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Erfassungsdefizite bei der Verfolgung antisemitischer Straftaten – Zum Datenbestand im Hell- und Dunkelfeld

von Luis Göbel

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Abstract
Der Beitrag befasst sich mit der Erfassung antisemitischer Straftaten im Hell- und Dunkelfeld. Im Fokus stehen hierbei die Daten des Kriminalpolizeilichen Meldedienst zu politisch motivierter Kriminalität und die Daten des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus. Nach Vorstellung der Erfassungssysteme werden die aktuellen Zahlen antisemitischer Straftaten und Vorfälle dargestellt und eingeordnet. 

The article deals with the recording of the reported and dark figures of antisemitic crimes. The focus here lies on the data from the Criminal Police Reporting Service on politically motivated crime and the data from the Federal Association of the Research and Information Center on Anti-Semitism. After presenting the recording systems, the current figures for anti-Semitic crimes and incidents are presented and classified.

I. Einleitung

Die Vorstellung der Fallzahlen zur politisch motivierten Kriminalität durch das BKA geht jährlich mit einer Vielzahl medialer Reaktionen einher. Die Veröffentlichung der Zahlen für das Jahr 2023 hat durch den Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober dabei nochmal besondere Aufmerksamkeit erfahren.[1] Oft greifen Medien die absoluten Fallzahlen auf, ohne dabei auf die Erfassungskriterien des BKA und mögliche Verzerrungsfaktoren einzugehen.[2] Ebenso selten werden dabei die jährlichen Erfassungen durch zivilgesellschaftliche Stellen wie den Bundesverband der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) oder andere Dunkelfelduntersuchungen dargestellt. Und das obwohl Dunkelfelduntersuchungen die Möglichkeit bieten, die Betroffenenperspektive stärker in den Fokus zu rücken: Dies zum einen durch gezielte Betroffenenbefragungen[3] und zum anderen durch die Erfassung von antisemitischen Vorfällen, die nicht an Polizeibehörden gemeldet werden. Daher dient dieser Beitrag dazu, das Hell- und Dunkelfeld zu antisemitischen Vorfällen gemeinsam dar- und gegenüberzustellen und gegebenenfalls bestehende Erfassungsdefizite aufzuzeigen.

II. Erfassung antisemitischer Straftaten im Hellfeld

 Die Erfassung antisemitischer Straftaten im Hellfeld erfolgt über den Kriminalpolizeilichen Meldedienst-Politisch motivierte Kriminalität (KPMD-PMK).[4] Nach Ablösung des Meldedienstes für Staatsschutzdelikte im Jahr 2001 hat sich hieraus eine umfassende statistische Erfassung entwickelt, die kontinuierlich überprüft wird und eine bundeseinheitliche Erhebung gewährleistet.[5] Das Bundeskriminalamt (BKA) registriert in Zusammenarbeit mit den Landeskriminalämtern (LKÄ) alle Straftaten, die aus einer politischen Motivation heraus begangen werden.[6] Erfasst werden danach Delikte, „wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten,
  • sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben,
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
  • gegen eine Person wegen ihrer/ihres zugeschriebenen oder tatsächlichen politischen Haltung, Einstellung und/oder Engagements gerichtet sind bzw. aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf Nationalität, ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit, Weltanschauung, sozialen Status, physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/sexuelle Identität, sexuelle Orientierung oder äußeres Erscheinungsbild begangen werden. Diese Straftaten können sich unmittelbar gegen eine Person oder Personengruppe, eine Institution oder ein Objekt/eine Sache richten, welche(s) seitens des Täters einer der o. g. gesellschaftlichen Gruppen zugerechnet wird (tatsächliche oder zugeschriebene Zugehörigkeit) oder sich im Zusammenhang mit den vorgenannten Vorurteilen des Täters gegen ein beliebiges Ziel richten.“[7]

Darüber hinaus werden die sogenannten Staatsschutzdelikte erfasst, auch wenn diese im Einzelfall keine politische Motivation aufweisen.[8]

1. Erfassungssystem des BKA

Die Straftaten sortiert das BKA anhand der Tatumstände und der Motivation in die Dimensionen Angriffsziel, Tatmittel, Verletzte Rechtsnorm, Deliktsqualität, Themenfeld, Phänomenbereich, Internationale Bezüge und Extremistische Kriminalität ein.[9] Schwerpunkte der veröffentlichten Statistik sind dabei die Dimensionen Phänomenbereich und Themenfelder.

a) Phänomenbereiche

Die Einordnung der Delikte in Phänomenbereiche erfolgt auf Basis des Definitionssystems politisch motivierte Kriminalität[10] des BKA. Es werden die Phänomenbereiche links, rechts, ausländische Ideologie, religiöse Ideologie und sonstige Zuordnung unterschieden.[11]

