßung einer Erzwingungshaft entfällt – im Gegensatz zur Ersatzfreiheitsstrafe, die die Geldstrafe tilgt – die Geldbuße nicht, sondern bleibt bestehen.[52] Zwar darf gem. § 96 Abs. 1 Nrn. 2 und 4 OWiG die Erzwingungshaft bei Zahlungsunfähigkeit nicht verhängt werden, allerdings ergeht der Beschluss in der Praxis häufig ohne mündliche Verhandlung, so dass die Zahlungsunfähigkeit unerkannt bleibt.[53] Das Gericht treffen diesbezüglich nämlich keine ausdrücklich normierten Aufklärungspflichten.[54]

Insofern sollte das Bundesjustizministerium dringend überdenken, ob eine Herabstufung der Beförderungserschleichung ins Ordnungswidrigkeitenrecht aus systematischen und praktischen Erwägungen heraus überhaupt zielführend ist. Eine gänzliche Entpönalisierung der Beförderungserschleichung, die nicht nur das Strafrecht, sondern auch das Ordnungswidrigkeitenrecht umfasst, ist zielführender, um sicherzustellen, dass niemand mehr aufgrund dieser Deliktsverwirklichung in Haft muss. Das Zivilrecht bietet hier angemessene Reaktionsmechanismen.[55]

7. Missbrauch von Scheck- und Kreditkarten gem. § 266b StGB

Das Eckpunktepapier sieht ferner die Streichung der Tatbestandsvariante der „Scheckkarte“ in § 266b StGB vor.[56] Hiernach ist strafbar, wer mit seiner Scheck- oder Kreditkarte bezahlt oder bei einer fremden Bank Geld abhebt, obwohl man um die fehlende Deckung des eigenen Kontos weiß. Da es schon seit über 20 Jahren keine Scheckkarten mehr gibt,[57] ist es nur konsequent, diese bedeutungslose Variante aus dem Straftatbestand zu streichen. Allerdings weisen Oğlakcıoğlu/Kudlich zu Recht darauf hin, es sei naiv zu glauben, dass man allein durch diese Streichung den Tatbestand zeitgemäß ausgestalte. Denn die rechtlichen wie technischen Grundlagen des Zahlungsverkehrs haben sich seit Inkrafttreten der Vorschrift ganz generell verändert.[58] Der Tatbestand wird nämlich auch jenseits der überholten Scheckkartenvariante eher kritisch gesehen und insbesondere die Strafwürdigkeit bloß vertragswidrigen Verhaltens in dem heute üblichen bargeldlosen Online-Zahlungsverkehrs in Frage gestellt. Denn heute stehen ganz neue Schutzmechanismen für die Zahlungsdienstleister und Vertragspartner bereit und die Risiko- und Lastenverteilung weicht ganz erheblich von dem ursprünglichen – und dem Gesetzgeber damals vor Augen stehenden – Drei-Personen-System ab.[59]

Zudem gibt es Auslegungsprobleme dahingehend, ob nur Universalkreditkarten im Drei-Partner-System von der Vorschrift erfasst sind, oder auch die Verwendung im Zwei-Partner-System.[60] Hier könnte der Gesetzgeber durch entsprechende Neuformulierungen Klarheit schaffen und entweder weitere Zahlungskarten in den Anwendungsbereich miteinbeziehen[61] oder es aber bei der restriktiven Anwendung nach der herrschenden Meinung in der Literatur[62] und Rechtsprechung[63] belassen.

8. Unerlaubtes Glücksspiel nach §§ 284 ff. StGB

Das Eckpunktepapier nimmt §§ 284, 285, 287 StGB als Streichungskandidaten auf, wonach es insbesondere unter Strafe gestellt ist, ohne behördliche Erlaubnis ein Glücksspiel, eine Lotterie oder eine Ausspielung zu veranstalten. Da kein Rechtsgut erkennbar sei, das die Aufrechterhaltung dieser Strafnormen rechtfertigen würde, sollen die Tatbestände aufgehoben werden.[64] Das geschützte Rechtsgut der §§ 284 ff. StGB ist umstritten und liegt nach wohl herrschender Meinung darin, die staatliche Kontrolle einer Kommerzialisierung der natürlichen Spielleidenschaft zu sichern.[65] Das ist problematisch, da das Strafrecht keinen paternalistischen Schutz von Bürgern beanspruchen sollte. Die Verbote sind jedoch auch umstritten, was ihre Vereinbarkeit mit dem Unionsrecht angeht, da gewichtige Bedenken gegen die Anwendbarkeit auf Fälle der Vermittlung von im EU-Ausland rechtmäßig konzessionierten Glücksspielangeboten bestehen.[66] Laut dem Eckpunktepapier sind bei einer Aufhebung der §§ 284 ff. StGB keine Strafbarkeitslücken zu befürchten. § 28a des Glücksspielstaatsvertrags der Länder erfasst die Veranstaltung eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis als Ordnungswidrigkeit.

Der Vorschlag der Entkriminalisierung stößt trotzdem teilweise auf Kritik. Der Deutsche Richterbund betont die Bedeutung der §§ 284 ff. StGB als einen Deliktsbereich der Organisierten Kriminalität und spricht sich gegen eine Aufhebung aus. Insbesondere § 284 Abs. 3 StGB, der die gewerbs- und bandenmäßige Begehungsweise erfasst, habe einen kriminalpolitischen Stellenwert bei der Bekämpfung von Organisierter Kriminalität.[67] Dagegen spricht jedoch, dass strafwürdige Verhaltensweisen bereits unter §§ 261, 263, 265c, 265d StGB und § 370 AO fallen.[68] Daher ist die Entkriminalisierung zu begrüßen.

9. Unbefugter Gebrauch von Pfandsachen gem. § 290 StGB

Auch § 290 StGB, der die bloße Gebrauchsanmaßung durch öffentliche Pfandleiher unter Strafe stellt, soll laut Eckpunktepapier aufgehoben werden.[69] Das Pfandrecht kommt als Sicherungsmittel kaum noch vor, sodass der Tatbestand ebenfalls praktisch weitgehend bedeutungslos geworden ist.[70] Das geschützte Rechtsgut ist das Recht des Eigentümers der Pfandsache, andere Personen vom Umgang mit der Sache auszuschließen.[71]

Eine Strafbarkeitslücke ist nicht zu befürchten, da strafwürdige Fälle des Umgangs mit Pfandsachen insbesondere von § 246 StGB erfasst werden könnten.

10. Gefährdung einer Entziehungskur gem. § 323b StGB

323b StGB soll aus der Erwägung heraus aufgehoben werden, dass sich hinter der Vorschrift kein relevantes Kriminalitätsphänomen verbirgt und der Norm keine rechtstatsächliche Bedeutung zukomme.[72] § 323b StGB dient der Sicherung des Unterbringungszwecks staatlich angeordneter Entziehungsbehandlungen und dem Schutz vor Störungen.[73] Zwar spielte die Vorschrift seit Beginn ihrer Entstehung bei der Strafverfolgung so gut wie keine Rolle,[74] dennoch folgt aus der fehlenden praktischen Bedeutung nicht unbedingt, dass auch die Strafwürdigkeit des Verhaltens zu verneinen ist.[75] Denn der Straftatbestand dient neben dem Schutz der Allgemeinheit vor den Folgen der Rauschmittelsucht auch dem Schutz des Rauschmittelsüchtigen vor Beeinträchtigungen staatlicher Bestrebungen, ihm gegen seine Sucht zu helfen.[76] Der Suchtpatient steht im Zentrum der therapeutischen Bemühungen, die durch ein Verschaffen, Überlassen oder Verleiten zum Genuss berauschender Mittel torpediert werden und letztlich seine Gesundheit beeinträchtigen. Insofern ist ein solches tatbestandsmäßiges Verhalten durchaus strafwürdig. Allerdings werden in der Praxis derartige „Störfälle“ meist anderweitig und anstaltsintern aufgearbeitet, so dass man davon ausgehen muss, dass zumindest die therapeutische Praxis auf den Schutz des Strafrechts weitgehend verzichtet.[77] Dann mag es konsequent sein, diese therapeutischen Erwägungen auf die Strafwürdigkeit des Verhaltens zu übertragen und den Straftatbestand zu streichen.

