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Die Positivierung des Einsatzes von V-Personen und im Besonderen von agents provocateurs: Rechtsstaatlichkeit auf halbem Wege oder mit der Brechstange?

von Prof. Dr. Gunnar Duttge

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Abstract
Über Jahrzehnte hinweg galt es weithin als alternativlos, den Strafverfolgungsbehörden hinsichtlich des Einsatzes von V-Personen (aus den kriminellen Milieus) zugunsten einer größtmöglichen „Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege“ weitreichende Handlungsspielräume zu sichern, eingeschlossen eine eventuelle Provokation der Verdächtigen zur Begehung neuer Straftaten. Die verfassungsrechtlichen Implikationen galten dabei als vernachlässigenswert, sei es mit Blick auf den rechtsstaatlichen Gesetzes- und Richtervorbehalt, sei es in Bezug auf den menschenrechtlichen fair-trial-Grundsatz. Die Rechtspolitik musste erst durch den EGMR und das BVerfG „zum Jagen getragen“ werden. Dass sich der Gesetzgeber nun auf den Weg gemacht hat, die „rechtsstaatlich gebotene Transparenz und Kontrolle“[1] zu implementieren, ist ohne Zweifel zu begrüßen; in manchen Details ist dem Gesetzentwurf aber ein gewisses Widerstreben gegen die Schaffung einer Rechtskontrolle und Rechtsklarheit in aller strikter Konsequenz anzumerken, auf dass man es hiermit gegenüber einem „gängigen Ermittlungsinstrument“ nicht etwa zu weit treibe.

For decades, there was widely considered to be no alternative to ensuring that law enforcement authorities had extensive scope for action with regard to the use of undercover informants (from criminal milieus) in order to maximize the „functioning of the administration of criminal justice“, including the possible provocation of suspects to commit new crimes. The constitutional implications of this were considered negligible, be it with regard to the rule of law and the reservation of the right to a judge, or with regard to the human rights principle of fair trial. Legal policy first had to be „hunted down“ by the ECtHR and the German Constitutional Court. The fact that the legislator has now set out to implement the „transparency and control required by the rule of law“ is undoubtedly to be welcomed; in some details, however, the projected law shows a certain reluctance to create legal control and legal clarity in all strict consistency, so as not to go too far with a „common investigative instrument“.

 I. Der Gesetzgeber unter Handlungsdruck

Unmittelbarer Anlass für die – weitgehend gleichlautenden[2] – Regelungsentwürfe des Bundesjustizministeriums[3] und der Bundesregierung dürften die beiden Beschlüsse des BVerfG vom 16.12.2020[4] und vor allem vom 9.12.2022[5] gewesen sein: Schon in erstgenanntem fand sich unmissverständlich betont, dass der Einsatz von V-Personen „zu den schwersten denkbaren informationellen Eingriffen [zählt und] … sich auf einen erheblichen Teil der gesamten Lebensgestaltung des Betroffenen und auf hochsensible Informationen richten [kann]“[6]. Eine effektive rechtsstaatliche Kontrolle ist zudem auch deshalb vonnöten, weil der Einsatz von V-Personen „ein hohes Risiko für Fehlsteuerungen, Zielkonflikte und Missbrauch“ mit sich bringt.[7] Im neueren Beschluss hat das BVerfG insbesondere hervorgehoben, dass der Einsatz von V-Personen (ebenso wie bei Verdeckten Ermittlern) auch in den sog. „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ eingreifen kann, und zwar u.U. schon der Einsatz als solcher, „ohne dass es noch auf den Inhalt der hierdurch erlangten Informationen ankäme“[8]: Dann aber ist der Gesetzgeber zur Implementierung regulativer Schutzmechanismen verpflichtet, die auf Erhebungsebene (soweit möglich) verhindern, dass solche kernbereichsrelevanten Informationen überhaupt gewonnen (qua Verpflichtung zur organisatorisch-präventiven Vorprüfung und ggf. zum Abbruch der Maßnahme) sowie auf Verwertungsebene, dass jene gesteigert sensiblen Informationen vor einer evtl. Verwendung „herausgefiltert“ werden:[9] „Nach einem solchen Vorfall ist die Kernbereichsrelevanz der gesamten Überwachungsmaßnahme […] erneut zu prüfen und der Einsatz ggf. vollständig zu beenden“[10].

Im Lichte dieser verfassungsrechtlichen Grundwertung konnte der Gesetzgeber nicht länger untätig bleiben: Denn die bis heute ins Feld geführte polizeiliche Ermittlungsgeneralklausel des § 163 Abs. 1 S. 2 StPO enthält keinerlei substantielle Sicherungen, weder für die „abgeschöpften“ Personen noch für die V-Personen selbst (Identitätsschutz), weder in materiell-rechtlicher noch in formell-rechtlicher Hinsicht (Richtervorbehalt). Das kann auch nicht weiter verwundern, weil die heutige „Befugnisnorm“ der früher allein in § 163 StPO enthaltenen allgemeinen Aufgabeneröffnungsnorm (heute: Abs. 1 S. 1 des § 163 StPO) im Wesentlichen nur blankettartig die Befugnis zu „Ermittlungen jeder Art“ hinzugefügt hat,[11] ohne im Lichte der grundrechtlichen Relevanz hoheitlicher Ermittlungstätigkeiten dem gesetzlichen Rege­lungsauftrag auch nur ansatzweise nachzukommen.[12] Zuvor erschöpfte sich der Rechtsrahmen in den exekutiven „Richtlinien der Justizminister/-senatoren und Innenminister/-senatoren der Länder über die Inanspruchnahme von Informanten sowie über den Einsatz von Vertrauenspersonen (V-Personen) und Verdeckten Ermittlern im Rahmen der Strafverfolgung“[13]. Gleichwohl sah der BGH aufgrund des Bedarfs an effektiver Kriminalitätsbekämpfung (insbesondere der organisierten und/oder Betäubungsmittelkriminalität) mangels organisatorischer Eingliederung in den Polizeiapparat keine Bedenken hinsichtlich der Rechtmäßigkeit[14] und ließ sich in dieser Beurteilung – ebenso wenig wie die Rechtspolitik – bis zuletzt auch nicht durch den erheblich die Handlungsspielräume einschränkenden Beschluss des BVerfG vom 1.3.2000 irritieren.[15] Dabei liegt es auf der Hand, dass sich die Aktivitäten einer V-Person im Rahmen einer „Mitarbeit“ bei der „Aufklärung von Straftaten“[16] nicht lediglich in einer zeugenäquivalenten[17] „rein passiven Informationssammlung“ erschöpfen, sondern als ein dem Staat zurechenbares zielgerichtetes Ermittlungshandeln zu qualifizieren sind: Dann macht es aber für die Frage der Grundrechtsbindung „keinen Unterschied, ob eine Person von den Strafverfolgungsbehörden auf den Beschuldigten angesetzt wird oder lediglich als freier Mitarbeiter […] agiert“[18].

Eine rechtsstaatliche Problematik eigener Art offenbart sich, wenn die Aufklärung und Verfolgung von Straftaten mittels V-Personen (oder Verdeckten Ermittlern) dadurch erfolgen soll, dass verdächtige Personen erst zur Begehung einer (weiteren) Straftat veranlasst werden. Hier richten sich die Bedenken auf das Fundamentalgebot des fair trial (Art. 6 Abs. 1 EMRK) und den zentralen Gedanken, dass das staatliche Handeln zum Selbstwiderspruch mutiert, wenn sich die Strafverfolgungsbehörden den Gegenstand ihrer Betätigung im Wege der Tatprovokation selbst schaffen dürften.[19] Auch hier besteht bis heute ein Defizit an Rechtsklarheit insofern, als es stets von den wechselnden Innovationen der Justiz (in Straßburg, Karlsruhe und Leipzig) abhing, unter welchen Voraussetzungen das Wirken eines agents provocateurs dennoch als hinnehmbar angesehen werden könnte und welche Rechtsfolgen sich bei deren Missachtung ergeben (Strafzumessungslösung, Beweisverwertungsverbot oder Verfahrenshindernis?).[20] Auch hier handelt es sich um eine „Kernfrage des Rechtsstaats“, was eine wenigstens rahmenartige Grundsatzentscheidung des parlamentarischen Gesetzgebers unabdingbar macht,[21] zumal die richterrechtliche und strafprozessrechtswissenschaftliche Befassung weder auf der Voraussetzungs- noch auf der Rechtsfolgenseite zu abschließenden, verlässlichen Festlegungen geführt hat.[22] Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien aus 2021 spricht sogar von einem „grundsätzlichen Verbot der Tatprovokation“[23], obgleich EGMR und BVerfG keineswegs jedwede staatliche Einwirkung auf u.U. tatgeneigte Personen mit Rücksicht auf die Erfordernisse einer Bekämpfung schwerer (insbesondere organisierter) Kriminalität per se für unzulässig halten. Der Gesetzgeber hat daher aus menschen- und verfassungsrechtlicher Pers­pektive durchaus einen nicht unerheblichen Spielraum bei der regulativen Einhegung und Grenzziehung.

