Das 6. Trierer Forum zum Recht der Inneren Sicherheit (TRIFORIS) – Hass und Hetze im Internet

von Wiss. Mit. Dr. Tanja Niedernhuber

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Unter der Schirmherrschaft der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer fand am 8. Oktober 2021 in der Mainzer Staatskanzlei bereits zum sechsten Mal das Trierer Forum zum Recht der Inneren Sicherheit (TRIFORIS) statt. Die vom Institut für Digitalisierung und das Recht der Inneren Sicherheit der Ludwig-Maximilians-Universität München (IDRIS) und dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz ausgerichtete Veranstaltung widmete sich dem Thema „Hass und Hetze im Internet“.

Aufgrund der anhaltenden Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie fand die Tagung in hybrider Form statt. Während sich Referenten, Moderatoren, Diskutanten sowie ein Teil der Tagungsteilnehmer im Festsaal der Staatskanzlei trafen, konnten weitere Teilnehmer der Veranstaltung über den Youtube-Kanal der Polizei Rheinland-Pfalz folgen. An der Diskussion konnten sich die Online-Teilnehmer per Chat beteiligen.

Nach einem Grußwort von Johannes Kunz (Präsident des Landeskriminalamts Rheinland-Pfalz) und einer Videobotschaft von Roger Lewentz(Minister des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz) führte Professor Dr. Mark A. Zöller in das Tagungsthema ein.

I. Keynote Speech

Die erste Sitzung moderierte Kriminaldirektor Jörg Wilhelm (Ministerium des Innern und für Sport des Landes Rheinland-Pfalz). Dr. Ronen Steinke(Süddeutsche Zeitung) eröffnete die Sitzung mit einer Keynote Speech zum Thema „Antisemitische Gewalt in Deutschland“. Er schilderte eindrücklich die Lebenswirklichkeit von Juden in Deutschland, angefangen von der Alltäglichkeit bewaffneter Bewachung von Synagogen, Kindergärten und Schulen über Metalldetektoren an Schuleingängen bis hin zur regelmäßigen Prüfung von Schulbussen auf etwaige Sprengsätze.

Aufgrund eines riesigen Dunkelfeldes – nur ca. 20% der antisemitischen Straftaten würden angezeigt – gebe es einen großen straffreien Raum für Täter. Die geringe Anzeigebereitschaft liege im Wesentlichen daran, dass die Polizei Opfer antisemitischer Straftaten häufig abwimmele oder gar als Teil des Problems darstelle. Diese Aussage illustrierte Steinke anhand zweier Beispiele: Die Inhaber eines koscheren Restaurants mit zu einem Davidstern verschlungenen Weingläsern als Logo habe sich bei der Anzeigeerstattung anhören müssen, dass man sich bei diesem Logo nicht wundern müsse, wenn Straftaten begangen würden. Einer Hausbesitzerin, deren Haustür mit einem Hakenkreuz beschmiert worden war, sagte die Polizei, eine Strafanzeige verursache bei antisemitischen Straftaten einen zu großen Arbeitsaufwand, woraufhin sie von der Anzeige absah. Auch die Justiz schenke antisemitischen Straftaten nicht genügend Aufmerksamkeit, indem sie deutlich zu milde Strafen verhänge. Zudem sähen Polizei und Staatsanwaltschaft gelegentlich eindeutige Beleidigungen mit dem Hinweis auf Israelkritik als von der Meinungsfreiheit gedeckt an. Insgesamt sei die Bedrohungslage für Juden in Deutschland immer noch sehr ernst. Der Staat sollte laut Steinke durch konsequente Strafverfolgung den Opfern performativen Trost spenden und der Botschaft von Hasskriminalität („Du gehörst hier nicht her!“) die konträre Botschaft „Du gehörst hierher!“ entgegensetzen.

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass ein großes Misstrauen der jüdischen Bevölkerung gegenüber der Polizei herrsche. Die Tatsache, dass jüdische Einrichtungen regelmäßig von Israelis und nicht von deutschen Polizisten bewacht würden, sei symptomatisch dafür. Um Vertrauen aufzubauen, seien Antisemitismusbeauftragte sehr wirkungsvoll, die jüdische Veranstaltungen besuchen und unmittelbar ansprechbar sind. Auch der Austausch zwischen der örtlichen Polizei und den jüdischen Gemeinden sei sehr wichtig. Schließlich erntete Steinke Applaus für die Aussage, dass es bei der Polizei nicht lauter Kulturexperten brauche, sondern dass eine geänderte Geisteshaltung in der Polizei bereits viel bewirken könne. Es sollte für jeden Polizeibeamten selbstverständlich sein, dass das „Vornehmste für den Rechtsstaat (…) das Beschützen der Schwachen und der Kleinen“ sei.