Eine linke Orientierung liegt danach insbesondere vor, „wenn Bezüge zu Anarchismus oder Kommunismus (einschließlich revolutionärem Marxismus) ganz oder teilweise ursächlich für die Tatbegehung waren.“[12] Eine rechte Straftat macht nach dem Definitionssystem die Annahme der Ungleichheit/Ungleichwertigkeit der Menschen aus. Insbesondere seien Taten dazuzurechnen, wenn Bezüge zu völkischem Nationalismus, Rassismus, Sozialdarwinismus oder Nationalsozialismus ganz oder teilweise ursächlich für die Tatbegehung waren.[13] Eine Straftat aufgrund ausländischer Ideologie liegt insbesondere vor, „wenn sie darauf gerichtet ist, Verhältnisse und Entwicklungen im In- und Ausland zu beeinflussen. Gleiches gilt, wenn aus dem Ausland heraus Verhältnisse und Entwicklungen in der Bundesrepublik Deutschland beeinflusst werden sollen. Die Staatsangehörigkeit des Täters ist hierbei unerheblich.“[14] Der religiösen Ideologie werden Straftaten zugeordnet, „wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass eine religiöse Ideologie entscheidend für die Tatbegehung war.“[15] Ist der Sachverhalt keinem der obigen Phänomenbereiche zuzuordnen wird er in den Bereich sonstige Zuordnungeinsortiert.[16]

Die Einteilung bietet die Möglichkeit, die Entwicklung von strafbewehrtem Verhalten innerhalb der einzelnen Phänomenbereiche über einen längeren Zeitraum zu verfolgen. Dies ermöglicht den Polizeibehörden, schwerpunktmäßig gegen Anhänger[17] einer bestimmten Ideologie vorzugehen, wenn sich ein erhöhtes Straftatenaufkommen bei diesen abzeichnet. Zudem erlaubt es zivilgesellschaftlichen Gruppen eine gezielte Präventionsarbeit zu leisten. Allerdings sind die Polizeibehörden so auch gefordert: Mit Anzeigenaufnahme muss die Polizei auch ggf. verdeckte Chiffren und Codes einer bestimmten Ideologie zuordnen können.[18] Da diese sogenannte Umwegkommunikation[19] sich aber stetig verändern kann, ist die Polizei hier in besonderem Maße gefordert. Denn eine fälschliche Einteilung kann zu statistischen Verzerrungen führen. Zum einen werden Straftaten aus bestimmten Phänomenbereichen dadurch unterbewertet und zum anderen Straftaten aus bestimmten Phänomenbereichen überbewertet.

Lange problematisch erschien in diesem Zusammenhang die Regelung, dass fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten stets  dem Phänomenbereich rechts zugeordnet würden, wenn keine weiteren Spezifika erkennbar seien.[20] Beispielsweise würde so der Schriftzug „Juden raus“ allein dem Phänomenbereich rechts zugeordnet werden,[21] auch wenn dieser auch aus anderen Phänomenbereichen herrühren könnte.[22] Die Bundesregierung erklärte hierzu: „Nur wenn sich aus den Umständen der Tat und/oder der Einstellung des Täters keine gegenteiligen Anhaltspunkte zur Tätermotivation ergeben, sind fremdenfeindliche sowie antisemitische Straftaten dem Phänomenbereich PMK -rechts- zuzuordnen.“[23] Trotz dieser Sonderregelung seien allerdings keine Verzerrungen festgestellt worden.[24] Warum nach der Kritik an dieser Praxis 2021 dann aber weitaus weniger Fälle dem Phänomenbereich rechts zugeordnet wurden und weitaus mehr Fälle dem Phänomenbereich nicht zuzuordnen, lässt neben tatsächlicher Kriminalitätsveränderungen jedenfalls noch Raum für die Frage nach vergangenen Verzerrungen offen.[25] RIAS Berlin hat diesbezüglich etwa feststellen können, dass „Sieg Heil“-Rufe von Anhängern der schiitischen Hisbollah auf einem Al-Quds Marsch 2014 dem Phänomenbereich rechts zugeordnet worden seien.[26] Interessant ist aber auch die Begründung für diese Sonderregelung: So habe man bei fehlenden entgegenstehenden Gesichtspunkten antisemitische Straftaten dem Bereich rechts zugeordnet, da dies angebracht gewesen sei, um die Polizeibehörden insbesondere für antisemitische Straftaten im Bereich der PMK rechts zu sensibilisieren.[27] Das für staatliches Handeln geltende Sachlichkeitsgebot, was sich aus der Bindung an die verfassungsmäßige Ordnung nach Art. 1 Abs. 3 und Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 3 GG ergibt, verbietet es, bestimmte Straftaten einem Phänomenbereich lediglich deshalb zuzuordnen, damit dieser mehr Aufmerksamkeit durch Polizeibehörden erhält. Dabei handelt es sich nämlich um eine sachfremde Erwägung. Insofern ist es zu befürworten, dass diese fragwürdige Praxis nun nicht mehr fortgesetzt wird.[28]

Eine Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Stellen könnte hier eine Sensibilisierung fördern. So gibt es etwa in Berlin das Projekt Regishut, das dazu dient, die Berliner Polizeibehörden für Antisemitismus zu sensibilisieren.[29] Solche Angebote erfordern aber gleichzeitig auch, dass die Polizei die notwendigen Ressourcen hat, um ihre Polizeibeamten diesbezüglich fortzubilden.[30] Dies zeigt jedenfalls auch, dass eine Zu- oder Abnahme von Fallzahlen nicht notwendigerweise auf eine tatsächliche Veränderung zurückzuführen ist. Vielmehr können sie auch Ausdruck eines veränderten Erfassungssystems und Ermittlungsverhaltens der Polizei sein.

