Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 09.01.2020 – 4 StR 324/19: § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB erfasst alle Verkehrsvorgänge, für die der Verordnungsgeber eine Vorfahrtsregelung getroffen hat
Leitsatz der Redaktion:
Der Anwendungsbereich des § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB erfasst alle Verkehrsvorgänge, bei denen sich Fahrzeuge derart im Straßenverkehr begegnen, dass es der Verordnungsgeber für erforderlich hielt, eine Vorfahrtsregelung zu erlassen.
Sachverhalt:
Das LG Aachen hat den Angeklagten – neben weiteren Delikten – wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt.
Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte seinen PKW in einer Engstelle an am Straßenrand geparkten Fahrzeugen vorbei auf die Gegenfahrbahn gesteuert, obwohl ihm ein anderer PKW entgegengekommen war und die verbleibende Fahrbahnbreite für beide Fahrzeuge nicht ausgereicht hatte. Damit hatte der Angeklagten gegen die Vorfahrtsregel des § 6 Satz 1 StVO verstoßen.
Entscheidung des BGH:
Der BGH bestätigte die Entscheidung des LG, wonach dieser Verstoß gegen § 6 Satz 1 StVO ebenfalls von § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB erfasst werden könne.
Es komme für eine mögliche Strafbarkeit wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs nicht darauf an, dass der Vorfahrtsverstoß in einer Missachtung der Vorfahrt bei sich kreuzenden Straßen (§ 8 StVO) bestehe. Vielmehr erfasse der Tatbestand alle Verstöße gegen ein Vorfahrtsgebot, welches der Verordnungsgeber für Verkehrsvorgänge erlassen habe, bei denen die Fahrlinien zweier Fahrzeuge bei unveränderter Fahrtrichtung und Fahrweise zusammentreffen oder einander gefährlich nahekommen, so der BGH.
Anmerkung der Redaktion:
Damit bestätigt der Senat erneut die Anwendbarkeit des sog. erweiterten Vorfahrtsbegriffs im Rahmen des § 315c Abs. 1 Nr. 2a StGB. Eine ähnliche Entscheidung (allerdings zu § 10 Satz 1 StVO) erging bereits 2009. Diese finden Sie hier.