Versicherungsschutz im Unternehmensstrafrecht – Diskussionsbericht zur WisteV-Veranstaltung vom 25. Januar 2022

von Oliver Michaelis, LL.M., LL.M. 

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Am 25. Januar 2022 erfolgte eine durch die WisteV initiierte Fortbildung zu dem Thema „Versicherungsschutz im Unternehmensstrafrecht“ in der Zeit von 16.00 Uhr bis 18.15 Uhr inklusive einer umfassenden Fragerunde. Glücklicherweise wurde die Veranstaltung (der Entwicklung durch Corona geschuldet sowie mittlerweile auch dem Zeitgeist des Jahres 2022 entsprechend) online mittels eines Zoom-Meetings durchgeführt, so dass die zeitintensiven (und häufig ja auch unnötigen) Reisezeiten entfielen und man dem interessanten und sehr praxisrelevanten Thema entspannt in der gewohnten Arbeitsumgebung folgen konnte.

Der Versicherungsschutz im Strafrecht ist eher kein Kernthema und es wurde bisher auch eher „stiefmütterlich“ behandelt, da es doch eher ein Spezial- und Nischenthema darstellt und somit häufig nicht im Focus der Betrachtung steht. Daraus entstand die Notwendigkeit für den vorliegenden Vortrag mit den beiden Referentinnen, denn die D&O-Versicherungen spielen eine immer größere Rolle in der täglichen Praxis.

Aus der Information zur Veranstaltung ist zu entnehmen, dass der Versicherungsschutz für die Tätigkeit des Verteidigers bzw. Unternehmensvertreters für die Betroffenen in der Regel ein zentraler Punkt ist. Aufgrund der immer umfangreicher werdenden Ermittlungsverfahren können hohe Kosten für die Verteidigung entstehen, die Unternehmen oder Beschuldigte ohne Versicherungsschutz selbst tragen müssten. Doch auch wenn grundsätzlich ein Versicherungsschutz besteht, ist der Umfang der versicherten Tätigkeiten häufig streitig. Diese und angrenzende aktuelle Fragen sowie aktuelle Probleme aus Sicht des Versicherungsrechts sowie der Verteidigung wurden von den Referentinnen in dieser Veranstaltung dargestellt. Die nachfolgende Reflektion gibt dazu die Vortragsinhalte zusammengefasst wieder.

I. Begrüßung und Moderation

Pünktlich um 16.00 Uhr erfolgte die Begrüßung zu der Vortragsveranstaltung durch RA Dr. Eren Basar, Partner bei Wessing & Partner, Düsseldorf. Er stellte jeweils die Referentinnen ausführlich vor und führte auch souverän als Moderator durch die gesamte Veranstaltung.

II. Überblick über Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Versicherungslösungen

Der erste Vortrag startete zu dem Thema „Überblick über Möglichkeiten und Grenzen verschiedener Versicherungslösungen“ von der Versicherungsrechtlerin RAin Dr. Mirjam Boche, Partnerin bei ARQIS Rechtsanwälte, Düsseldorf.

1. Einleitung

Dr. Boche leitete in das Thema mit der Darstellung über die grundsätzlichen Haftungsrisiken ein, welche sowohl für Manager und Führungskräfte aber auch für private Personen nachweislich und konstant angestiegen sind. An dieser Stelle sei nur an den Dieselskandal erinnert, wo die Strafverfolgungsbehörden ihr Augenmerk auf Manger und Führungskräfte gerichtet hatten und haben. Auch hat die neue Bundesregierung vor, die Compliance zu verbessern – so lässt sich auf Seite 111 des Koalitionsvertrags dazu eine entsprechende Regelung finden, die das Entstehen bzw. die Veränderung bestehender Gesetze dazu erwarten lässt. Unternehmen sollen zukünftig auch stärker in die Haftung genommen werden und ferner sollen die Abläufe von Compliance-Prozessen stärker reglementiert werden.

Für natürliche Personen entstehen dabei Risiken durch Abwehrkosten für Vermögensschäden, die auf Grund der Komplexität der Sachverhalte im Wirtschaftsrecht und der Notwenigkeit qualifizierter Verteidigung nicht unerheblich sein können. Denn gerade auch in dem hochspezialisierten Bereich der Wirtschaftsstrafverteidigung können die Stundensätze höher als im Durchschnitt ausfallen. Überdies können auch durch die mitunter häufig vorkommenden mehrjährigen Verfahren unkalkulierbar hohe Kosten-Belastungen entstehen.