b) Themenfelder

Die veröffentlichten Oberthemenfelder umfassen die Hasskriminalität, Krisenherde/Bürgerkriege, Islamismus/Fundamentalismus, Innen- und Sicherheitspolitik, Ökologie/Industrie/Wirtschaft, Verschwörungserzählung,[31] Nationalsozialismus/Sozialdarwinismus, Konfrontation/Politische Einstellung und die Befreiungsbewegung/Internationale Solidarität (Stand 2023).[32] Dazu, was unter den einzelnen Themenfeldern zu verstehen ist, steht im Definitionssystem des BKA lediglich: „Themenfelder der politisch motivierten Kriminalität sind bundeseinheitlich vereinbart und werden fortlaufend überprüft.“[33] Eine vollständige Auflistung aller Themenfelder findet sich im Themenfeldkatalog zur Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK).[34] Von diesem Katalog wird allerdings nur ein Bruchteil in den jährlich veröffentlichten Zahlen dargestellt.[35]

Auch hier bietet die Unterteilung eine erste Orientierungshilfe bei der Frage, welche Themen der politisch motivierten Kriminalität aktuell besonders präsent sind. Problematisch ist hierbei zunächst, dass unklar ist, wie das BKA die einzelnen Themenfelder definiert. Dies erschwert auch Abgleiche mit zivilgesellschaftlichen Erfassungssystemen. Zudem geht die Kontinuität der Erfassung durch die Art der Veröffentlichung verloren. In den jährlichen Veröffentlichungen wechseln die Themenfelder, die das BKA präsentiert. So wurden beispielsweise 2021 auch Zahlen zum Unterthemenfeld Israel-Palästina-Konflikt veröffentlicht, weil dieser Konflikt laut Aussage des BKA zu einem deutlichen Anstieg im Phänomenbereich ausländische Ideologie geführt hätte.[36] 2022 werden hierzu dann aber wieder keine Zahlen veröffentlicht, stattdessen wird nun beispielsweise ein Anstieg im Phänomenbereich ausländische Ideologie durch einen Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine thematisiert.[37] 2023 finden sich nun erneut die Zahlen zum Israel-Palästina-Konflikt wieder und werden dieses Mal sogar aufgeschlüsselt nach den Phänomenbereichen präsentiert.[38] Dies macht es schwierig, allein aus den veröffentlichten Zahlen einen – für einen Vergleich erforderlichen – längeren Vergleichszeitraum zu bilden. Dem könnte man Abhilfe schaffen, indem man etwa die Zahlen zu allen Unterthemenfeldern öffentlich zugänglich macht, denn erfasst werden sie in den Kriminaltaktischen Anfragen ohnehin. Zudem bietet sich hier bei antisemitischen Straftaten die Verzerrungsgefahr, dass bestimmte Straftaten nur dem Unterthemenfeld Israel-Palästina-Konflikt zugeordnet werden, aber nicht dem Unterthemenfeld antisemitisch: So kann eine Tat zwar sowohl im Unterthemenfeld „antisemitisch“ als auch im Unterthemenfeld „Israel-Palästina-Konflikt“ eingeordnet werden.[39] RIAS hat aber beispielsweise für Nordrhein-Westfalen feststellen können, dass oft Straftaten lediglich dem Israel-Palästina-Konflikt zugeordnet würden, die ebenso als antisemitisch hätten eingestuft werden müssen.[40] Hierbei benennt RIAS etwa eine Konfrontation in der Essener Innenstadt im Jahr 2014, deren Hintergrund die damalige militärische Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hamas war.[41] Es kam hierbei zu Parolen wie „Fuck Juden“ oder „Adolf Hitler“, zudem sei versucht worden, zur Alten Synagoge in Essen vorzudringen.[42] Vorher sei dazu aufgerufen worden, diese mit Molotowcocktails, Waffen und Steinen anzugreifen. Dieser Vorfall sei trotzdem ausschließlich dem „Israel-Palästina-Konflikt“ zugeordnet worden.[43] Weitere Vorfälle waren etwa die Beschimpfung eines Kippa tragenden Hochschulprofessors, der von einem sich als „Palästinenser“ bezeichnenden Mann beschimpft und angegriffen worden sei.[44] Dabei habe der Täter „I Fuck Jews“ und „Kein Jude in Deutschland“ gerufen.[45] Auch dieser Vorfall wurde von der Polizei nur dem Unterthema „Israel-Palästina-Konflikt“ zugeordnet.[46]

c) Erfassung antisemitischer Straftaten in der PMK

Die Erfassung antisemitischer Straftaten erfolgt als Unterthemenfeld im Oberthemenfeld „Hasskriminalität“.[47] Unter Hasskriminalität versteht das BKA politisch motivierte Straftaten, „wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie aufgrund von Vorurteilen des Täters bezogen auf Nationalität, Ethnische Zugehörigkeit, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit/Weltanschauung, Sozialen Status, Physische und/oder psychische Behinderung oder Beeinträchtigung, Geschlecht/geschlechtliche Identität, sexuelle Orientierung, äußeres Erscheinungsbild begangen werden.“[48]

