KriPoZ-RR, Beitrag 63/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 21.07.2020 – 5 StR 146/19: Auch Kopie eines Ausweises für das Gebrauchen zur Täuschung im Rechtsverkehr nach § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB ausreichend

Amtlicher Leitsatz:

1. Auch durch Vorlage der Kopie oder durch elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises zur Identitätstäuschung kann ein Ausweispapier im Sinne von § 281 Abs. 1 S. 1 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werden.

2. Zur Fälschung beweiserheblicher Daten durch Anmeldung bei einer Auktionsplattform und durch Online-Verkaufsangebote unter falschem Namen.

Sachverhalt:

Den Sachverhalt finden Sie im KriPoZ-RR, Beitrag 21/2019.

Entscheidung des BGH:

Die Entscheidung geht aus einem Anfragebeschluss des 5. Strafsenats hervor. Dieser hielt jetzt trotz der Einwände des 2. Strafsenats an seiner beabsichtigten Entscheidung fest.

 

Anmerkung der Redaktion:

Den Anfragebeschluss finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 21/2019.

Die Antwort des 4. Strafsenats  finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 13/2020.

Die Antwort des 2. Strafsenats findne Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 39/2020.

 

 

 

KriPoZ-RR, Beitrag 13/2020

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 04.12.2019 – 4 ARs 14/19: Antwort auf Anfragebeschluss des 5. Senats vom 08.05.2019 (5 StR 146/19)

Bestätigter Leitsatz des Anfragebeschlusses:

Auch durch Vorlage einer Kopie oder elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises kann ein Ausweispapier im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werden.

Sachverhalt:

Der 5. Strafsenat hatte beabsichtigt den Angeklagten wegen Ausweismissbrauchs zu verurteilen, weil dieser eine unbeglaubigte Fotokopie eines echten Ausweises zur Täuschung im Rechtsverkehr verwendet hatte, fühlte sich daran jedoch durch die Rechtsprechung des 4. Senats gehindert. Weitere Informationen finden Sie im KriPoZ-RR, Beitrag 21/2019.

Entscheidung des 4. Senats:

Der Senat bestätigte den beabsichtigten amtlichen Leitsatz der Entscheidung.

Als nicht überzeugend sah der Senat jedoch das Argument, dass die Änderungen des Passwesens vom 7. Juli 2017, die erstmals ein Ablichten von Ausweispapieren erlaubten, für eine einheitliche Auslegung des Merkmals „Gebrauchen“ in § 281 Abs. 1 und § 267 Abs. 1 StGB sprächen. Der Gesetzgeber habe mit den Änderungen nur das Bedürfnis der Bevölkerung zur Nutzung von abfotografierten Ausweisen anerkennen und gerade nicht die unbeglaubigte Fotografie eines Ausweispapiers in ihrer Beweisfunktion neben einen echten Ausweis stellen wollen. Dafür spreche auch, dass der Rechtsverkehr bei Geschäften, bei denen es auf die Identität der Personen ankomme, nach wie vor nur echte Ausweispapiere zur Legitimation anerkenne. Zudem fände das deutsche PassG oder PAuswG nur auf inländische Ausweispapiere Anwendung, § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB gelte jedoch für sämtliche Urkunden, die zur Identifikation von einer Behörde oder amtlichen Stelle ausgestellt würden, also auch für ausländische Ausweispapiere, die auch im zu entscheidenden Fall genutzt worden waren.

Dennoch spricht sich der Senat für eine einheitliche Auslegung des „Gebrauchens“ in § 281 Abs. 1 StGB sowie § 267 Abs. 1 StGB aus, da zum einen der gleichlautende Wortlaut und zum anderen der Schutzzweck der Norm dafür spreche. Zusätzlich könnten so Wertungswidersprüche vermieden werden, die aufträten, wenn eine Strafbarkeit nach § 281 StGB aufgrund der Verwendung einer Kopie nicht in Betracht käme, der Täter jedoch nach § 267 StGB deutlich härter aufgrund desselben Sachverhalts zu bestrafen wäre, so der BGH.