Für Unternehmen gilt ähnliches, dort besteht dagegen allerdings ein steigendes Kostenrisiko durch Internal Investigations, Vermögens- und Reputationsschäden sowie einer möglichen Geldbuße nach §§ 130, 30 OWiG. Aktuell besteht schon für den Vorstand bzw. den Geschäftsführer die Verpflichtung, bei Hinweisen auf non-complianed cases oder auch bei strafrechtlich relevantem Verhalten die Verpflichtung, diese internen Untersuchungen anzugehen. Auch kann der Vorstand die Geschäftsführung für die Kosten externer Berater für interne Untersuchungen in Anspruch genommen werden, wenn diese einen Pflichtverstoß zu vertreten haben.

Die Frage ist nun, wie können diese anfallenden zivilrechtlichen als auch strafrechtlichen Kosten für die Verteidigung und Abwehr durch eine Versicherung ersetzt werden. Auch die z.T. erheblichen Kosten für die interne Aufarbeitung der in Rede stehenden Fälle sollen möglichst durch eine Versicherung übernommen werden. Eine zweite Frage zielt darauf ab, wie die Unternehmen die drohenden Vermögensschäden über Versicherungslösungen im besten Fall gedeckt bekommen. Dazu existieren die nachfolgenden unterschiedlichen Möglichkeiten.

2. Unternehmensstrafrechtsschutzversicherung

Leitende Angestellte oder Manager können durch ihre betriebliche Tätigkeit recht schnell das Ziel strafrechtlicher Ermittlungsverfahren werden. Sogenannte „Industrie- oder Spezial-Strafrechtsschutzversicherungen“ als besondere Ausprägungen einer Rechtsschutzversicherung für Unternehmen sollen vor diesen Risiken möglichst schützen.

Die Unternehmensstrafrechtrechtschutzversicherung ist eine Versicherung für fremde Rechnungen. Das jeweilige Unternehmen (bspw. die X AG) schließt dabei einen Versicherungs-Vertrag mit einem Versicherer (bspw. die A Versicherung) für das eigene Unternehmen (X AG) ab und ist damit der Versicherungsnehmer. Das hat zur Folge, dass die Strafrechtspolice auch auf das Unternehmen der X AG ausgestellt ist. Begünstigt sind aber alle leitenden Angestellten (bspw. die Manager M und O), als die versicherten Personen – diese haben aber im Regelfall gerade keine Versicherungspolice. Dazu sei auf die Regelungen in §§ 44, 45 VVG in Bezug auf die Rechte des Versicherten und des Versicherungsnehmers hingewiesen. Der Versicherungsnehmer ist zur Geltendmachung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag befugt – aber welcher konkrete Versicherungsschutz besteht nun und auch für den leitenden Angestellten?

Das Auskunftsrecht nach dem konkreten Leistungsumfang der Versicherung hat grundsätzlich nur der Versicherungsnehmer als der Vertragspartner der Versicherung. Er erfährt den Umfang der Deckung, sowie auch seine allgemeinen Rechte und Pflichten. Leider zeigt es die Praxis, dass bei dem konkret Begünstigten (Manager M) häufig keine Transparenz über die konkreten Konditionen besteht. Daher gibt es in einigen Versicherungen mittlerweile die Regelung, dass auch die konkret versicherte Person ein solches Auskunftsrecht über das Vertragswerk und somit über die konkreten Leistungen und Verpflichtungen gegenüber der Versicherung geltend machen kann. Denn für Manager M, als die versicherte Person, ist der jeweilige Leistungsumfang und die notwendigen Verpflichtungen (auch zur Einhaltung der richtigen Schrittabfolge bzw. seine Verpflichtungen bspw. in Bezug auf die Offenlegungspflicht gegenüber der Versicherung) wichtig zu wissen.

Zwar ist der Deckungsumfang häufig sehr ähnlich, aber das konkrete Wording kann sich zwischen den jeweiligen Versicherungen (Beschreibung des konkreten Versicherungsfalls sowie die Ausschlusstatbestände) mitunter auch sehr unterscheiden. Das führt dazu, dass der Deckungsumfang zwar häufig ähnlich ist, aber die einzelnen Rechte und Pflichten können mitunter sehr heterogen für den konkreten Versicherungsfall sein. Somit bietet sich stets eine konkrete Einzelfallprüfung an.