II. Zentrale Inhalte des aktuellen Gesetzentwurfs

Nach Maßgabe des vorliegenden Regierungsentwurfs sollen das Instrument der Tatprovokation ebenso wie überhaupt der Einsatz von V-Personen (in großer Ähnlichkeit zum Verdeckten Ermittler) kodifiziert und damit rechtlich eingehegt, nicht aber untersagt werden. Vielmehr lässt der neue § 110c Abs. 1 StPO-E relativ viel Spielraum, einen Beschuldigten zwecks Überführung zu einer Straftat zu verleiten: Erforderlich sind nurmehr „hinreichende Anhaltspunkte“ dafür, dass dieser „zur Begehung von Taten dieser Art [generell][24] bereit ist“. Zudem darf das Verleiten zur Tatbegehung nicht durch „erhebliches Einwirken“ auf das Ermittlungsobjekt erfolgen und muss die von Staats wegen provozierte Straftat „nach Art und Schwere in einem angemessenen Verhältnis“ zum straftatbezogenen Anlass und Zweck der Ermittlungen stehen. Kategorisch ausgenommen sind Fälle, in denen der Beschuldigte das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die persönliche Freiheit anderer gefährden würde. In formell-rechtlicher Hinsicht ist grundsätzlich ein Richtervorbehalt (auf Antrag der Staatsanwaltschaft) vorgesehen; bei Gefahr im Verzug soll die Staatsanwaltschaft jedoch die Anordnung – bei deren Befristung auf maximal drei Werktage – selbst treffen können (§ 110c Abs. 2 S. 3, 4 StPO-E). Als „rechtsstaatswidrig“ definiert Abs. 3 von § 110c StPO-E freilich nur jene Fälle, in denen eine V-Person oder ein Verdeckter Ermittler „in einer dem Staat zurechenbaren Weise erheblich“ auf den Beschuldigten einwirkt, um dessen Tatbereitschaft zu wecken oder die Tatplanung „wesentlich zu intensivieren“. Insoweit sieht der Gesetzentwurf ein von Amts wegen zu beachtendes Verfahrenshindernis vor,[25] während bei sonstigen („einfachen“) Gesetzesverstößen die Rechtsfolge nicht ausdrücklich bestimmt wird.

Das Handeln von Personen, die keiner Strafverfolgungsbehörde angehören[26] und vertraulich […] in der Regel auf längere Zeit bei der Aufklärung von Straftaten unter Führung der Strafverfolgungsbehörde unterstützen[d]“ wirken“ (und deren „Identität grundsätzlich geheim gehalten wird“, neue Legaldefinition in § 110b Abs. 1 StPO-E), soll im geplanten neuen Gesetz wie folgt normiert werden: Erstens ist das Anwendungsspektrum nicht auf den Straftatenkatalog beschränkt, der bereits nach geltendem Recht den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers ermöglicht (§ 110a Abs. 1 S. 1 StPO, vgl. § 110b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. a bis d StPO-E), sondern in einer Hinsicht erweitert: Der Gesetzgeber erlaubt eine Einsatzmöglichkeit auch bei der Aufklärung anderer Delikte (selbst Vergehen), wenn auf „zureichender“ Tatsachenbasis mit einer „wiederholten Begehung gleichartiger Straftaten von erheblicher Bedeutung“ unter ernstlicher Gefährdung der „Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder [der] Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“ oder mit der Folge eines „erheblichen Schaden[s] für die Allgemeinheit oder [… der] Schädigung einer großen Zahl von Personen“ zu rechnen ist (§ 110b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. a und b StPO-E). Der Gesetzgeber denkt dabei „insbesondere“ an „schwerwiegende Cyberangriffe auf … digitale Infrastrukturen“ oder an „bestimmte Formen des Betrugs“ bei serienmäßiger Tatbegehung.[27] Sollten V-Personen – was außerdem zulässig ist – eingesetzt werden „zur Aufklärung von Verbrechen […], soweit auf Grund bestimmter Tatsachen die Gefahr der Wiederholung besteht“ (§ 110b Abs. 2 S. 2 StPO-E), ist – wie auch schon bisher bei Verdeckten Ermitteln (§ 110a Abs. 1 S. 2 StPO) – die Subsidiaritätsklausel zwecks Gewähr der notwendigen Verhältnismäßigkeit strenger gefasst als im Falle des Straftatenkatalogs (vgl. § 110a Abs. 1 S. 4 StPO bzw. § 110b Abs. 2 S. 4 StPO-E: „wenn die besondere Bedeutung den Einsatz gebietet und andere Maßnahmen aussichtslos wären“).

Zweitens will der Gesetzgeber aus dem Kreis möglicher V-Personen solche ausgeschlossen wissen, die mit Blick auf bestimmte enumerativ aufgezählte persönliche Eigenschaften oder soziale Gegebenheiten kategorisch (vgl. § 110b Abs. 6 Nr. 1 StPO-E: „darf nicht“) oder zumindest regelhaft (vgl. § 110b Abs. 6 Nr. 2 StPO-E) als ungeeignet erscheinen. Zu den erstgenannten soll die fehlende volle Geschäftsfähigkeit (lit. a), das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts aus §§ 53, 53a StPO (Berufsgeheimnisträger, lit. b), eine substantielle finanzielle Abhängigkeit von der Entlohnung für die V-Mann-Tätigkeit (lit. c: „auf Dauer … wirtschaftliche Lebensgrundlage“), die Teilnahme an einem Aussteigerprogramm (bei diesbzgl. Kenntnis der Strafverfolgungsbehörden, lit. d) und die Stellung als Parlamentarier oder Mitarbeiter eines solchen (lit. e) zählen. Dagegen sind „in begründeten Ausnahmefällen“[28] Personen nicht ausgeschlossen, deren „kumulative aktive Einsatzzeit als Vertrauensperson“ bereits mehr als zehn Jahre beträgt (lit. a) oder die (mit Kenntnis der Strafverfolgungsbehörde) schon für einen Nachrichtendienst im Einsatz sind (lit. b). Dementsprechend „soll“ ein bereits laufender Einsatz im Falle der nachträglichen Feststellung einer parallelen nachrichtendienstlichen Tätigkeit (§ 110b Abs. 8 S. 1 Nr. 4 StPO-E) bzw. der überlangen Einsatzzeit beendet werden (§ 110b Abs. 8 S. 1 Nr. 3 StPO-E); Gleiches will der Gesetzgeber berücksichtigt wissen bei „wissentlich falschen Informationen“ (Nr. 1), „wiederholt vorwerfbarer“ Missachtung von Weisungen der Strafverfolgungsbehörden[29] oder Missachtung der Vertraulichkeit (Nr. 2) sowie dann, wenn sich die V-Person „im Rahmen des Einsatzes strafbar gemacht hat“ (Nr. 5). Schließlich ist es V-Personen bereits nach geltendem Recht untersagt, Straftaten zu begehen,[30] wenngleich eine ausdrückliche Regelung vergleichbar mit jener für Verdeckte Ermittler (vgl. § 110c S. 3 StPO bzw. § 110a Abs. 8 S. 3 StPO-E) fehlt. Eine bloß „grundsätzliche“ Pflicht zur Beendigung des Einsatzes ist für den Fall einer Beteiligung der V-Person an der aufzuklärenden Tat vorgesehen (§ 110b Abs. 8 S. 2 StPO-E). Hier hält es der Gesetzgeber für denkbar, dass die Ermittlungsbehörden den Einsatz „ausnahmsweise“ fortsetzen dürfen, wenn etwa die betreffende Tatbeteiligung „im Verhältnis zur aufzuklärenden Tat nicht schwer wieg[t]“[31]. Im Bundeszentralregister eingetragene (abgeurteilte) Vortaten erfordern, selbst wenn diese zu einer Freiheitsstrafe geführt haben, lediglich eine „gesonderte Begründung“ vor Beauftragung zu solcher Unterstützungstätigkeit (vgl. § 110b Abs. 7 S. 5 Nr. 2 StPO-E), ebenso eine „aktive Einsatzzeit“ von mehr als fünf Jahren (Nr. 1) oder das Bestehen von „Mehrfacheinsätzen“ dieser V-Person (Nr. 3). Für einen Teil der vorstehend benannten Sachverhalte, die generell oder jedenfalls ab Feststellung einem (fortgesetzten) Einsatz (zumindest tendenziell) entgegenstehen, verlangt der Gesetzgeber eine gesonderte Zulässigkeitsprüfung schon vor Beauftragung wie auch fortlaufend vom Beginn der Tätigkeit an (§ 110b Abs. 7 S. 1-4 StPO-E).

