von Wiss. Mit. Rosa-Lena Lauterbach
Abstract
Am 6. Juni 2024 hat der Ermittlungsrichter am BGH Haftbefehl[1] gegen fünf Tatverdächtige erlassen, die im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs Gräueltaten an der dortigen Zivilbevölkerung verübt haben sollen. Allein eine Chance könnte hier vertan worden sein: Der Haftbefehl enthält keinen Vorwurf des Aushungerns der Zivilbevölkerung als Kriegsverbrechen, obwohl der Generalbundesanwalt beim BGH in seiner Sachverhaltsdarstellung ausdrücklich Umstände aufgreift, die diesen Verdacht begründen könnten. Dieser Beitrag wird dieser Lücke im Haftbefehl nachgehen und näher auf das Kriegsverbrechen des Aushungerns der Zivilbevölkerung nach § 11 Abs. 1 Nr. 5 des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) eingehen. Im Gegensatz zu dem entsprechenden Tatbestand des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs führt § 11 Abs. 1 Nr. 5 VStGB bislang ein nicht hinreichend beachtetes Dasein.
On June 6, 2024, the investigating judge at the German Federal Court of Justice issued arrest warrants for five suspects alleged to have committed war crimes and crimes against humanity in the context of the Syrian civil war. With these warrants, German law enforcement seized yet another opportunity to hold perpetrators of atrocities committed in the context of this armed conflict accountable. Germany has generally been at the forefront of worldwide domestic efforts to combat impunity for international crimes; this is particularly noteworthy when it comes to the situation in Syria. Yet, one unique opportunity to close an existing gap in the international prosecution of war crimes committed against Syrian civilians may have been missed: The arrest warrants do not include a charge of the war crime of starving civilians as a method of warfare, even though the evidence indicated in an according press release issued by the Federal Prosecutors’ Office suggests that four of the five defendants may also have committed this war crime. As this article outlines, this is particularly pitiful, seeing as Germany would have been in a singular position to prosecute the war crime of starving civilians in the Syrian context.
I. Einleitung
Deutschland befindet sich im internationalen Vergleich unter denjenigen Staaten, die eine hervorgehobene Rolle in der nationalen Verfolgung von Völkerstraftaten einnehmen.[2] Dies tritt deutlich anhand der Verfahren zu Verbrechen im Kontext des syrischen Bürgerkriegs zutage, die bis dato mehrheitlich[3] in deutschen Gerichtssälen verhandelt werden. Neben den aufsehenerregenden laufenden Verfahren vor dem OLG Frankfurt[4] und OLG Koblenz[5] bahnt sich mit den Ermittlungen gegen Jihad A., Mahmoud A., Sameer S., Wael S. sowie Mazhar J. eine weitere Gelegenheit an, die deutsche Rechtsprechung zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auszubauen. Möglicherweise hätte sich der deutschen Justiz hier jedoch eine besondere, beinahe einmalige Gelegenheit geboten, zur Klärung wichtiger Fragen des humanitären Völkerrechts beizutragen und zugleich das flächendeckende[6] Aushungern der syrischen Zivilbevölkerung zu ahnden. Während Art. 8 Abs. 2 (b) (xxv) des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs (RS) im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt zwischen Israel und der Hamas international hohes Aufsehen erregt hat,[7] ist eine Debatte um sein deutsches Pendant bis dato ausgeblieben. Das ist bedauernswert, da sich die komplexen Probleme zur Auslegung dieses Völkerstraftatbestands vom internationalen in das nationale Recht durchziehen.
Um die mehrschichtigen Problemkreise nachzuzeichnen, wird dieser Beitrag anhand des von der Bundesanwaltschaft angedeuteten Sachverhalts (II) zuerst die internationale Fassung der Verfolgung dieses Kriegsverbrechens und dann die nationale Umsetzung im Völkerstrafgesetzbuch (III, IV) beleuchten, um dann zum Kern der Wirrungen vorzudringen: Dem Aushungern der Zivilbevölkerung als nach dem Konfliktvölkerrecht verbotene Methode der Kampfführung (V).
I. Zum Tatsächlichen: Der Haftbefehl
Am 3. Juli 2024 sind insgesamt fünf Tatverdächtige festgenommen worden, denen vorgeworfen wird, im Rahmen des syrischen Bürgerkriegs zwischen 2011 und 2014 Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Ihnen wird zur Last gelegt, als Mitglieder der bewaffneten Miliz „Free Palestine Movement“ (FPM) etwa an der gewaltsamen Niederschlagung einer friedlichen Demonstration mitgewirkt und mehrfach Zivilisten bedroht, körperlich misshandelt oder gefoltert zu haben. Insoweit steht eine ganze Reihe von Völkerstraftaten im Raum:
- Tötung und versuchte Tötung von Zivilisten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (§ 7 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB, §§ 22, 23 Strafgesetzbuch (StGB)),
- Folter (§ 7 Abs. 1 Nr. 5, § 8 Abs. 1 Nr. 3 VStGB),
- Freiheitsberaubung (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 VStGB),
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Form der Freiheitsberaubung mit Todesfolge (§ 7 Abs. 1 Nr. 9, Abs. 3 VStGB) und
- Kriegsverbrechen gegen Eigentum (§ 9 Abs. 1 VStGB).
Die Tatvorwürfe knüpfen in weiten Teilen an die in der Pressemitteilung wiedergegebenen tatsächlichen Anhaltspunkte an. Allein ein tatsächlich folgenschwerer Umstand bleibt in strafrechtlicher Hinsicht folgenlos, nämlich die vollständige Abriegelung des damaszenischen Stadtteils Al Yarmouk, durchgeführt (mitunter) durch die FPM. So heißt es in der Pressemitteilung:
„Jihad A., Mahmoud A., Sameer S. und Wael S. gehörten spätestens ab dem Frühjahr 2011 in Syrien der bewaffneten Miliz „Free Palestine Movement“ (FPM) an. Die Miliz übte seinerzeit im Auftrag des syrischen Regimes die Kontrolle über Al Yarmouk aus. Dieses Stadtviertel in Damaskus war aus einem palästinensischen Flüchtlingslager entstanden und überwiegend von Palästinensern bewohnt. Ab Juli 2013 riegelte das syrische Regime Al Yarmouk vollständig ab. In der Folge kam es unter den Bewohnern zu einem Mangel an Nahrung, Wasser und medizinischer Versorgung.“[8]
Diese Darstellung begründet die Vermutung, dass sich vier der fünf Tatverdächtigen am Kriegsverbrechen des Aushungerns der Zivilbevölkerung beteiligt haben könnten. Wie die Bundesanwaltschaft ausführt, sollen sich mehrere der ihnen vorgeworfenen Taten an Checkpoints zugetragen haben, „welche die FPM und andere regimetreue Milizen zum Betreten oder Verlassen des Stadtviertels eingerichtet hatten.“ Wenn die Tatverdächtigen (unter anderem) an diesen Checkpoints eingesetzt und nicht rein zufällig zugegen waren, waren sie zugleich Teil der Belagerungsoperation, die die FPM zur Unterstützung des syrischen Regimes durchführte. Ist das Aushungern das beabsichtigte Ziel einer Belagerungsstrategie, nutzt der Kommandoinhaber seine Kontrolle über bestehende Ein- und Ausgänge in besonders restriktiver Weise, um dadurch größtmögliche Entbehrungen bei den eingeschlossenen Personen hervorzurufen.[9] So wird eine Belagerungstaktik, die darauf ausgerichtet ist, Personen innerhalb eines Gebiets von der lebensnotwendigen Versorgung abzuschneiden, ganz zentral über die Kontrolle an Ein- und Ausgängen (lies: Checkpoints) durchgesetzt. Nach den Feststellungen der Bundesanwaltschaft scheint dies auch in Al Yarmouk der Fall gewesen zu sein. Wenn Mahmoud A., Mazhar J., Sameer S. und Wael S. an den Checkpoints im Einsatz waren, waren sie somit selbst Bestandteil dieser aushungernden Operation. Es schiene hier also zumindest plausibel, wenn der Haftbefehl einen entsprechenden Tatvorwurf beinhalten würde. Die Grundlage zur Verfolgung bietet § 11 Abs. 1 Nr. 5 VStGB:
„Wer im Zusammenhang mit einem internationalen oder nichtinternationalen bewaffneten Konflikt das Aushungern von Zivilpersonen als Methode der Kriegsführung einsetzt, indem er ihnen die für sie lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält oder Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft.“
Dies wirft die Frage auf, ob und wenn ja, weshalb sich die Bundesanwaltschaft gegen eine Strafverfolgung aufgrund des Tatbestands des Aushungerns der Zivilbevölkerung entschieden haben könnte. Drei Antworten kommen in Betracht: Die Bundesanwaltschaft hält eine Verurteilung aufgrund dieses Kriegsverbrechens für unwahrscheinlich, da die nötige (völkergewohnheitsrechtliche) Grundlage für eine Verurteilung auf wackligen Beinen steht, die Tatverdächtigen erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen nicht (nachweislich) in ihrer Person oder dieser Straftatbestand wurde schlichtweg übersehen. Die vollständigen Ermittlungsergebnisse der Bundesanwaltschaft sind natürlich nicht öffentlich, womit sich diese Frage nicht eindeutig beantworten lässt.
