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KriPoZ-RR 9/2024

Die Entscheidung im Original finden Sie hier. 

Redaktioneller Leitsatz:

Ein Überfall auf einen Kraftfahrer, der anfänglich auf die Verwirklichung einer anderen Straftat abzielte, kann zu einem räuberischen Angriff gem. § 316a StGB werden; jedoch muss hierzu zum Zeitpunkt der Anwendung der Nötigungsmittel der Fahrer noch mit der Beherrschung des Kraftfahrzeuges bzw. der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt sein, um ein taugliches Tatopfer darzustellen.

Sachverhalt:

Unbekannt gebliebene Täter planten, einen LKW-Fahrer durch das Vortäuschen einer Panne zum Anhalten zu zwingen und sodann einen im Beifahrerbereich liegenden, mit Bargeld gefüllten Briefumschlag zu entwenden. Der Angeklagte übernahm für einen Tatlohn i.H.v. 500 EUR die Aufgabe, das Geschehen zusätzlich abzusichern und die Beute in seinem Zimmer zu verstecken.

Am Tag des Tatgeschehens wurde der LKW-Fahrer, wie geplant, zum Anhalten gezwungen. Einer der Täter lief zur Beifahrertür, öffnete sie und griff den Umschlag, woraufhin ihm der Fahrer diesen jedoch wieder aus den Händen riss. Der Angeklagte beschloss nunmehr, sich aktiv am Tatgeschehen zu beteiligen, ging zur Fahrertür und versuchte, dem Fahrer den Briefumschlag wegzunehmen. Jedoch misslang dies dem Angeklagten und der Briefumschlag zerriss. Der Angeklagte und die beiden anderen Beteiligten flüchteten daraufhin.

Das LG hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Entscheidung des BGH:

Die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg.

Die Feststellungen des LG begründen keine Verwirklichung des Tatbestandes des § 316a Abs. 1 StGB. Demnach mache sich nur strafbar, wer eines Raubes, eines räuberischen Diebstahls oder eines räuberischen Erpressung einen Angriff auf das Leib, das Leben oder die Entschlussfreiheit des Führers eines Kraftfahrzeuges oder eines Mitfahrers verübe und dabei die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutze. Zwar ergebe sich aus den Feststellungen, dass ein Angriff auf die Entschlussfreiheit des Fahrers geplant war, jedoch sei nicht erkennbar, dass die Beteiligten hierbei in der Absicht handelten, eine Tat i.S.d. § 249 Abs. 1, § 252 oder § 255 StGB zu begehen. Der Briefumschlag sollte nur aus der Fahrerkabine entwendet werden; inwiefern dies durch die Anwendung von Nötigungsmitteln geschehen sollte, kann nicht belegt werden. Hierbei stelle auch die mittels des Fahrzeugs der Beteiligten errichtete Straßenblockade zwar eine nötigende Gewalt dar, jedoch sei nicht festgestellt, dass hierdurch auch eine wenigstens mittelbare Zwangswirkung auf den Körper des Geschädigten entfalten sollte.

Zudem sei auch nicht erkennbar, dass sich der Überfall auf den Kraftfahrer zu einem räuberischen Angriff i.S.d. § 316a StGB wandelte. Für einen räuberischen Angriff auf einen Kraftfahrer gem. § 316a StGB müsse das Opfer im Zeitpunkt des (fortgesetzten) Angriffs noch Fahrzeugführer sein und der Täter die besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs ausnutzen. Zwischen dem Zeitpunkt, zu dem der Fahrer vom Betriebsgelände abfuhr und dem Zeitpunkt, wo der Angeklagte den Umschlag gewaltsam an sich reißen wollte, wurde der Kraftfahrer von den Beteiligten ausgebremst und zum Anhalten gezwungen. Nach der Ansicht des Senats war der Fahrer demnach zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung mit dem Angeklagten nicht mehr mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt und damit kein taugliches Tatopfer mehr.

 

 

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