11. Gebührenüberhebung gem. § 352 StGB

Der systematisch widersprüchliche § 352 StGB stellt eine Privilegierung gegenüber der Regelung des Betruges dar. Widersprüchlich ist, dass gerade diejenigen tauglichen Täter – Anwälte, Notare, Gerichtsvollzieher oder Bezirksschornsteinfeger – privilegiert werden, die für ihre Forderung zu Unrecht die Autorität einer gesetzlichen Gebührenregelung in Anspruch nehmen. Die Sonderstellung und besondere Legitimität, welche diese Berufsgruppen bei der Gebühren- oder Vergütungserhebung für sich in Anspruch nehmen, sprechen vielmehr gegen eine Privilegierung.[78] Der vom BGH als „bedenklich und überholt“[79] bezeichnete Tatbestand ist daher laut Eckpunktepapier aufzuheben. Strafwürdige Sachverhalte können nach Aufhebung der Vorschrift von § 263 StGB erfasst werden.

III. Änderungen bei Tatbeständen mit Bezug zum Nationalsozialismus

1. Die Tötungsdelikte (§§ 211-213 StGB)

Über die Reformbedürftigkeit der Tötungsdelikte besteht schon seit längerer Zeit Einigkeit.[80] Bereits auf dem 53. Deutschen Juristentag von 1980 wurde eine Revision empfohlen, wobei es dort einerseits Kritik an der starren Androhung der lebenslangen Freiheitsstrafe beim Mord und andererseits Kritik an den Mordmerkmalen gab, so dass sowohl hinsichtlich der Rechtsfolge eine Anpassung als auch eine Umstrukturierung der Mordmerkmale gefordert wurde.[81]

In der Folgezeit riss die Kritik an den Tötungsdelikten nicht ab und kreiste auch um die „ideologische Bürde“[82], dass die Formulierung auf der nationalsozialistischen Tätertypenlehre von 1941 basiere, die insoweit überholt sei.[83] Das Eckpunktepapier will nun „nur“ diese vielfach kritisierten Formulierungen der Tötungsdelikte nach Tätertypen aufgeben und die atypische Gesetzesfassung sprachlich anpassen. Eine inhaltliche Änderung der Rechtslage soll nicht erfolgen.[84] Dies ist kein sonderlich mutiger Schritt, wenn man bedenkt, dass das Justizministerium 2014 eine Expertengruppe eingesetzt hatte, um die Tötungsdelikte umfassend zu reformieren. Der Expertenbericht umfasste über 800 Seiten[85] und führte zu einem Referentenentwurf, der jedoch nicht über die Ressortabstimmung hinausgekommen ist.[86]

Allerdings mögen pragmatische Erwägungen hinter der schlichten sprachlichen Anpassung der Tötungsdelikte stehen. Denn auch wenn alle anderen Reformbestrebungen kontrovers diskutiert werden, so dürfte doch zumindest die Anpassung des Wortlauts der §§ 211, 212 StGB durch Streichung der Begriffe „Mörder“ und „Totschläger“ konsensfähig sein.[87] Rechtspraktisch, darauf weist Schneider zutreffend hin, ist diese sprachliche Anpassung allerdings bedeutungslos, da die ein verfassungsfremdes Täterstrafrecht propagierende Terminologie auf die Rechtsfindung der deutschen Gerichte ohnehin keinen Einfluss hat.[88]

Insofern ist dringend anzuraten, dass neben dieser überfälligen sprachlichen Anpassung der Tötungsdelikte im Rahmen einer Reform der Tötungsdelikte 2.0 noch einmal über die unterschiedlichen Reformansätze nachgedacht wird. Zunächst wäre es zielführend, im Sinne einer stimmigen Systematik – so wie im Referentenentwurf vorgesehen – den Totschlagstatbestand dem Mordtatbestand voranzustellen.[89] Wie dann dieses dreistufige Modell, das neben Mord und Totschlag noch eine Privilegierung enthält, umgesetzt wird, ist umstritten. So kann neben eine echte Qualifikation das Regelbeispielmodell treten.[90] Alternativ dazu werden zweistufige Modelle vorgeschlagen, nach denen der Grundtatbestand der Tötung von einem Privilegierungstatbestand flankiert wird.[91]

Ebenfalls umstritten ist die Forderung nach Streichung oder Anpassung einzelner Mordmerkmale sowie die Frage nach der Auflösung des Exklusivitäts-Absolutheitsmechanismus in Bezug auf die lebenslange Freiheitsstrafe.[92] Insofern muss dem Bundesjustizministerium – auch angesichts der Erfahrung aus dem gescheiterten Referentenentwurf 2016 – Recht gegeben werden, dass hier eine schnelle Reform nicht zu erreichen ist. Allerdings sollte der Gesetzgeber nach dieser pragmatischen und längst überfälligen Streichung der Tätertypen aus den §§ 211, 212 StGB die große Gesamtreform der Tötungsdelikte nicht aus den Augen verlieren.

2. Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer gem. § 316a StGB

Auch § 316a StGB soll als „Produkt nationalsozialistischer Strafrechtswissenschaft“ aufgehoben werden. Der historische Hintergrund, die hohe Strafandrohung und die systematische Einordnung im achtundzwanzigsten Abschnitt begründeten Zweifel an der kriminalpolitischen Legitimation des Tatbestands, zumal das Strafgesetzbuch ausreichende Möglichkeiten biete, die von § 316a StGB erfassten Sachverhalten anderweitig zu ahnden.[93] In der Tat rückt schon der entstehungsgeschichtliche Hintergrund die Vorschrift in ein zweifelhaftes Licht.[94] Vorgängervorschrift des § 316a StGB ist das Gesetz gegen Straßenraub mittels Autofallen vom 22.6.1938, das rückwirkend zum 1.1.1936 in Kraft trat.[95] Es war eine unmittelbare Reaktion auf die Straftaten der Brüder Götze, die im Zeitraum zwischen 1934 und 1938 in und um Berlin zahlreiche Überfälle auf Autofahrer verübten.[96] Aufgrund der weiten Ausdehnung der Strafbarkeit und im Gesetz enthaltenen Formulierungen hob der Alliierte Kontrollrat das Gesetz als Akt rechtsstaatswidriger Gesetzgebung 1947 auf.[97]

Allerdings erließ 1952 der bundesdeutsche Gesetzgeber – den Gedanken des Autofallengesetzes wieder aufnehmend – § 316a StGB, in dem räuberische Angriffe auf Kraftfahrer erneut geahndet wurden.[98] Trotz dieser Neufassung dient der problematische Entstehungskontext der Norm auch heute noch als Argument für die gänzliche Abschaffung des § 316a StGB[99] und wird auch vom Eckpunktepapier herangezogen. Daneben aber wird im Eckpunktepapier auch auf die hohe Strafdrohung hingewiesen. Dies war in der Tat ein Kritikpunkt auch bei Neueinführung der Vorschrift, auch wenn der BGH hierin keinen Verstoß gegen das Erfordernis schuldangemessener Strafdrohung gesehen hat.[100] Durch das 11. Strafrechtsänderungsgesetz wurde 1971 die Strafe herabgesetzt, allerdings wurde die Forderung auf weiterer Absenkung der Mindeststrafe durch das 6. Strafrechtsreformgesetz 1998 nicht weiterverfolgt, jedoch ein minder schwerer Fall ein-
geführt.[101] Neben der Strafdrohung ist auch die Bestimmung des Schutzgegenstands und die systematische Einordnung nicht überzeugend gelungen und die Deliktsnatur umstritten.[102] Insofern sprachen sich in der Vergangenheit viele Literaturstimmen für eine ersatzlose Streichung aus.[103] Dass das Bundesjustizministerium dies im Rahmen seiner Modernisierungsoffensive aufgegriffen hat, ist zwar überraschend,[104] jedoch absolut zu begrüßen.