II. Grenzen freier Meinungsäußerung im Internet

Rechtsanwalt Dr. Saleh R. Ihwas (Schiller & Kollegen) begann seinen Vortrag über „Grenzen freier Meinungsäußerung im Internet“ mit einem Zitat vieler deutscher Bundes- und Landesminister: „Das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein“. Er stellte fest, dass es bereits viele Vorschriften gebe, welche Aktivitäten im Internet regeln. Schwierig sei allein die Durchsetzung dieser Vorschriften.

Anhand von Statistiken aus den Jahren 2019 und 2020 zeigte Ihwas einen Anstieg politisch motivierter Straftaten um knapp 40% innerhalb eines Jahres. Bei den Hasspostings sei es sogar eine Steigerung um gut 70% gewesen. Die Hasspostings gegen Renate Künast und die Einstufung der meisten davon als von der Meinungsfreiheit gedeckt führten einem das Spannungsfeld zwischen Persönlichkeitsschutz und Meinungsfreiheit vor Augen. Ihwas stellte anhand der §§ 185 ff. StGB die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Abwägung der Persönlichkeitsrechte und der Meinungsfreiheit dar und erläuterte die Voraussetzungen von Schmähkritik und Formalbeleidigung, bei deren Vorliegen keine Abwägung vorzunehmen ist. Abschließend gab Ihwas einen Überblick über die aktuelle Gesetzgebung, insbesondere das Gesetzespaket gegen Hasskriminalität.

In der anschließenden Diskussion wurde der Problemfall Telegram erörtert. In diesem Fall sei eine effektive Strafverfolgung selten möglich, da die kriminellen Nutzer ihre Accounts häufig mittels anonymer Fake-E-Mail-Accounts einrichteten und Telegram selbst nicht greifbar sei, da Erkenntnisse zum genauen Firmensitz fehlten.

III. Digitale Gewalt – Warum der Hass unsere Demokratie bedroht und was jetzt zu tun ist

Anna-Lena von Hodenberg (HateAid gGmbH) sprach in ihrem Vortrag über „digitale Gewalt“. Unter diesen Begriff fasste von Hodenbergbeispielsweise Fotomontagen mit pornografischem Kontext, Belästigung durch unerwünschte Dickpics (Fotos von männlichen Genitalien), über die heimliche Installation von Spyware auf Handys bis hin zum sogenannten Doxing, dem Sammeln und Veröffentlichen von personenbezogenen Daten, insbesondere der Privatadresse, welches Gewalttaten zur Folge haben könne.

Besonders erschütternd sei die weite Verbreitung digitaler Gewalt. Nach einer aktuellen Studie der Medienanstalt NRW hätten mehr als drei Viertel der Befragten, unter den 14-24-Jährigen seien es sogar 98%, digitale Gewalt schon einmal wahrgenommen und ein Sechstel sei selbst betroffen gewesen. (Kommunal-)Politiker, Journalisten und Aktivisten seien besonders häufig eine Zielscheibe für digitale Gewalt. Auffällig sei, dass nur 5% der Nutzer für 50% der Hasskommentare verantwortlich seien. Viele Fakeprofile sorgten dafür, dass wenige tausend Nutzer im Internet eine gigantische Schlagkraft entwickelten, die sie ohne das Internet nicht hätten. Hinzu komme, dass die Algorithmen mancher sozialer Netzwerke Postings mit besonders hoher Aktivität pushten und dadurch die Verbreitung noch weiter förderten. Insbesondere auf Telegram sei eine starke Radikalisierung zu beobachten, gegen die die deutsche Justiz bisher machtlos sei, da Telegram in Dubai sitze und bislang keinen Ansprechpartner benannt habe.

