Zu den Kommentaren springen

KriPoZ-RR, Beitrag 18/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 10.02.2021 – 6 StR 326/20: Kein Verwertungsverbot aus §§ 136a Abs. 3 Satz 2, 69 Abs. 3 StPO bei versehentlichem Belehrungsfehler

Leitsatz der Redaktion:

Aus den Regelungen der §§ 136a Abs. 3 Satz 2, 69 Abs. 3 StPO lässt sich jedenfalls bei einem versehentlichen Belehrungsfehler kein Verwertungsverbot der Aussage ableiten.

Sachverhalt:

Das LG Cottbus hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und mit Entziehung einer Minderjährigen verurteilt und ihn von anderen Vorwürfen freigesprochen.

Nach dem für die Verfahrensrüge maßgeblichen Geschehensablauf war die Geschädigte vor ihrer polizeilichen Vernehmung darüber belehrt worden, dass sie bezüglich ihrer Mutter ein Zeugnisverweigerungsrecht habe. Fälschlicherweise wurde ihr allerdings gesagt, dass ihr bezüglich des Lebensgefährten ihrer Mutter kein solches Recht zustehe, obwohl der Sachverhalt beide Beschuldigte betraf und sich das Zeugnisverweigerungsrecht also auch auf Aussagen betreffend den Lebensgefährten ihrer Mutter erstreckt hatte.

In einer späteren Vernehmung durch die Staatsanwältin war die Geschädigte dann über ihr umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht belehrt worden. Der Verwertung ihrer früheren Angaben hatte sie dennoch zugestimmt. Diese Zustimmung hatte sie auch in der Hauptverhandlung wiederholt.

Entscheidung des BGH:

Der BGH entschied, dass aus dem Belehrungsfehler kein Verwertungsverbot für die Aussage der Zeugin gem. §§ 136a Abs. 3 Satz 2, 69 Abs. 3 StPO folge, denn diese Normen seien auf versehentliche Belehrungsfehler nicht anzuwenden.

§ 136a StPO solle Zeugen und Beschuldigte vor staatlicher Willkür schützen und dafür sorgen, dass es eine Wahrheitsgewinnung um jeden Preis zuungunsten eines rechtsstaatlichen und justizförmigen Verfahrens in Deutschland nicht gebe. Daher stehe das in § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO angeordnete Verwertungsverbot auch nicht zur Disposition des Beschuldigten.

Dieser Gesetzeszweck, der auch einen Sanktionscharakter in sich trage, lasse aber darauf schließen, dass die Norm nur gezielte Angriffe auf die Aussagefreiheit erfassen wolle, so der BGH.

Die Täuschung im Sinne des § 136a Abs. 1 Satz 1 StPO sei daher nur bei wissentlicher Irreführung zu bejahen; eine fahrlässige Fehlleistung genüge gerade nicht.

Anderes gelte für § 52 StPO, da dieser seinen Schutz nur bei richtiger Belehrung entfalten könne. Es sei aber anerkannt, dass ein Verstoß gegen diese Norm bei erneuter qualifizierter Belehrung und späterer Zustimmung des Zeugen zur Verwendung seiner Aussage geheilt werden könne.

 

 

 

 

Schreiben Sie einen Kommentar

Durch Abschicken des Formulares wird dein Name, E-Mail-Adresse und eingegebene Text in der Datenbank gespeichert. Für weitere Informationen lesen Sie bitte unsere Datenschutzerklärung.

Unsere Webseite verwendet sog. Cookies. Durch die weitere Verwendung stimmen Sie der Nutzung von Cookies zu. Informationen zum Datenschutz

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen.
Wenn Sie diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwenden oder auf "Akzeptieren" klicken, erklären Sie sich damit einverstanden.

Weitere Informationen zum Datenschutz entnehmen Sie bitte unserer Datenschutzerklärung. Hier können Sie der Verwendung von Cookies auch widersprechen.

Schließen