Den Vorlagebeschluss im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 14.04.2020 – 5 StR 20/19: Großer Senat soll über Anwendungsbereiche der §§ 265 Abs. 1 und 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO entscheiden
Leitsatz der Redaktion:
Der 5. Strafsenat hat nach der Antwort des 1. Senats entschieden, den Großen Strafsenat des BGH zu fragen, ob der Angeklagte nach § 265 Abs. 1 StPO oder § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf eine mögliche Einziehung des Wertes von Taterträgen hinzuweisen ist, wenn die Anknüpfungstatsachen bereits in der Anklageschrift enthalten sind.
Sachverhalt:
Am 18.06.2019 hatte der 5. Senat beabsichtigt zu entscheiden, dass weder § 265 Abs. 1 StPO noch § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO eine Hinweispflicht auf die Rechtsfolge der obligatorischen Einziehung auslösten und hatte beim 1. Senat angefragt, ob dieser an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung festhalten wolle. Den zugehörigen KriPoZ-RR Beitrag finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 22/2019.
Am 10.10.2019 hatte der 1. Senat entschieden, dass er an seiner Rechtsprechung festhält und hatte einen Hinweis auf eine Einziehung auch dann für erforderlich gehalten, wenn die Tatsachen zwar bereits in der Anklageschrift enthalten gewesen waren, das Gericht deren Bedeutungsgehalt jedoch erst in der Hauptverhandlung realisiere. Den Beitrag zum Antwortbeschluss finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 49/2019.
Entscheidung des 5. Senats:
Der Senat entschied, die Frage dem Großen Senat vorzulegen, da sie eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darstelle. Dabei sei nicht nur die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen relevant, sondern die Hinweispflicht habe Bedeutung für alle Rechtsfolgenentscheidungen. Daher sei eine einheitliche Rechtsprechung nach der Reform des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17. August 2017 dringend erforderlich. Sonst wäre es möglich, dass in praxisrelevanten Fragen mit Bedeutung für die Verteidigungsrechte des Angeklagten unterschiedliche Entscheidungen ergingen.
Man müsse im Wege der Auslegung nach dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift zu dem Ergebnis kommen, dass Abs. 1 Fälle des geänderten Schuldgehalts und Abs. 2 Nr. 1 Änderungen der Rechtsfolgen betreffen. Zwar habe der Gesetzgeber bei seiner Reform alle Maßnahmen der Hinweispflicht des § 265 StPO unterwerfen wollen, daraus könne jedoch nicht geschlossen werden, dass alle Maßnahmen den gleichen verfahrensrechtlichen Maßgaben folgen sollen.
Anmerkung der Redaktion:
Informationen zum Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens finden Sie hier.