Infolge der digitalen Gewalt setze das sogenannte Silencing ein. Viele Kommunalpolitiker verzichteten aus Angst vor Repressionen vollständig auf die Nutzung von sozialen Medien und ein Teil denke sogar über einen Rückzug aus der Politik nach. Daraus könne ein Demokratieproblem entstehen. Auch Journalisten veröffentlichten zu bestimmten Themen nicht mehr. Darüber hinaus traue sich jeder zweite Internetnutzer aus Angst vor Hass und Hetze nicht, öffentlich seine politische Meinung zu posten.

Das Internet sei ein rechtsdurchsetzungsfreier Raum mit riesigem Dunkelfeld bei einer Anzeigequote von nur 4%. Als Gründe für die geringe Anzeigebereitschaft führte von Hodenberg negative Erfahrungen bei der Anzeigeerstattung an. So seien Beratungsstellen und Polizeidienststellen nicht digital aufgerüstet, zudem fehle es an Fachkenntnissen, auch im Bereich Zeugenschutz. Victimblaming sei ein wichtiger Faktor und die Strafverfolgungsbehörden seien noch stark auf die Kooperation der Plattformen bei der Täteridentifizierung angewiesen. Diese wiederum handelten oft nicht freiwillig.

Die Mittel der Wahl zur Bekämpfung der digitalen Gewalt seien eine konsequente Strafverfolgung neben einer Plattformregulierung durch die Europäische Union, Zivilcourage, politische Bildung sowie Förderung der Medienkompetenz.

IV. Die nachrichtendienstliche Überwachung des Rechtsextremismus

Zu Beginn der zweiten Sitzung, welche Rechtsanwalt Dr. Nikolaos Gazeas (Gazeas Nepomuck Rechtsanwälte) moderierte, erläuterte Dr. Felor Badenberg (Bundesamt für Verfassungsschutz) die Rolle des Verfassungsschutzes bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus. Die Aufgabe des Verfassungsschutzes bestehe darin, eine Bedrohung zu erkennen, zu bewerten und eventuell notwendige Maßnahmen zu ergreifen. Erkenntnisse generiere der Verfassungsschutz zum einen aus offen zugänglichen Quellen, aber auch mithilfe nachrichtendienstlicher Mittel wie der Telefon- und Postüberwachung, Oberservation und des Einsatzes von V-Leuten. Der Verfassungsschutz erstelle aus den gesammelten Informationen Lagebilder und Analysen. Diese stelle er politischen Verantwortungsträgern sowie Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften zur Verfügung, damit diese Entscheidungen treffen bzw. exekutive Maßnahmen ergreifen können.

Ziel sei es, die Handlungsfähigkeit von Rechtsextremisten einzuschränken, beispielsweise indem die zuständigen Behörden auf der Grundlage der Informationen durch den Verfassungsschutz vereinsrechtliche Verbote von rechtsextremen Musik- und Kampfsportveranstaltungen erlasse. Daneben werden Erkenntniszusammenstellungen über einzelne rechtsextreme, gewaltbereite Personen an Waffenbehörden weitergeleitetet, die auf dieser Grundlage eine waffenrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung vornehmen könnten. Der Verfassungsschutz identifiziere auch Rechtsextremisten in öffentlichen Behörden und wirke durch Information der Behörden auf eine Entfernung dieser Personen aus dem Dienst hin.

Badenberg stellte den klassischen Rechtsextremismus und die neue Rechte gegenüber. Während der klassische Rechtsextremismus, vertreten durch Parteien wie die NPD und Der III. Weg sowie neonazistische Vereinigungen, seine Ideologie offen nach außen kommuniziere, trete die neue Rechte subtiler auf. Die neue Rechte greife die Narrative des klassischen Rechtsextremismus auf, verwende aber neue Begrifflichkeiten wie „Umvolkung“ und „Ersetzungsmigration“, welche die dahintersteckenden Motive verschleiern sollen. Sie wolle eine „Kulturrevolution von rechts“ erreichen.

Da Begrifflichkeiten in diesem Kontext eine große Rolle spielen, sei es besonders wichtig, auch althergebrachte Begriffe zu überdenken. So sei der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ schon im Ansatz falsch, da es meist nicht um Fremde gehe, sondern um Menschen, die fester Bestandteil der hiesigen Gesellschaft sind.

Es sei zu beobachten, dass die potenziellen Täter immer jünger würden und sich in einer Internet-Subkultur radikalisierten. Sie verehrten Straftäter wie Anders Breivik wie Helden und ließen sich von diesen zu Nachahmungstaten inspirieren.