IV. Tatbestände im Zusammenhang mit anderen Vorhaben

1. Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte gem. § 184b StGB

Das Eckpunktepapier verweist zudem auf einen Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom 17.11.2023 zur Anpassung der Mindeststrafe des § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB.[105] Hintergrund ist, dass durch die Neufassung des § 184b StGB im Juni 2021 die Strafrahmen der Tatbestandsvarianten des § 184b Abs. 1 S. 1 StGB und des § 184b Abs. 3 StGB angehoben wurden und seither ein Verbrechen darstellen. Eine Regelung für minder schwere Fälle wurde nicht getroffen und eine Verfahrenseinstellung aus Opportunitätsgründen ist aufgrund des Verbrechenscharakters nicht mehr möglich. Am 7.2.2024 hat die Bundesregierung den vorgelegten Regierungsentwurf beschlossen.[106]

Die Rückmeldung aus der Praxis habe gezeigt, dass „dies bei Verfahren, die einen Tatverdacht am unteren Rand der Strafwürdigkeit zum Gegenstand haben, dazu führt, dass eine tat- und schuldangemessene Reaktion nicht mehr in jedem Einzelfall gewährleistet ist“.[107] Besonders fraglich erscheine die Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn die beschuldigte Person ersichtlich nicht mit pädokrimineller Energie gehandelt habe, wenn zum Beispiel kinderpornographische Inhalte an Lehrer oder die Schulleitung weitergeleitet wurden, um über den Vorfall zu informieren. Ebenso können Inhalte ungewollt in den Besitz der Empfänger gelangen.[108] Der Entwurf sieht daher vor, den Strafrahmen der Tatbestandvariante des § 184b Abs. 1 S. 1 StGB von einem Jahr auf sechs Monate und der Variante des § 184b Abs. 3 StGB von einem Jahr auf drei Monate herabzusenken. Somit wird den Strafverfolgungsbehörden wieder die Möglichkeit eröffnet, Verfahren, die sich am unteren Rand der Strafwürdigkeit befinden, gem. §§ 153, 153a StPO einzustellen. Die Grenze der Höchststrafen soll jedoch beibehalten werden, um künftige schwere Taten angemessen sanktionieren zu können. Die neue Regelung soll insbesondere auch dem großen Anteil jugendlicher Täter zugutekommen, die nicht aus pädophilen Motiven heraus handeln.[109] Diese Reform der Reform ist zu begrüßen. Die Strafen nach § 184b StGB wurden 2021 als Reaktion auf die gestiegenen Zahlen kinderpornographischer Delikte, aber insbesondere auf die der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Missbrauchskomplexe in Staufen, Bergisch Gladbach, Lügde und Münster, verschärft.[110] Damit handelte es sich um eine kriminalpolitisch fragwürdige, übereilte Einzelfallgesetzgebung im Rahmen von politisch aufgeladenen gesellschaftlichen Diskussionen. Daher ist es nur folgerichtig, die Strafschärfung wieder zurückzufahren.

2. Ausspähen von Daten, Abfangen von Daten, Vorbereitung des Ausspähens und Abfangens von Daten gem. §§ 202a ff. StGB

Im Koalitionsvertrag hat man es sich zur Aufgabe gemacht, digitale Bürgerrechte und die IT-Sicherheit zu stärken.[111] Fast wortgleich greift das Eckpunktepapier diese Forderung auf, nach der das Identifizieren, Melden und Schließen von Sicherheitslücken in einem verantwortlichen Verfahren legal durchführbar sein soll.[112] Dies hat zunächst eine prozessuale Konnotation, ist aber hier – wie aus der Überschrift ersichtlich – eindeutig auf das materielle Recht bezogen. Im Juni und Oktober 2023 hat ein Symposium mit Experten auf Einladung des Justizministeriums stattgefunden, auf dessen Grundlage Eckpunkte für einen Gesetzentwurf erarbeitet werden sollen.[113] Insofern ist dies nur ein Hinweis auf ein weiteres Eckpunktepapier, auf das man gespannt sein darf. Es dürfte hier insbesondere um die Frage gehen, ob die §§ 202a ff. StGB neuen Strafbarkeitsphänomenen gerecht werden oder Anpassungs- und Ergänzungsbedarf besteht. In der Diskussion sind z.B. die Fragen, ob unser geltendes Strafrecht ausreichend vor dem Identitätsdiebstahl durch Phishing, Pharming und Spoofing, der missbräuchlichen Verwendung von Deep Fakes sowie gegen Fake News und Doxing schützt.

Der Identitätsdiebstahl durch Phishing, Pharming und Spoofing[114] erfüllt bereits jetzt einen bunten Strauß an Straftatbeständen, wobei zwischen den Handlungen der Datenbeschaffung und anschließenden Datenverwendung differenziert werden muss. Hier kommen die Fälschung beweiserheblicher Daten gem. § 269 StGB und beim IP-Spoofing ggf. noch das Ausspähen von Daten gem. § 202a StGB in Betracht.[115] Darüber hinaus werden beim Identitätsdiebstahl Strafnormen im Marken- und Urhebergesetz verwirklicht, sofern der Täter markenrechtlich oder urheberrechtlich geschützte Kennzeichen oder Bezeichnungen verwendet.[116] Auch § 42 BDSG kommt grundsätzlich in Betracht.

Die missbräuchliche Verwendung von Deep Fakes[117] wird durch § 201a StGB pönalisiert, allerdings nur sofern pornographische Deep Fakes zugänglich gemacht werden.[118] Bilden Deep Fakes eine identifizierbare Person ab, so ist eine Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung eines solch manipulierten Bildes ohne Einwilligung des Abgebildeten gem. § 22 KUG unzulässig. Daher kommt eine Strafbarkeit bei Verbreitung und öffentlicher Zurschaustellung von Deep Fakes nach § 33 KUG in Betracht.[119] Allerdings hat § 33 KUG in der Praxis so gut wie keine Bedeutung erlangt.[120] Sofern fremdes Bild- oder Filmmaterial für Deep Fakes verwendet wird, kommt auch eine Strafbarkeit nach §§ 106, 108 UrhG in Betracht.[121] Insoweit bestehen bzgl. Deep Fakes ausreichende strafrechtliche Regelungen, die den aktuellen Stand der Technik in angemessener Weise erfassen.[122]

