KriPoZ-RR, Beitrag 44/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 08.04.2021 – 1 StR 78/21: Trojaner

Amtlicher Leitsatz:

Zur Strafbarkeit der Verbreitung eines Erpressungstrojaners über das Internet (sog. Ransomware).

Sachverhalt:

Das LG Stuttgart hat den Angeklagten wegen Beihilfe zur versuchten Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur versuchten Computersabotage in 396 Fällen sowie wegen Beihilfe zur Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur Computersabotage in 393 Fällen verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte sich der Angeklagte mit weiteren Tätern zu einer Bande zusammengeschlossen, um über das Internet einen Erpressungstrojaner (sog. Ransomware) zu verbreiten.

Dazu hatte sie Werbung auf verschiedenen Internetseiten geschaltet, bei deren anklicken sich eine Schadsoftware selbstständig auf den Rechnern der Opfer installiert hatte. Diese Software hatten die Täter dann genutzt, um einen Sperrbildschirm anzeigen zu lassen, der in der jeweiligen Landessprache der Opfer einschüchternd zur Zahlung einer bestimmten Summe aufgefordert hatte, damit das System wieder entsperrt würde. Zu einer solchen Entsperrung kam es auch nach Zahlung durch die Opfer nicht.

Aufgaben des Angeklagten waren gegen ein Festgehalt von 1.000 $ u.a. die Anmietung neuer Server, die Installation wichtiger Programme, die Verlinkung der Server und die allgemeine Betreuung sowie das Troubleshooting.

Entscheidung des BGH:

Der BGH änderte den Schuldspruch derart ab, dass der Angeklagte sich wegen einer einheitlichen Beihilfe zur Erpressung in Tateinheit mit Beihilfe zur Computersabotage strafbar gemacht hat.

Seine Unterstützungshandlungen seien sowohl als Beihilfe zur vollendeten Erpressung als auch zur versuchten Erpressung zu werten. 

Gleiches gelte für die Computersabotage und die versuchte Computersabotage nach § 303b Abs. 1 Nr. 1 StGB.

Der Tatbestand sei durch das Aufspielen der Schadsoftware auf die Rechner erfüllt. Die Systemdateien, die die Täter verändert hätten, seien taugliche Tatobjekte im Sinne des § 202a Abs. 2 StGB.

Diese seien auch durch das Herbeiführen von Funktionsbeeinträchtigungen, die eine Änderung ihres Informationsgehalts oder des Aussagewerts zur Folge haben, verändert worden.

Das Herbeiführen von Funktionsbeeinträchtigungen sei durch das Hinzufügen der Einträge in der Windows-Registry-Datei erfolgt, das für das automatisierte Laden des Sperrbildschirms gesorgt habe.

Das LG sei auch zurecht von der Qualifikation der Computersabotage gem. § 303b Abs. 1 Nr. 1 StGB ausgegangen, da eine Datenverarbeitung von wesentlicher Bedeutung gegeben sei. Zwar könne dies nicht bei allen Opfern belegt werden, jedoch habe es sich immer um eine Unbrauchbarmachung des kompletten Computers gehandelt und viele Opfer hätten den Erpressungsbetrag gezahlt, was auch ein Indiz für die Erfüllung des einschränkenden Merkmals sei.

Beide Tatbestände der Erpressung und der Computersabotage stünden dabei in Tateinheit zueinander, da unmittelbar durch die Veränderung der System-Dateien und Anzeige des Sperrbildschirm zur Geldzahlung aufgefordert worden sei, so der BGH.

Es habe sich jedoch nur um eine einheitliche Beihilfe des Angeklagten gehandelt. Da sich die Tatbeiträge des Angeklagten nicht auf individuelle Taten bezogen hätten, sondern eine einheitliche Unterstützungshandlung dargestellt habe, sei nicht von Beihilfe in 789 Einzelfällen auszugehen, sondern von einer Beihilfe im Rechtssinne, die führ mehrere selbstständige Taten des Haupttäters gewirkt habe.

 

Anmerkung der Redaktion:

Der BGH hatte bereits im Juli 2017 wesentliche Konturen der §§ 303a f. herausgearbeitet. Die Entscheidung finden Sie hier.

 

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