Da das Kriegsverbrechen des Aushungerns der Zivilbevölkerung jedoch alles andere als unumstritten ist, wäre es nachvollziehbar, wenn sich die Bundesanwaltschaft hier zur Schonung öffentlicher Ressourcen bewusst gegen dessen Verfolgung entschieden hätte (hierzu § 170 Abs. 2 S. 1 StPO). Denn es stehen weitere, (leichter) nachweisbare Völkerstraftaten im Raum, die zudem eine höhere Strafandrohung als § 11 Abs. 1 VStGB beinhalten (so etwa § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB, der die lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht). Auf Täterseite würde sich eine Verurteilung auf Grundlage des Verbrechens des Aushungerns der Zivilbevölkerung daher nicht auswirken. In solchen Fällen sieht auch § 154a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StPO vor, dass „die Verfolgung auf die übrigen Teile der Tat oder die übrigen Gesetzesverletzungen beschränkt werden“ kann, was indes aktenkundig gemacht werden muss (§ 154a Abs. 1 S. 2 StPO).
Ein Vergleich zwischen dem Römischen Statut und dem VStGB zeigt allerdings, dass sich die Verfolgung dieses Kriegsverbrechens in Deutschland womöglich trotz des Aufwands durchaus gelohnt hätte.
III. Aktueller denn je: Aushungern vor dem IStGH
Die Kriegsverbrechen des deutschen VStGB sind grundsätzlich an das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs angelehnt.[10] Aufgrund eines Aushungerns der Zivilbevölkerung macht sich strafbar, wer ihr die lebensnotwendigen Gegenstände vorenthält. Für den internationalen bewaffneten Konflikt wird das Kriegsverbrechen im englischen Original von Art. 8 Abs. 2 (b) (xxv) RS folgendermaßen beschrieben:
“Art. 8 Abs. 2: For the purpose of this Statute, “war crimes” means:
(b): Other serious violations of the laws and customs applicable in international armed conflict, within the established framework of international law, namely, any of the following acts:
(xxv): Intentionally using starvation of civilians as a method of warfare by depriving them of objects indispensable to their survival, including wilfully impeding relief supplies as provided for under the Geneva Conventions”
Eine 2019 von der Schweiz[11] eingebrachte Vertragsänderung[12], die das Aushungern der Zivilbevölkerung auch im Rahmen nicht-internationaler bewaffneter Konflikte unter Strafe stellt (Art. 8 Abs. 2 (e) (xix) RS), ist bis dato von nur 19 Mitgliedstaaten[13] ratifiziert worden.
Dieses Kriegsverbrechen erregte im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt zwischen Israel und der Hamas in den vergangenen Monaten hohes Aufsehen.[14] Der Chefankläger des IStGH, Karim Khan KC, beantragte Haftbefehle gegen Israels amtierenden Premierminister Benjamin Netanjahu und seinen damaligen Verteidigungsminister Yoav Gallant bei der Ersten Vorverfahrenskammer und stützte diese zentral auf diesen Vorwurf (dort wörtlich: „Israel has intentionally and systematically deprived the civilian population in all parts of Gaza of objects indispensable to human survival“).[15] Kommentatoren wie Tom Dannenbaum,[16] und Yousuf Syed Khan[17] haben die Problemlage vor dem IStGH jeweils ausgiebig erörtert. Der Chefankläger sieht in der durch Israel eingesetzten Blockade neben den Prüfmaßnahmen und Zugangshindernissen für humanitäre Hilfslieferungen ausreichende Hinweise darauf, dass dieses Kriegsverbrechen gegen die Zivilbevölkerung des Gazastreifens verwirklicht worden ist. Diesen Verdacht bestätigend, gab die Erste Vorverfahrenskammer den Haftbefehlsanträgen am 21. November 2024 statt.[18]
Obwohl auch einige deutsche Kommentatoren die Haftbefehlsanträge analysiert haben, lag der Schwerpunkt der Auseinandersetzung bisher nicht auf einer tiefschürfenden Erörterung dieses Kriegsverbrechens oder seinem Ursprung im humanitären Völkerrecht, sondern bei – nicht zu vernachlässigenden – Zulässigkeitsfragen.[19] Dabei gäbe es allen Grund, hierzulande besonderes Augenmerk auf diesen Straftatbestand zu legen.
IV. Weltrechtspflege in Deutschland: § 11 Abs. 1 Nr. 5 VStGB im Unterschied zum Rom-Statut
Ein entsprechendes Verfahren gegen Mahmoud A., Mazhar J., Sameer S. und Wael S. böte insoweit deutlich mehr als die Chance, die fachliche Diskussion in Deutschland zu vertiefen und so geneigte Wissenschaftler zu erfreuen. Analysen zum Gesamtkonflikt in Syrien haben ergeben, dass Taktiken mit aushungernder Wirkung dort systematisch gegen Zivilisten angewandt worden sind und zu großem Leid innerhalb der Bevölkerung führten.[20] In Anbetracht dessen erscheint die bislang ausbleibende Verfolgung des Kriegsverbrechens des Aushungerns der syrischen Zivilbevölkerung als empfindliches Desiderat.