V. Das Programm ReGeWa („Rechte Gewalttäter“)

In seinem Vortrag stelle der Leitende Kriminaldirektor Hans Kästner (Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz) zunächst fest, dass politisch rechts motivierte Straftaten in der letzten Zeit zunähmen. Sie stellten eine Gefahr für die Innere Sicherheit dar und hätten negative Auswirkungen auf das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sowie auf das Ansehen Deutschlands in der internationalen Staatengemeinschaft. Die rheinland-pfälzische Landesregierung habe daher einen 10-Punkte-Plan zur Bekämpfung von politisch rechts motivierter Kriminalität aufgestellt. Dieser beinhalte unter anderem die Stärkung der Ermittlungskompetenz, die Verweigerung bzw. den Entzug von Waffenerlaubnissen bei Rechtsextremisten, ein verbessertes Haftbefehlsmanagement sowie die Entwicklung eines Auswertungskonzepts zum Erkennen von potenziell rechtsmotivierten Gewalttätern („ReGeWa“). Das Programm „ReGeWa“ habe zum Ziel, mögliche rechtsmotivierte Gewalttaten zu erkennen, zu verhindern und konsequent zu verfolgen, potenziell rechtsmotivierte Gewalttäter, Netzwerke und Strukturen aufzudecken, rechte Gewalttäter zu kategorisieren und „auffällige“ Personen in den polizeilichen Fokus zu nehmen.

Ein Abgleich mit polizeilichen Auskunftssystemen, Einwohnermeldedaten, Straftatenkatalogen, nationalen Waffenregistern sowie offenen Haftbefehlen ermöglichten die Einstufung von Personen in eine der folgenden Kategorien: 1) Gefährder, 2) relevante Personen, 3) sonstige herausragende Verwantwortliche, 4) Mitläufer/ Umfeldpersonen, 5) Sonstige Personen. Personen, die einer der ersten drei Kategorien zugeordnet werden oder bei denen gefährdungsrelevante Entwicklungs- bzw. Radikalisierungstendenzen erkennbar sind oder die über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen oder die mit Haftbefehl gesucht werden, unterlägen einer besonderen Überprüfung und Bearbeitung.

Das Programm „ReGeWa“ laufe seit gut einem Jahr. Als vorläufiges Ergebnis seien die Aufhellung des Personenpotenzials der rechtsmotivierten Kriminalität, eine steigende Zahl eingestufter Personen, eine effizientere, insbesondere zeitnahe, Vollstreckung von Haftbefehlen sowie eine hohe Quote der Meldungen an die Waffenbehörden zu nennen.

VI. Psychologische Erklärungen für die Anziehungskraft von Verschwörungsmythen

Professorin Dr. Eva Walther (Universität Trier) erläuterte in ihrem Vortrag die Narrative, die Anziehungskraft von und mögliche Reaktionen auf Verschwörungsmythen. Nach einer Definition der EU-Kommission sei ein Verschwörungsmythos die „Überzeugung, dass bestimmte Ereignisse oder Situationen von geheimen Mächten in negativer Absicht manipuliert werden“.

Walther setzte den Fokus ihrer Darstellung auf die Bewegung „QANON“. Bei QANON handele sich um einen Metaverschwörungsmythos, der wie auch die „Querdenken“-Bewegung viele Verschwörungsmythen vereinige. Kernelement des QANON-Narrativs sei, dass es einen „Deep State“ – einen Schattenstaat – gebe und jüdisch konnotierte Eliten den Staatsapparat einschließlich der Polizei kontrollierten und für alles Schlechte verantwortlich seien. Zudem betrieben diese Eliten einen Kinderhandelring. Durch diesen Mythos werde die komplexe Welt plötzlich überschaubar. Das einfache Volk sei eine unwissende Schafsherde, aus der man aber ausbrechen könne, wenn man sich als „Red Piller“ oder „Truth Seeker“ der „Ingroup“ – den Eingeweihten – anschließe. Die zuvor genannten Eliten seien im Gegensatz dazu die „Outgroup“. Von diesen grenze man sich ab, indem man sie als „die anderen“ abwerte („Othering“).