Drittens bedarf es nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG einer unbedingten Beachtung des sog. „Kernbereichs privater Lebensgestaltung“ bei jedweder Zwangsmaßnahme, mithin auch beim Einsatz von V-Personen und Verdeckten Ermittlern: Zuvor bestand über längere Zeit hinweg bekanntlich die Fehlvorstellung, als sei die mögliche Betroffenheit jener menschenwürdenahen Sphäre höchstpersönlicher Privatheit lediglich beim „Großen Lauschangriff“ denkbar (vgl. § 100d StPO)[32]. Im Anschluss entdeckte der Gesetzgeber erst sukzessive – unter maßgeblicher Mithilfe des BVerfG[33] – weitere mögliche Anwendungskontexte wie zuletzt auch den hier gegenständlichen.[34] § 110b Abs. 4 i.V.m. § 110a Abs. 5 S. 1 des neuen Entwurfs sieht deshalb vor, dass Einsätze der auftragsgemäß verdeckt ermittelnden Personen „so zu planen und auszuführen [sind], dass ein Eindringen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung der Zielpersonen oder Dritter insoweit ausgeschlossen sind, als sich dieses mit praktisch zu bewältigendem Aufwand im Vorfeld vermeiden lässt“. Verboten ist vor allem die „gezielte Abschöpfung von Informationen aus dem Kernbereich“, wozu „insbesondere die Begründung oder Fortführung einer intimen Beziehung […] zum Zwecke des Aufbaus oder Erhalts einer Vertrauensbeziehung mit der Zielperson“ zählt (§ 110b Abs. 4 i.V.m. § 110a Abs. 5 S. 3, 4 StPO-E). Werden kernbereichsrelevante Informationen gleichwohl gewonnen, so müssen sie bzw. ihre Datenträger „unverzüglich gelöscht oder auf sonstige Weise vernichtet“ und dürfen nicht weitergegeben oder verwertet werden (§ 110b Abs. 4 i.V.m. § 110a Abs. 6 S. 1-3 StPO-E i.V.m. § 100d Abs. 2 S. 1 StPO). Beim Einsatz von V-Personen obliegt die Prüfung der evtl. Kernbereichsrelevanz der jeweils zuständigen Strafverfolgungsbehörde, d.h. dem jeweiligen V-Mann-Führer (§ 110b Abs. 4 StPO-E)[35]. Zeigen sich während eines Einsatzes Anhaltspunkte dafür, dass in den Kernbereich bei der Zielperson oder eines Dritten eingedrungen worden ist, so darf die Ermittlungsmaßnahme hiernach nur noch fortgeführt werden, „wenn und solange dies zum Schutz von Leben und Leib [der V-Person] oder zur Sicherung des weiteren Einsatzes […] erforderlich ist (§ 110b Abs. 4 i.V.m. § 110a Abs. 5 S. 5, 6 StPO-E).

Viertens bedingt die Nutzbarmachung von V-Personen zum Zwecke der Aufklärung und Strafverfolgung, dass deren Identität weitreichend geheimgehalten wird. Das „staatliche Geheimhaltungsinteresse“ kollidiert aber in einem Strafverfahren regelmäßig mit der gerichtlichen Aufklärungspflicht[36] und dem Konfrontationsrecht der Beschuldigten aus Art. 6 Abs. 3 lit. d) EMRK. Der Entwurf kodifiziert hierzu im Kern die bisherige Rechtsprechung: Danach ist im laufenden Strafverfahren „die Geheimhaltung der Identität nach Maßgabe des § 96 [StPO] zulässig, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Offenbarung Leib, Leben, Freiheit oder bedeutende Vermögensgüter der Vertrauensperson […] oder [ihre] weitere Verwendung […] gefährden würde und die genannten Gefahren nicht durch Maßnahmen zum Schutz des Zeugen in der Hauptverhandlung beseitigt werden können“ (§ 110b Abs. 10 S. 3 StPO-E). Zu letzteren listet die Begründung des Gesetzentwurfs die bekannten Zeugenschutzvorschriften auf (vgl. §§ 68, 247a, 255a i.V.m. § 58a StPO, §§ 171b, 172 GVG)[37], ergänzt um ein neues Auskunftsverweigerungsrecht in Zeugenvernehmungen bei begründeter Gefährdung der V-Person in Verlängerung der Schutzvorschrift zur Identitätsfeststellung nach § 68 Abs. 3 StPO (§ 69 Abs. 4 StPO-E). Ergänzend wird ausdrücklich festgehalten, dass eine Verfremdung von Bild und Ton „nicht grundsätzlich ungeeignet [sei], um die Glaubwürdigkeit eines Zeugen und die Glaubhaftigkeit seiner Aussage durch das Gericht zu beurteilen“[38]. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese Regelung zur Sperrerklärung im Ganzen „zu mehr Klarheit bei den Rechtsanwendern“ führe.[39]

Fünftens schließlich verheißt die Entwurfsbegründung in formell-rechtlicher Hinsicht zum Einsatz von V-Personen, dass mit den neuen Regelungen „ein Richtervorbehalt eingeführt und die Einsätze […] einer regelmäßigen richterlichen Kontrolle unterstellt“ werden.[40] Entgegen einer insoweit missverständlichen Behauptung gilt dies allerdings nicht für „alle Einsätze“[41], wenngleich § 110b Abs. 3 S. 1 StPO-E grundsätzlich eine ermittlungsrichterliche Anordnung (auf Antrag der zuständigen Staatsanwaltschaft)[42] verlangt. Allerdings will der Gesetzgeber zugleich eine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft (§ 110b Abs. 3 S. 2 StPO-E) und sogar eine solche auch der Polizei anerkennen, wenn „die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht rechtzeitig eingeholt werden“ könne (§ 110b Abs. 3 S. 3 StPO-E). Obgleich der Gesetzgeber einräumt, dass letzteres mit Blick auf die Eildienste der Staatsanwaltschaften nur in „selten vorkommenden Ausnahmefällen“ relevant werden dürfte, sollen diese Eilkompetenzen notwendig sein, „um in besonderen Situationen die V-Personen oder die Ermittlungen nicht erheblich zu gefährden“[43]. Ohne hoheitliche Anordnung gleichsam „aus eigenem Recht“ darf die V-Person jedoch nicht tätig werden: Denn sie „ist keine staatliche Stelle und kann daher auch keine Ermittlungsmaßnahmen einleiten“[44]. Die im Rahmen der Eilbedürftigkeit von Exekutivorganen vorläufig autorisierten Anordnungen bedürfen innerhalb von drei Werktagen einer gerichtlichen Zustimmung; andernfalls ist der jeweilige V-Mann-Einsatz zu beenden (§ 110b Abs. 3 S. 4 StPO-E). Jede Anordnung (und ggf. Verlängerung) muss dokumentiert oder protokolliert werden, „um eine spätere Überprüfbarkeit zu ermöglichen“[45], und zwar unter Angabe der „wesentlichen Abwägungsgesichtspunkte“; insbesondere müssen „einzelfallbezogen“ dargelegt werden „die Tatsachen, die den Verdacht begründen“ und „die wesentlichen Erwägungen zur Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit[46] des Einsatzes“ (§ 110b Abs. 3 S. 7, 8 lit. a und b StPO-E).

III. Kritische Würdigung des Regelungsentwurfs

Es ist nach Maßgabe des Ideals einer rechtsstaatlichen, grundrechtssensibel verfassten Strafrechtsordnung nicht hoch genug wertzuschätzen, dass V-Personen nunmehr aus dem Graubereich der Polizeipraxis in das helle Licht einer formalisierten Rechtskontrolle gerückt werden sollen. Dass sich die Rechtspolitik dazu allerdings erst durch fragwürdige Vorkommnisse gedrängt sieht, die in der Gesetzesbegründung punktuell benannt werden (NSU-Verfahren, Attentat am Berliner Breitscheidplatz)[47], offenbart eine sehr späte Einsicht. Eine gewisse Schieflage zeigt die Begründung bei der generellen Beschreibung der einschlägigen verfassungsrechtlichen Grundwerte insofern, als hier nur pauschal von einem „Spannungsverhältnis von effektiver Strafverfolgung und rechtsstaatlich gebotener Transparenz und Kontrolle“ die Rede ist, für die ein „angemessener Ausgleich“ geschaffen werden müsse.[48] Die evtl. Betroffenheit des „Kernbereichs privater Lebensgestaltung“ entzieht sich jedoch dem relationalen – und deshalb stets relativierenden – Abwägungspostulat, denn hier ist dem gesetzgeberischen Ein­schätzungs- und Gestaltungsspielraum im Lichte des Art. 1 Abs. 1 GG eine unübersteigbare Grenze gezogen.[49] Vergleichbares gilt für den Bedeutungsgehalt des sog. Vorbehalts des Gesetzes, der aus Gründen des Rechtsstaats- wie Demokratieprinzips bei „grundrechtswesentlichen“ Vorgängen[50] ein Tätigwerden des parlamentarischen Gesetzgebers zwingend verlangt. Es irritiert daher, dass der Gesetzgeber zwar das bundesverfassungsgerichtliche Diktum von der potentiell schwerwiegenden grundrechtlichen Betroffenheit beim Einsatz von V-Personen rezitiert,[51] aber an keiner Stelle – als Konsequenz hieraus – den Vorbehalt des Gesetzes klar und unmissverständlich benennt.