Im Gegensatz zur „Situation Palästina“ werden Kriegsverbrechen an der syrischen Zivilbevölkerung nämlich derzeit nicht vor dem IStGHverfolgt. Übertragen auf diesen Konflikt ergeben sich gleich mehrere Zugangshürden. Zum einen ist der IStGH nicht zuständig, da Syrien kein Mitglied des Römischen Statuts ist (Art. 12 Abs. 1 RS) und eine Überweisung durch den Sicherheitsrat (Art. 13 Abs. 1 b) RS) in dieser Sache unwahrscheinlich bleibt.[21] Zum anderen wäre auch im Falle der Überweisung durch einen Vertragsstaat, in dem ein Teil des Tatbestandsverwirklicht wird (Art. 14 Abs. 1 RS),[22] keine Gerichtsbarkeit aufgrund des Aushungerns der Zivilbevölkerung als Kriegsverbrechen gegeben. Diese Möglichkeit wird im Zusammenhang mit Jordanien diskutiert, da der Staat an Syrien angrenzt, viele geflüchtete Opfer des Konfliktgeschehens aufgenommen hat und Mitgliedsstaat des Römischen Statuts ist.[23] Allerdings wäre bereits fragwürdig, ob sich das Aushungern der Zivilbevölkerung als grenzübergreifendes Delikt konstruieren lässt, in dem zumindest ein Tatbestandsmerkmal auf dem Boden des Vertragsstaats verwirklicht wird.[24] Zudem handelte es sich bei dem Bürgerkrieg in Syrien um einen nicht-internationalen bewaffneten Konflikt,[25] womit die Überweisung wohl von einem der 19 Staaten kommen müsste, die die oben angeführte Vertragsanpassung von 2019 angenommen haben (arg. ex Art. 121 Abs. 5 RS). Jordanien gehört nicht zu dieser Gruppe.[26]
Hier eröffnet sich der besondere Vorteil der Verfolgung dieses Kriegsverbrechens durch deutsche Strafverfolgungsbehörden. Das VStGB greift bereits seit seinem Inkrafttreten weitgehend gleichermaßen bei Kriegsverbrechen in internationalen wie nicht-internationalen bewaffneten Konflikten.[27] Insoweit geht die deutsche Pönalisierung über die des Römischen Statuts hinaus.[28] Der Gesetzgeber ging zu Erlass des VStGB nämlich davon aus, dass die Rechtsprechung der internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda eine Tendenz zur Gleichbehandlung internationaler und nichtinternationaler bewaffneter Konflikte bestätigte.[29]
Auf Grundlage des Weltrechtsprinzips können deutsche Strafverfolgungsbehörden daher im Interesse der internationalen Gemeinschaft dort Straftaten verfolgen, wo der Zugang zum IStGH versperrt bleibt. So ergingen bereits mehrere Urteile wegen Kriegsverbrechen im syrischen Kontext, die sonst vermutlich ungesühnt geblieben wären.[30]
Da es sich um ein Allgemeindelikt handelt, ist darüber hinaus nicht nur der jeweilige Befehlshaber strafbar, der das Aushungern der Zivilbevölkerung anordnet.[31] Auch, wenn die Tatverdächtigen Mahmoud A., Mazhar J., Sameer S. und Wael S. hier also selbst keine Befehlshoheit innegehabt hätten, kämen sie als Täter in Betracht. Formell könnte die Bundesanwaltschaft somit zur Verfolgung des Aushungerns der Zivilbevölkerung als Kriegsverbrechen vorgehen und so darauf hinwirken, die bestehende Strafbarkeitslücke im syrischen Kontext zu schließen. Die Verfolgung dieses Kriegsverbrechens könnte im Übrigen auch im Wege einer präjudiziellen Entscheidung der Bundesanwaltschaft zur Fortentwicklung der Staatenpraxis auf internationaler Ebene beitragen.[32] All dies zeigt, welch besondere Bedeutung ein deutsches Verfahren zur Ahndung des Aushungerns der syrischen Zivilbevölkerung entfalten könnte.
Die dargestellten gewichtigen Argumente zugunsten der Verfolgung aufgrund des Aushungerns der Zivilbevölkerung lassen es wenig nachvollziehbar erscheinen, dass die Bundesanwaltschaft hier nicht auch auf dieser Grundlage ermittelt. Bezüglich des materiellen Tatbestands teilen das Römische Statut und das VStGB jedoch ein entscheidendes Problem, das hier womöglich von der Verfolgung abgehalten hat. Zur Begehung kommt es nämlich auf eine beabsichtigte Überschreitung des konfliktvölkerrechtlich Zulässigen an. Ein Kriegsverbrechen kann nur dort begangen werden, wo das nach (gewohnheitsrechtlich anerkannten) konfliktvölkerrechtlichen Vorschriften erlaubte Maß an Gewalt überschritten wird.[33] Wo diese Grenze hinsichtlich aushungernder Praktiken liegt, die nicht durch direkte Angriffe auf lebensnotwendige Gegenstände, sondern durch Zugangsbeschränkungen umgesetzt werden, ist hochumstritten. Es verwundert daher nicht, dass Experten wie Emanuela-Chiara Gillard und Geoffrey Corn die Haftbefehlsanträge des Chefanklägers Karim Khan KC gegen Netanjahu und Gallant für alles andere als niedrig hängende Früchte hielten.[34]
V. Zur Wurzel des Problems: Aushungern im humanitären Völkerrecht
Der Streit im Konfliktvölkerrecht entzündet sich am im internationalen bewaffneten Konflikt geltenden Artikel 54 des Ersten Zusatzprotokolls vom 6. Juni 1977 (ZP I). Wenngleich unklar ist, inwieweit dieser Artikel zur Auslegung der völkerstrafrechtlichen Norm herangezogen werden kann,[35] wird die darin enthaltene Grundregel des Konfliktvölkerrechts derart uneinheitlich interpretiert, dass sich dies unweigerlich auch auf völkerstrafrechtlicher Ebene niederschlägt. Dessen erste drei Absätze lauten im englischen Original folgendermaßen:
“Article 54 – Protection of objects indispensable to the survival of the civilian population
- Starvation of civilians as a method of warfare is prohibited.
- It is prohibited to attack, destroy, remove or render useless objects indispensable to the survival of the civilian population, such as foodstuffs, agricultural areas for the production of foodstuffs, crops, livestock, drinking water installations and supplies and irrigation works, for the specific purpose of denying them for their sustenance value to the civilian population or to the adverse Party, whatever the motive, whether in order to starve out civilians, to cause them to move away, or for any other motive.
- The prohibitions in paragraph 2 shall not apply to such of the objects covered by it as are used by an adverse Party:
(a) as sustenance solely for the members of its armed forces; or
(b) if not as sustenance, then in direct support of military action, provided, however, that in no event shall actions against these objects be taken which may be expected to leave the civilian population with such inadequate food or water as to cause its starvation or force its movement.“
Dieser Wortlaut bereitete im Verlauf der Vertragsverhandlungen zum Ersten Zusatzprotokoll offenbar solche Schwierigkeiten, dass der Berichterstatter der Dritten Arbeitsgruppe dem Komittee zur Vorbereitung des Entwurfsprotokolls „mehr Glück“ auf der Suche nach einer besseren Formulierung wünschte (so wortwörtlich: „The Rapporteur hopes the drafting Committee will have better luck“).[36] Hier können nicht alle Konfliktpunkte im Zusammenhang mit der Vorschrift vertieft behandelt werden. Die Grundzüge des Streits seien aber im Folgenden kurz erläutert:
Während das Aushungern der Zivilbevölkerung durch Art. 54 Abs. 1 ZP I als Methode der Kampfführung verboten ist, gilt das Aushungern von Kombattanten nach dem Konfliktvölkerrecht als erlaubt.[37] Dies führt dann zu Spannungen, wenn sich Kämpfer und Zivilpersonen gleichzeitig in einem belagerten Gebiet aufhalten. So fragt sich, ob eine Belagerungstaktik rechtmäßig sein kann, die zum Zweck des Aushungerns von Kombattanten auch Zivilpersonen in Mitleidenschaft zieht.