Fake News sind bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen.[123] Das Strafrecht kann der Wiedergabe falscher oder nicht erweislich wahrer personenbezogener Informationen durch die Beleidigungsdelikte Rechnung tragen. Die üble Nachrede ist gem. § 186 StGB und die Verleumdung nach § 187 StGB mit Strafe bedroht. Außerdem ist eine Strafmaßverschärfung für Äußerungen i.S. der §§ 186,187 StGB vorgesehen, sofern sie sich gegen eine „im politischen Leben des Volkes stehende Person“ richten (§ 188 StGB). Daneben stellt § 241a StGB politische Verdächtigung unter Strafe.[124] 2021 wurde dann der Straftatbestand der verhetzenden Beleidigung (§ 192a StGB) eingeführt.[125] Lammich attestiert in seiner Dissertation daher der gegenwärtigen strafrechtlichen Handhabe von Fake News hinsichtlich der betroffenen Interessen eine grundsätzlich lückenlose Strafbarkeit und in dieser eine an die besonderen Umstände angemessene Strafdrohung.[126]

Eine Ausnahme macht er bei Sonderfällen zur Schaffung kompromittierender Sachlagen und Vorfeldwahlmanipulationen.[127] Gerade die Frage, ob politische Fake News – primär in Zeiten des Wahlkampfs – einer „strafrechtlichen Lösung“[128] bedürfen, ist sehr umstritten.[129] Das Bundesjustizministerium sollte hier im Sinne der Gewährleistung von Meinungsfreiheit im Wahlkampf nicht der Versuchung erliegen, Regelungen zu schaffen, die einen – auch offensiven – Schlagabtausch der Parteien dämmen. Auch hier greifen die klassischen Straftatbestände in strafwürdigen Extremfällen ohnehin.

Beim Doxing, also der Veröffentlichung personenbezogener Daten nach gezielter Recherche ohne Erlaubnis im Internet,[130] ist nach der Strafbarkeit der Erlangung von Daten und derjenigen der Veröffentlichung zu differenzieren. Das Problem, das sich bei den Computerstraftatbeständen stellt, ist allerdings, dass sich das Strafgesetzbuch auf die Art der Erlangung von Daten konzentriert, es also auf den Zugriff trotz entsprechender Zugangssicherung ankommt,[131] nicht aber auf die Art der Daten und die darin enthaltenen Informationen. Insofern kommt bei klassischen Doxingfällen eine Strafbarkeit nach den §§ 202a ff. StGB regelmäßig nicht in Betracht.[132] Allerdings ist zumindest für das gefährdende Verbreiten personenbezogener Daten 2021 mit § 126a StGB eine Vorschrift geschaffen worden, die das Veröffentlichen sog. Feindeslisten im Internet unter Strafe stellt.[133]

Als zentraler Straftatbestand kommt in Doxingfällen § 42 BDSG zur Anwendung, der auch für andere Erscheinungsformen von Computerkriminalität greifen kann. Dies ist stark davon abhängig, wie weit man den Anwendungsbereich zieht. Wer tauglicher Täter sein kann, ist nämlich durchaus streitig. So wird teilweise davon ausgegangen, dass die Norm nur durch Personen verletzt werden kann, die auch selbst Adressaten der übrigen Reglungen des BDSG sind, so dass sie bspw. datenschutzrechtliche Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter sein müssen.[134] Nach anderer Auffassung kann die Strafnorm durch jedermann verwirklicht werden, da der weite Wortlaut hierfür spräche.[135] Geklärt ist diese Frage letztlich also noch nicht. Unserer Auffassung nach ist es mit dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgebot nur schwer in Einklang zu bringen, wenn der Anwendungsbereich einer Strafnorm in einem Spezialgesetz weiter ist als der Anwendungsbereich des Gesetzes selbst.

Würde man § 42 BDSG jetzt in das Kernstrafrecht überführen, hätte man kurzerhand dieses Problem gelöst und ein Jedermann-Delikt geschaffen.

42 BDSG enthält zwei Straftatbestände. § 42 Abs. 1 BDSG bestraft denjenigen, der wissentlich nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten einer großen Zahl von Personen, ohne Berechtigung einem Dritten übermittelt oder auf andere Art und Weise zugänglich macht. Neben der Wissentlichkeit ist auch die Gewerbsmäßigkeit Strafbarkeitsvoraussetzung. § 42 Abs. 2 BDSG erfasst darüber hinaus denjenigen, der personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, ohne Berechtigung verarbeitet oder durch unrichtige Angaben erschleicht und hierbei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen. Von § 42 BDSG werden also gerade die Konstellationen erfasst, in denen § 202a StGB nicht eingreift, weil keine Zugangssicherung überwunden wird.

Für beide Absätze des § 42 BDSG ist aber Voraussetzung, dass es sich um nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten handelt. Nach der Rechtsprechung sind Daten dann allgemein zugänglich, wenn sie von jedermann zur Kenntnis genommen werden können, ohne dass der Zugang zu den Daten rechtlich beschränkt ist.[136]

In § 42 Abs. 1 BDSG werden als Tathandlungen die Übermittlung (Nr. 1) sowie das Zugänglichmachen auf andere Art und Weise (Nr. 2) erfasst. Für das Doxing wird Abs. 1 aber regelmäßig nicht einschlägig sein, weil Täter meist nicht handeln, um sich aus einer wiederholten Tatbegehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Sie handeln in der Regel nicht gewerbsmäßig.[137]

Abs. 2 dagegen kommt durchaus in Betracht, wenn man den Begriff des unberechtigten Verarbeitens so weit ausdehnt, wie es die Legaldefinition in Art. 4 Nr. 2 DS-GVO erlaubt. Danach ist unter Verarbeiten das Erheben, Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, durch den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung zu verstehen. Insofern erfasst diese Definition nahezu jeden Umgang mit personenbezogenen Daten. Es ist aber zweifelhaft, ob ein Verschaffen, das ja zwangsläufig dem Verarbeiten vorgelagert ist, überhaupt und trotz Legaldefinition unter den Begriff zu subsumieren ist. Hier wird unserer Meinung nach die Wortlautgrenze überschritten und es liegt ein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz vor. Sollte das Bundesjustizministerium die Überführung des § 42 BDSG in das Strafgesetzbuch ins Auge fassen, sollte unbedingt eine moderate Anpassung des Gesetzestextes vorgenommen werden. Die Überführung des § 42 BDSG hätte nicht nur Symbolcharakter, sondern würde auch Anwendungsprobleme beseitigen. Diese liegen nicht nur in der Frage begründet, ob § 42 BDSG ein Jedermannsdelikt ist, sondern auch in der Vorrangregelung landesrechtlicher Normierungen.[138]

3. Werbung für den Abbruch der Schwangerschaft nach § 219a StGB

Auch § 219a StGB a.F. wird vom Eckpunktepapier aufgenommen, wobei nur darauf hingewiesen wird, dass das Werbeverbot für Abtreibungen bereits aufgehoben wurde. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde nach jahrelangen Diskussionen am 24.6.2022 vom Deutschen Bundestag beschlossen und das Gesetz trat am 19.7.2022 in Kraft.[139]

V. Weiterer Reformbedarf

Auch wenn die Vorschläge im Eckpunktepapier insgesamt zu begrüßen sind, wird das Bundesjustizministerium dem angekündigten Selbstanspruch, „das Strafgesetzbuch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche zu überprüfen“[140] nicht gerecht.