Zu den vorgeschlagenen Regeln bzgl. des Kernbereichsschutzes sticht ausnehmend positiv ins Auge, dass mit § 110b Abs. 4 i.V.m. § 110a Abs. 5 S. 1 StPO-E eine genuine Pflicht zur vor­ausschauenden kernbereichswahrenden Planung im Vorfeld der Ermittlungsmaßnahme geschaffen werden soll. Auch wenn sich dadurch nachfolgende Eingriffe nicht gänzlich ausschließen lassen, gilt grundrechtsschonend die Devise der Risikominimierung und nimmt die Regelung den Strafverfolgungsbehörden die leichte Ausrede des achselzuckenden Nichtvermeidenkönnens. Allerdings ist der Kernbereichsschutz hier verglichen mit dem Muster des „Großen Lauschangriffs“ (vgl. § 100d Abs. 4 S. 1 StPO) deutlich relativiert: Während herkömmlicherweise die Zulässigkeit des Einsatzes von einer Wahrscheinlichkeitsprognose[52] des Nichteingreifens in den Kernbereich abhängig ist, stellt der aktuelle Regelungsentwurf das Erfordernis der „negativen Kernbereichsprognose“[53] unter den Vorbehalt des „praktisch zu bewältigenden Aufwands“. An sich wirkt diese Einschränkung pragmatisch-vernünftig, weil von den Strafverfolgungsbehörden keine größere Voraussicht verlangt werden kann, als tatsächlich leistbar ist. Wenn der Gesetzgeber dies jedoch – abweichend von § 100d Abs. 4 S. 1 StPO – eigens betont, so kann dies nur den Sinn einer Relativierung des Einsatzverbots (mit unklarer Reichweite: welcher „Aufwand“ ist geboten, welcher nicht?)[54] haben, oder mit anderen Worten: Beim Einsatz von V-Personen (und Verdeckten Ermittlern) soll offenbar ein höheres Risiko in Kauf genommen werden, im Rahmen der verdeckten Ermittlungstätigkeiten u.U. selbst den Kernbereich privater Lebensgestaltung zu tangieren. Wie sich das mit der Strenge der absoluten Unantastbarkeit nach Art. 1 Abs. 1 GG (verfassungskonform) vereinbaren lassen soll, bleibt jedoch unerfindlich.[55] Unnötige Zweifelsfragen wirft zudem der Umstand auf, dass das Unterbrechungsgebot des § 110a Abs. 5 S. 5 (i.V.m. § 110b Abs. 4) StPO-E bei „tatsächlichen Anhaltspunkten“ für ein evtl. Eindringen in den Kernbereich privater Lebensgestaltung anders als § 100d Abs. 4 S. 2 StPO keine „unverzügliche“ Befolgung verlangt.

Die seit langem bestehenden Unsicherheiten darüber, nach welchen Kriterien sich überhaupt die metaphorische Rechtsfigur des „Kernbereichs“ willkürfrei-rational konkretisieren lässt,[56] hat im neuen Gesetzentwurf in einem Punkt eine lobenswerte Abmilderung erfahren: Danach gilt „die Begründung oder die Fortführung einer intimen Beziehung oder vergleichbar engster persönlicher Bindungen“ zu dem Zweck, diese sodann für strafrechtliche Ermittlungen und die Strafverfolgung auszunutzen, als strikt unzulässig (§ 110a Abs. 5 S. 4 StPO-E, ggf. i.V.m. § 110b Abs. 4). Allerdings referiert der Gesetzgeber insoweit ausschließlich (wörtlich) das BVerfG[57], ohne zu erkennen zu geben, auf Basis welchen generellen „Kernbereichs“-Konzepts sich diese Konkretisierung eigentlich begründen lassen soll.[58] Obgleich vom „Kernbereich privater Lebensgestaltung“ in der StPO inzwischen verschiedentlich – mit erheblicher praktischer Bedeutung – die Rede ist, demonstriert der Gesetzgeber aufs Neue seine Ideenarmut und Bereitschaft, die eigentlich ihm obliegende Grenzmarkierung der Rechtsprechung zu überlassen. Geradezu selbstwidersprüchlich wirkt es im Lichte dieses spezifischen Schutzanspruchs gegenüber privaten Beziehungen, wenn es der Rekrutierung einer V-Person nicht entgegenstehen soll, dass diese aus dem unmittelbaren familiären Umfeld entstammt (anders dagegen für Berufsgeheimnisträger § 110b Abs. 6 Nr. 1 lit. b StPO-E): Bei allem Verständnis für die in praxi potentiell hohe „Nützlichkeit“ von nahestehenden Angehörigen setzt sich der Gesetzgeber damit über seine grundrechtlichen Bindungen aus Art. 6 Abs. 2, 3 GG einfach hinweg[59] und kann nicht erklären, warum zwar das täuschende Begründen eines Näheverhältnisses, nicht aber das Ausnutzen eines bereits Bestehenden mit täuschendem Vertrauensbruch gegenüber der Zielperson tabu sein soll.

Unvollständig geregelt sind die Folgen eines Eingriffs in den Kernbereich privater Lebensgestaltung insofern, als § 110b Abs. 4 bzw. § 110a Abs. 6 S. 2 StPO-E auf § 100d Abs. 2 StPO verweisen, der ein Verbot der „Verwertung“ von hieraus gewonnenen Informationen enthält. Die Rechtsprechung des BVerfG verbietet jedoch jedwede „Verwendung“ (jedenfalls im Kontext von Strafverfahren), auch etwa als Ermittlungs- und Spurenansatz, so dass eine Nutzung für anderweitige Ermittlungen gleichermaßen ausscheidet: „Es [scil.: das Verwertungsverbot] ist umfassend“[60]. Infolgedessen hätte zur Vermeidung von Missverständnissen besser klargestellt werden sollen, dass nicht etwa allein die Nichtverwertung im laufenden Verfahren bis zur Urteilsfindung, sondern eine allumfassende Nichtverwendbarkeit[61] gemeint ist.[62] Schließlich bildet es einen wesentlichen Unterschied, ob die rechtliche „Bemakelung“ allein den kon­kreten Verfahrensanlass betrifft oder aber von genereller Natur ist.[63] Im Übrigen ist die Ver­weisungsvorschrift des § 110a Abs. 6 S. 3 StPO-E insofern unglücklich formuliert, als sie sich irrtümlich auch als Ergänzung lediglich der Dokumentationsregelung aus S. 3 von § 100d StPO missverstehen lässt: Erst die Entwurfsbegründung löst dahingehende Zweifel auf.[64]

Nach Maßgabe des rechtsstaatlichen Ideals eines grundsätzlich offenen Ermittlungshandelns der Strafverfolgungsorgane[65] und im Lichte der unverzichtbaren grundrechtlichen Sensibilität (Übermaßverbot) müssen heimliche Überwachungsmaßnahmen auf „den Schutz oder die Bewehrung hinreichend gewichtiger Rechtsgüter“ begrenzt sein. Für strafverfolgende Maßnahmen „kommt es auf das Gewicht der verfolgten Straftaten an, die der Gesetzgeber insoweit in – jeweils näher bestimmte – erhebliche, schwere und besonders schwere Straftaten eingeteilt hat“[66]. Bei potentiell besonders eingriffsintensivem Ermittlungshandeln – wozu auch der Einsatz von Verdeckten Ermittlern und V-Personen zählt[67] – sucht der Gesetzgeber die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht nur durch Begrenzung des abstrakten Straftatenkatalogs sicherzustellen, sondern zusätzlich dadurch, dass die Tat „auch im Einzelfall schwer wieg[en]“ müsse (vgl. §§ 100a Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 100b Abs. 1 Nr. 2, 100c Abs. 1 Nr. 2, 100f Abs. 1. 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 100k Abs. 1 S. 1 StPO)[68]. Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund sind die Anwendungsfelder für den Einsatz von Verdeckten Ermittlern und V-Personen deutlich zu weit gefasst:[69] Denn sie benennen nur pauschal ganze Deliktsfelder und nehmen damit das Einbeziehen weniger schwerwiegender Taten in Kauf. Zudem wird von vorn-herein auf das Erfordernis einer auch im konkreten Einzelfall notwendigen „besonderen Schwere“ verzichtet, so dass beispielsweise auch schon der Anfangsverdacht für einen „gewerbsmäßig“ begangenen Diebstahl oder eine „gewohnheitsmäßig“ begangene Jagdwilderei genügt (vgl. §§ 110a Abs. 2 S. 1 Nr. 3, 110b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 lit. c StPO-E). Ungereimt ist ferner die Vermischung mit präventiv-polizeilichen Zwecksetzungen, wie sie im Kontext eines Einsatzes „zur Aufklärung von Verbrechen“ bei Bestehen einer Wiederholungsgefahr begegnet (§§ 110a Abs. 2 S. 2, 110b Abs. 2 S. 2 StPO-E)[70]. Für V-Personen sieht § 110b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Nr. 1 lit. b StPO-E sogar eine Einsatzmöglichkeit zur Verfolgung von Vergehen vor, sofern „die wiederholte Begehung gleichartiger Straftaten“ mit potentiell „erheblichem Schaden für die Allgemeinheit“ zu befürchten ist: Diese unbestimmt weite Fassung des Anwendungsbereichs würde beispielsweise auch die wiederholte Beschädigung von Kunstgegenständen durch sog. „Klimakleber“ (vgl. § 304 Abs. 1 StGB) oder den wiederholten Missbrauch von Notrufen (§ 145 Abs. 1 Nr. 1 StGB) durch Jugendliche/Heranwachsende nicht ausschließen.