Teilweise wird das Verbot eng interpretiert, sodass nur das gezielte Aushungern der Zivilbevölkerung erfasst ist.[38] Kommt es der aushungernden Konfliktpartei dagegen gerade darauf an, die in der Zivilbevölkerung eingebetteten Kämpfer auszuhungern, ist das Verbot nach dieser Interpretationslinie nicht verletzt. Dies wird insbesondere mit dem Wortlaut des Ersten Absatzes von Art. 54 ZP I begründet, der ‚starvation of civilians as a method of warfare‘ verbietet.[39] Aus dieser Formulierung wird abgeleitet, dass es der Konfliktpartei darauf ankommen muss, das Leid in der Zivilbevölkerung für die eigenen militärischen Zwecke – as a method of warfare – zu nutzen. Dieser Interpretationsart scheint ein nicht unerheblicher Teil der Staatengemeinschaft ausweislich ihrer Militärhandbücher zu folgen (beispielhaft Schweden, Vereinigtes Königreich, USA).[40]
Andere gehen von einem weiten Verbot aus.[41] Vertreter dieser Strömung halten den Wortlaut des ersten Absatzes von Art. 54 ZP I für uneindeutig und ziehen stattdessen die nach ihrer Ansicht klarer formulierten Folgeabsätze 2 und 3 heran. Abs. 2 legt fest, dass Angriffe auf lebensnotwendige Objekte verboten sind, um sie wegen ihrer Bedeutung für den Lebensunterhalt der Zivilbevölkerung oder der gegnerischen Partei vorzuenthalten. Diese Verbotsregel gilt somit auch dann, wenn Angriffe auf lebensnotwendige Objekte zu einem militärischen Vorteil, etwa zur Schwächung des Gegners durchgeführt werden. In diesem Absatz ist dieser Lesart entsprechend verankert, dass die Motivlage des betreffenden Angriffs unerheblich ist. Angriffe auf lebensnotwendige Objekte seien stets verboten, „gleichviel ob Zivilpersonen ausgehungert oder zum Fortziehen veranlasst werden sollen oder ob andere Gründe maßgebend sind.“[42] Darüber hinaus werden auch die im dritten Absatz von Art. 54 ZP I festgelegten Ausnahmen zu Abs. 2 zur Begründung dieser Sichtweise herangezogen, da sie ausnahmsweise erlaubte Angriffe auf lebensnotwendige Gegenstände der Streitkräfte verbieten, wenn andernfalls zu befürchten steht, dass die Zivilbevölkerung infolgedessen unterversorgt zurückbliebe. Demnach sind also nicht nur solche Angriffe verboten, die die Zivilbevölkerung aushungern sollen, sondern auch solche, die die Zivilbevölkerung absehbar aushungern werden, da ihr gemeinsam mit den betroffenen Streitkräften die Lebensgrundlage entzogen wird. Daraus wird abgeleitet, dass das etwaige Motiv stets unerheblich sein muss. Das Verbot des Aushungerns der Zivilbevölkerung gelte gleichermaßen für Belagerungen und Angriffe gegen lebensnotwendige Objekte. Vertreter dieser Ansicht führen an, dass es normativ nicht zu begründen sei, das in Art. 54 ZP I im inneren Zusammenhang formulierte Verbot fragmentarisch zu betrachten. Stattdessen wird argumentiert, dass auch die Einbeziehung der Kampfführungsregeln zu einem weiten Verbot führen müsse, da nur so dem Unterscheidungsgebot und dem Exzessverbot Rechnung getragen werde.[43] Zuletzt mache es keinen Unterschied, ob der Zivilbevölkerung die Lebensgrundlage durch Abriegeln oder durch Angriffe auf ihre lebensnotwendigen Versorgungsgüter entzogen wird. Der erzielte Effekt bleibe derselbe; wie es Pablo Arrocha Olabuenaga im Zusammenhang mit den Feindseligkeiten im Gazastreifen ausdrückt: „Starvation is starvation is starvation“.[44]
Diese offenen Auslegungsfragen haben großen Einfluss auf das, was völkerstrafrechtlich als Kriegsverbrechen des Aushungerns der Zivilbevölkerung verfolgt werden kann. Wie schon oben erwähnt, „lösen nicht alle Kriegshandlungen, die nach dem humanitären Völkerrecht verboten sind, zugleich eine Strafbarkeit nach dem Völkerstrafgesetzbuch aus, da sich nicht für alle völkerrechtlichen Verbote auch eine Strafbewehrung auf Völkergewohnheitsrecht stützen lässt“.[45] So dürfte auch der IStGH derzeit zentral mit der Frage befasst sein, wie das Verbot völkergewohnheitsrechtlich zu interpretieren ist und ob es sich auswirkt, dass die Belagerung des Gazastreifens nach israelischen Angaben das Ziel der Schwächung von Hamas-Kämpfern verfolgte.[46]
Hinzukommt außerdem, dass es Unklarheiten im Zusammenhang mit der Zustimmung zu humanitären Hilfslieferungen gibt. Das Verbot des Aushungerns der Zivilbevölkerung ist in den Zusatzprotokollen zwar durch eine Verpflichtung zur Zulassung lebensnotwendiger Hilfsgüter zugunsten der Zivilbevölkerung flankiert. Allerdings ist auch diese Vertragsgrundlage schwammig; so bleibt es den betroffenen Parteien nach dem Wortlaut der einschlägigen Vorschrift vorbehalten, die Zustimmung zu humanitären Hilfslieferungen abzulehnen. Dazu heißt es in Art. 70 Abs. 1 ZP I:
„If the civilian population of any territory under the control of a Party to the conflict, other than occupied territory, is not adequately provided with the supplies mentioned in Article 69, relief actions which are humanitarian and impartial in character and conducted without any adverse distinction shall be undertaken, subject to the agreement of the Parties concerned in such relief actions.“
Dem Wortlaut der Formulierung nach zu urteilen, bleibt es den betroffenen Parteien („Parties concerned“) frei überlassen, Lieferungen notwendiger Hilfsgüter nicht zuzustimmen. Dagegen hat sich inzwischen zwar weithin durchgesetzt, dass die Zustimmung nicht willkürlich verweigert werden darf.[47] Gegen diese Willkürbegrenzung wird jedoch teilweise eingewandt, dass sie einer rechtlichen (nicht nur ausdrücklich vertraglichen) Grundlage entbehre. Einige Kommentatoren befürworten daher stattdessen einen weiten staatlichen Ermessensspielraum.[48] In diese Richtung wird argumentiert, die Vertragsstaaten seien bei Abschluss der Zusatzprotokolle nur bereit gewesen, den limitierten Begünstigtenkreis des Vierten Genfer Abkommens von 1949 (siehe insbesondere Artikel 23 und Artikel 55) zu erweitern, wenn die weitreichende Entscheidungsprärogative der Staaten zur Ablehnung von Hilfsmaßnahmen aus militärischen Gründen erhalten bliebe. Fortan sollte somit zwar die gesamte Zivilbevölkerung von humanitärer Hilfe profitieren können, dies jedoch nicht um den Preis der Einschränkung militärischer Erwägungen der Vertragsstaaten.