Antisemitisch ist nach dem Definitionssystem des BKA der Teil der Hasskriminalität, der aus einer antijüdischen Haltung heraus begangen wird.[49] Diese äußerst unbestimmte Definition wird mit einem  Verweis auf die Ausführungen des Dritten Periodischen Sicherheitsberichts verknüpft,[50] der wiederum darauf verweist, dass die Bundesregierung zur Feststellung von Antisemitismus auf die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zurückgreift.[51] Diese lautet: „Antisemitismus ist eine bestimmte Wahrnehmung von Juden, die sich als Hass gegenüber Juden ausdrücken kann. Der Antisemitismus richtet sich in Wort oder Tat gegen jüdische oder nichtjüdische Einzelpersonen und/oder deren Eigentum sowie gegen jüdische Gemeindeinstitutionen oder religiöse Einrichtungen. Darüber hinaus kann auch der Staat Israel, der dabei als jüdisches Kollektiv verstanden wird, Ziel solcher Angriffe sein.“[52] Ergänzend versteht die IHRA unter antisemitischen Straftatensolche, bei denen „die Angriffsziele, seien es Personen oder Sachen – wie Gebäude, Schulen, Gebetsräume und Friedhöfe – deshalb ausgewählt werden, weil sie jüdisch sind, als solche wahrgenommen oder mit Jüdinnen und Juden in Verbindung gebracht werden.“[53] Die Definition der IHRA wird auch von den meisten zivilgesellschaftlichen Stellen zur Identifizierung von Antisemitismus angewendet.[54] Die Definition steht zudem auch im Einklang mit dem Verständnis des Gesetzgebers, das bezüglich der Gesetzesänderung zu § 46 Abs. 2 StGB zu Tage getreten ist: Als Wesensmerkmal antisemitischer Motive sieht dieser die gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.[55] Den Hintergrund der jeweiligen Tat „bildeten weniger persönliche, situationsbedingte Beweggründe, sondern vielmehr die übergreifende Motivation der Ausgrenzung, Unterdrückung und Diskriminierung einer ganzen (hier: jüdischen) Gemeinschaft als Resultat von Abneigung, Vorurteilen oder „Hass“.[56] Hierbei handelt es sich – auch im Lichte des Art. 3 GG – um eine Motivation, die gemessen an der hiesigen Werteordnung auf tiefster Stufe steht und besonders verwerflich ist. Dafür spricht auch die der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit immanente unrechtsvertiefende „Entindividualisierung“: Der Person werden individualisierende Merkmale abgesprochen und jegliche Unterschiede zwischen der Gruppe und dem jeweiligen Individuum negiert, was Letzteres in gesteigerter Weise in seinem von Art. 1 Abs. 1 GG geforderten Anerkennungsverhältnis mit anderen tangiert.[57] Wichtig bleibt bei jeder Art der Definition, dass das Verständnis über antisemitische Verhaltensweisen auch den Polizeibehörden vermittelt wird, um diese zu entdecken.[58]

2. Aktuelle PMK-Zahlen

Unter Berücksichtigung des bisher Gesagten kann nun ein Blick auf die aktuellen Zahlen zu antisemitischen Straftaten geworfen werden. Im Jahr 2023 erfasste das BKA 5.164 Fälle antisemitischer Straftaten.[59] Dies entspricht 30,36 % aller gelisteten Fälle von Hasskriminalität. Das heißt, dass in fast einem Drittel aller erfassten Fälle Anhaltspunkte für (zumindest auch)[60] eine antisemitische Motivation bestanden (2022: 2.641 Fälle, 22,93 %). Dabei wurden im Zeitraum vom 1.1.2023-6.10.2023 47,10 % der Straftaten erfasst, während 52,90 % ab dem 7.10.2023 registriert wurden, was auf den Angriff der Terrororganisation Hamas gegen den Staat Israel zurückgeführt wird.[61] Bei Betrachtung eines größeren Vergleichszeitraums von 12 Jahren zeigt sich ein deutlicher Anstieg der absoluten Fallzahlen:[62]

Die relativen Anteile antisemitischer Straftaten an der erfassten Hasskriminalität schwanken:[63]

Die geringen Anteile in den Jahren 2015 und 2016 könnten auf die in diesem Zeitraum erhöhten „fremdenfeindlichen“ Straftaten zurückzuführen (2015: 8.529, 2014: 3.945)[64] sein, die wiederum auf eine Zunahme von Hasspostings im Internet zurückgeführt werden[65] und deren Anteile 2017 dann wieder abnahmen (6.434). Die ebenfalls in der Hasskriminalität aufgeführten fremdenfeindlichen Straftaten dürften so zu einem Anstieg der absoluten Zahl innerhalb der Hasskriminalität geführt haben, weshalb der relative Anteil auch bei gleichbleibenden Zahlen antisemitischer Straftaten geringer ausgefallen sein könnte.