Anders als von der Gesetzesbegründung suggeriert[71] ist die formell-rechtliche Absicherung der Rechtskontrolle in Gestalt des Richtervorbehalts eher schwach ausgeprägt: Zwar verlangt § 110b Abs. 3 StPO-E im Ausgangspunkt eine grundsätzliche Legitimation des Einsatzes von V-Personen durch den Ermittlungsrichter; diese „scheinbare verfahrensrechtliche Strenge“[72] kann jedoch bei „Gefahr im Verzug“ weitreichend unterlaufen werden bis hin zu einem Verzicht selbst auf eine staatsanwaltschaftliche Anordnung. Der Gesetzgeber begründet dies mit der vagen Idee, dass „in besonderen Situationen die V-Personen oder die Ermittlungen nicht erheblich […] gefährde]t]“ werden dürften:[73] Mit anderen Worten sollen also letztendlich die rechtsstaatlichen Erfordernisse doch den Strafverfolgungsinteressen geopfert werden.[74] Wenn dies mit Rücksicht auf die Eildienste der Staatsanwaltschaften nur für „selten vorkommende Ausnahmefälle“[75] gedacht ist, dann hätte es nahegelegen, diese in sehr überschaubarem Umfang befürchtete Einbuße um der Rechtsstaatlichkeit der „Normalfälle“ willen zu akzeptieren,[76] zumal die kompensationshalber vorgesehene Begründungspflicht bzgl. der Nichterreichbarkeit des staatsanwaltschaftlichen Eildienstes[77] – aus dem Gesetz nicht explizit zu entnehmen – eine tatsächliche Begrenzung auf „begründete Ausnahmefälle“ nicht sicherstellt. Dass schon das geltende Recht den Richtervorbehalt für Verdeckte Ermittler von vornherein auf spezifische Konstellationen begrenzt (vgl. § 110b Abs. 2 S. 1 StPO), hat den Gesetzgeber bemerkenswerterweise (bei dem jetzt betonten „rechtsstaatlichen Impetus“) nicht zum kritischen Überdenken veranlasst[78] – und entlarvt die Argumentationsweise des Deutschen Richterbundes (von der generell „geringeren Eingriffstiefe“ beim Einsatz von V-Personen)[79] als ersichtlich interessengesteuert: Denn folgerichtig wäre dann – die Richtigkeit des Arguments unterstellt – der Einsatz von Verdeckten Ermittlern erst recht generaliter einer richterlichen Vorabkontrolle zu unterziehen.

Unangemessen großzügig handhabt der Gesetzentwurf auch die Begrenzung der Auswahl von V-Personen, wiewohl der Ansatz als solcher – gleichsam der Versuch einer Art „personeller Qualitätssicherung“ – großes Lob verdient: Ein näherer Blick auf die geplanten Einzelregelungen weckt jedoch den Eindruck, dass die Selektionskriterien vorwiegend von Effizienzinteressen und weniger von der Idee rechtsstaatlicher Angemessenheit geprägt sind: So werden beispielsweise Personen ausgeschlossen, für die eine Honorierung ihrer Tätigkeit „…auf Dauer ihre wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellen“ (§ 110b Abs. 6 Nr. 1 StPO-E), weil die von ihnen generierten Tatsachenbehauptungen dann „nicht unbedingt belastbar sind“[80]. Dass sich das Bestehen eines Interessenkonflikts schon dann aufdrängt, wenn die betreffende Geld- oder Sachleistung überhaupt – und sei es auch nur vorübergehend – zu einer relevanten Einkunftsquelle mutiert, soll dagegen hingenommen werden, weil auf erwerbslose Personen aufgrund ihrer zeitlichen Flexibilität seitens der Strafverfolgungsorgane nicht gänzlich verzichtet werden könne.[81] Eine konsequente Regelung sieht anders aus und könnte sich auch nicht damit begnügen, das unbestimmte prognostische Element im Zusatzerfordernis der „Dauer“ durch eine konkrete Zeitobergrenze explizit festzulegen.[82] Richtigerweise sollte die Begrenzung des Ausschlussgrundes dysfunktionaler Motivation (wirtschaftliche Abhängigkeit) [83] auf das Momentum der „Dauerhaftigkeit“ ersatzlos gestrichen werden,[84] weil das vom Gesetzgeber besorgte Abhängigkeitsverhältnis schon als solches – selbst wenn es nur vorübergehend/kurzzeitig besteht – der Sinnhaftigkeit verdeckter Ermittlungen diametral entgegensteht, und zwar nicht allein in tatsächlicher, sondern ebenso in normativ-legitimatorischer Hinsicht.

Gewisse Friktionen werden sichtbar, wenn die Ausschlussgründe des § 110b Abs. 6 StPO-E mit den Fallgruppen des Abs. 8 verglichen werden, die beschreiben, wann ein bereits laufender Einsatz beendet werden „soll“ (S. 1 Nr. 1-5) bzw. „grundsätzlich zu beenden … ist“ (S. 2): Denn dass hier unterschiedliche Kriterien zur Anwendung kommen sollen, lässt sich prima vista nicht einsehen, es sei denn, es wird ein relevanter Umstand erst im Laufe eines Einsatzes offenbar. Das ist etwa dann einsichtig, wenn sich die V-Person justament in diesem Rahmen strafbar macht (§ 110b Abs. 8 S. 1 Nr. 5 StPO-E). Soll der Fortführung des Einsatzes aber u.a. die Weitergabe „wissentlich falscher Informationen“ entgegenstehen (Nr. 1), so ist dies ein Grund, bei Bekanntwerden dahingehenden Vorverhaltens bereits von der Auswahl Abstand zu nehmen (siehe dagegen Abs. 6 von § 110b StPO-E: dort nicht erwähnt). Das gilt um so mehr, als die Zulässigkeitsprüfung (in Abs. 7 geregelt) diesen Umstand durchaus einzubeziehen hat (vgl. S. 2, letzter Fall). Hier ist aber im Falle einer Negativprognose von dem Einsatz der V-Person nicht etwa per se,[85] sondern erst dann abzusehen, wenn sich „im Rahmen einer Gesamtschau […] begründete Zweifel an der Zuverlässigkeit“ dieser Person ergeben (vgl. S. 4). Unklar bleibt, warum hier die sich eigentlich aufdrängende Rechtsfolge erst von einer „Gesamtwürdigung“ (mit unvorhersehbarem Resultat) abhängig sein soll, wo doch „positive Gegengründe“ – gerade aus Sicht einer effizienzorientierten Strafverfolgung – kaum vorstellbar sind. Mit Blick auf die gebotene Rechtsstaatlichkeit ist es im Übrigen nicht einsichtig, was den Unterschied ausmachen soll zwischen einer Straftatbegehung der V-Person „im Rahmen des Einsatzes“ (vgl. § 110b Abs. 8 S. 1 Nr. 5 StPO-E), einer Tatbeteiligung sogar „an der aufzuklärenden Tat“ (vgl. § 110b Abs. 8 S. 2 StPO-E) und einer strafrechtlichen Auffälligkeit bereits im Vorfeld, selbst bei „Verurteilungen … zu Freiheitsstrafen“ (vgl. § 110b Abs. 7 S. 5 Nr. 2 StPO-E: lediglich gesonderte Begründungspflicht)[86].