Kann eine Konfliktpartei die Verweigerung ihrer Zustimmung zu humanitären Hilfslieferungen also mit nachvollziehbaren militärischen Gründen untermauern, ist der Vorwurf des Aushungerns in solchen Konstellationen insgesamt schwer zu begründen.[49] Dies gilt auch dann, wenn (nachvollziehbar) davon ausgegangen wird, dass die Willkürgrenze inzwischen allgemein anerkannt ist.
All die oben angesprochenen Auslegungsschwierigkeiten gelten zudem in erster Linie hinsichtlich internationaler bewaffneter Konflikte, da sie aus dem dafür geltenden ZP I abgeleitet werden. Wie es im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt beziehungsweise nach dem Völkergewohnheitsrecht aussieht, ist noch wesentlich unklarer. Insoweit sei hier betont, dass das im nicht-internationalen bewaffneten Konflikt geltende Zweite Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen vom 6. Juni 1977 (in das wesentliche Inhalte des ZP I zum Aushungern übertragen wurden) nicht von Syrien ratifiziert worden ist.[50] Es käme in einem etwaigen Verfahren gegen syrische Kriegsverbrecher also maßgeblich auf das Völkergewohnheitsrecht an.
Die 2005 erschienene Völkergewohnheitsrechtsstudie des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) hat zu den oben erläuterten Problemkomplexen zweierlei festgestellt.[51] Erstens wird anerkannt, dass das Verbot des Aushungerns der Zivilbevölkerung als Methode der Konfliktführung jedenfalls Belagerungen erfasst, die gezielt gegen Zivilpersonen gerichtet sind.[52] Zweitens sieht es die Studie als völkergewohnheitsrechtlich bestätigt an, dass die Verweigerung des Zugangs humanitärer Hilfslieferungen zu belagerten Gebieten auf triftigen militärischen Gründen fußen muss und dort ihre Grenze findet, wo die Zivilbevölkerung ansonsten tatsächlich auszuhungern droht.[53] Ob die Verweigerung von Hilfe willkürlich ist, hängt also zumindest nach Ansicht des IKRK von den konkreten Umständen ab und muss von Fall zu Fall entschieden werden. In extremen Situationen, in denen das Ausbleiben der Hilfe auf eine Hungersnot hinauslaufen würde, können nach dem IKRK keine Gründe für eine rechtmäßige Ablehnung angeführt werden. Lehnt eine Konfliktpartei dennoch die Zustimmung zu humanitären Hilfslieferungen ab, verstößt sie gegen das Verbot des Aushungerns der Zivilbevölkerung. All dies veranlasst das IKRK inzwischen dazu, insgesamt von strengen Grenzen hinsichtlich der Belagerung als Methode der Kampfführung auszugehen: „Sieges may only be directed exclusively against the enemy’s armed forces.“[54]
Es bestehen jedenfalls gute Gründe dafür, hohe rechtliche Anforderungen an Belagerungsoperationen zu stellen, von denen eine Zivilbevölkerung mitbetroffen ist. Zeitgleich können es dynamische Konfliktsituationen in urbanen Gebieten unmöglich machen, dem stets Folge zu leisten. Hier ergibt sich ein letztes wichtiges konfliktvölkerrechtliches Spannungsfeld, das zugleich den Bogen zur völkerstrafrechtlichen Verfolgung des Kriegsverbrechens spannt. Wie oben angeführt, kann der Tatbestand des Aushungerns der Zivilbevölkerung nicht so weit gefasst sein, dass damit konfliktvölkerrechtlich erlaubtes Verhalten sanktioniert wird.[55] Insoweit drohen Art. 8 Abs. 2 (b) (xxv) und Abs. 2 (e) (xix) RS jedoch mit dem Konfliktvölkerrecht zu kollidieren. Diese Straftatbestände gehen im Zusammenhang mit der Verweigerung der Zustimmung zu humanitären Hilfslieferungen nämlich von einer abgeminderten Vorsatzschwelle („wilfully impeding“, s.o.) aus. Hierzu wird kommentiert, dass es nach einem subjektiven Tatbestand solcher Formulierung bereits ausreicht, „wenn der Täter unter leichtfertiger Missachtung des Risikos des Erfolgseintrittes handelt“.[56] Es dürfte also nach dem Wortlaut bereits strafbewehrt sein, Hilfslieferungen aus einem legitimen Verweigerungsgrund abzulehnen, wenn es ansonsten absehbar zu schwerwiegenden Mängeln bei einer betroffenen Zivilbevölkerung kommen könnte. Das ist insbesondere dann problematisch, wenn eine belagerte Konfliktpartei pflichtwidrig ihre Kontrolle über die eingeschlossene Zivilbevölkerung nutzt, um ihr jeden Zugang zu Hilfslieferungen gewaltsam zu verwehren und so den Druck auf die belagernde Konfliktpartei zu erhöhen.[57] Auch in diesem Fall könnte sich die belagernde Konfliktpartei nach dem Römischen Statut strafbar machen, obwohl der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit eher bei der belagerten Partei anzusiedeln wäre. Besonders im Lichte des oben angeführten Ermessensspielraums eines Staates zur Verweigerung der Zustimmung zu Hilfslieferungen aus militärischen Gründen kann ein solches Ergebnis kaum überzeugen. Darüber, wie sich diese Vorsatzanforderung stattdessen sinnvoll interpretieren lässt, hat der IStGH bisher nicht entschieden. In dieser Hinsicht ist bemerkenswert, dass die Erste Vorverfahrenskammer des IStGH den Haftbefehlen gegen Benjamin Netanjahu und Yoav Gallant letztlich mit dem ausdrücklichen Hinweis darauf stattgab, dass es keine militärisch nachvollziehbaren Gründe zur Beschränkung der Zufuhr von notwendigen Hilfsgütern gegeben habe.[58]
Im Rahmen der Verfolgung dieses Kriegsverbrechens in Deutschland ergibt sich dieses Problem indes nicht, da § 11 Abs. 5 VStGB erst dort greift, wo „Hilfslieferungen unter Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht behindert“ werden. Wie dieser Beitrag aufzeigt, spiegelt dieser Halbsatz jedoch die alles entscheidende Kernfrage wider, wann das konfliktvölkerrechtlich zulässige Maß von Isolation und Entbehrung überschritten wird. Bislang gibt es darauf keine eindeutige Antwort.
VI. Eine vertane Chance?
Hätte sich die Bundesanwaltschaft hier zur Verfolgung des Kriegsverbrechens des Aushungerns der Zivilbevölkerung entschieden, wären womöglich gleich zwei Streiche auf einmal gelungen. Erstens hätte der Generalbundesanwalt beim BGH damit zur Klärung der oben aufgezeigten völkerrechtlichen Fragen beitragen und sich so dem Momentum vor dem IStGH anschließen können. Zweitens hätte man ein klares Zeichen gesetzt, auch im Hinblick auf bisher straflos gebliebene Qualen, die der syrischen Zivilbevölkerung durch die aushungernden Praktiken des Regimes zugefügt wurden, darauf hinzuwirken, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden.