Man müsste eher von einer Entrümpelung als von einer Modernisierung des StGB sprechen. Hauptsächlich werden bereits obsolete, aus der Zeit gefallene Tatbestände, aufgehoben, die keine oder kaum praktische Bedeutung haben. Dabei sind beim Ausmisten einige Kandidaten übersehen worden.[141] Obsolet ist inzwischen auch der Straftatbestand der Hehlerei, § 259 StGB, der seit der 2021 erfolgten Reform des Geldwäschetatbestands (§ 261 StGB) keinen eigenen Anwendungsbereich mehr hat. Jede Hehlerei ist auch eine Geldwäsche.[142] Weitere Delikte, bei denen fraglich ist, ob das Rechtsgut strafrechtlich erfasst sein sollte, sind beispielsweise § 170 StGB, der mit der Unterhaltspflicht einen zivilrechtlichen Anspruch schützt oder die §§ 172, 173, 183a StGB, die moralisierend eine bestimmte gesellschaftliche Sexualmoral abbilden. Als nicht erwähntes Bagatelldelikt wäre das „Containern“, die Mitnahme von entsorgten Lebensmitteln, offen. Das Containern könnte entweder durch eine gesetzliche Regelung aus der Strafbarkeit (§§ 242, 303, 123 StGB) ausgeschlossen werden oder durch eine umfassende Neuregelung des Umgangs mit Lebensmittelabfällen praktisch entkriminalisiert werden.[143]

Auch der § 166 StGB, der die Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen und damit die Verletzung religiöser Befindlichkeiten unter Strafe stellt, ist fragwürdig. Der im Volksmund als „Gotteslästerung“ bekannte Tatbestand wird teilweise als Gift für den liberalen Diskurs einer modernen und pluralistischen Demokratie kritisiert.[144] Die Berufung auf religiöse Gefühle verhindere den kritischen Diskurs.[145] Demnach bleibt weiterhin Raum für eine auf kriminologisch und kriminalpolitisch sinnvollen Erwägungen beruhende tatsächliche Modernisierung, die eine Verdünnung des Strafrechts schafft.

VI. Fazit

Mit abolitionistischen Forderungen und der Suche nach Alternativen zum strafrechtlichen Verfahren sind neuere wissenschaftliche Ansätze viel weiter, wenn es um eine „Modernisierung“ des Strafrechts geht.[146] Auch wenn man nicht so weit gehen möchte: Denkt man an das im Strafrecht geltende Ultima-Ratio-Prinzip, ist zu fordern, die immer weiter um sich greifende Ver(straf-)rechtlichung aller Lebensbereiche zurückzufahren und sich auf die Kernaufgaben des Strafrechts zu beschränken. Eine intensive strafrechtswissenschaftliche Debatte über die Notwendigkeit der Eindämmung des modernen Strafrechts wird seit den letzten Jahren, anknüpfend an die Frankfurter Schule[147], bereits geführt.[148] Dagegen steht die Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Korrektur von Strafgesetzgebung der vergangenen Legislaturperioden.[149] Dass der  Gesetzgeber  derzeit klug  genug  ist, schlechte  Reformen – wie beispielsweise bzgl. § 184b StGB – wieder zurückzunehmen, sollte Anlass zur Hoffnung geben. Die im Eckpunktepapier angedachte Entrümpelung des Strafgesetzbuchs ist ein erster wichtiger Schritt, um einen Paradigmenwechsel von immer kleinteiligeren Reaktionen des Strafrechts hin zu einer evidenzbasierten, umsichtigen Kriminalpolitik einzuläuten.

 

 

[1]      Koalitionsvertrag 2021-2025, Mehr Fortschritt wagen, 2021, S. 84, abrufbar unter: https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf (zuletzt abgerufen am 3.3.2024).

[2]      Eckpunktepapier, November 2023, abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2023/11/1123_Eckpunkte_Modernisierung_Strafrecht.pdf (zuletzt abgerufen am 3.3.2024).

[3]      Die PKS 2022 weist zwei Fälle nach.

[4]      Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. (2019), § 134 Rn. 1.

[5]      Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl. (2023), § 134 Rn. 1.

[6]      Preuß. ALR, Zweiter Teil, 20. Titel, Vierter Abschnitt, § 150.

[7]      Vgl. Sturm, JZ 1975, 6 (9).

[8]      Hierzu und zu weiteren Reformvorschlägen vgl. 56. Deutscher Verkehrsgerichtstag 2018, S. 79 ff., abrufbar unter: https://deutscher-verkehrsgerichtstag.de/media//Editoren/Dokumentationen/56.%20
Dokumentation%20VGT%202018.pdf (zuletzt abgerufen am 3.3.2024).

[9]      Eckpunktepapier, S. 1 f.

[10]    Vgl. die Empfehlungen der Arbeitskreise des 62. Deutschen Verkehrsgerichtstags 2024, NZV 2024, 72 (73). Kritisch insg. Ternig, NZV 2024, 30.

[11]    Hierzu Mitsch, DAR 2024, 15; Ternig, NZV 2024, 30 (32).

[12]    Fischer, StGB, 70. Aufl. (2023), § 142 Rn. 62 f.

[13]    Fischer, StGB, § 142 Rn. 2; Zopfs, in: MüKo-StGB, Bd. 3, 4. Aufl. (2021), § 142 Rn. 2; Renzikowski, in: Matt/Renzikowski, StGB, 2. Aufl. (2020), § 142 Rn. 1.

[14]    Steinert, SVR 2024, 14 (18).

[15]    Der Begriff Prostitution/Prostituierte wird hier als Rechtsbegriff bzw. als Begriff für rechtliche Debatten verwendet, dessen Legaldefinition sich in § 2 Abs. 2 ProstSchG findet. Das ProstG, das ProstSchG sowie das StGB verwenden den Begriff der Prostitution. Im Übrigen ist der Begriff Sexarbeit bzw. Sexarbeiterin bevorzugt, der insbesondere von in der Sexarbeit Tätigen als Selbstbezeichnung genutzt wird und den selbstbestimmenden Charakter der Dienstleistung hervorhebt.

[16]    Ziegler, in: BeckOK-StGB, 60. Ed. (Stand: 02/2024), § 184f Rn. 1.

[17]    BT-Drs. 14/5958

[18]    Finger, KJ 2007, 73.

[19]    Fischer, StGB, § 184f Rn. 2; Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, § 184f Rn. 1; Eschelbach, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 184f Rn. 1.

[20]    Fischer, StGB, § 184f Rn. 2.

[21]    Hörnle, in: MüKo-StGB, § 184f Rn. 1, 2.

[22]    Vgl. Harrer, VerfBlog v. 2.11.2023, abrufbar unter: https://verfassungsblog.de/ist-das-rechtsguterschutz-oder-kann-das-weg/ (zuletzt abgerufen am 11.3.2023).

[23]    Vgl. für umfassenden Überblick Valentiner, Das Grundrecht auf sexuelle Selbstbestimmung, 2021.

[24]    BVerfG, NJW 2020, 905. Die Zahl derer, die sich mit dem Urteil auseinandergesetzt haben, ist sehr groß, vgl. nur Kreuzer, KriPoZ 2020, 199; Brunhöber, NStZ 2020, 528; Duttge, MedR 2020, 563; Sachs, JuS 2020, 580; Muckel, JA 2020, 473; Siems, KriPoZ 2020, 131; Neumann, NZWiSt 2020, 286; Hartmann, JZ 2020, 627; Coenen, KriPoZ 2020, 69; kritisch schon vor der Entscheidung Oğlakcıoğlu, KriPoZ 2019, 73.

[25]    BVerfG, NJW 2020, 905 (920).

[26]    Eckpunktepapier, S. 2.

[27]    BVerfG, NJW 2020, 905 (921).

[28]    Alle abrufbar unter: https://kripoz.de/2016/05/05/gesetz-zur-strafbarkeit-der-geschaeftsmaessigen-foerderung-der-selbsttoetung/ (zuletzt abgerufen am 3.3.2024). Zur Bewertung der Gesetzentwürfe vgl. Neumann, NJOZ 2021, 385; Pfeifer, KriPoZ 2021, 172; Pietsch, KriPoZ 2022, 148.