Dass der Gesetzgeber auch die Fundamentalproblematik zwischen Geheimhaltung (Identitätsschutz der V-Person) und Öffentlichkeit der Hauptverhandlung (Wahrheitsfindung und Verteidigungsrecht des Beschuldigten) gesetzesförmlich festlegen will, ist ungeachtet des schon seit langem etablierten Richterrechts hingegen zu begrüßen. Zudem findet sich mit § 110b Abs. 3 S. 3 StPO für den Verdeckten Ermittler ohnehin bereits eine entsprechende Regelung, so dass es mehr als naheliegt, eine Parallelvorschrift auch für den Identitätsschutz von V-Personen zu schaffen. Der hierzu vorgeschlagene § 110b Abs. 10 S. 3 StPO-E bestätigt im Ausgangspunkt die Möglichkeit einer „Sperrerklärung“ durch die oberste Dienstbehörde (das Innenministerium) nach Maßgabe des § 96 StPO und stellt klar, dass andere – im Lichte des beweisrechtlichen Unmittelbarkeitsgrundsatzes mildere – „Maßnahmen zum Schutz des Zeugen in der Hauptverhandlung“ vorrangig bedacht werden müssen. Diese im Entwurf mit einigem Selbstlob bedachte „Klarstellung“[87] hat für die Strafjustiz allerdings nur einen bescheidenen Nutzen, weil sie evtl. Fehler der (schutz- und geheimhaltungsverpflichteten) Exekutive nur in einer Gegenvorstellung zur Sprache bringen kann, ansonsten aber deren Positionierung notgedrungen akzeptieren muss.[88] Noch mehr an Klarheit könnte der Gesetzgeber jedenfalls da­durch schaffen, dass er die bislang allein durch richterrechtliche Schöpfung eröffnete[89] Option der akustischen und optischen Verfremdung explizit legalisiert.[90] Ob schon die (reale, auf Basis konkreter Tatsachen erweisliche!) Gefährdung einer „weiteren Verwendung der V-Person“ eine Sperrerklärung zu rechtfertigen vermag, lässt sich bekanntlich ko­n-trovers diskutieren; zu weit geht es jedoch, wenn der aktuelle Gesetzentwurf jetzt – übrigens allein für V-Personen und nicht für Verdeckte Ermittler (vgl. § 110a Abs. 7 S. 3 StPO-E) – die Rechtfertigung auf den Schutz „bedeutender Vermögensgüter“ ausweiten will: Das wird weder der zentralen Verpflichtung zur Wahrheitsermittlung und schon gar nicht dem menschenrechtlichen Gewicht des Konfrontationsrechts aus Art. 6 Abs. 3 lit. d) EMRK gerecht.[91] Denn wie der BGH erst unlängst geurteilt hat, ist das Hindern der konfrontativen Vernehmung des Belastungszeugen letztendlich der Justiz zuzurechnen und damit ein gewichtiger Grund, der die Verfahrensfairness in Frage stellt (mit der Folge des Gebots einer zurückhaltenden Beweiswürdigung der belastenden Aussagen der V-Person)[92].

Zu der seit langem umstrittenen Frage nach den Grenzen zulässiger Tatprovokation (sowie der Rechtsfolgen bei deren Überschreiten) will der Regelungsentwurf ersichtlich vor allem der neueren Rspr. des EGMR[93] und BGH[94] für Fälle des „rechtsstaatswidrigen“ Verleitens zur Straftatbegehung (durch Verdeckte Ermittler wie V-Personen gleichermaßen) Rechnung tragen: Die Gesetzesbegründung spricht wie selbstverständlich von einem „Verfahrenshindernis“[95] bzgl. der provozierten Tat; der Gesetzestext selbst lässt das jedoch erstaunlicherweise ganz und gar nicht erkennen,[96] sondern eher auf einen materiell-rechtlichen Ausschlussgrund schließen (vgl. § 110c Abs. 3 S. 1 StPO-E). Dabei dürfte letzterer wohl sogar vorzugswürdig sein, weil – mit Weigend [97] – durch die hoheitlich gesetzte Versuchung und ins Werk gesetzte Instrumentalisierung des Delinquenten doch von einer erheblich gemilderten Schuld ausgegangen werden muss, was einen persönlichen Strafausschließungsgrund rechtfertigen würde. Prägnant in den Worten Tonio Walters[98]: Es handelt sich um eine „Ungerechtigkeit der Bestrafung“ und nicht um eine solche des Verfahrens.[99] Bei Annahme eines von Amts wegen anzuerkennenden Verfahrenshindernisses könnte dagegen streng genommen gar nicht erst ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, geschweige denn die Tat angeklagt oder gar in der Hauptverhandlung beweisrechtlich aufgeklärt werden.[100] Zudem würde hierdurch die öffentliche Aufgabe der Strafverfolgung von Amts wegen dem Provokateur zur beliebigen Disposition überlassen, was mit dem Legalitätsprinzip schlechterdings nicht zu vereinbaren wäre.[101] Erinnert sei an dieser Stelle, dass der EGMR den Mitgliedstaaten freigestellt hat, „entweder das Verfahren wegen Verfahrensmissbrauchs einzustellen oder alle durch die Anstiftung erlangten Beweise auszuschließen[102] bzw. auf andere Weise vergleichbare Ergebnisse herbeizuführen“[103]. Der jetzige – noch dazu unklar formulierte – Regelungsvorschlag wirkt daher eher als Ausdruck eines BGH-gläubigen Rechtsprechungspositivismus[104] denn als Resultat eingehender Reflexion über die angemessene Rechtsfolge.

Auf der Tatbestandsseite soll von einer „rechtsstaatswidrigen Tatprovokation“ immer dann – aber eben nur dann – ausgegangen werden, „wenn ein Verdeckter Ermittler oder eine Vertrauensperson in einer dem Staat zurechenbaren Weise erheblich auf eine Person [in Richtung der dadurch ausgelösten Straftatbegehung, Zusatz Verf.] einwirkt…“ (§ 110c Abs. 3 S. 2 StPO-E). Ein Maßstab für diese „Erheblichkeit“ zwecks willkürfreier Handhabung ist jedoch ebenso wenig ersichtlich wie das notwendige Kriterium für die Zurechnungsfrage. Die Gesetzesbegründung schließt vordergründig lediglich solche Einwirkungen aus, bei denen es sich „um einen Exzess oder [um ein] eigenmächtiges Vorgehen“ handelt.[105]Praktisch wird dadurch aber in breitem Ausmaß die Möglichkeit zu Ausflüchten dergestalt eröffnet, dass die „Tatmotivation“ zu dieser Form des Einwirkens eben nicht hoheitlich bedingt gewesen sei. Der Kriminalpolitische Kreis[106] fordert deshalb mit Recht, dass bei jeder Provokationshandlung – die per definitionem der staatlichen Hoheitsgewalt zurechenbar ist (und deshalb im Gesetzestext keines dahingehenden Zusatzkriteriums bedarf) – jenseits der vorgesehenen materiellen Grenzen (nach aktuellem Stand: Tatbereitschaft des Angestifteten und Verleiten „ohne erhebliches Einwirken“ auf diesen: § 110c Abs. 1 S. 1 StPO-E) von einer rechtsstaatswidrigen Tatprovokation ausgegangen werden sollte. Für Fälle einer sonstigen – „einfachen“ – Fehlerhaftigkeit (z.B. bei unzutreffender Inanspruchnahme einer Eilkompetenz) fehlt es überraschenderweise an einer Regelung, was der Grundidee der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit widerspricht: Angemessen wäre, hierfür zumindest punktuell ein Verwertungsverbot anzuordnen.[107]

IV. Abschließende Würdigung

Im Ganzen offenbart der Regelungsentwurf ebenso viel Licht wie Schatten: Anders als in der laufenden Debatte von manchen Strafjustizpraktikern geradezu reflexartig[108] behauptet, handelt es sich mitnichten um ein praxisfernes Rechtstaatsprojekt „mit der Brechstange“ und absehbaren Effizienzverlusten bei der Verfolgung und Ahndung von Schwerkriminalität. Vielmehr begegnen gerade umgekehrt eine Reihe von Halbherzigkeiten und rechtsstaatlichen Feigenblättern, die befürchten lassen, dass der Gesetzgeber von seinem Projekt vielleicht doch nicht restlos überzeugt ist. Dabei war seit langem überfällig, sich der Aufgabe einer parlamentarischen Legitimation des Einsatzes von V-Personen mitsamt deren evtl. Befugnis zur (limitierten) Tatprovokation mit größter Sorgfalt und in detaillierter Kenntnis der verfassungs- und menschenrechtlichen Implikationen anzunehmen. Das verlangt aber weit mehr als die bloße – mitunter sogar buchstäbliche – Übernahme von Formulierungen aus höchstrichterlichen Judikaten, die sich keineswegs immer als Vorlage für ab­strakt-generelle Regeln verstehen bzw. dazu eignen.[109] Der aktuelle Entwurf zeigt eine beunruhigende Neigung des Gesetzgebers, die eigene schöpferische Gestaltungskraft in umfassender inhaltlicher wie konzeptioneller Durchdringung des Stoffes zugunsten einer sklavischen Befolgung vorhandenen Richterrechts zu opfern. Dass etwa im vorliegenden Fall die für Verdeckte Ermittler bestehende Befugnis zum Betreten fremder Wohnungen (§ 110c S. 1 StPO) in der Erkenntnis der hierin enthaltenen (gezielten) Täuschung im Lichte des anti-etatistischen Abwehrrechts aus Art. 13 GG alles andere als verfassungsrechtlich sakrosankt ist,[110] hätte einen sorgsam agierenden Gesetzgeber vom „Weiter so…!“, bis vielleicht das BVerfG ein ultimatives Stoppsignal setzt, eigentlich abhalten müssen. Es besteht daher einiger Nachbesserungsbedarf – aber immerhin: Die Richtung stimmt!

