von Prof. Dr. Michael Kubiciel und Nadine Borutta
Abstract
Der Beitrag zeigt, dass § 238 StGB keinen Fremdkörper im Strafrechtssystem darstellt, sondern das Zentrum des strafrechtlichen Freiheitsschutzes bildet. Die Verbote der Freiheitsberaubung und Nötigung schützen lediglich Voraussetzungen dessen, was § 238 StGB unmittelbar zu garantieren beabsichtigt: das Recht auf autonome Führung des eigenen Privatlebens. Letzteres ist für eine moderne Gesellschaft, welche auf individuelle Selbstentfaltung gepolt ist, von schlechterdings fundamentaler Bedeutung. Demzufolge ist es angemessen, dieses Recht der Person gegen erhebliche, sozial inadäquate Beeinträchtigungen durch Dritte abzusichern. Mit der bisherigen Fassung des Tatbestandes konnte dies nur eingeschränkt gelingen. Die von der Bundesregierung beschlossene Reform wird zwar für Verbesserungen sorgen, fällt aber an einer entscheidenden Stelle hinter den status quo zurück.