Interessant ist auch der Beginn des Versicherungsschutzes. Ist für das Vorliegen des Versicherungsschutzes erst der Beginn des Ermittlungsverfahrens notwendig oder reichen bereits Anhaltspunkte für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens aus? Die Tendenz geht dahin, dass bereits im Vorermittlungsverfahren ein Versicherungsschutz besteht. Denn es kann auch sinnvoll sein, sich im Vorfeld bereits eines Rechtsbeistandes zu bedienen, um sich auf den Tatvorwurf des begonnenen Ermittlungsverfahrens bereits vorbereiten zu können. Aber auch hier ist jeweils das konkrete Regelwerk der Versicherung zu prüfen – die Tendenz geht aber dahin, dass bereits ab der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ein vorbeugender Rechtsschutz besteht.

Ebenfalls kann der Umfang der Leistung variieren. Grundsätzlich hat jede Person einen Anspruch darauf, sowohl einen eigenen zivilrechtlichen und strafrechtlichen Kollegen mit der Durchsetzung der eigenen Rechts zu betrauen. Vor den dadurch explodierenden Kosten haben regelmäßig aber die Versicherer förmlich Angst, was zur Folge hat, dass die Versicherungen häufig die Deckungshöchstsumme nicht direkt mitteilen und die Anwälte am Anfang häufig erst einmal mit einer summarischen Prüfung beginnen. Ersetzt werden dabei die Anwaltshonorare auf Stundenbasis – jedoch begrenzt auf eine Höchstgrenze.

Werden aber auch die Kosten für private Gutachter, die im Zusammenhang mit der Verteidigung erforderlich sind oder die Kosten für Internal Investigations übernommen? Nach Dr. Boche werden auch häufig vom Versicherungsschutz diese Kosten für sog. Firmenstellungnahmen (d.h. die Stellungnahme gegenüber Behörden, die nach Untersuchungen von RAe erstellt werden) mit übernommen. Allerding gibt es auch Ausschlüsse: Zu denken sei hier an den Kartellrechtsausschluss, so dass keine Deckung für Vorwürfe hinsichtlich wettbewerbsbeschränkender Absprachen erfolgt. Häufig sind hier aber auch kleine Deckelbeträge (Sub-Limit) als kleinen Teilbetrag möglich für den Ersatz der Verteidigungskosten.

Hinzuweisen sei in diesem Zusammenhang auf das Urteil des BGH v. 20.5.2021 – IV ZR 324/19, wo die Frage geklärt wurde, ob ein Leistungsausschluss bei einer durch den Versicherungsnehmer oder Versicherten vorsätzlich herbeigeführten Straftat erfolgt. Denn grundsätzlich entfällt der Versicherungsschutz beim Vorliegen einer Vorsatzstraftat. Darf der Versicherer aber einen Kostenersatz bereits verweigern, wenn diese lediglich davon ausgeht, dass der Versicherte eine Vorsatzstraftat begangen hat oder muss die Versicherung erstmal leisten und kann dann im Nachhinein die Aufwendungen zurückverlangen? Damit würde das Insolvenzrisiko erkennbar auf den Versicherer übergehen. Darf die Versicherung ferner später auch die Kosten von ihrem Versicherungsnehmer, also dem Unternehmen zurückverlangen? Die Kosten hat aber der Begünstigte, also die natürliche Person verursacht, die die Verteidigung auch real in Anspruch genommen hat. Der BGH geht dabei in Bezug des vorläufigen Deckungsschutz und beim eventuellen Vorliegen einer Vorsatzstraftat der Frage nach, wie der durchschnittliche Versicherungsnehmer diese Regelungen verstehen muss. Konkret: Was konnte der Versicherungsnehmer bzw. der Begünstigte wissen, wenn er das Regelwerk liest. Nach Ansicht des BGH sei der Versicherer aber nicht zum vorläufigen Deckungsschutz verpflichtet, sofern eine Vorsatzstraftat im Raum steht. Wenn jedoch keine Vorsatzstraftat vorliegt, dann müsste nach Ansicht des BGH ein Kostenersatz erfolgen.

3. Managerhaftpflicht- / D&O-Versicherung

Eine D&O-Versicherung (Directors-and-Officers-Versicherung, auch Organ- oder Manager-Haftpflichtversicherung) ist eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Diese wird von einem Unternehmen für seine leitenden Angestellten oder Organe abgeschlossen. Zwar bietet eine D&O-Versicherung nur Schutz für die Organe und Manager des Unternehmens, nicht aber für das Unternehmen selbst, welches die D&O-Versicherung für seine Organe und Manager abgeschlossen hat, aber dieser Schutz dient mittelbar dann doch auch dem Vermögensschutz des jeweiligen Unternehmens. Die Verteidigerkosten stehen hier eher nicht im Vordergrund, sondern dass das Unternehmen durch das Handeln ihrer Vorstände und Geschäftsführer (leitende Angestellte) gerade keinen Vermögensschaden erleiden soll. Daher werden vom Leistungsumfang die gerichtliche und außergerichtliche Abwehr von Schadensersatzansprüchen sowie die Freistellung von Vermögensschäden auch mit übernommen.