Zwar bestehen die oben aufgezeigten Rechtsprobleme. Doch erscheint die Begründung eines dringenden Tatverdachts dessen ungeachtet – nach dem aus der Pressemitteilung hervorgehenden Sachverhalt – keineswegs fernliegend. Sogar unter Anwendung engster Auslegungsmaßstäbe dürften nachvollziehbare (militärische) Gründe kaum infrage kommen, die das Aushungern der Bevölkerung in Al Yarmouk rechtfertigen könnten. Insoweit legen indizienweise auch einvernehmlich beschlossene Sicherheitsratsresolutionen (dies eine Seltenheit) nahe, dass die Verweigerung humanitärer Hilfen zu belagerten syrischen Ortschaften willkürlich und damit rechtswidrig erfolgte.[59] Schließlich könnte sogar ein nicht in Verurteilung mündendes Verfahren national wie international einen Beitrag zur Konkretisierung dieses bislang in der Praxis vernachlässigten und doch so wichtigen Straftatbestands leisten.[60]
Die behördlichen Ressourcen zur Verfolgung von Völkerstraftaten sind begrenzt. Aus ressourcenschonender Perspektive wäre es nachvollziehbar, hätte sich die Bundesanwaltschaft ausschließlich zur Verfolgung solcher Völkerstraftaten entschieden, die sie sicher(er) nachweisen kann. Dennoch bleibt bedauerlich, dass es derzeit nicht danach aussieht, als würde Deutschland eine Vorreiterrolle in der Ausschärfung der konfliktvölkerrechtlichen Grenzen aushungernder Strategien einnehmen. So bleibt nur zu hoffen, dass der deutschen Justiz hier besonders angesichts der beschränkten Gerichtsbarkeit des IStGH keine einmalige Gelegenheit entglitten ist.
[1] Pressemitteilung des Generalbundesanwalts beim BGH v. 3.7.2024; https://www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/Pressemitteilung-vom-03-07-2024.html (zuletzt abgerufen am 2.3.2025)
[2] Zu Deutschlands Vorreiterrolle in der nationalen Durchsetzung des Völkerstrafrechts, Jeßberger, Journal of International Criminal Justice, Volume 2, Issue 4 (2023), 779-792.
[3] Nach einer Entscheidung des Kassationsgerichts in Paris zur Bestätigung des Weltrechtsprinzips ist neben Deutschland, Belgien, Schweden und den Niederlanden auch Frankreich nun dazu in der Lage, vergleichbare Verfahren durchzuführen; Deutsche Welle v. 12.05.2023, https://www.dw.com/de/urteil-französische-justiz-darf-kriegsverbrechen-im-ausland-ahnden/a-65607902 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025). Ein erstes Urteil zur Beihilfe zu Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit erging dort am 25. Mai 2024; Deutschlandfunk v. 26.5.202), https://www.deutschlandfunk.de/drei-syrer-wegen-beihilfe-zu-kriegsverbrechen-in-abwesenheit-verurteilt-102.html (zuletzt abgerufen am 2.3.2025). Eine Übersicht zu allen derzeit laufenden Verfahren im Zusammenhang mit in Syrien begangenen Völkerstraftaten findet sich hier: https://ujim.trialinternational.org/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[4] OLG Frankfurt a.M. 5-3 StE 2/21 – 4 – 2/21; Pressemitteilung Nr. 70/2021 v. 10.11.2021; https://olgko.justiz.rlp.de/presse-aktuelles/detail/prozessauftakt-im-verfahren-wegen-mitgliedschaft-in-der-auslaendischen-terroristischen-vereinigung-islamischer-staat-is-kriegsverbrechen-und-mord (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[5] Pressemitteilung des OLG Koblenz v. 25.3.24; https://olgko.justiz.rlp.de/presse-aktuelles/detail/prozessauftakt-im-verfahren-wegen-mitgliedschaft-in-der-auslaendischen-terroristischen-vereinigung-islamischer-staat-is-kriegsverbrechen-und-mord (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[6] Nach Auswertung der Nichtregierungsorganisation Global Rights Compliance waren 2022 14,6 Millionen Einwohner Syriens auf humanitäre Hilfe infolge der „kneel (surrender) or starve“-Strategie des Regimes angewiesen, hierzu die Webseite „Starvation in Armed Conflict Today: Syria“, abzurufen unter: https://starvationaccountability.org/publications/syria/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[7] Dazu etwa CNN v. 20.5.2024); https://edition.cnn.com/2024/05/20/middleeast/icc-israel-hamas-arrest-warrant-war-crimes-intl/index.html (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); zur rechtlichen Einordnung beispielhaft Douglas Guilfoyle, Articles of War v. 2.5.2024; https://lieber.westpoint.edu/what-happens-icc-issues-warrants-senior-hamas-israeli-leaders/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025), Tom Dannenbaum, Just Security v. 20.5.2024; https://www.justsecurity.org/95864/international-criminal-court-arrest-warrants-israel-hamas/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[8] Pressemitteilung des Generalbundesanwalts beim BGH v. 3.7.2024; https://www.generalbundesanwalt.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/Pressemitteilung-vom-03-07-2024.html (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[9] Zur Logik von Belagerungen aus militärischer Sicht schreibt Amos Fox, Major der U.S. Army: „Sieges are a game of dominance. The side that can obtain dominance and maintain it over time while exacting a disproportionate toll on an adversary’s sustainment network is likely to win.“ Fox, The RUSI Journal, Vol. 122, Nr. 2 (2021), 18-28 (27).
[10] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8524, S. 12.
[11] Protokoll der achtzehnten Sitzung der Mitgliedstaaten des IStGH Dok. ICC-ASP/18/32.
