Gesetzentwurf zur strafrechtlichen Harmonisierung von § 252 Strafgesetzbuch

Gesetzentwürfe: 

 

Die Fraktion der AfD hat am 8. November 2019 einen Gesetzentwurf zur strafrechtlichen Harmonisierung von § 252 StGB in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/14764). 

Hintergrund ist die mit dem 6. StrRG (BT Drs. 13/7164) in die Tatbestände der §§ 242, 249 StGB eingefügte Drittzueignungsabsicht. Im Vergleich dazu sieht § 252 StGB für den subjektiven Tatbestand neben dem Vorsatz, der sich auf den Diebstahl und die Nötigung beziehen muss, nur die Absicht der Sicherung des Eigenbesitzes vor. Die reine Drittzueignungsabsicht reicht hier gerade nicht aus. Die Fraktion sieht darin eine Strafbarkeitslücke, die aufgrund der Nähe des Räuberischen Diebstahl zum Raub geschlossen werden müsse. 

Bereits am 15. Januar 2020 hat der Rechtsausschuss zu einer Ablehnung des Entwurfs der AfD geraten (BT Drs. 19/16541). Ein gleichlautender Beschluss wurde am 23. Juni 2021 durch den Bundestag ohne weitere Aussprache in einer abschließenden Beratung gefasst. 

 

 

 

Betäubungsmittel für den Eigengebrauch

Gesetzentwürfe: 

 

Die Fraktion Die Linke hat am 8. November 2019 einen Antrag zur Festlegung einer bundeseinheitlichen geringen Drogenmege und zur Erleichterung von Harm Reduction in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/14828). Eine Reform des Drogenstrafrechts sei aus verfassungsrechtlicher, strafrechtstheoretischer und gesundheitswissenschaftlicher Sicht dringend erforderlich. Dir Drogenprohibition sei mit dem Feiheitspostulat der Verfassung nicht vereinbar und verletzte das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Schließlich habe die Vergangenheit gezeigt, dass der Drogenkonsum durch Repression nicht reduziert werde und die beabsichtigte generalpräventive Wirkung des Betäubungsmittelstrafrechts nicht eingetreten ist. Bei 77 Prozent der polizeilich erfassten Rauschgiftdelikte handele es sich um konsumnahe Delikte. Dazu komme, dass die Bundesländer die Grenzwerte für die geringe Menge (§ 31a BtMG) selbst festlegen und die Vorgaben des BVerfG selbst nach 25 Jahren noch nicht umgesetzt wurden. Dies führe zu einer uneinheitlichen Anwendungspraxis, die mit der Schaffung einer bundeseinheitlichen Regelung beendet werden soll. 

Die Fraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Antrag auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der u.a.: 

  • in § 31a BtMG das Absehen von der Strafverfolgung vorsieht, wenn der Konsument die BtM „lediglich zum Eigengebrauch anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt und folgende Bruttomengen nicht überschritten werden: drei Gramm bei Heroin, Kokain, Speed, MDMA in Pulverform, Methamphetamin und Crack, zehn Pillen Ecstasy (MDMA) und 15 Gramm getrocknete psychotrope Pilze. LSD soll zum Eigenbedarf ohne konkrete Grenzwertfestlegung entkriminalisiert werden“ und
  • die Möglichkeit des drug-checking in § 31a BtMG schafft. 

Am 26. Mai 2021 hat der Ausschuss für Gesundheit in seiner Beschlussempfehlung zu einer Ablehnung des Antrags der Fraktion Die Linke geraten (BT Drs. 19/30042). Ein entsprechender Beschluss des Bundestage erging schließlich am 23. Juni 2021 ohne weitere Aussprache in einer abschließenden Beratung.  

 

KriPoZ-RR, Beitrag 49/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 10.10.2019 – 1 ARs 14/19: Antwort auf Anfragebeschluss des 5. Strafsenats (18.06.2019 – 5 StR 20/19)

Leitsatz der Redaktion:

§ 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO macht einen gerichtlichen Hinweis auf eine mögliche Einziehung auch dann erforderlich, wenn die Tatsachen zwar schon in der Anklageschrift angegeben waren, das Gericht aber deren Bedeutungsgehalt erst in der Hauptverhandlung realisiert hat.

Sachverhalt:

Der 5. Strafsenat des BGH hat in einem Anfragebeschluss an den 1. Strafsenat (KriPoZ-RR, Beitrag 22/2019) mitgeteilt, dass er beabsichtige von dessen bisheriger Rechtsprechung abzuweichen und gefragt, ob der 1. Senat an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung festhalte.

Gegenstand der Anfrage war die Auslegung des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO, der nach Ansicht des 5. Senats keine Hinweispflicht auslöse, wenn die entscheidungserheblichen Tatsachen für eine Einziehungsentscheidung bereits in der Anklageschrift angegeben gewesen waren.

Entscheidung des 1. Senats:

Der Senat hält an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung fest.

Dies begründet er zum einen mit der Systematik der Norm. Die Hinweispflicht des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO sei auf alle Maßnahmen im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB anzuwenden. Eine Unterscheidung innerhalb der verschiedenen Maßnahmen finde im Gesetz gerade nicht statt, was für eine einheitliche Anwendung aller Rechtsfolgen spreche.