Konkret: Bei einem berechtigten Anspruch ersetzt die Versicherung den Vermögensschaden für das Unternehmen. Bei einem ungerechtfertigten Anspruch werden die Abwehrkosten der Organmitglieder und der leitenden Angestellten übernommen (Übernahme der Verteidigungskosten im Zivilverfahren).

Grundsätzlich erfolgt keine Kostenübernahme für Strafverfahren, aber mittlerweile werden dann doch in vielen D&O-Versicherungen auch strafrechtliche Kosten (zumindest teilweise) mit übernommen – das ist aber eine Erweiterung der bestehenden D&O-Versicherung und noch kein allgemeiner Standard. Die Übernahme der Verteidigerkosten ist somit abhängig davon, ob die verfolgte Pflichtverletzung einen unter den Versicherungsschutz fallenden Haftpflichtanspruch zu Folge haben kann.  Hinzuweisen sei an dieser Stelle auch auf das Urteil des BGH v. 13.4.2016 – IV ZR 304/13 sowie die (sich am Markt leider noch nicht durchgesetzten) unverbindlichen Musterbedingungen.

Bei der D&O-Versicherung ist einer der häufigsten Ausschlüsse der Vorsatzausschluss. Dafür sei auf das Urteil des OLG Frankfurt a.M. v. 7.7.2021 – 7 U 19/21 – verwiesen, wonach es dem Versicherer untersagt ist, sich auf einen Ausschluss wegen arglistiger Täuschung zu berufen, wenn er vorläufige Abwehrkosten bei wissentlicher oder vorsätzlicher Pflichtverletzung bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zugesagt hat.

4. Vertrauensschadensversicherung

Eine weitere Möglichkeit stellt die Vertrauensschadensversicherung dar. Bei ihr geht es auch vorrangig um die Übernahme von Schäden für ein Unternehmen – weniger um die Übernahme von Verteidigerkosten – bspw. wenn das Unternehmen Opfer einer Mitarbeiterstraftat wurde oder durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlungen durch die sog. Vertrauenspersonen. Denn das Unternehmen haftet gegenüber Dritten für solche Handlungen die von ihren Vertrauenspersonen begangen wurden.

5. Cyber-Versicherung

Bei einer Cyber-Versicherung steht der datenschutzrechtliche Versicherungsfall primär im Vordergrund – bspw. wenn durch datenschutzrechtliche Verstöße, durch Hacking oder auch Phishing ein Schaden entstanden ist. Der Deckungsumfang dieser Vertrauensschadensversicherung ist aber leider nicht ganz so hoch, wie bei den anderen Optionen.

6. Compliance-Versicherung

Die Compliance-Versicherung will die hohe Deckungslücke für die Kosten bei Internal Investigations schließen. Ausreichend ist hier schon ein Verdachtsmoment, also die Beschlussfassung zur Einleitung von Ermittlungen.

Umfasst sind bei ihr bspw. die Aufarbeitung aller forensischen Dienstleistungen, die Kosten für die Datenaufbereitung, die Mitarbeiterbefragung, das e-mail-Screening sowie die Kosten für die Durchsicht von Dokumenten wie Gremienprotokolle oder interne Berichte. Beachtenswert ist hierbei der Umstand, dass die Kostenübernahme auf 500.000 EUR pro Jahr und pro Versicherungsfall begrenzt ist. Gerade in Bereichen mit internationalem Kontext kann diese Begrenzung leider recht schnell erreicht werden.

Die Praxis wird zeigen, ob und wie sich die Compliance-Versicherung am Markt durchsetzt oder ob diese ggfs. noch partiell angepasst werden muss.

III. Der Umgang mit den Versicherern – Tipps aus der Praxis der Strafverteidigung

Im Anschluss referierte RAin Dr. Astrid Lilie, Partnerin von Schiller & Kollegen, Frankfurt am Main zu dem Thema „Der Umgang mit den Versicherern – Tipps aus der Praxis der Strafverteidigung“.