Verschwörungsmythen trügen aktiv zur Erosion von Vertrauen in Regierung, Presse und Demokratie bei. Sie schafften Offenheit für undemokratische Lösungen und Gewalt, antisemitische Narrative würden durch sie zum Mainstream. Da QANON ein hohes Emotionalisierungspotential in sich trage – die Bewegung habe den Twitter-Hashtag #SaveTheChildren gekapert – ziehe sie Menschen in ihren Sog, die eigentlich Gutes tun wollen. Durch ihre moralische Rechtfertigung für Gewalt werde sie gefährlich.

Zu den vulnerable Gruppen – also zu den Personengruppen, die besonders anfällig für Verschwörungsmythen seien – zählten beispielsweise religiös besorgte Menschen, darunter sehr viele Frauen, und sogenannte „unfreezed“ Personen, die das Vertrauen in alle Autoritäten verloren hätten und „lost“ seien. Letztere seien oft entwurzelt, einsam, enttäuscht und/oder hätten posttraumatische Belastungsstörungen. Diese Personengruppen suchten nach Erklärungen und die Verschwörungsmythen zeigten ihnen „den Plan“.

Verschwörungsmythen griffen menschliche Bedürfnisse (nach Selbstwert/Anerkennung sowie nach Kontrolle/Vertrauen/Selbstwirksamkeit) auf und böten Mechanismen, welche diese Bedürfnisse befriedigten. Dabei seien große Überlappungen mit rechten Ideologien zu beobachten.

Schließlich ging Walther auf mögliche Reaktionen gegenüber Anhängern von Verschwörungsmythen ein. Mit sachlichen Argumenten könne man diese nicht erreichen, da die Verschwörungsmythen sie auf einer emotionalen Ebene ansprächen. Was jedoch funktioniere, sei, Reaktanz – also eine Trotzreaktion – hervorzurufen, indem man vulnerable Personen vor Manipulationen durch Verschwörungsmythen warne. Präventiv müsse man Demokratie neu denken, ein Gemeinschaftsgefühl in allen Institutionen schaffen und damit andere Formen der Partizipation vulnerabler Gruppen ermöglichen. Zudem sei es wichtig, menschliche Bedürfnisse außerhalb des Internets im Familien- und Freundeskreis zu befriedigen. Im Internet könne man einen Gegenangriff starten und das Netz mit Wahrheiten fluten.

VII. Podiumsdiskussion 

Als letzter Programmpunkt des Tages fand eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Bekämpfung des Rechtsextremismus im digitalen Zeitalter“ statt, an der Anna-Lena von Hodenberg, Professor Dr. Sigmund Martin (Hochschule des Bundes für öffentliche Verwaltung), Andreas Stenger(Präsident des Landeskriminalamts Baden-Württemberg) sowie Rechtsanwältin Lea Voigt (Joester & Partner) teilnahmen. Die Diskussion moderierte Rechtsanwalt Prof. Dr. Björn Gercke (Gercke | Wollschläger).

Das zentrale Thema in der Diskussion war die Schulung von Sicherheitsbehörden und Justiz, welche eine Daueraufgabe auf allen Ebenen sei, zum Teil aber auch schon mit großem Ressourceneinsatz angegangen werde. Im Hinblick auf die Digitalisierung, insbesondere im Umgang mit Massendaten, müssten Prozesse nachgeschärft werden. Ein Aspekt sei in diesem Zusammenhang auch die Vorratsdatenspeicherung.

Um Ressourcen zu bündeln, sei eine zentrale Meldestelle für Hasskriminalität im Internet sinnvoll. Darüber hinaus könnte eine Entkriminalisierung in anderen Bereichen Ressourcen für die Bekämpfung von Hass und Hetze freigeben.

VIII. Fazit

Das 6. Trierer Forum zum Recht der Inneren Sicherheit bot den Teilnehmern nach langer pandemiebedingter Pause wieder eine Gelegenheit, in Präsenz zu tagen. Dabei wurde das Thema Hass und Hetze im Internet aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet und diskutiert.

Es bestand im Laufe des Tages Einigkeit darüber, dass das Internet aktuell zwar kein rechtsfreier, wohl aber ein rechtsdurchsetzungsfreier Raum ist. Diesen Zustand gilt es durch konsequente Strafverfolgung zu ändern. Man sollte sich allerdings dessen bewusst sein, dass die Aufhellung des Dunkelfelds einen Anstieg der Fallzahlen nach sich zieht. Es ist dann Sache der Politik, zu kommunizieren, dass das nichts Negatives ist.

 

 

 

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