Gesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten, Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbesserung der Bekämpfung verhetzender Inhalte sowie Bekämpfung von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen: BGBl. I 2021, S. 4250 ff.
Gesetzentwürfe:
- Entwurf einer Formulierungshilfe des BMJV
- Formulierungshilfe der Bundesregierung/Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD
Das BMJV hat am 16. April 2021 eine Formulierungshilfe zur Änderung des StGB – Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern veröffentlicht.
In den letzten Jahren seien die Fallzahlen des sexuellen Missbrauchs von Kindern stetig gestiegen. Zudem sind vor allem im Darknet Anleitungen abrufbar, wie ein sexueller Missbrauch vorbereitet, durchgeführt und verschleiert werden könne. Diese seien schließlich oft bei Beschuldigten aufgefunden worden. Es ist daher davon auszugehen, dass solche Anleitungen die Hemmschwelle absenken und den Wunsch nach einem Missbrauch bei den Tätern verstärken. Zudem werde eine menschenverachtende Sprache genutzt, die die Kinder auf ein Objekt des Missbrauchs reduziere und Missbrauchshandlungen verharmlose. Solche Inhalte stellten den Schutz der Rechtsordnung und ihre Legitimität in Frage und seien deshalb strafwürdig.
Derzeit werden Missbrauchsanleitungen nur im Einzelfall durch bspw. § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte), § 111 StGB (Öffentliche Aufforderung zu Straftaten), § 131 StGB (Gewaltdarstellung) oder § 140 StGB (Belohnung und Billigung von Straftaten) erfasst. § 140 Nr. 2 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität vom 30. März 2021 (BGBl. I S. 441) ziele zwar im Falle des Verbreitens einer Missbrauchsanleitung oder einer Billigung einer noch nicht begangenen Straftat nach § 176 Abs. 3, § 176a oder § 176b StGB auf den Schutz des öffentlichen Friedens, aber nicht auf die sexuelle Selbstbestimmung und die ungestörte sexuelle Entwicklung von Kindern ab und diene damit einem anderen Schutzzweck als § 176e StGB-E. Damit soll die bestehende Regelungslücke geschlossen werden. Dies sei ebenfalls ein Erfordernis zur Umsetzung der Agenda 2030 dienenden Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie. Sie enthalte unter anderem eine Verpflichtung, Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen.
Der Entwurf sieht daher die Einführung eines § 176e StGB vor, der das Verbreiten und das der Öffentlichkeit Zugänglichmachen sowie das Abrufen, den Besitz, die Besitzverschaffung und das einer anderen Person Zugänglichmachen von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern unter Strafe stellt.
„§ 176e – Verbreitung und Besitz von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern
(1) Wer einen Inhalt (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht, der geeignet ist, als Anleitung zu einer in den §§ 176 bis 176d genannten rechtswidrigen Tat zu dienen, und der dazu bestimmt ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer
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einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der geeignet ist, als Anleitung zu einer in den §§ 176 bis 176d genannten rechtswidrigen Tat zu dienen, verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
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öffentlich oder in einer Versammlung zu einer in den §§ 176 bis 176d genannten rechtswidrigen Tat eine Anleitung gibt,
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um die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen.
(3) Wer einen in Absatz 1 bezeichneten Inhalt abruft, besitzt, einer anderen Person zugänglich macht oder einer anderen Person den Besitz daran verschafft, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(4) Absatz 3 gilt nicht für Handlungen, die ausschließlich der rechtmäßigen Erfüllung von Folgendem dienen:
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staatlichen Aufgaben,
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Aufgaben, die sich aus Vereinbarungen mit einer zuständigen staatlichen Stelle ergeben, oder
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dienstlichen oder beruflichen Pflichten.
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(5) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 3 bezieht, werden eingezogen. § 74a ist anzuwenden.“
Am 12. Mai 2021 hat die Bundesregierung den Regelungsvorschlag für die Koalitionsfraktionen beschlossen. In der Formulierungshilfe wird nun der Entwurf zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Feindeslisten und der Entwurf zur Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbesserung mit einem Entwurf zur Bekämpfung verhetzender Inhalte zusammengefasst. Neben dem schon vorgesehenen (inhaltsgleichen) § 176e StGB soll ein § 126a StGB – Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten und ein § 192a StGB – Verhetzende Beleidigung in das StGB eingefügt werden.
Die ersten Stellungnahmen finden Sie hier.
Am 24. Juni 2021 nahm der Bundestag den Regierungsentwurf zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Feindeslisten in der Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 19/30943) mit den Stimmen der Fraktionen CSU/CSU und SPD an. Die übrigen Fraktionen stimmten dagegen. Die Fassung des Rechtsausschusses enthält neben der Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Feindeslisten auch die Einführung des § 176e StGB sowie die Einführung eines § 192a StGB – Verhetzende Beleidigung.
Am 25. Juni 2021 passierte der Regierungsentwurf bereits den Bundesrat. Das Gesetz zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen sogenannte Feindeslisten, Strafbarkeit der Verbreitung und des Besitzes von Anleitungen zu sexuellem Missbrauch von Kindern und Verbesserung der Bekämpfung verhetzender Inhalte sowie Bekämpfung von Propagandamitteln und Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (BGBl. I 2021, S. 4250 ff.) wurde am 21. September im Bundesgesetzblatt verkündet. Es tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.