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BGH, Beschl. v. 10.05.2022 – 4 StR 99/22: Sicherungsverwahrung und Strafzumessung
Amtlicher Leitsatz:
Die zugleich angeordnete Sicherungsverwahrung ist kein bestimmender Strafzumessungsumstand.
Sachverhalt:
Der Angeklagte hat sich nach den tatgerichtlichen Feststellungen wegen besonders schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht. Das LG Bielefeld hat den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und neben Einziehungs- und Adhäsionsentscheidungen die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Der Angeklagte legte gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein.
Entscheidung des BGH:
Die Revision hatte teilweise Erfolg. Der Schuldspruch und Strafausspruch wiesen jedoch keine Rechtsfehler auf, so der BGH. Dass bei der Festsetzung der Freiheitsstrafe das LG nicht erörtert habe, dass zugleich die Unterbringung in einer Sicherungsverwahrung angeordnet wurde, sei nicht rechtsfehlerhaft.
Zu den in § 46 Abs. 1 S. 2 StGB aufgeführten Strafzumessungsgründen gehöre nicht die Berücksichtigung der Anordnung einer Sicherungsverwahrung. Strafe diene dem Schuldgrundsatz und Sicherungsverwahrung dem Schutz der Allgemeinheit. Damit würden verschiedene Zwecke mit unterschiedlichen Voraussetzungen verfolgt werden, woraus sich keine Wechselwirkung ergebe.
Neben den Sanktionszwecken argumentiert der Senat mit dem Normzweck des § 46 Abs. 1 S. 2 StGB: „Die Norm soll verhindern, dass die Rechtsfolgen zur Entsozialisierung des Täters führen oder seiner Resozialisierung entgegenstehen.“ Damit dürften Strafe und Maßregel nicht übermäßig sein, welches im Hinblick auf letzteres durch die entsprechenden Regelungen zur Anordnung und Vollstreckung gewährleistet werde. Die Verhältnismäßigkeit der Maßregel sei schließlich gemäß § 62 StGB zu prüfen. Für den Senat korreliere „ mit dem Strafmaß […] daher keine maßregelspezifische Mehrbelastung des Angeklagten, aus der sich ein bestimmender Strafzumessungsumstand zu seinen Gunsten ergeben könnte.“