Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 13.4.2023 – 4 StR 413/22: Mit einem Küchenmesser in den Rücken „Pieksen“ als gefährliche Körperverletzung?
Sachverhalt:
Der Angeklagte wurde vom LG Münster wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat der Angeklagte der Geschädigten mindestens zweimal mit einem Küchenmesser in den Rücken „gepiekst“ als diese vor ihm eine Treppe hinaufging. Bei der Geschädigten verursachte dies einen stechenden, „wie Nadelstiche“ anfühlenden Schmerz. Im Laufe der nächsten Tage zog der Angeklagte ein Handykabel um den Hals der Geschädigten und schlug ihr mit der Faust gegen den Oberschenkel, welches Hämatome verursachte. Der Angeklagte hat sich nicht zu den Tatvorwürfen eingelassen. Zu den Feststellungen kam die Strafkammer über die Angaben der Geschädigten als Zeugin vom Hörensagen. Der Angeklagte erhob Revision gegen die Verurteilung.
Entscheidung des BGH:
Das Rechtsmittel hat Erfolg. Bei der Beweiswürdigung im Falle eines nicht geständigen Angeklagten und eines Zeugen, dessen Bekundungen nur mittelbar eingeführt werden können, gelten erhöhte Anforderungen. Eine Überprüfung der Glaubhaftigkeit des Zeugen sei in diesem Falle nicht möglich. Für eine Aussage eines Zeugen vom Hörensagen gelte daher, dass diese „durch andere wichtige und im unmittelbaren Bezug zum Tatgeschehen stehende Gesichtspunkte bestätigt wird“. Hieran fehle es vorliegend. Das Urteil stütze sich ausschließlich auf die Aussagen, die die Zeugin im Rahmen ihrer ermittlungsrichterlichen Vernehmung getätigt habe.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Strafsenat führt an, dass hierbei die vom LG Münster angenommene gefährliche Körperverletzung durch „Pieksen“ in den Rücken mit einem Küchenmesser näherer Darlegung bedürfe. Der Gegenstand müsse nach konkreter Art der Benutzung und Beschaffenheit im Einzelfall dazu geeignet sein, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen. Ob vorliegend die Erheblichkeitsschwelle überschritten wurde ist vor dem Hintergrund, dass abstrakt gefährliche Werkzeuge in konkret ungefährlicher Weise nicht den Tatbestand des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erfüllen, zumindest zu erörtern.