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KriPoZ-RR, Beitrag 21/2019

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 08.05.2019 – 5 StR 146/19: Auch Kopie eines Ausweises für das Gebrauchen zur Täuschung im Rechtsverkehr nach § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB ausreichend

Beabsichtigter amtlicher Leitsatz:

Auch durch Vorlage einer Kopie oder elektronische Übersendung des Bildes eines echten Ausweises kann ein Ausweispapier im Sinne von § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht werden.

Sachverhalt:

Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen Betrugs in Tateinheit mit Missbrauch von Ausweispapieren verurteilt.

Nach den Feststellungen des Tatgerichts hatte der Angeklagte hochwertige Uhren im Internet zum Kauf angeboten, ohne die Erfüllung des Vertrages zu beabsichtigen. Um die Käufer von seiner Identität zu überzeugen, hatte er ihnen Bilder von echten Personalausweisen geschickt, die andere Personen verloren hatten oder ihm selbst als Bild im Rahmen von Verkaufsgesprächen geschickt hatten. In einem weiteren Tatkomplex hatte der Angeklagte eine Kopie einer echten rumänischen Identitätskarte bei der Telekom vorgelegt, um mehrere Telefonverträge abschließen zu können. Dabei fälschte er zudem die Unterschrift des Inhabers der Identitätskarte.

Entscheidung des BGH:

Der BGH beabsichtigt die Revision des Angeklagten zu verwerfen, da der Begriff des Gebrauchens in § 281 Abs. 1 Satz 1 StGB genauso auszulegen sei wie bei § 267 Abs. 1 StGB.

Es genüge, dem Gegenüber die sinnliche Wahrnehmung der Urkunde zu ermöglichen, was auch vermittelt durch eine Fotokopie oder ein Bild möglich sei. Bei dieser Auslegung würde der Senat allerdings von der Rechtsprechung des vierten Senats abweichen, weshalb er anfragt, ob an der entgegenstehenden Rechtsprechung festgehalten werden soll.

Der vierte Senat vertritt eine inkongruente Definition des Tatbestandsmerkmals „Gebrauchen“ in beiden Tatbeständen, da § 281 nur den Gebrauch der originalen Urschrift bestrafen wolle und gerade nicht die Vorlage einer Kopie oder eines Fotos. Demnach könne derjenige, der eine Kopie eines echten Ausweises vorlege nur wegen Versuchs bestraften werden, wenn er bereit sei, das echte Original zur Täuschung vorzulegen.

Dies begründet der Senat damit, dass der Rechtsverkehr keinen besonderen Schutz verdiene, wenn er sich nicht das Original zu Prüfzwecken aushändigen lasse.

Nach Ansicht des dritten Senats spreche dagegen, dass der allgemeine Sprachgebrauch unter Gebrauchen auch das Vorlegen von Kopien oder Bildern verstehe. Zudem sei die Verwendung desselben Begriffs in zwei Tatbeständen desselben Abschnitts des StGB ein klares Indiz dafür, dass eine deckungsgleiche Auslegung vom Gesetzgeber gewünscht sei. Dies begründet der Senat auch mit einem historischen Argument, denn der historische Gesetzgeber habe bei Einführung des Tatbestandsmerkmals ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Reichsgerichts Bezug genommen, nach derer schon damals die Vorlage einer Ablichtung des Originals für ein „Gebrauchen“ ausgereicht habe. Dies lasse sich auch mit dem Telos der Norm vereinbaren, so der dritte Senat, da das Vertrauen des Rechtsverkehrs in die besondere Beweiskraft eines Ausweispapiers bei der Übersendung oder Vorlage von (elektronischen) Kopien in gleicher Art und Weise beeinträchtigt sei wie bei der Nutzung des Originals. Dies sei gerade vor dem Hintergrund der Digitalisierung relevant, durch die immer häufiger und auch staatlich gebilligt, elektronische Fotos oder Kopien von Ausweisen zur Identifikation genutzt würden.

Anmerkung der Redaktion:

Die Entscheidung des 4. Strafsenats finden Sie hier: BGH, Urt. v. 04.09.1964 – 4  StR 324/64

Am 19.06.2018 entschied der BGH einen ähnlichen Fall, in dem es um die Strafbarkeit des Versendens einer digital verfälschten Kopie mittels E-Mail ging: BGH, Beschl. v. 19.06.2018 – 4 StR 484/17

Die Antwort des 4. Strafsenats finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 13/2020.

Die Antwort des 2. Strafsenats finden Sie hier: KriPoZ-RR, Beitrag 39/2020.

 

 

 

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