[12] Der Wortlaut der Vertragsänderung für nicht-internationale bewaffnete Konflikte weicht leicht von dem des Art. Abs. 2 (b) (xxv) ab, da sich Hilfslieferungen hier nicht auf die Genfer Abkommen stützen lassen. Dort heißt es: „Intentionally using starvation of civilians as a method of warfare by depriving them of objects indispensable to their survival,including willfully impeding relief supplies“ (Hervorhebung durch die Verfasserin); Amendment to article 8 of the Rome Statute of the International Criminal Court (Intentionally using starvation of civilians), Resolution ICC-ASP/18/Res.5 v. 3.12.2019; https://ihl-databases.icrc.org/en/ihl-treaties/icc-statute-amendment-art8-starvation-2019?activeTab= (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[13] Darunter Andorra, Belgien, Kroatien, Zypern, Estland, Deutschland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, die Niederlande, Dänemark, Neuseeland, Norwegen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Schweiz, die Ukraine und Uruguay, siehe Übersicht der United Nations Treaty Collection (Stand: 28.11.2024); https://treaties.un.org/pages/ViewDetails.aspx?src=TRATY&mtdsg_no=XVIII-10g&chapter=18&clang=_en (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[14] S.o., Fn. 7; zusätzlich gingen auch bereits frühere Berichte in diese Richtung, etwa von Human Rights Watch v. 18.12.2023, https://www.hrw.org/news/2023/12/18/israel-starvation-used-weapon-war-gaza (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); BBC v. 28.3.2024, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-68679482 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); Alana Mitias/Yousuf Syed Khan, Atlantic Council v. 16.7.2024), https://www.atlanticcouncil.org/blogs/new-atlanticist/israeli-officials-are-accused-of-weaponizing-starvation-in-gaza-heres-what-you-need-to-know/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[15] Pressemitteilung des Chefanklägers Karim Khan KC zu den Haftbefehlsanträgen im Palästina-Verfahren gegen Yahya Sinwar, Mohammed Diab Ibrahim Al-Masri (Deif), Ismail Haniyeh, Benjamin Netanyahu und Yoav Gallant v. 20.5.2024; https://www.icc-cpi.int/news/statement-icc-prosecutor-karim-aa-khan-kc-applications-arrest-warrants-situation-state (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[16] Tom Dannenbaum, Just Security v. 11.10.2023; https://www.justsecurity.org/89403/the-siege-of-gaza-and-the-starvation-war-crime/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[17] Yousuf Syed Khan, Just Security v. 31.5.2024); https://www.justsecurity.org/96257/assessing-gaza-starvation/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[18] Pressemitteilung des IStGH v. 21.11.2024; https://www.icc-cpi.int/news/situation-state-palestine-icc-pre-trial-chamber-i-rejects-state-israels-challenges (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[19] Allein zwei Kommentatorinnen gingen etwas vertiefter auf die abgeschnittenen Versorgungswege zum Gazastreifen ein und ordneten dies folgendermaßen ein: „Ebenfalls in allen Arten bewaffneter Konflikte ist das Aushungern einer feindlichen Zivilbevölkerung als Mittel der Kriegsführung (siege warfare) ausdrücklich verboten und nach Art. 8 Abs. 2 b) xxv) Rom-Statut als Kriegsverbrechen geächtet. In der Praxis bedeutet dies, dass eine komplette Abriegelung bzw. eine Belagerung nur gegen ein legitimes militärisches Ziel eingesetzt werden darf. Zivilist:innen dürfen auf keinen Fall Ziel der Belagerung sein, und die Versorgung der Zivilbevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern darf nicht verhindert werden. Der Zugang zu Lebensmitteln darf auch dann nicht verhindert werden, wenn diese auch Kämpfern zukommen könnten. Eine vollständige Abriegelung, welche die Lieferung von Lebensmitteln, Trinkwasser und Medikamenten für Gazas Zivilbevölkerung unmöglich macht, ist, anders als etwa die Verhinderung der Einfuhr von Treibstoff oder der Lieferung von Strom, unter keinen Umständen verhältnismäßig und völkerrechtlich zulässig.“ Siehe Asseburg/Wiese, Verfassungsblog v. 20.10.2023; https://verfassungsblog.de/die-graueltaten-der-hamas-israels-reaktion-und-das-volkerrechtliche-primat-zum-schutz-der-zivilbevolkerung/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); siehe auch Bock, Verfassungsblog v. 21.5.2024); https://verfassungsblog.de/antrage-mit-sprengkraft/; Ambos, Verfassungsblog v. 19.8.2024; https://verfassungsblog.de/amicus-curiae-deutschland-istgh-israel/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[20] S.o., Fn. 6; für eine weitere Kurzübersicht, siehe Rollins, Atlantic Council v. 19.7.2017; https://www.atlanticcouncil.org/blogs/syriasource/palestinian-syrian-militarization-in-yarmouk/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); ausführlicher Hägerdal, Starvation as Siege Tactics: Urban Warfare in Syria. Studies in Conflict & Terrorism, 46 (7), S. 1241–1262; zum systematischen Charakter des Einsatzes aushungernder Belagerungen, siehe auch die Pressemitteilung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen SC/12203 v. 15.1.2016; https://press.un.org/en/2016/sc12203.doc.htm (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[21] Pressemitteilung des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen SC/11407 v. 22.5.2014; https://press.un.org/en/2014/sc11407.doc.htm (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[22] So liegt der Präzedenzfall zur Verfolgung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der muslimischen Minderheit der Rohingya in Myanmar (kein Mitglied des IStGH) durch Bangladesch (Mitglied des IStGH); siehe Situation in the People’s Republic of Bangladesh/Republic of the Union of Myanmar ICC-01/19; https://www.icc-cpi.int/bangladesh-myanmar (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[23] Legal Action Worldwide, Policy Paper #10 v. November 2023; https://www.legalactionworldwide.org/wp-content/uploads/Policy-Brief-10-Syria.pdf (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[24] Situation in the People’s Republic of Bangladesh/Republic of the Union of Myanmar ICC-01/19, Pre-Trial Chamber III, Decision Pursuant to Article 15 of the Rome Statute on the Authorisation of an Investigation v. 14.11.2019, para. 43.
[25] Zu diesem Ergebnis kam für den hier betroffenen Zeitraum Gill, International Law Studies 92 (2016), 354-380 (362 ff.).
[26] S.o., Fn. 13.
[27] Ausnahmen stellen inzwischen lediglich §§ 8 Abs. 3 und 9 Abs. 2 VStGB dar, die ausdrücklich nur im Rahmen des internationalen bewaffneten Konflikts gelten.
[28] Insbesondere zum Aushungern der Zivilbevölkerung als Methode der Kriegsführung wurde bereits vor Inkrafttreten des Römischen Statuts kritisiert, dass solche Handlungen nicht auch für den nichtinternationalen bewaffneten Konflikt in Art. 8 Abs. 2 (e) RS unter Strafe gestellt wurden. Für dessen völkergewohnheitsrechtliche Anerkennung gab es zu diesem Zeitpunkt nämlich bereits gewichtige Anhaltspunkte; siehe Kreß, in: Israel Yearbook on Human Rights, Vol. 30 (2000), S. 103-178 (134).
[29] Daher gebe das VStGB den gesicherten Stand des Völkergewohnheitsrechts wieder: „Das Völkerstrafgesetzbuch setzt lediglich das geltende Völkergewohnheitsrecht im Bereich des Strafrechts in das deutsche Recht um, will aber im Übrigen die Entwicklung des humanitären Völkerrechts nicht beschränken“; siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8524, S. 23-25.
[30] Hierzu beispielhaft BGH, Beschl. v. 10.8.2021, Az. 3 StR 212/21, BGH, Beschl. v. 5.4.2022, Az. 3 StR 16/22, BGH, Beschl. v. 10.8.2022, Az. 3 StR 187/22, BGH, Beschl. v. 19.12.2023, Az. 3 StR 160/22.
[31] Hiéramente/Gebhard, in: LK-StGB, Bd. 20, 13. Aufl. (2023), §11 VStGB Rn. 7, 102.
[32] Dies zeigt sich etwa am Einstellungsvermerk des Generalbundesanwalts beim BGH zum Ermittlungsverfahren gegen Oberst Klein und Hauptfeldwebel W. wegen des Verdachts einer Strafbarkeit nach dem VStGB und anderer Delikte vom 16.10.2010 (Az. 3 BJs 6/10-4), der bis heute als einer der wenigen Anhaltspunkte für nationale Staatenpraxis zu den gewohnheitsrechtlichen Grenzen des Exzessverbots im Konfliktvölkerrecht herangezogen wird; siehe Doswald-Beck/Henckaerts, International Committee of the Red Cross Customary International Humanitarian Law, Volume II: Practice (2005); https://ihl-databases.icrc.org/en/customary-ihl/v2/rule14 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[33] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8524, S. 23.
[34] Corn/Gillard, Articles of War v. 15.5.2024, https://lieber.westpoint.edu/war-crime-starvation-irony-grasping-low-hanging-fruit/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).; ähnlich sahen es Cohen und Shany, die zusammenfassen: “the novelty and complexity of some of the legal assumption[s] [sic!] underlying some of the prospective charges, as well as the limited engagement – at this stage of the process – with the full factual and legal context, including complementarity issues, leave many questions unanswered.”, Cohen/Shany, Just Security v. 25.5.2024); https://www.justsecurity.org/96135/
the-prosecutors-uphill-legal-battle-the-netanyahu-and-gallant-icc-arrest-warrant-requests/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[35] Hiéramente/Gebhard, in: LK-StGB, § 11 VStGB Rn. 101.