Jedes Gesetz ist nicht nur inhaltlich, sondern auch sprachlich ein Kind seiner Zeit; es trägt das Kleid der Tage, an denen es entstanden ist […]: der Stil des Gesetzes entspricht der Geistesverfassung der Epoche, in der es erwuchs, und dem Willen, aus dem es hervorging. Im Stil zeigt sich die mehr oder minder harmonische Natur einer Periode, es zeigt sich, ob sie mehr oder minder eingeengt oder vor-ausschauend ist, ob sie in Rechtssachen die Materie klar beherrscht oder nur dilettantisch erfasst…“

(Josef Kohler, Technik der Gesetzgebung, in: AcP 96 [1905], 345)

 

[1]      BT-Drs. 20/11312, S. 1, 12.
[2]      Einzige inhaltliche Divergenz bildet die Ergänzung um einen § 69 Abs. 4 S. 2 StPO-E (Hinweispflicht) im Regierungsentwurf; daneben finden sich noch – wenige – sprachliche Modifikationen.
[3]      https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Gesetzgebung/RefE/RefE_V-Personen.pdf?__blob=publicationFile&v=4.
[4]      BVerfGE 156, 270 ff.
[5]      BVerfG, NVwZ-Beilage 2023, 37 ff.
[6]      BVerfGE 156, 270 (302 Rz. 100): „Je stärker eine V-Person personengerichtet tätig wird, also gezielt an eine einzelne Person herangeführt wird, um deren Rolle oder Vernetzungen innerhalb der beobachteten Bestrebung zu ermitteln, desto höher ist die Eingriffsintensität“.
[7]      BVerfGE 156, 270 (303 Rz. 101): „Personen aus eben diesen Milieus […] könnten ihre Stellung ausnutzen, um die sie führende Behörde gezielt zu manipulieren und deren Ermittlungen zu behindern oder um Straftaten zu begehen, zu denen sie ansonsten nicht in der Lage wären“.
[8]      BVerfG, NVwZ-Beilage 2023, 37, (41 Rz. 103, 107).
[9]      BVerfG, NVwZ-Beilage 2023, 37, (42 Rz. 109, 117).
[10]    BVerfG, NVwZ-Beilage 2023, 37, (43 Rz. 119).
[11]    Durch das StVÄG 1999 (BGBl. I 2000, S. 1253).
[12]    Wie hier u.a. Fezer, JZ 1995, 972; Lagodny, StV 1996, 167 (171); Rogall, JZ 1996, 260 (262); Schneider, NStZ 2004, 359; ausführlich Baron, Zur Frage der grundsätzlichen Zulässigkeit des Einsatzes verdeckt ermittelnder Personen und Vorschlag einer umfassenden gesetzlichen Regelung, 2002, S. 107 ff.; Duttge, JZ 1996, 556 ff.
[13]    Anlage D zu den RiStBV.
[14]    Vgl. BGHSt 32, 115 (121 ff.); 41, 42 (44); 45, 321 (324); zuletzt nachdrücklich BGH, NStZ 2023, 560 (561 f.).
[15]    BVerfG, NStZ 2000, 489 (490): Erfordernis einer speziellen Gesetzesgrundlage „spätestens“ bei gezielten Nachfragen zu spontanen Äußerungen eines Zeugen.
[16]    Ziff. I. 1.2. und 2.2. der „Gemeinsamen Richtlinien“ (o. Fn. 13).
[17]    So aber die Entwurfsbegründung zum OrgKG 1992, BT-Drs. 12/989, S. 41.
[18]    Bericht der Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des jugendgerichtlichen Verfahrens, Oktober 2015, S. 83; siehe auch schon Duttge, JZ 1996, 556 (563): keine „Flucht in das Privatrecht“.
[19]    Vgl. EGMR, NJW 2015, 3631 (3633); 2021, 3515 (3520); Schneider, NStZ 2023, 325 (326); näher Tyszkiewicz, Tatprovokation als Ermittlungsmaßnahme: rechtliche Grenzen der Beweiserhebung und Beweisverwertung beim Einsatz polizeilicher Lockspitzel im Strafverfahren, 2014, S. 131 f., 136.
[20]    Zuletzt näher Schneider, NStZ 2023, 325 (331 ff.).
[21]    So bereits die Expertenkommission (o. Fn. 18), S. 86; siehe auch Esser, StV 2021, 383 ff.; Jahn/Hübner, StV 2020, 207 ff. sowie Jahn/Gazeas/Hübner, StV 2023, 414 ff. (mit eigenem Regelungsvorschlag); Weigend, KriPoZ 2022, 131, 134.
[22]    Siehe z.B. Jahn/Kudlich, JR 2016, 54 ff.: „Spaltprozesse in Strafsachen beim BGH“; vernichtende Kritik bei J. Fischer, GA 2023, 263 (277): „Die eigentliche Aufgabe der Rechtsprechung ist nicht die unreflektierte Subsumtion unter die Begrifflichkeiten des EGMR […], sondern die methodisch vertretbare Einpassung der Konventionsvorgaben in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte Rechtssystem.“.
[23]    „Mehr Fortschritt wagen“. Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP, November/Dezember 2021, S. 106, abrufbar unter: https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800 (zuletzt abgerufen am 6.5.2024).
[24]    Zusatz durch Verf.
[25]    Dazu auch BT-Drs. 20/11312, S. 39 f.
[26]    Im Gegensatz zu Verdeckten Ermittlern, vgl. § 110a Abs. 1          StPO-E: „Beamte des Polizeidienstes“.
[27]    BT-Drs. 20/11312, S. 27.
[28]    BT-Drs. 20/11312, S. 30.
[29]    Weil die V-Person nicht auf eigene Faust ermitteln soll, denn es ist stets „Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen in einem Strafverfahren zu leiten“: BT-Drs. 20/11312, S. 33.
[30]    Bekräftigt in BT-Drs. 20/11312, S. 33.
[31]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 34 mit Beispiel: Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 Abs. 1 S. 2 StGB könne „im Einzelfall bereits recht schnell verwirklicht sein“.
[32]    Angestoßen durch BVerfGE 109, 279 (313 ff.).
[33]    Vgl. BVerfGE 120, 274 (335 ff.)  zur Online-Durchsuchung; 124, 43 (69 f.) zur Beschlagnahme von Emails; 129, 208 (245 ff.)  zur Telekommunikationsüberwachung; schon frühzeitig im Sinne einer Verallgemeinerung der Kernbereichsdoktrin für sämtliche Zwangsmaßnahmen: Warntjen, Heimliche Zwangsmaßnahmen und der Kernbereich privater Lebensgestaltung, 2007.
[34]    Vgl. BVerfG, Beschl. v. 9.12.2022 – 1 BvR 1345/21 – NVwZ-Beilage 2023, 37 ff.
[35]    Siehe auch BVerfG, NVwZ-Beilage 2023, 37 (43 Rz. 118): Zuvor habe diese Frage auch die V-Person selbst vor Weitergabe der Information an den V-Mann-Führer zu prüfen.
[36]    BT-Drs. 20/11312, S. 2, 12.
[37]    Die auch in Kombination anwendbar sind, so auch BT-Drs. 20/11312, S. 36.
[38]    Ebd.; zur grundsätzlichen Zulässigkeit einer audiovisuellen und/oder optischen Abschirmung von Zeugen in der Hauptverhandlung bereits BGH, NJS 2003, 74 ff.; NStZ 2005, 43; 2006, 648 f.; NJW 2007, 1475 f.; a.A. noch BGHSt 32, 115 (124).
[39]    Ebd.
[40]    BT-Drs. 20/11312, S. 13.
[41]    So BT-Drs. 20/11312, S. 27.
[42]    Um sicherzustellen, dass der Einsatz einer V-Person auch aus Sicht der „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ durchgeführt werden soll (BT-Drs. 20/11312, S. 28).
[43]    BT-Drs. 20/11312, S. 28.
[44]    BT-Drs. (ebd.).
[45]    BT-Drs. (ebd.).
[46]    Die Intention des Gesetzgebers ist, dass anhand dieser Angaben insbesondere nachvollziehbar werden soll, ob andere Maßnahmen erwogen wurden, die weniger stark in Grundrechte eingreifen, sowie die Gründe dafür, warum diese nicht gewählt wurden: BR-Drs. 125/24, S. 29.
[47]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 1.
[48]    Ebd.
[49]    Erinnert sei nur an BVerfG, NWvZ-Beilage 2023, 37 (40 Rz. 102): „Der verfassungsrechtliche Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung […] sichert einen dem Staat nicht verfügbaren Menschenwürdekern grundrechtlichen Schutzes gegenüber solchen Maßnahmen. Selbst überragende Interessen der Allgemeinheit können einen Eingriff in diesen absolut geschützten Bereich privater Lebensgestaltung nicht rechtfertigen“.
