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KriPoZ-RR, Beitrag 54/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 28.05.2020 – 3 StR 99/19: Abgrenzung Sach- / Verfahrensrüge bei der Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung

Leitsatz der Redaktion:

Die Entscheidung des Tatgerichts über eine Kompensation wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung nach der Vollstreckungslösung kann im Revisionsverfahren entweder mit der Sach- oder der Verfahrensrüge anzufechten sein.

Die Statthaftigkeit der Rüge richtet sich nach der Stufe der Kompensationsentscheidung auf der der Revisionsführer einen Rechtsfehler annimmt.

Sachverhalt:

Das LG Düsseldorf hat die Angeklagten wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit gemeinschaftlicher Freiheitsberaubung und zwei Angeklagte darüber hinaus wegen Raubes verurteilt und sich daran gehindert gesehen eine Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung zu treffen, da eine Verzögerungsrüge nicht erhoben worden war.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatten die Angeklagten dem Nebenkläger aufgrund persönlicher Streitigkeiten aufgelauert, ihn festgehalten sowie verprügelt und in einem Auto gegen seinen Willen abtransportiert. Dabei hatten sich zwei Angeklagte spontan die Geldbörse des Opfers an sich genommen.

Entscheidung des BGH:

Der BGH bestätigte die Schuldsprüche, stellte jedoch klar, dass der verwirklichte Raub mit den anderen Delikten in Tateinheit verwirklicht worden sei.

Daneben führte der Senat aus, dass die unterlassene Kompensationsentscheidung des Tatgerichts mit der Sachrüge erfolgreich angefochten werden könne.

Zwar sei für die Rüge einer unterlassenen Kompensationsentscheidung im Wege der Vollstreckungslösung grundsätzlich eine Verfahrensrüge zu erheben, allerdings gäbe es Ausnahmen, wenn sich entweder die Voraussetzungen der Verzögerung aus den Urteilsgründen ergäben oder andere Umstände dort beschrieben seien, die das Tatgericht zu einer solchen Entscheidung hätten drängen müssen (Erörterungsmangel).

Maßgebliches Unterscheidungskriterium zwischen der Sach- und Verfahrensrüge sei, ob der Beschwerdeführer eine Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren, also eine Norm die bestimme auf welchem Weg der Richter zur Urteilsfindung berufen und gelangt sei, oder einer anderen Rechtsnorm rüge. Dies sei eine Frage des Einzelfalls. Demnach könne auch die Rüge einer Kompensationsentscheidung wegen rechtsstaatswidriger Verfahrensverzögerung in den Anwendungsbereich des einen oder anderen Rechtsbehelfs fallen.

Entscheidend sei letztlich, auf welcher Stufe der Kompensationsentscheidung ein Rechtsfehler angegriffen werden solle. Auf der ersten Stufe, habe das Tatgericht zu ermitteln, wie sich Art und Ausmaß der Verzögerung und deren Ursachen darstellten. Fehler in diesem Schritt seien mit der Verfahrensrüge anzufechten. Auf der zweiten Stufe prüfe das Gericht, ob die festgestellten Umstände eine Kompensation nötig machten und bejahendenfalls in welcher Höhe. Diese Subsumtion unter die einschlägigen Normen, könne mit der Sachrüge angegriffen werden, so der BGH.

Die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Kompensation sei darüber hinaus von Amts wegen zu treffen und nicht von der Erhebung einer Verzögerungsrüge durch den Angeklagten abhängig, da die Kompensation nach der Vollstreckungslösung eine Wiedergutmachung nach § 199 Abs. 3 Satz 1 GVG i.V.m. § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG darstelle und gerade keine Entschädigung, welche gem. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG eine Verzögerungsrüge erfordern würde.

 

 

 

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