[29]    BT-Drs. 20/7624.

[30]    Vgl. Lindner, ZRP 2020, 66 (68); einen Neustart der Diskussion fordert Ennuschat, ZRP 2023, 197 (200).

[31]    BT-Drs. 13/8587.

[32]    Vgl. Kreß, NJW 1998, 633 (641).

[33]    Caspary FPR 2001, 216; Sonnen, in: NK-StGB, 6. Aufl. (2023), § 235 Rn. 9-11.

[34]    EuGH, Urt. v. 19.11.2020 – C-454/19, BeckRS 2020, 31283; EuGH Beschl. v. 16.5.2022 – C-724/21, BeckRS 2022, 11880.

[35]    Zusammenfassend Zeder, NZWiSt 2022, 227 (230).

[36]    BT-Drs. 13/8587, S. 38; Sonnen, in: NK-StGB, § 235 Rn. 5; Kreß, NJW 1998, 633 (641).

[37]    Vgl. BT-Drs. 19/1115; BT-Drs. 19/1690; BR-Drs. 424/19. In der öffentlichen Anhörung gab es dazu zahlreiche Stellungnahmen, die unter: https://kripoz.de/2018/10/29/gesetzentwurf-zur-straffreiheit-fuer-fahren-ohne-fahrschein-2/ (zuletzt abgerufen am 5.3.2024) abrufbar sind.

[38]    BT-Drs. 20/2081, wobei es sich um die wortgleiche Übernahme von BT-Drs. 19/1115 handelt. Auch hierzu fand bereits eine öffentliche Anhörung statt, die Stellungnahmen sind teilweise abrufbar unter: https://kripoz.de/2018/10/29/gesetzentwurf-zur-straffreiheit-fuer-fahren-ohne-fahrschein-2/ (zuletzt abgerufen am 5.3.2024).

[39]    Eckpunktepapier, S. 3.

[40]    Fischer, StGB, § 265a Rn. 18; Hellmann, in: NK-StGB, § 265a Rn. 25; Hefendehl, in: MüKo-StGB, Bd. 5, 4. Aufl. (2022), § 265a Rn. 149.

[41]    BGH, NJW 2009, 1091; dies hat das BVerfG, NJW 1998, 1135 (1136) nicht beanstandet.

[42]    Kritisch zur Entscheidung bereits Alwart, JZ 2009, 478; Roggan, Jura 2012, 299; vgl. auch Lorenz/Sebastian, KriPoZ 2017, 353 (353); Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, § 265a Rn. 6a m.w.N.

[43]    BVerfG, NJW 2008, 1137 (1138).

[44]    Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 265a Rn. 1; Valerius, in: BeckOK-StGB, 60. Ed. (Stand: 1.2.2024), § 265a Rn. 2.3; zu Bagatellstraftaten vgl. Hoven/Strobl/Kinzig, KriPoZ 2019, 206.

[45]    Hefendehl, JA 2011, 401 (407); ders., in: MüKo-StGB, § 265a Rn. 24; Harrendorf, NK 2018, 250 (261 ff.).

[46]    Harrendorf, NK 2018, 250 (256 f.); Alwart, JZ 1986, 563 (568 f.); Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 265a Rn. 25.

[47]    Albrecht, NStZ 1988, 222; Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 265a Rn. 28.

[48]    Bögelein/Wilde, KriPoZ 2023, 360 (362); Bögelein/Glaubitz/Neumann/Kamieth, MschrKrim 2019, 282 (290); Lobitz/Wirth, Forum Strafvollzug 2018, 57 ff.; zu den Problemen im Zusammenhang mit der Ersatzfreiheitsstrafe vgl. Lorenz/Sebastian, KriPoZ 2017, 352 (356).

[49]    Kritisch hierzu Bögelein, KriPoZ 2024, 1 ff.; Weinand/Horten/Steffan, ForensPsychiatrPsycholKriminol 2024, 85 ff.

[50]    So auch Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 265a Rn. 28; Lorenz/Sebastian, KriPoZ 2017, 353 (357).

[51]    Hierzu Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 265a Rn. 22 f.

[52]    Krenberger/Krumm, OWiG, 7. Aufl. (2022), § 96 Rn. 27.

[53]    Semsrott, Stellungnahme zum Gesetzentwurf BT-Drs. 20/2081, S. 4, abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2023/06
/Stellungnahme-Semsrott_FoF.pdf (zuletzt abgerufen am 10.3.2024).

[54]    Nestler, BeckOK-OWiG, 41. Ed. (Stand: 1.4.2022), § 96 Rn. 14; Krenberger/Krumm, § 96 Rn. 8.

[55]    So auch Hefendehl, in: MüKo-StGB, § 265a Rn. 28; auch diese führen allerdings zu einer überwiegenden Bestrafung sozial schwacher Personen, da diese das erhöhte Beförderungsentgelt schwer trifft. Insofern ist über ein kostenloses Sozialticket für Menschen mit geringem Einkommen nachzudenken, vgl. hierzu Mosbacher, NJW 2018, 1069 (1071).

[56]    Eckpunktepapier, S. 3.

[57]    Das Verfahren ist seit dem 1.1.2002 abgeschafft und diese Variante insofern bedeutungslos geworden, s. Fischer, StGB, § 266b Rn. 6; Radtke, in: MüKo-StGB, § 266b Rn. 8; Wittig, BeckOK-StGB, 60. Ed. (Stand: 1.2.2024), § 266b Rn. 7.

[58]    Oğlakcıoğlu/Kudlich, ZRP 2024, 47 (49).

[59]    Oğlakcıoğlu/Kudlich, ZRP 2024, 47 (49); Bedenken gegen die Strafwürdigkeit äußert auch Radtke, in: MüKo-StGB, § 266b Rn. 8, der den Tatbestand für systemwidrig erachtet; kritisch auch zum Schutzbedürfnis in heutiger Zeit Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, § 266b Rn. 1; vgl. bereits die Kritik nach Beendigung des garantierten Euroscheckverkehrs mit Ablauf des Jahres 2001 Baier, ZRP 2001, 454.

[60]    Zu den unterschiedlichen Auffassungen vgl. Fischer, StGB, § 266b Rn. 10a; Radtke, in: MüKo-StGB, § 266b Rn. 25 ff., beide m.w.N.

[61]    S. Möhrenschlager, in: LK-StGB, 12. Aufl. (2012), § 266b Rn. 3.

[62]    Brand/Hotz, JuS 2014, 715; Fischer, StGB, § 266b Rn. 10a; Radtke, in: MüKo-StGB, § 266b Rn. 26 m.w.N.

[63]    BGHSt 38, 281; BGHSt 47, 160 (165 f.).

[64]    Eckpunktepapier, S. 3 f.

[65]    Fischer, StGB, § 284 Rn. 2; BGHSt 11, 209; Zweifel hins. Legitimation Sarafi, ZfWG 2019, 469; Überblick zum Meinungsstand bei Gaede, in: NK-StGB, § 284 Rn. 1-6.

[66]    Zusammenfassend Saliger/Tsambikakis, Neutralisiertes Strafrecht, 2017; Mosbacher, in: Gebhardt/Korte (Hrsg.), 2018, § 17 S. 351 ff.

[67]    Vgl. Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zu den Eckpunkten des Bundesministeriums der Justiz zur Modernisierung des Strafgesetzesbuches vom November 2023, S.6-7, abrufbar unter: https://www.drb.de/positionen/stellungnahmen/stellungnahme/news/34-2023 (zuletzt abgerufen am 6.3.2024).