Dann zieht der 1. Senat einen Vergleich zu den Maßregeln der Besserung und Sicherung, bei deren Anwendung es der ständigen Rechtsprechung entspreche, einen Hinweis auch bei lediglich neuer Bewertung schon bekannter Tatsachen zu erteilen. Für die Einziehung dürfe nichts anderes gelten, so der Senat, da ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung fehle.

Zudem seien in Abs. 2 des § 265 StPO sowohl Hinweispflichten für Fälle der Änderung des tatsächlichen, als auch des rechtlichen Gesichtspunktes geregelt. Das verhindere eine Abgrenzung der Absätze 1 und 2 anhand dieses Kriteriums.

Auch die Gesetzeshistorie spreche für die Wertung des 1. Senats, da der Gesetzgeber durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens in § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht einfach den Fall der Einziehung eingefügt habe. Er habe in Kenntnis der bisherigen Senatsrechtsprechung die Hinweispflichten für Einziehungsentscheidungen und Maßregeln der Besserung und Sicherung unter dem Oberbegriff der Maßnahmen gebündelt, was ebenfalls für eine Gleichbehandlung beider Nebenfolgen spreche.

Der zur Begründung einer engen Auslegung der Hinweispflicht vom 5. Senat herangezogene Vergleich der Einziehung mit dem Fahrverbot sei insoweit nicht tragfähig, als dass die Anordnung der Einziehung von weiteren tatsächlichen Voraussetzungen abhängig sei. Dies mache es möglicherweise für den Angeklagten erforderlich, sich gegen eine Einziehungsentscheidung in der Hauptverhandlung anders zu verteidigen, als gegen den Hauptvorwurf selbst. Eine solche abweichende Verteidigung könne es beim Fahrverbot nicht geben, da dessen Anordnung von denselben Voraussetzungen abhängig sei, wie die Strafe selbst.

Auch der Telos des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO erfordere eine weite Auslegung, da Art. 103 Abs. 1 GG und der sog. Fair Trial-Grundsatz eine effektive Verteidigung des Angeklagten geböten, was einen Schutz vor Überraschungsentscheidungen des Gerichts erforderlich mache.

Insoweit spiele es für den Angeklagten keine Rolle, ob er schon Kenntnis der Tatsachenlage habe. Diese sei für ihn regelmäßig nutzlos. Relevant sei einzig und allein die rechtliche Bewertung der Tatsachengrundlage, was eine Hinweispflicht bei fehlender Bedeutungskenntnis auslöse.

Abschließend führte der Senat aus, dass eine unterschiedliche Behandlung von Einziehungsentscheidungen und Anordnungsentscheidungen von Maßregeln der Besserung und Sicherung weder nach dem Kriterium des Schwierigkeitsgrades der rechtlichen Bewertung noch nach der Eingriffsintensität der Maßnahmen zu rechtfertigen sei.

 

Anmerkung der Redaktion:

Den KriPoZ-RR Beitrag über den Anfragebeschluss des 5. Senats finden Sie hier.

Eine Aufbereitung des Gesetzgebungsverfahrens des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens finden Sie hier.

Strafzumessung bei antisemitischen Straftaten

Gesetzentwürfe: 

 

Der Freistaat Bayern hat am 15. Oktober 2019 einen Gesetzesantrag zur Strafzumessung bei antisemitischen Straftaten in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 498/19). 

Laut einer von der Europäischen Kommission veröffentlichten Eurobarometer-Umfrage aus Januar 2019, seien es 61 Prozent der Deutschen, die Antisemitismus für ein wachsendes Problem halten und damit mehr, als in den übrigen europäischen Ländern. Die Zunahme antisemitischer Tendenzen lasse sich aber auch objektiv belegen. Die PMK-Statistik weise für das Jahr 2018 bundesweit 1.799 antisemitische Straftaten aus, ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2013 um ca. 40 Prozent. Insbesondere stelle die Zunahme strafbarer antisemitischer Äußerungen im Internet durch die schnelle Verbreitung und große Reichweite ein Problem neuerer Zeit dar. Mit den Taten werde zugleich eine symbolische Botschaft der Einschüchterung und Verunsicherung übermittelt, die sich gegen ein friedliches Zusammenleben der Gesellschaft richtet. Dies dürfe ein demokratischer Rechtsstaat nicht hinnehmen und sei darum zum Handeln aufgerufen. Er müsse sich nicht nur schützend vor die jüdischen Mitbürger stellen, sondern auch Sorge dafür tragen, dass eine nachdrückliche Strafverfolgung antisemitischer Straftaten stattfindet. Dies sei nicht zuletzt auch aus generalpräventiven Gesichtspunkten von Bedeutung. 