[36] Official Records of the Diplomatic Conference on the Reaffirmation and Development of International Humanitarian Law Applicable in Armed Conflicts, Volume XV, Summary Records and Reports of Committee III, Vol. XV, CDDH/III/264/Rev.1, S. 349; https://tile.loc.gov/storage-services/service/ll/llmlp/RC-records_Vol-15/RC-records_Vol-15.pdf (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[37] So etwa Department of Defense Law of War Manual, June 2015 (Updated July 2023), § 5.20.1.
[38] Watts, International Law Studies 95 (2019), 1-48 (18-19).
[39] Drew, International Law Studies 95 (2019), 302-321 (313-314).
[40] Schwedens Handbuch zum Konfliktvölkerrecht schreibt hinsichtlich Blockaden vor, dass das Aushungern der Zivilbevölkerung verboten sei, soweit es vorsätzlich erfolge: “[it is prohibited to implement blockades] if the intention is to kill and not primarily to force a capitulation”, Schweden, International Humanitarian Law in Armed Conflict, with reference to the Swedish Total Defence System, Swedish Ministry of Defence, Januar 1991, § 2.2.3, S. 19; zum nicht-internationalen bewaffneten Konflikt führt das Handbuch des Vereinigten Königreichs aus: “The right to life is a non-derogable human right. Violence to the life and person of civilians is prohibited, whatever method is adopted to achieve it. It follows that the destruction of crops, foodstuffs and water sources, to such an extent that starvation is likely to follow, is also prohibited. The same applies to sieges, blockades, embargoes, or the blocking of relief supplies with the intention of causing starvation”, United Kingdom, The Manual of the Law of Armed Conflict, Ministry of Defence, 1 July 2004, §§ 15.19–15.19.1; ähnlich das amerikanische Handbuch: “Starvation specifically directed against the enemy civilian population […] is prohibited. For example, it would be prohibited to destroy food or water supplies for the purpose of denying sustenance to the civilian population”, Department of Defense Law of War Manual, June 2015 (Updated July 2023), § 5.20.1; Hervorhebungen durch die Verfasserin.
[41] Dannenbaum, Chicago Journal of International Law, Vol. 22, Nr. 2 (2021), 368-442; ders., International Law Studies 97 (2021), 307-394.
[42] Vgl. die deutsche Übersetzung von Art. 54 Abs. 2 ZP I, https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1982/1362_1362_1362/de, (zuletzt abgerufen am 2.3.2025), Hervorhebung durch die Verfasserin.
[43] So Dannenbaum, International Law Studies 97 (2021), 307-394 (dort insbes. S. 364-374); dies ebenfalls diskutierend etwa Akande/Gillard, Journal of International Criminal Justice, Volume 17, Issue 4 (2019), 753–779; eine Einbeziehung des Exzessverbots ebenfalls für denkbar haltend: Watts, in: Counterterrorism and Humanitarian Engagement Project, Research and Policy Paper, Mai 2014, http://blogs.harvard.edu/cheproject/files/2013/10/CHE-Project-IHL-and-SC-Practice-concerning-Urban-Siege-Operations.pdf
(zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[44] Arrocha Olabuenaga, Just Security v. 25.03.2024, https://www.justsecurity.org/93864/starvation-is-starvation-is-starvation/, (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[45] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8524, S. 23.
[46] Zur israelischen Begründung der isolierenden und die Versorgung abschneidenden Strategie im Gazastreifen siehe Israeli Ministry of Foreign Affairs, Hamas-Israel Conflict 2023: Frequently Asked Questions v. 6.12.2023, https://www.gov.il/en/pages/swords-of-iron-faq-6-dec-2023#7 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); Israeli Ministry of Foreign Affairs, Hamas-Israel Conflict 2023: Humanitarian Efforts v. 14.12.2023; https://www.gov.il/en/pages/israel-hamas-conflict-2023-humanitarian-efforts (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[47] Akande/Gillard, International Law Studies 92 (2016), 483-511; dies., Oxford Guidance on the Law Relating to Humanitarian Relief Operations in Situations of Armed Conflict (2016); https://www.elac.ox.ac.uk/wp-content/uploads/2022/06/oxfordguidancepdfpdf.pdf (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[48] Watts, International Law Studies 94 (2019), 1-51 (23-46).
[49] Hierzu etwa Pomson, Articles of War v. 7.11.2023; https://lieber.westpoint.edu/obligation-allow-facilitate-humanitarian-relief/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[50] Vgl. die Übersicht der Vertragsstaaten des Zweiten Zusatzprotokolls v. 6.6.1977, einsehbar auf der Webseite des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, https://ihl-databases.icrc.org/en/ihl-treaties/apii-1977/state-parties?activeTab= (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[51] Doswald-Beck/Henckaerts, International Committee of the Red Cross Customary International Humanitarian Law, Volume I: Rules (2005), https://ihl-databases.icrc.org/en/customary-ihl/v1 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[52] Rule 53, Starvation of Civilians as a Method of Warfare, in: Doswald-Beck/Henckaerts, International Committee of the Red Cross Customary International Humanitarian Law, Volume I: Rules (2005), https://ihl-databases.icrc.org/en/customary-ihl/v1/rule53 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025); Rule 54, Attacks on Objects Indispensable to the Survival of the Civilian Population, in: Doswald-Beck/Henckaerts, International Committee of the Red Cross Customary International Humanitarian Law, Volume I: Rules (2005), https://ihl-databases.icrc.org/en/customary-ihl/v1/rule54 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[53] Rule 55, Access for Humanitarian Relief to Civilians in Need, in: Doswald-Beck/Henckaerts, International Committee of the Red Cross Customary International Humanitarian Law, Volume I: Rules (2005), https://ihl-databases.icrc.org/en/customary-ihl/v1/rule55 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[54] Übersicht des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, https://www.icrc.org/en/document/protection-civilian-population-during-sieges-what-law-says (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[55] Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 14/8524, S. 25.
[56] Werle/Jeßberger, Völkerstrafrecht, 5. Aufl. (2020), S. 566, Rn. 1226-1227.
[57] Zu den Pflichten einer belagerten Konfliktpartei, Schmitt/Lauterbach, Articles of War v. 5.7. 2024, https://lieber.westpoint.edu/under-siege-loac-obligations-besieged-party/ (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[58] „Furthermore, the Chamber found reasonable grounds to believe that no clear military need or other justification under international humanitarian law could be identified for the restrictions placed on access for humanitarian relief operations. Despite warnings and appeals made by, inter alia, the UN Security Council, UN Secretary General, States, and governmental and civil society organisations about the humanitarian situation in Gaza, only minimal humanitarian assistance was authorised. In this regard, the Chamber considered the prolonged period of deprivation and Mr Netanyahu’s statement connecting the halt in the essential goods and humanitarian aid with the goals of war“; s.o., Fn. 18.
[59] Etwa UN Dok. UNSC S/Res./2165 (2014), http://unscr.com/en/resolutions/doc/2165 (zuletzt abgerufen am 2.3.2025).
[60] S.o., Fn. 32; vergleichbare Wirkung könnte ein entsprechender Einstellungsvermerk in diesem Verfahren entfalten.