 

Anmerkung der Redaktion:

Den betreffenden KriPoZ-RR-Beitrag zum Anfragebeschluss finden Sie hier. Den Anfragebeschluss im Original finden Sie hier.

 

 

 

KriPoZ-RR, Beitrag 58/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 21.08.2019 – 3 StR 7/19: Konkurrenzverhältnis Urkundenfälschung und –unterdrückung

Leitsatz der Redaktion:

Die durch Beschädigen einer echten Urkunde begangene Urkundenunterdrückung nach § 274 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 StGB tritt hinter der Urkundenfälschung im Sinne des § 267 Abs. 1 Var. 2 StGB im Wege der Konsumtion zurück.

Sachverhalt:

Das LG Verden hat den Angeklagten wegen Geldfälschung in Tateinheit mit Betrug in zwei Fällen, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Urkundenunterdrückung in acht Fällen verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Beschuldigte mit anderen Mittätern Bescheinigungen der DEKRA und des TÜV gefälscht, um Autofahrern, die sich einer MPU unterziehen mussten, bei der Wiedererlangung ihres Führerscheins zu helfen. Dazu hatten sie sich Papier in der Art besorgt, wie es von den Prüfstellen verwendet wird und auf diesem Papier eine bestandene MPU bescheinigt. Anschließend waren die Vernietung und das Siegel des originalen Zeugnisses gelöst und auf dem von ihnen erstellten Zeugnis angebracht worden.

Entscheidung des BGH:

Der BGH gab der Revision des Angeklagten statt, da die rechtliche Würdigung des LG rechtsfehlerhaft sei.

Verwirkliche dieselbe Handlung eines Täter die Verletzung mehrerer Gesetze, sei grundsätzlich von Tateinheit (§ 52 StGB) auszugehen.

Ausnahmen von diesem Grundsatz seien nur in den Fällen der Gesetzeskonkurrenz zu machen, also in Fällen der Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion.

Typisch für die Konsumtion sei es, dass die verschiedenen Tatbestände in einem kriminologischen Zusammenhang stünden und der Schuldgehalt der Tat schon durch die Nennung des schwereren Delikts im Schuldspruch genügend zum Ausdruck komme. Insofern bestehe gerade kein Rangverhältnis zwischen den verschiedenen Delikten wie beispielsweise bei der Subsidiarität.

Die Konsumtion erfasse somit typische Begleittaten, selbst wenn diese ein anderes Rechtsgut schützten, so der BGH.

Auch in dem zu entscheidenden Fall sprächen die Unterschiedlichen Rechtsgüter der §§ 274 und 267 StGB zwar für die Annahme von Tateinheit, allerdings sei die Urkundenunterdrückung eine typische Begleittat bei der Verfälschung einer echten Urkunde, denn es sei kein Fall denkbar, bei dem eine echte Urkunde verfälscht werde, ohne das zugleich eine Beschädigung dieser Urkunde stattfinde. Auch die unterschiedlichen Vorsatzgrade hätten für die konkurrenzrechtliche Bewertung keine Relevanz. Somit enthalte das Beschädigen einer Urkunde keinen eigenständigen und über die Verfälschung hinausgehenden Unrechtsgehalt.

 

Anmerkung der Redaktion:

Den Streit, ob die Gutachten den begutachteten Personen gehören oder auch den Fahrerlaubnisbehörden (vgl. BGH, Urt. v. 29.01.1980 – 1 StR 683/79), brauchte der BGH in diesem Fall nicht zu entscheiden.

 

 

KriPoZ-RR, Beitrag 21/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 08.05.2019 – 5 StR 146/19: Auch Kopie eines Ausweises für das Gebrauchen zur Täuschung im Rechtsverkehr nach § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB ausreichend

Beabsichtigter amtlicher Leitsatz:

Auch durch Vorlage einer Kopie oder elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises kann ein Ausweispapier im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werden.