2023 betrug der Anteil antisemitischer Straftaten von allen erfassten Fällen von Hasskriminalität 30,36 %. Im Verhältnis zu dem Anteil von in Deutschland lebenden jüdischen Menschen und auch bei Berücksichtigung des Umstands, dass auch nichtjüdische Personen von Antisemitismus betroffen sein können, ist dieser Anteil extrem hoch (in Deutschland leben schätzungsweise 225.000[66] jüdische Menschen, was bei insgesamt ca. 83,8 Millionen Menschen, einem Anteil von gerade einmal 0, 27% entspricht).

Der Anteil antisemitischer Straftaten aus dem Phänomenbereich rechts ist deutlich geringer als in den Vorjahren, überwiegt aber immer noch deutlich alle anderen Phänomenbereiche mit 58,75 % (2022: 82,73 %).[67]

Die benannten möglichen statistischen Verzerrungen berücksichtigt, zeigt sich hier somit weiterhin eine klare Aufgabe, insbesondere diesem Phänomenbereich entsprechend zu begegnen.

Seit 2019 veröffentlicht das BKA auch Zahlen zu Straftaten gegen Religionsgemeinschaften. Im Jahr 2023 wurden 42 Straftaten gegen Synagogengemeinden erfasst.[68] Damit ist in den Jahren seit Beginn der Erfassung ein leichter Anstiegstrend zu verzeichnen:[69]

Im Vergleich mit den anderen explizit aufgeführten religiösen Einrichtungen, der Kirche und der Moschee, zeigt sich hier der in absoluten Zahlen geringste Anteil bei Straftaten gegen Synagogen: 2023 wurden 92 Straftaten gegen Kirchen und 70 Straftaten gegen Moscheen erfasst, wohingegen nur 42 gegen Synagogen.[70] Auch hier aber ist zu berücksichtigen, dass es wesentlich weniger Synagogen als Kirchen und Moscheen in Deutschland gibt: In Deutschland gibt es derzeit etwa 100 Synagogen.[71] Im Vergleich gibt es etwa 44.000 christliche Kirchen[72] und ca. 2.750 Moscheen.[73] Das heißt, dass im Verhältnis 42 % der Synagogen, 0,2 % der Kirchen und 2,55 % der Moscheen von Straftaten betroffen sind. Auch hier wird somit deutlich, dass Synagogengemeinden in einem weitaus überproportionalen Verhältnis zum Zielobjekt von Straftaten werden.

Die Aufklärungsquote beschreibt den Anteil der Fälle, bei denen ein namentlich bekannter Tatverdächtiger ermittelt werden konnte, im Verhältnis zur Anzahl der insgesamt bekannt gewordenen Fälle. Die Aufklärungsquote lag bei politisch motivierten Straftaten allgemein bei 46,85 %, wobei sie bei Gewalttaten mit 63,35 % leicht höher war.[74] Im Vergleich mit der sonstigen Kriminalität, die in der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) erfasst wird,[75] ist die Aufklärungsquote leicht geringer: Bei der PKS wurden im Jahr 2023 58,4 % aller bekannt gewordenen Tatverdächtigen ermittelt.[76] Dabei ist aber zu beachten, dass die PKS im Gegensatz zur PMK eine sog. Ausgangsstatistik ist und damit die Fälle zählt, die nach Abschluss der Ermittlungen an die Staatsanwaltschaft weitergegeben wurden.[77] Damit ist der Ermittlungszeitraum größer im Vergleich zur PMK, die eine Eingangsstatistik ist und damit den Fall sofort bei Bekanntwerden der Straftat erfasst, worauf später noch näher eingegangen werden wird. Deshalb kann die höhere Aufklärungsquote bei der PKS möglicherweise dadurch erklärt werden, dass durch den längeren Ermittlungszeitraum auch weitere Tatverdächtige festgestellt werden können.

Zu begrüßen wäre auch hier eine genaue Aufschlüsselung nach den unterschiedlichen Themenfeldern. Dadurch könnte man bestimmte Ermittlungsschwerpunkte vergleichen und gegebenenfalls verstärken.

3. Einordnung und Reformvorschläge

 a) Weitere Verzerrungsfaktoren

 Zur Einordnung der Zahlen sind die bereits thematisierten Verzerrungsgefahren durch fälschliche Einteilungen oder das Verkennen von Antisemitismus zu berücksichtigen. Zudem gibt es noch weitere Verzerrungsfaktoren: So ist zunächst zu beachten, dass es sich bei der PMK um eine sogenannte Eingangsstatistik handelt. Das heißt, dass die PMK alle bei den Polizeibehörden eingegangenen Anzeigen erfasst, bei denen man zum Zeitpunkt des Eingangs der Anzeige von einer politisch motivierten Straftat ausgeht. Zwar sind die Polizeibehörden dazu angehalten, neue Erkenntnisse nachzumelden.[78] Dies aber nur bei Kenntnis über neue Entwicklungen.[79] Zudem werden diese Änderungen in der statistischen Darstellung nicht mehr berücksichtigt, Stichtag ist hier der 31.1. des Folgejahres.[80] Grund für die Darstellung als Eingangsstatistik sei der Versuch, jederzeit ein aktuelles Lagebild zu ermöglichen.[81] Es handelt sich bei der PMK gerade nicht um eine Ausgangs- oder sogar Verlaufsstatistik. Dadurch sind weit mehr potentiell strafrechtlich relevante Geschehnisse erfasst, als die, bei denen es am Ende zu einer Verurteilung kommt.  Zudem wird in der PMK nur derjenige Straftatbestand gelistet, der die höchste Strafandrohung aufweist.[82] Die potentielle Verwirklichung etwaiger Straftatbestände mit geringerer Strafandrohung hinsichtlich desselben Lebenssachverhalts wird nicht aufgeführt.[83]