Sie wies praxisrelevant ebenfalls darauf hin, dass am Anfang des Umgangs mit den Versicherern stets die konkrete Versicherungspolice erfragt und beachtet werden sollte bzw. muss. Denn aus ihr ergibt sich der konkrete Versicherungszeitraum – wichtig auch für Rückwärtsversicherungen oder auch mögliche Nachhaftungen – sowie die Abrechnungsmodalitäten oder eine Strafprozessvollmacht, konkrete Vergütungsvereinbarungen, ein Selbstbehalt bzw. eine Selbstbeteiligung oder auch die Deckungsgrenzen. In der Praxis werden diese Deckungsgrenzen oft nicht direkt mitgeteilt – wohl auch damit die Anwälte diese Summen nicht „mit Vorsatz“ ausschöpfen sollen.

Wichtig ist nach § 30 VVG ferner immer die fristgerechte Anzeige des Versicherungsfalls, sowie die Anfrage der Deckungszusage (im Idealfall in Kenntnis der Police), ggfs. mit der Anpassung und Übersendung einer Honorarvereinbarung sowie die Bearbeitung weiterer notwendiger Unterlagen. Denn würde der Versicherer nicht rechtzeitig über einen Versicherungsfall informiert werden, so kann im schlimmsten Fall ein Leistungsausschluss oder eine Leistungskürzung erfolgen. Als regelmäßige Ausschlusskriterien sind das Vorliegen von Verbrechen oder eine Verletzung von Vorschriften im Bereich des Kartellrechts zu nennen.

Hingewiesen wird an dieser Stelle auf das Urteil des BGH v. 13.2.2020 – IX ZR 90/19, wonach eine Entbindung der Schweigepflicht durch ausdrückliches oder schlüssiges Handeln des Verteidigers für den Mandanten erfolgen kann.

Für die Praxis ist das Urteil des BGH v. 21.10.2020 – IX ZR 37/10 ebenfalls wichtig, muss nach ihm ein deutliches Augenmerk auf die konkreten Zeit- und Arbeitsnachweise gelegt werden. Überdies sollte auch stets angegeben werden, welche konkreten Schriftstücke vom Anwalt gelesen und bearbeitet wurden; zu welcher Rechtsfrage genau recherchiert wurde; zu welchem Thema mit welchem konkreten Gesprächspartner konkret korrespondiert wurde, usw.

Nach dem Urteil des LG Karlsruhe v. 19.1.2021 – 6 O 213/18 sei auch eine 5-Minuten-Zeittaktklausuel zulässig (eine 15-Minuten-Zeitklausel sei nach dem Urteil des BGH v. 13.2.2020 – IX ZR 141/19 dagegen unzulässig). Am besten wäre hier stets eine minutengenaue, also eine tatsächliche, Zeiterfassung.

Abgerechnet werden kann: die Einarbeitung in den Sachverhalt, eine Besprechung und Korrespondenz mit dem Mandanten bspw. eine Aktenversendungspauschale usw. 

Dokumentiert werden muss stets die Durchsicht von Akten oder Unterlagen, welche Art der Vorbereitung und Verfassung eigens für den Schriftsatz erfolgte, die jeweils konkreten Literaturrecherchen, Telefonate und email-Korrespondenzen zu welchem konkreten Thema sowie die Teilnahme an konkreten gerichtlichen Terminen oder Vernehmungen.

Nicht abrechenbar sind dabei die Arbeiten des Sekretariats (bspw. für die Erstellung eines Datenraums) sowie technische Arbeiten und das Auseinandersetzen mit der eigenen Technik.

Rechnungen sollten auch immer durch den Mandanten freigegeben werden – daher sind diese immer an den Mandanten übersenden. Einige Versicherer lassen sich auch die Rechnungen direkt vom Mandanten übermitteln, da dadurch davon ausgegangen werden kann, dass der Mandant Kenntnis vom Rechnungsinhalt genommen hat.

Ebenfalls sehr praxisrelevant ist auch die Frage, welche Unterlagen überhaupt der Versicherer herausverlangen darf? Gem. § 31 VVG darf der Versicherer nur jene Unterlagen verlangen, die er für notwendig und erforderlich hält, sofern sie nur möglicherweise – unmittelbar oder mittelbar – für den Grund oder den Umfang der Leistung nach bedeutsam sein können.

Schließlich sei für die Abrechnung von Reisezeiten stets auch eine notwendige und eindeutige Regelung essentiell, aber mittlerweile werden hier auch nur noch geringe Kosten ersetzt, siehe dazu auch das Urteil des LG Karlsruhe v. 19.1.2021 – 6 O 213/18.

IV. Fazit

Auch mit dieser Vortrags- und Diskussionsveranstaltung ist es dem WisteV wieder gelungen, ein sehr praxisrelevantes Thema kurz, knapp und überblicksartig darzustellen und so ein mögliches Informationsdefizit bei den Kollegen zu schließen.

 

 

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