Sachverhalt:

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Betrugs in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Tatgerichts hatte der Angeklagte hochwertige Uhren im Internet zum Kauf angeboten, ohne die Erfüllung des Vertrages zu beabsichtigen. Um die Käufer von seiner Identität zu überzeugen, hatte er ihnen Bilder von echten Personalausweisen geschickt, die andere Personen verloren hatten oder ihm selbst als Bild im Rahmen von Verkaufsgesprächen geschickt hatten. In einem weiteren Tatkomplex hatte der Angeklagte eine Kopie einer echten rumänischen Identitätskarte bei der Telekom vorgelegt, um mehrere Telefonverträge abschließen zu können. Dabei fälschte er zudem die Unterschrift des Inhabers der Identitätskarte.

Entscheidung des BGH:

Der BGH beabsichtigt die Revision des Angeklagten zu verwerfen, da der Begriff des Gebrauchens in § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB genauso auszulegen sei wie bei § 267 Abs. 1 StGB.

Es genüge, dem Gegenüber die sinnliche Wahrnehmung der Urkunde zu ermöglichen, was auch vermittelt durch eine Fotokopie oder ein Bild möglich sei. Bei dieser Auslegung würde der Senat allerdings von der Rechtsprechung des vierten Senats abweichen, weshalb er anfragt, ob an der entgegenstehenden Rechtsprechung festgehalten werden soll.

Der vierte Senat vertritt eine inkongruente Definition des Tatbestandsmerkmals „Gebrauchen“ in beiden Tatbeständen, da § 281 nur den Gebrauch der originalen Urschrift bestrafen wolle und gerade nicht die Vorlage einer Kopie oder eines Fotos. Demnach könne derjenige, der eine Kopie eines echten Ausweises vorlege nur wegen Versuchs bestraften werden, wenn er bereit sei, das echte Original zur Täuschung vorzulegen.

Dies begründet der Senat damit, dass der Rechtsverkehr keinen besonderen Schutz verdiene, wenn er sich nicht das Original zu Prüfzwecken aushändigen lasse.

Nach Ansicht des dritten Senats spreche dagegen, dass der allgemeine Sprachgebrauch unter Gebrauchen auch das Vorlegen von Kopien oder Bildern verstehe. Zudem sei die Verwendung desselben Begriffs in zwei Tatbeständen desselben Abschnitts des StGB ein klares Indiz dafür, dass eine deckungsgleiche Auslegung vom Gesetzgeber gewünscht sei. Dies begründet der Senat auch mit einem historischen Argument, denn der historische Gesetzgeber habe bei Einführung des Tatbestandsmerkmals ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts Bezug genommen, nach derer schon damals die Vorlage einer Ablichtung des Originals für ein „Gebrauchen“ ausgereicht habe. Dies lasse sich auch mit dem Telos der Norm vereinbaren, so der dritte Senat, da das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die besondere Beweiskraft eines Ausweispapiers bei der Übersendung oder Vorlage von (elektronischen) Kopien in gleicher Art und Weise beeinträchtigt sei wie bei der Nutzung des Originals. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung relevant, durch die immer häufiger und auch staatlich gebilligt, elektronische Fotos oder Kopien von Ausweisen zur Identifikation genutzt würden.

Anmerkung der Redaktion:

Die Entscheidung des 4. Strafsenats finden Sie hier: BGH, Urt. v. 04.09.1964 – 4  StR 324/64

Am 19.06.2018 entschied der BGH einen ähnlichen Fall, in dem es um die Strafbarkeit des Versendens einer digital verfälschten Kopie mittels E-Mail ging: BGH, Beschl. v. 19.06.2018 – 4 StR 484/17

Die Antwort des 4. Strafsenats finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 13/2020.

Die Antwort des 2. Strafsenats finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 39/2020.

 

 

 

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