Abhilfe könnten spezifische Statistiken über den weiteren Verlauf des Verfahrens schaffen. Die Strafverfolgungsstatistiken geben zwar bereits Auskunft über die insgesamt abgeschlossenen Strafverfahren.[84] Was jedoch fehlt, ist eine spezifische Erfassung zum Verfahrensverlauf bei antisemitischen Straftaten. Hier gibt es beispielsweise einzelne Berichte wie die des Antisemitismusbeauftragten der GStA Berlin.[85] Auch in diesem Bericht wird ein stetiger Zuwachs an Verfahrenseingängen festgestellt.[86] Hieraus ergibt sich auch, dass von den 747 im Jahr 2023 durch die Berliner Strafverfolgungsbehörden eingeleiteten Verfahren mit antisemitischem Hintergrund (589 Verf.) sowie Verfahren im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt und dem Terrorangriff der Hamas auf Israel (158 Verf.) ganze 328 Verfahren gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden.[87] 2023 gab es 41 Anklageerhebungen und Strafbefehlsanträge, von denen 18 bereits abgeschlossen wurden.[88] Hiervon endeten 13 mit Verurteilungen zu Geldstrafen, eines mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung, eines mit einer Einstellung nach § 47 JGG und drei mit Einstellungen gem. § 153a Abs. 2 StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages.[89] 166 Verfahren dauern dagegen noch an.[90] Es zeigt sich somit, dass im Vergleich zu den eingeleiteten Verfahren nur ein weitaus kleinerer Teil mit einer Verurteilung abgeschlossen wird. Dies soll die Problematik ansteigender Fallzahlen nicht verharmlosen, es zeigt aber, wie auch bei der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS),[91] dass ein alleiniger Fokus auf den Beginn eines Strafverfahrens die Wirklichkeit nicht vollständig abdeckt.[92] Hilfreich könnte hier sein, dass Verfahrenseinleitungen und Verfahrensbeendigungen stets gemeinsam dargestellt werden. Ein Nachteil hieran ist zwar, dass auf die Zahlen länger gewartet werden muss. Zugleich weist ein solches Vorgehen aber auch den Vorzug auf, dass die Zahlen dadurch eine geringere Diskrepanz zwischen tatsächlichen Straftaten und eingeleiteten Verfahren beinhalten.

Beim Vergleich der Fallzahlen muss man zudem beachten, dass die Erfassung stark von der Anzeigebereitschaft der betroffenen Personen abhängig ist: Eine regelmäßig stattfindende Untersuchung der European Union Agency for Fundamental Rights veröffentlichte zuletzt 2024 eine Studie zu Erfahrungen und Wahrnehmungen jüdischer Menschen mit Antisemitismus.[93] Diese Online-Untersuchung fand von Januar bis Juni 2023 statt und enthält somit keine neueren Daten seit der Terrorattacke der Hamas.[94] Teilnehmen konnten jüdische Menschen in der EU ab 16 Jahren.[95] In Deutschland waren dies 892 Menschen, insgesamt nahmen 7992 Personen teil.[96] Besonders besorgniserregend war hierbei die Erkenntnis, dass nur ein Bruchteil der Befragten antisemitische Vorfälle anzeigt (26 % der online-Vorfälle, 28 % der offline-Vorfälle und 49 % aller antisemitischen Gewalttaten).[97] Mehr als die Hälfte der Befragten begründeten dies damit, dass sie das Gefühl hatten, dass sowieso nichts passieren oder sich verändern würde.[98] Es zeigt sich somit, dass zwar zum einen sehr viel mehr Fälle in der PMK im medialen Fokus stehen, als diejenigen, die letztlich gerichtlich abgeurteilt werden.[99] Andererseits illustrieren die Betroffenenbefragungen aber auch, dass ein großer Teil der Vorkommnisse den Polizeibehörden gar nicht zur Kenntnis gelangt.[100] Weiter muss berücksichtigt werden, welche möglichen Umweltfaktoren, wie z.B. die pandemiebedingten Einschränkungen und damit einhergehende verringerte Gelegenheitsstrukturen für Straftaten, Einfluss auf die Zahlen haben können.

