Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 21.09.2022 – 6 StR 332/22: Zu den Anforderungen an die Freiwilligkeit beim strafbefreienden Rücktritt
Sachverhalt:
Der Angeklagte wurde vom LG Halle unter anderem wegen Totschlags zu einer mehrjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat sich der Angeklagte mit einem Messer in Richtung Hals des Geschädigten begeben, um sich zu rächen. Über die tödlichen Folgen war sich der Angeklagte bewusst, diese ihm aber gleichgültig. Der Geschädigte konnte ausweichen und die Freunde des Angeklagten zogen diesen weg. Schließlich bedrohte der Angeklagte den Geschädigten mit den Worten: „Das nächste Mal gibt es den Tod.“
Entscheidung des BGH:
Der BGH hält eine Verneinung eines Rücktritts vom Versuch, wie es das LG Halle angenommen hat, für rechtsfehlerhaft. Das vorliegend in der Auslegung umstrittene Merkmal der Freiwilligkeit (§ 24 Abs. 1 StGB) hat das LG deshalb für nicht gegeben angesehen, weil das Ablassen vom Geschädigten aufgrund des Wegziehens der Freunde geschah. Der Sechste Strafsenat hingegen erörtert, dass das LG keine Ausführungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten „nach Abschluss der letzten Ausführungshandlung“ getroffen habe und verweist auf die Rechtsprechung des BGH zur „Lehre vom Rücktrittshorizont.“
Der Senat nimmt vorliegend einen fehlgeschlagenen Versuch an, von dem zumindest zurückgetreten hätte werden können. Weitere Ausführungshandlungen wären auch nach dem Wegziehen noch möglich gewesen, so der BGH. Dabei sei es nicht entscheidend, ob die Motive von innen oder außen kommen würden, sondern ob der Täter „Herr seiner Entschlüsse“ geblieben sei.
Der Senat hebt das Urteil auf und verweist zur neuen Entscheidung an eine andere Kammer zurück.