Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BVerfG, Beschl. v. 02.07.2019 – 1 BvR 385/16: Verbot des Vereins Farben für Waisenkinder e.V. ist verfassungsgemäß
Leitsatz der Redaktion:
Ein Vereinsverbot gemäß Art. 9 Abs. 2 GG ist auch dann verfassungsgemäß, wenn die Vereinigung terroristische Handlungen Dritter oder andere Organisationen finanziell fördert, diese Förderung geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen und die Vereinigung dies weiß und zumindest billigt.
Sachverhalt:
Das Bundesministerium des Innern hat den Verein Farben für Waisenkinder e.V. mit Verfügung vom 2. April 2014 verboten, weil er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte. Dieses Verbot ist vom BVerwG am 16. November 2015 bestätigt worden. Nach den Feststellungen des BVerwG hatte der Beschwerdeführer über einen langen Zeitraum und in erheblichem Umfang die Shahid Stiftung aus dem Libanon finanziell unterstützt. Diese sei in die Strukturen der Hisbollah eingebunden und unterstütze somit die gewaltsamen Aktivitäten der Hisbollah gegen Israel.
Entscheidung des BVerfG:
Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.
Die vom Beschwerdeführer gerügten Verletzungen von Art. 9 Abs. 1 GG und Art. 4 Abs. 1 und 2 GG seien teils unzulässig und teils unbegründet.
Der Verein könne sich nicht auf Art. 4 Abs. 1 und 2 GG berufen, so das BVerfG, da insoweit die Anforderungen an das Begründungserfordernis der §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 92 BVerfGG nicht erfüllt seien. Der Beschwerdeführer sei zwar erkennbar in einem religiösen Kontext tätig, daraus ergebe sich aber nicht zwingend, dass der Verein als solcher und seine Vereinstätigkeit religiös ausgerichtet sei.
Darüber hinaus sei der Eingriff in Art. 9 Abs. 1 GG gerechtfertigt.
Ein Vereinigungsverbot nach Art. 9 Abs. 2 Var. 3 GG sei gerechtfertigt, wenn die Vereinigung in den internationalen Beziehungen Gewalt oder vergleichbar schwerwiegende völkerrechtswidrige Handlungen aktiv propagiere und fördere. Ein solches tatbestandliches Verhalten könne auch mittelbar durch die finanzielle Förderung von Organisationen stattfinden, die terroristisch aktiv sind. Dafür müsse die Förderung objektiv geeignet sein, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen und die unterstützende Organisation müsse dies wissen und billigen.
Dass die Shahid Stiftung eine solche terroristisch aktive Organisation sei und die Spenden somit auch geeignet gewesen seien, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen, habe das BVerwG nachvollziehbar dargelegt. Somit sei auch der Art. 9 Abs. 2 GG als sog. verfassungsunmittelbare Schranke hinreichend eng ausgelegt worden, was der Beschwerdeführer gerügt hatte.
Zudem habe das BVerwG beachtet, dass ein Vereinigungsverbot als ultima ratio nur verhältnismäßig sei, wenn die Gründe für das Verbot die Vereinigung in ihren Grundsätzen prägten und die völkerverständigungsfeindliche Ausrichtung hinreichend schwer wiege.
Auch diese Feststellung habe die Vorinstanz ohne Verfassungsverstoß getroffen.
Anmerkung der Redaktion:
Die Pressemitteilung des BVerfG finden Sie hier.