b) Bundesländerübergreifende Kooperation

 Außerdem zeigt sich in diesem Zusammenhang, dass die Berichte der Antisemitismusbeauftragten innerhalb der einzelnen Länder und Staatsanwaltschaften ebenso voneinander abweichen: Der Bericht der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW weist beispielsweise keine Informationen über die eingeleiteten und abgeschlossenen Verfahren auf, sondern bezieht sich nur auf die Zahlen der PMK.[101] Daher könnte es hilfreich sein, dass länderübergreifend stärker kooperiert wird, was die Berichterstattung angeht. Dies hätte auch den Vorteil, dass länderspezifische Unterschiede schneller identifiziert werden könnten.

c) Zwischenergebnis

 Aufgrund der benannten Verzerrungsgefahren überrascht das eigene Urteil des BKA über die PMK. Danach sei die PMK eine verlässliche Datenbasis für polizeiliche Auswertungen, statistische Aussagen, Führungsentscheidungen, kriminalpolitische Entscheidungen und die kriminologische Forschung zum Zwecke der Prävention und Repression.[102] Unter Berücksichtigung der benannten Einflüsse, kann die PMK durchaus eine wichtige Orientierung für das von ihr erfasste Kriminalitätsfeld liefern. Bereits das Hellfeld zeigt deutlich, dass antisemitische Straftaten stetig zunehmen. Auch ohne die mit dem 7. Oktober 2023 einhergehende deutliche Steigerung der absoluten Fallzahlen lässt sich hier über die Jahre ein starker An-
stiegstrend verzeichnen, worauf später noch näher eingegangen wird. Trotzdem kann es zuvor hilfreich sein, sich nicht nur auf die Daten der PMK zu verlassen, sondern zu einer gemeinsamen Darstellung von Hell- und Dunkelfeld überzugehen.

III. Erfassung antisemitischer Straftaten im Dunkelfeld

 Es wird ersichtlich, dass eine vollständige Darstellung antisemitischer Straftaten allein durch das Hellfeld nicht gewährleistet werden kann. Neben den polizeilichen Stellen gibt es daher auch zivilgesellschaftliche Erfassungssysteme.

1. Erfassungssystem der Amadeu Antonio Stiftung

 Die Amadeu Antonio Stiftung erfasst seit 2002 antisemitische Vorfälle.[103] Die Stiftung erfasst Vorfälle aus öffentlich zugänglichen Quellen wie Medienberichten, parlamentarischen Anfragen und sonstigen Pressemitteilungen, aber auch Meldungen von Register- und Beratungsstellen.[104] Die Stiftung verwendet für die Kategorisierung ebenso die Arbeitsdefinition der IHRA.[105]

Die absoluten gemeldeten Zahlen der Stiftung fallen im Vergleich mit dem Hellfeld recht gering aus: Für das Jahr 2023 wurden beispielsweise insgesamt 140 Vorfälle festgehalten (darunter mit Abstand die meisten im Oktober 2023 mit 33 Vorfällen). Trotzdem lässt sich über die Jahre auch hier ein deutlicher Anstieg verzeichnen: Hatte man 2008 lediglich 89 Fälle erfasst, waren es 2024 bereits 170.[106] Unklar bleibt dabei, ob dieser Anstieg auf eine tatsächliche Kriminalitätsveränderung zurückzuführen ist, wofür auch das Hellfeld sprechen würde, oder etwa auch auf eine Erweiterung des Erfassungssystems. Neben der chronologischen Erfassung bleibt aber insbesondere auch die Art der Darstellung der Fälle wichtig: Während sich größere Erfassungssysteme kaum auf Einzelfälle beschränken können, stellt die Amadeu Antonio Stiftung jeden Einzelfall kurz dar. Dies schafft Bewusstsein für die konkrete Gefahr, die mit einem Einzelfall, der sonst in einer Statistik zu verschwinden droht, verbunden ist. Zuletzt meldete die Stiftung beispielsweise einen Vorfall in Halle, bei dem eine Person bei einer Kunstausstellung in einer Hochschule mit einem sichtbaren Davidstern-Tattoo durch das Security- und Awarenessteam angegriffen wurde und im Anschluss medizinisch behandelt werden musste. Zuvor seien auch Plakate aufgehängt worden, die Israel als Kindermörder dämonisiert hätten.[107] Eine detaillierte und bundesweit vernetzte Erfassung findet bisher nur durch den bereits mehrfach erwähnten Bundesverband der Recherche- & Informationsstelle Antisemitismus e.V. (RIAS) statt.

2. Erfassungssystem von RIAS

 Neben Analysen und Problembeschreibungen veröffentlicht RIAS als einzige Stelle regelmäßige und umfassende Monitorings und Jahresberichte zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland.[108] Die Zahlen der PMK können allerdings nicht ohne Weiteres mit den von RIAS erfassten Zahlen verglichen und zu diesen in Beziehung gesetzt werden. Dies zeigt ein Blick auf das Erfassungssystem von RIAS.