Bislang ermöglicht § 46 StGB rassistische, fremdenfeindliche oder sonstige menschenverachtende Beweggründe oder Ziele des Täters bei der Strafzumessung strafschärfend zu berücksichtigen. Antisemitische Beweggründe seien dabei zwar grundsätzlich auch unter menschenverachtende Beweggründe zu subsumieren, werden aber im Gegensatz zu rassistischen und fremdenfeindlichen Beweggründen, die ebenfalls menschenverachtend sind, nicht genannt. Damit seien sie im Gesetz nur unzureichend abgebildet. 

Der Entwurf sieht daher vor, § 46 Abs. 2 S. 2 StGB um die antisemitischen Beweggründe und Ziele, als ein weiteres Beispiel für menschenverachtende Tatmotive zu ergänzen. 

Der Gesetzentwurf wurde am 8. November 2019 im Bundesrat vorgestellt und im Anschluss an den Rechts- und den Innenausschuss überwiesen. Diese sprachen sich in ihrer Empfehlung (BR Drs. 498/1/19) dafür aus, den Entwurf in den Bundestag einzubringen. Dies wurde in der Plenarsitzung am 29. November 2019 im Rahmen einer Abstimmung beschlossen. Am 13. Januar 2020 brachte der Bundesrat den Gesetzentwurf in den Bundestag ein (BT Drs. 19/16399), nachdem die Bundesregierung Stellung genommen hatte. Diese unterstützt zwar das Anliegen des Entwurfs, verweist aber auch darauf, dass sie bereits eine entsprechende Regelung  in einem eigenen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht hat. Näheres dazu finden Sie hier

 

 

 

KriPoZ-RR, Beitrag 48/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 11.09.2019 – 2 StR 350/19: BGH erweitert Definition der Beendigung des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

Leitsatz der Redaktion:

Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist schon dann beendet, wenn alle Bemühungen um einen erfolgreichen Güterumsatz und einen Waren- und Geldfluss endgültig eingestellt worden sind.

Sachverhalt:

Das LG Frankfurt a. M. hat den Angeklagten wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte er sich mit einer Bekannten verabredet, um von ihr angekauftes Marihuana auf dessen Qualität hin zu prüfen. Als Entlohnung war ihm eine kleine Menge des Rauschgifts für den Eigenverbrauch versprochen worden.

Auf Anweisung seiner Bekanntschaft hatte der Angeklagte das Marihuana aus dem Versteck in einer Tiefgarage geholt und in ihre Wohnung gebracht. Dort hatte er die Qualität überprüft und beim anschließenden Verpacken der Drogen geholfen. Nach den Feststellungen des LG hatte er dabei vom Drogengeschäft seiner Bekannten gewusst und dieses auch fördern wollen. Daraufhin war es zu einem Polizeieinsatz in der Wohnung gekommen bei dem der Beschuldigte verhaftet worden war.

Die Polizei hatte die Wohnung observiert, da die Bekannte des Angeklagten am Tag zuvor selbst bei den Beamten angegeben hatte, dass ein Drogengeschäft in ihrer Wohnung stattfinden werde, um eine Strafmilderung nach § 31 BtMG zu erhalten.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob den Schuldspruch wegen Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge auf.

Eine Beihilfehandlung könne nur bis zur Beendigung der Haupttat vorgenommen werden. In diesem Fall bestehe jedoch die Möglichkeit, dass die Haupttat im Zeitpunkt der Hilfeleistung durch den Angeklagten schon beendet gewesen sei. Das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sei nämlich beendet, wenn der erstrebte Erfolg des Güterumsatzes und der Bezahlung eingetreten und der Waren- und Geldfluss zur Ruhe gekommen sei oder wenn alle Bemühungen darum endgültig eingestellt worden seien.

Da die Bekannte des Angeklagten zuvor selbst bei der Polizei angegeben hatte, dass ein Drogengeschäft in ihrer Wohnung stattfinden werde, könnte von einer Einstellung der Bemühungen auszugehen sein, so der BGH.

Zu diesem Komplex habe sich das LG allerdings nicht geäußert, was die Aufhebung des Urteils erfordere.

Anmerkung der Redaktion:

Die bisher ständige Definition der Beendigung des Handeltreibens entwickelte der BGH in diesem Beschluss.

Dass nach dem Waren- und Geldaustausch des Drogenkuriers eine noch offene Forderung des Großhändlers für die Beendigung der Tat keine konkrete Bedeutung hat, entschied der BGH in diesem Urteil.

 

„Demokratie und Polizei – Wir brauchen einander!“ Bericht von einer Veranstaltung der GdP Rheinland-Pfalz

von Ass. iur. Maren Wegner, M.A. und Marcus Papadopulos, M.A.

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I. Der 9. November – ein Tag vielfältigen Gedenkens

Der „9. November“ stellt ein für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands ereignisträchtiges Datum dar, wobei gleich mehrere historisch bedeutsame Ereignisse auf diesen Kalendertag fallen, die als politische Wendepunkte betrachtet werden können. Am 9. November 1918 verkündete Philipp Scheidemann das Ende des Kaiserreichs – die Novemberrevolution leitete damit eine neue Ära der Deutschen Geschichte ein, indem die konstitutionelle Monarchie des Deutschen Reiches durch die parlamentarische Demokratie der Weimarer Republik abgelöst wurde.[1]

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