[68]    Analyse praktischer Folgen der Entkriminalisierung sowie verbleibender Möglichkeiten, das Veranstalten von und die Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel zu sanktionieren, Gierok/Tsambikakis, HRRS 2024, 42.

[69]    Eckpunktepapier, S. 4.

[70]    Die PKS 2019 weist einen Fall und die PKS 2022 zwei Fälle nach.

[71]    Gaede, in: NK-StGB, § 290 Rn. 1-11.

[72]    Eckpunktepapier, S. 4.

[73]    Fischer, StGB, § 323b Rn. 1; Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 323b Rn. 1; Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 323b Rn. 1.

[74]    S. van Gemmeren, in: MüKo-StGB, § 323b Rn. 3; Paeffgen, in: NK-StGB, § 323b Rn. 4; Popp, in: LK-StGB, § 323b Rn. 2.

[75]    Oğlakcıoğlu/Kudlich, ZRP 2024, 47 (49).

[76]    Paeffgen, in: NK-StGB, § 323b Rn. 2; Safferling, in: Matt/Renzikowsi, StGB, § 323b Rn. 1.

[77]    Popp, in: LK-StGB, § 323b Rn. 2.

[78]    Hoven, ZStW 2017, 334 (345); Hecker, in: Schönke/Schröder, StGB, § 352 Rn. 1; Fischer, StGB, § 352 Rn. 2.

[79]    BGH, NJW 2006, 3219 (3221).

[80]    Neumann, in: NK-StGB, Vorb. §§ 211-217 Rn. 169 m.w.N.

[81]    Deutscher Juristentag, Empfiehlt es sich, die Straftatbestände des Mordes, des Todschlags und der Kindstötung (§§ 211 bis 213, 217 StGB) neu abzugrenzen?, Sitzungsbericht M, 1980, M 151 ff. sowie Gutachten D; zur Reform Geilen, JR 1980, 309.

[82]    So Hachmeister, Die Reform der Tötungsdelikte, 2023, S. 35. Allerdings weist Preschany, KriPoZ 2023, 267 (274) zutreffend darauf hin, dass „Inspirationsquelle“ die Vorentwürfe von Stooss zum schweizerischen StGB sind.

[83]    Höhne, KJ 2014, 282 (284); König, ZRP 2014, 9; Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (15); Walter, NStZ 2014, 368 (373).

[84]    Eckpunktepapier, S. 4 f.

[85]    Abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2018/11/abschlussbericht-bmjv-expertenkommission-toetungsdelikte.pdf (zuletzt abgerufen am 10.3.2024).

[86]    Safferling, in: Matt/Renzikowski, StGB, Vorb. § 211 Rn. 8.

[87]    So auch Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199.

[88]    S. nochmals Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199; Hauck, HRRS 2016, 230 (238 f.).

[89]    Referentenentwurf, S. 17, 18, 23, hierzu Neumann, in: NK-StGB, Vorb. §§ 211-217 Rn. 170.

[90]    Letzteres wurde von der Expertenkommission abgelehnt und ein Modell mit qualifizierenden Mordmerkmalen gewählt, vgl. Abschlussbericht, S. 24 f.; zum Weg der Regelbeispiele z.B. Mitsch, JR 2015, 122 (127).

[91]    Deckers/Fischer/König/Bernsmann, NStZ 2014, 9 (16).

[92]    Insgesamt zu den aktuellen Reformbestrebungen ausführlich Schneider, in: MüKo-StGB, Vorb. § 211 Rn. 199 ff. sowie Hachmeister, S. 100 ff. mit eigenen Lösungsvorschlägen auf S. 321 ff.

[93]    Eckpunktepapier, S. 5.

[94]    Baur, NZV 2018, 103; Krüger, NZV 2004, 161; Freund, ZStW 1997, 455 (482).

[95]    RGBl. I 1938, S. 651. Zum Verstoß des Gesetzes gegen das Rückwirkungsverbot, die Menschenwürde, das Schuldprinzip und den Bestimmtheitsgrundsatz s. Zieschang, in: NK-StGB, § 316a Rn. 1; Mitsch, JA 1999, 662 (663).

[96]    Zieschang, in: NK-StGB, § 316a Rn. 1; ausf. zum Hintergrund Niedzwicki, ZJS 2008, 371 f.

[97]    Sowada, in: LK-StGB, § 316a Entstehungsgeschichte; Steinberg, NZV 2007, 545 (546).

[98]    BGBl. I 1952, S. 832; der Wortlaut abgedruckt bei Sowada, in: LK-StGB, Entstehungsgeschichte.

[99]    Steinberg, NZV 2007, 545 (546); Wolters, JZ 1998, 397 (400); Hörnle, Jura 1998, 169 (175); Krüger, NZW 2004, 161 (162).

[100]   Mitsch, JA 1999, 662 (663); BGHSt 24, 173 (176). Allerdings vertritt der BGH seit den 1990er Jahren zumindest eine restriktive Auslegung der Norm, vgl. hierzu Baur, NZV 2018, 103 (104); zur Entwicklung der Rspr. Krüger, NZV 2004, 161 (162 ff.); BGH, NJW 2004, 786; BGH, NStZ 2016, 607 m. Anm. Kulhanek.

[101]   Vgl. insgesamt zu den Modifizierungen Zieschang, in: NK-StGB, § 316a Rn. 3 f.; Baur, NZV 2018, 103 f.

[102]   Renzikowski, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 316b Rn. 1 f.;

[103]   Krüger, Entmaterialisierungstendenzen beim Rechtsgutsbegriff, 2000, S. 164 ff; Herzog, JR 2004, 258 (259); Jesse, JZ 2008, 1083 (1090); Kaspar, ZStW 2019, 401 (405); Fischer, StGB, § 316a Rn. 2; Renzikowski, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 316b Rn. 1;

[104]   So Oğlakcıoğlu/Kudlich, ZRP 2024, 47 (50).

[105]   Referentenentwurf November 2023, abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2020/08/RefE_Bekaempfung_sex_Gewalt_Kinder.pdf (zuletzt abgerufen am 6.3.2024).

[106]   Gesetzesentwurf, Februar 2024, abrufbar unter: https://kripoz.de/wp-content/uploads/2024/02/RegE_Aend_184b_StGB.pdf (zuletzt abgerufen am 6.3.2024).

[107]   Vgl. BRAK, Stellungnahme Nr. 73, 2023, S. 3-4, abrufbar unter: https://www.brak.de/fileadmin/05_zur_rechtspolitik/stellungnahmen-pdf/stellungnahmen-deutschland/2023/stellungnahme-der-brak-2023-73.pdf (zuletzt abgerufen am 12.2.2024); DAV, Stellungnahme 40/2023, S. 9, abrufbar unter: https://anwaltverein.de/de/newsroom/sn-40-23-aussetzungs-und-vorlagebeschluss-zu-184b-abs-3-stgb (zuletzt abgerufen am 12.2.2024); Wagner, DRiZ 2023, 136 (137).

[108]   Gesetzesentwurf, S. 1-2; Vgl. DRB, Stellungnahme zum RefE (31/2023); abrufbar unter: https://www.drb.de/fileadmin/DRB/pdf/Stellungnahmen/2023/DRB_231214_Stn_Nr_31___184b_StGB.pdf (zuletzt abgerufen am 12.3.2023); GdP, Stellungnahme zum RefE (Dez. 2023); abrufbar unter: https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/Stellungnahmen/2023/1215_Stellungnahme_184b_GdP.pdf?__blob=publicationFile&v=3 (zuletzt abgerufen am 12.3.2024).