[50]    Zum verfassungsrechtlichen Fundament näher Duttge, Der Begriff der Zwangsmaßnahme im Strafprozeßrecht, 1995, S. 107 ff. (m.w.N.).
[51]    BT-Drs. 20/11312, S. 2.
[52]    Siehe z.B. Rückert, in: MüKo-StPO, 2. Aufl. (2023), § 110d Rn. 26.
[53]    Löffelmann, ZIS 2006, 87 (90 f.); Hartmann, in: HK-StPO, 5. Aufl. (2022), § 100d StPO Rn. 9 ff.
[54]    Zöller verlangt mit Recht konkrete Kriterien, um die ansonsten naheliegende pauschale Behauptung eines Mangels an personellen und sachlichen Ressourcen zu unterbinden: ZRP 2024, 79 (80).
[55]    Wie hier auch die Stellungnahme des Kriminalpolitischen Kreises v. Januar 2024, Ziff. 4, online abrufbar unter: https://kripoz.de/2024/01/23/referentenentwurf-zur-regelung-des-einsatzes-von-verdeckten-ermittlern-und-vertrauenspersonen-sowie-zur-tatprovokation-2/ (zuletzt abgerufen am 6.5.2024).
[56]    Dazu eingehend Warntjen (o. Fn. 33).
[57]    BVerfG, NVwZ-Beilage 2023, 37 (41 Rz. 107).
[58]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 21 f.
[59]    Was im Recht der strafprozessualen Zwangsmaßnahmen durchaus (schlechte) „Tradition“ hat, vgl. z.B. §§ 100b Abs. 3 S. 3, 100c Abs. 2 S. 3, 100f Abs. 3 StPO; siehe bereits Duttge, JZ 1999, 261 (263 f.).
[60]    BVerfGE 129, 208 (249) zur TKÜ; siehe auch BVerfGE 109, 279 (332) zur Wohnraumüberwachung.
[61]    Zur begrifflichen Unterscheidung bspw. Weil, Verwendungsregelungen und Verwertungsverbote im Strafprozess, 2021, S. 26 f.
[62]    Wie hier auch T. Walter, Stellungnahme zum Referentenentwurf v. 25.1.2024, abrufbar unter: https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2023_V-Personen.html (zuletzt abgerufen am 6.5.2024).
[63]    So bereits Dencker, in: Meyer-Goßner FS 2001, S. 237 ff., 255; eingehende Darstellung von Schinkel, Strafprozessuale Verwendungsverbote, 2017; s. auch Gössel, in: LR-StPO, 27. Aufl. (2016), Einl. Abschnitt L Rn. 29 f.: „Verwertung“ ist Unterbegriff zum Oberbegriff der „Verwendung“.
[64]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 23: „Hieraus ergibt sich ein Verwertungsverbot…“.
[65]    Vgl. BVerfGE 118, 168 (197); 120, 274 (325): „In einem Rechtsstaat ist Heimlichkeit staatlicher Eingriffsmaßnahmen die Ausnahme und bedarf besonderer Rechtfertigung“.
[66]    BVerfGE 141, 220 (270).
[67]    So bereits ausdrücklich BVerfGE 141, 220 (290): „sehr schwerwiegende Grundrechtseingriffe“.
[68]    Dieses Erfordernis hat das BVerfG in seinem Urteil zum „Großen Lauschangriff“ etabliert: BVerfGE 109, 279 (346 f.).
[69]    Ebenso Zöller, ZRP 2024, 79 (81).
[70]    Wie hier auch die Stellungnahme des Kriminalpolitischen Kreises (o. Fn. 55).
[71]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 27: „…sollen alle Einsätze einer gerichtlichen Anordnung bedürfen“.
[72]    Treffend Kriminalpolitischer Kreis (o. Fn. 55).
[73]    BT-Drs. 20/11312, S. 28.
[74]    In diesem Sinne auch der Deutsche Richterbund (Gutachten: Vertrauenspersonen und Tatprovokationen, 2017, S. 82) mit der irreführenden Erwägung, dass der Einsatz einer Vertrauensperson eine (generell?) „geringere Eingriffstiefe“ aufweise gegenüber dem Handeln eines Verdeckten Ermittlers.
[75]    BT-Drs. 20/11312, S. 28.
[76]    Folgerichtig für eine Streichung der polizeilichen Eilzuständigkeit plädierend: Kriminalpolitischer Kreis (o. Fn. 55).
[77]    BT-Drs. 20/11312, S. 28.
[78]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 21: nur eine „redaktionelle Anpassung“.
[79]    Oben Fn. 74.
[80]    BT-Drs. 20/11312, S. 29, siehe auch S. 30: „…kann sich negativ auf den Gehalt der Informationen auswirken, die die V-Person beschaffen soll“.
[81]    Siehe dazu auch Zöller, ZRP 2024, 79 (82).
[82]    So der Vorschlag von Zöller, ZRP 2024, 79 (82): Orientierung an der Einsatzhöchstfrist von drei Monaten nach § 110b Abs. 3 S. 5 StPO-E (unter Ausblenden der Verlängerungsmöglichkeit von „jeweils nicht mehr als drei [weiteren] Monate[n]“, vgl. S. 6).
[83]    BT-Drs. 20/11312, S. 30.
[84]    Wie hier auch der Kriminalpolitische Kreis (o. Fn. 55).
[85]    Vgl. BT-Drs. 20/11312, S. 32: bloßes „Indiz“.
[86]    Wie hierdurch Sicherheitsrisiken ausgeschlossen werden sollen (BT-Drs. 20/11312, S. 31 f.), bleibt unerfindlich.
[87]    BT-Drs. 20/11312, S. 35: „Die Regelung führt zu mehr Klarheit bei den Rechtsanwendern“.
[88]    Siehe zuletzt z.B. BGH, Beschl. v. 3.5.2017 – 3 StR 498/16 – BeckRS 2017, 118228: Nur dem Angeklagten, „…nicht dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft dürfte der Verwaltungsrechtsweg offenstehen“; weiterhin OLG München, Beschl v. 2.2.2018 – 9 St 10/17 – BeckRS 2018, 9058 (Rz. 9).
[89]    Oben Fn. 38.
[90]    Formulierungsvorschlag bei Jahn/Gazeas/Hübner, StV 2023, 414 (420).
[91]    Wie hier auch nachdrücklich die Stellungnahme des Kriminalpolitischen Kreises (o. Fn. 55) mit trefflichem Beispiel: „…bedeutete dies, dass die Gefahr, das E-Bike der Ehefrau der VP könne durch Vandalismus beschädigt werden, die Voraussetzung des Ausschlussgrundes erfüllen könnte“.
[92]    Vgl. BGH, NStZ 2023, 560 (562 f.).
[93]    Vgl. EGMR, NJW 2021, 3515 ff.
[94]    BGH, NStZ 2023, 243 ff.
[95]    BT-Drs. 20/11312, S. 13 f., 37, 39 f.
[96]    In diesem Sinne unmissverständlicher Formulierungsvorschlag bei Jahn/Gazeas/Hübner, StV 2023, 414 (420).
[97]    In: KriPoZ 2020, 131 (134) mit konkretem Regelungsvorschlag.
[98]    NJW 2024, 998, (1002).
[99]    Der Kriminalpolitische Kreis (o. Fn. 55) macht zudem darauf aufmerksam, dass der Hinweis der Gesetzesbegründung auf die Unschuldsvermutung (vgl. BR-Drs. 125/24, S. 44) ebenfalls eher für einen Strafausschlussgrund spreche (inzwischen aber in BT-Drs. 20/11312, S. 40 f. gestrichen).
[100]   Weigend, KriPoZ 2020, 131 (134); ebenso die Stellungnahme des Deutschen Richterbundes v. Januar 2024 (Nr. 2/24), S. 20 ff.: Bestrafungs-, nicht Befassungsverbot“.
[101]   Zutreffend Greco, GA 2021, 672 (678); siehe auch schon BGHSt 32, 345 (353 f.).
[102]   Eine „Beweisverbotslösung“ ist dennoch keine ernstliche Lösungsoption: Greco, GA 2021, 672 (677).
[103]   EGMR, NJW 2021, 3515 (3521 f.); siehe auch schon ders., NJW 2015, 3631 (3635).
[104]   Siehe z.B. Adomeit, JZ 2003, 161 (166): „Leitsatzpositivismus“.
[105]   BT-Drs. 20/11312, S. 40.
[106]   Oben Fn. 55.
[107]   Wie hier auch T. Walter, Stellungnahme (o. Fn. 62); a.A. Kriminalpolitischer Kreis (o. Fn. 55): Kompensation auf Strafzumessungsebene.
[108]   Vgl. Zöller, ZRP 2024, 79 (83): „automatischer Abwehrreflex“.
[109]   Siehe beispielhaft die eindringliche Kritik von J. Fischer an der Rechtsprechungspraxis des BGH bzgl. der Tatprovokation: „Die eigentliche Aufgabe der Rechtsprechung ist nicht die unreflektierte Subsumtion unter die Begrifflichkeiten des EGMR […], sondern die methodisch vertretbare Einpassung der Konventionsvorgaben in das vorhandene, dogmatisch ausdifferenzierte Rechtssystem“ (GA 2023, 263 [277]).
[110]   Dazu nachdrücklich und noch heute überzeugend Schneider, NStZ 2004, 359 (365 ff.).

 

 

 

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