[109]   Gesetzesentwurf, S. 1; Vgl. DJVV, Stellungnahme des Vorstands und der Geschäftsführung der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. zum Aussetzungs- und Vorlagebeschluss des Amtsgerichts Buchen v. 1. Februar 2023, 1 Ls 1 Js 6298/21 (06/2023), abrufbar unter: https://www.dvjj.de/wp-content/uploads/2023/07/Stellungnahme-BVerfG_Homepage.pdf (zuletzt abgerufen am 12.3.2024).

[110]   Vgl. Tagesspiegel v. 18.6.2020, online abrufbar unter: https://www.tagesspiegel.de/politik/giffey-fordert-mehr-aufklarung
-und-hartere-strafen-5367910.html (zuletzt abgerufen am 12.3.2024); Petition auf https://www.openpetition.de/petition/argumente/haertere-strafen-fuer-kinderschaender (zuletzt abgerufen am 12.3.2024); Hörnle, ZIS 2020, 440 m.w.N.

[111]   Koalitionsvertrag, S. 13.

[112]   Eckpunktepapier, S. 5.

[113]   Eckpunktepapier, S. 5.

[114]   Phishing: Täter locken durch E-Mails auf imitierte Webseiten, um sie zur Preisgabe von Nutzerdaten zu bewegen. Pharming: Nutzer werden unmittelbar durch Manipulation an Domain-Name-Servern auf gefälschte Web-Seiten umgeleitet. IP-Spoofing werden falsche IP-Nummern verwendet, um dem angegriffenen Rechner eine falsche Identität vorzutäuschen, bspw. werden IP-Adressen in den Datenpaketen verändert.

[115]   Vgl. ausf. Schiemann, Die Kriminalpolizei 2022, 7 ff.

[116]   §§ 143, 143a MarkenG und §§ 106 ff. UrhG.

[117]   Deep Fake beschreibt mit Hilfe Künstlicher Intelligenz generierte oder modifizierte Foto-, Video- oder Audioaufnahmen, vgl. Lantwin, MMR 2019, 574.

[118]   Lantwin, MMR 2020, 78 (79).

[119]   Lantwin, MMR 2020, 78 (79).

[120]   Kaiser, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, 249. EL. (9/2023), § 33 KUG Rn. 3; Keller, in: Paschke/Berlit/Meyer/Kröner, Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 4. Aufl. (2021), 88. Abschn. Rn. 9.

[121]   Zu den unterschiedlichen Möglichkeiten s. Lantwin, MMR 2020, 78 (79 f.).

[122]   So auch mit Blick nicht nur auf das Strafrecht, sondern auch zivil- und informationsrechtliche Bestimmungen Thiel, ZRP 2021, 202 (205).

[123]   Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags, Fake-News. Definition und Rechtslage, Az. WD 10 – 3000 – 003/17, S. 6; abrufbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/502158/99feb7f3b7fd1721ab4ea631d8779247/wd-10-003-17-pdf-data.pdf (zuletzt abgerufen am 13.3.2024).

[124]   Insg. knapp zu den Strafbarkeitsmöglichkeiten vgl. Holznagel, MMR 2018, 18 (20 f.); ausführlich Lammich, Fake News als Herausforderung des deutschen Strafrechts, 2022, S. 145 ff.

[125]   Vgl. Jansen, GA 2022, 94; Hoven/Witting, NStZ 2022, 589; Ebner/Kulhanek, ZStW 2022, 984.

[126]   Lammich, S. 227.

[127]   Lammich, S. 229 mit eigenen de lege ferenda Vorschlägen.

[128]   So Schreiber, Strafbarkeit politischer Fake News, 2022, S. 244; kriminalpolitische Erwägungen hierzu sodann auf S. 246 ff.

[129]   Regelungskonzepte bspw. bei Hoven, ZStW 2017, 718 (738 ff.); Schünemann, GA 2019, 620 (627).

[130]   Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 150; Kochheim, Cybercrime und Strafrecht in der Informations- und Kommunikationstechnik, 2. Aufl. (2018), S. 830.

[131]   Altenhain, in: Matt/Renzikowski, StGB, § 202a Rn. 6; Fischer, StGB, § 202a Rn. 8; Weidemann, in: BeckOK-StGB, 60. Ed. (Stand: 1.2.2024), § 202a Rn. 14, 15.3; Heger, in: Lackner/Kühl/Heger, StGB, § 202a Rn. 4.

[132]   S. Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 1050 (1052 ff.).

[133]   Hierzu Beukelmann, NJW-Spezial 2021, 248; Korenke/Kühne, NK 2022, 457; kritisch zum Schutzumfang Vassilaki, K&R 2021, 763.

[134]   So Brodowski/Nowak, in: BeckOK-Datenschutzrecht, 46. Ed. (Stand: 1.11.2023), § 42 BDSG Rn. 10; Auernhammer/Golla, § 42 BDSG Rn. 3f.; Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 1050 (1053).

[135]   So Bergt, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 2. Aufl. (2018), § 42 Rn. 3; Ehrmann, in: Gola/Heckmann, DS-GVO/BDSG, 3. Aufl. (2022), § 42 Rn. 8; LG Aachen, BeckRS 2011, 20917.

[136]   BGH, NJW 2013, 2530 (2533).

[137]   So auch Kubiciel/Großmann, NJW 2019, 1050 (1055).

[138]   Zu letzterem Brodowski/Nowak, in: BeckOK-Datenschutzrecht, § 42 Rn. 14.

[139]   Befürwortend Bonifer/ Wiese, KJ 2023, 221; Scholler, KriPoZ 2021, 327; Kritisch dagegen Pietsch, KriPoZ 2022, 74; Übersicht über die Stellungnahmen zum Gesetzesentwurf unter: https://kripoz.de/2017/12/18/abschaffung-des-§-219a-stgb-werbung-fuer-den-abbruch-der-schwangerschaft-2/ (zuletzt abgerufen am 5.3.2024).

[140]   Eckpunktepapier, S.1.

[141]   Vgl. Übersicht entbehrlicher Tatbestände bei Hoven ZStW 2017, 334 ff.

[142]   El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2023, 121.

[143]   Schiemann, KriPoZ 2019, 231.

[144]   Zur Aktualität und Legitimation des § 166 StGB: Schmidhäuser, ZJS 2018, 549; Ein Plädoyer für eine Abschaffung: Steinke, KJ 2008, 451.

[145]   Deshalb für eine ersatzlose Streichung: Fischer im Recht, Zeit Online v. 3.3.2015 abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-03/blasphemie-gotteslaesterung-straftatbestand-religion (zuletzt abgerufen am 7.3.2024).

[146]   Sessar, ZJJ 2018, 4; Mit Kapiteln zu Strafen, Gefängnis und Polizei: Abolitionismus – Ein Reader, herausgegeben von Loick/ Thompson, 2022.

[147]   Hierzu Jahn/Ziemann, JZ 2014, 943 (946).

[148]   Vgl. z.B. Jahn/Brodowski, JZ 2016, 969; dies., ZStW 2017, 363 (364 ff.); Bittmann, NStZ 2016, 249; Frisch, NStZ 2016, 16 (24 f.); Kindhäuser, ZStW 2017, 282 (284 ff.); Hoven, ZStW 2017, 334; Nobis, StV 2018, 453 ff.; Schiemann, ZRP 2022, 61.

[149]   Brodowski, Die Evolution des Strafrechts, 2023, S. 97, 652.

 

 

 

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