a) Arbeitsweise

 Zur Erfassung von Antisemitismus verwendet RIAS ebenso wie das BKA die bereits erwähnte Arbeitsdefinition der IHRA.[109] Hinsichtlich der Differenzierung von israelbezogenem Antisemitismus und legitimer Kritik an der israelischen Politik orientiert sich RIAS auch an dem sog. 3D-Test: Dieser umfasst die Trias der Dämonisierung Israels, etwa durch überzogene Vergleiche zwischen Israelis und den Nazis, die Delegitimierung des Existenzrechts Israels und das Verwenden doppelter Standards gegenüber Israel im Vergleich zu anderen Staaten.[110] Liegt einer der drei Typen vor, handelt es sich wahrscheinlich um israelbezogenen Antisemitismus und keine legitime Kritik am israelischen Staat.[111] Statt Dimensionen führt RIAS die Kategorien Vorfalltypen, Erscheinungsformen, politisch-weltanschauliche Hintergründe sowie Betroffene.[112] Nach Angaben des RIAS werden antisemitische Vorfälle zunächst durch Mitarbeitende verifiziert und im Anschluss kategorisiert. Auch hier besteht die Gefahr fälschlicher Einteilungen oder des Verkennens von antisemitischem Verhalten. Dem kann man aber jedenfalls entgegenhalten, dass Mitarbeitende bei RIAS im Gegensatz zu Polizeibeamten gerade für das Erkennen von antisemitischen Vorfällen eingestellt und dementsprechend geschult werden.

b) Vorfalltypen

 RIAS unterteilt die erfassten Verhaltensweisen im Vergleich zur PMK nicht nach Straftatbeständen, sondern nach den Vorfalltypen „extreme Gewalt“, „Angriffe“, „gezielte Sachbeschädigung“, „Bedrohungen“, „verletzendes Verhalten“ und „Massenzuschriften“. Diese Vorfalltypen wurden ursprünglich von der Community Security Trust (CST) in Großbritannien eingeführt und von RIAS im Anschluss für den deutschen Kontext angepasst.[113]

Unter extremer Gewalt versteht RIAS „(auch versuchte) physische Angriffe oder Anschläge, die den Verlust von Menschenleben zur Folge haben (können) oder schwere Körperverletzungen darstellen. Zu der Kategorie gehören auch Fälle von Kidnapping, Messerangriffe oder Schüsse.“[114] Angriffe sind Vorfälle, „bei denen Personen körperlich angegriffen werden [oder dies versucht wird], ohne dass dies lebensbedrohliche oder schwerwiegende körperliche Schädigungen nach sich zieht.“[115] Unter gezielten Sachbeschädigungen versteht RIAS „die Beschädigung oder das Beschmieren jüdischen Eigentums mit antisemitischen Symbolen, Plakaten oder Aufklebern. Dazu zählt auch die Beschädigung oder Beschmutzung von Erinnerungszeichen und -orten, etwa von Gedenkstätten, Gedenktafeln oder Stolpersteinen, aber auch von Geschäftsstellen entsprechender Institutionen.“[116] Unter Bedrohungen versteht RIAS „jegliche eindeutige und direkt an eine Person oder Institution adressierte schriftliche oder mündliche Androhung von Gewalt.“[117] Verletzendes Verhalten meint „sämtliche antisemitischen Äußerungen. Dies gilt auch für Aussagen, die online getätigt oder verbreitet werden, sofern diese direkt an eine konkrete Person oder Institution adressiert sind. Ebenfalls als verletzendes Verhalten gelten Beschädigungen oder das Beschmieren nichtjüdischen Eigentums durch antisemitische Symbole, Plakate, Aufkleber etc.“[118] Massenzuschriften sind antisemitische Zuschriften, „die sich – meist online – an einen größeren Kreis von Personen richten.“[119]

Die Kategorien der extremen Gewalt, der Angriffe, der gezielten Sachbeschädigung sowie der Bedrohungen und dem verletzenden Verhalten weisen eine begriffliche Nähe zu den Straftatbeständen der §§ 223 ff., 303, 240, 241 StGB auf. In den Kategorien „verletzendes Verhalten“ sowie „Massenzuschriften“ dürften auch Verhaltensweisen eingeordnet werden, die insbesondere nach den §§ 130, 185 ff. StGB strafbar sein könnten. Dies zeigt, dass durchaus eine Vielzahl der erfassten Fälle potentiell von strafrechtlicher Relevanz sind. Klar bleibt zudem auch, dass die Frage nach der Strafbarkeit eines Vorfalls lediglich zweitrangig sein kann. Für Betroffene von Antisemitismus stellt sich neben der Justiziabilität die Frage, ob diese sich noch sicher in ihrer Gegend fühlen und ihr Jüdischsein noch offen zeigen wollen. Dabei kann ein Empfinden von der Gefahr durch Antisemitismus weit über die justiziablen Vorfälle hinausgehen. Beispielsweise gab bei der bereits erwähnten Studie zu jüdischen Perspektiven auf Antisemitismus mehr als die Hälfte der Befragten (58 %) an, dass sie bestimmte Stadtteile oder Orte aus Sicherheitsgründen meiden würden.[120] Demnach ist ein Nachteil der unterschiedlichen Einteilung zwar sicherlich die fehlende Vergleichbarkeit mit den Zahlen der PMK. Vorteil bleibt aber die Gewährleistung einer umfassenderen Darstellung antisemitischer Vorfälle.

c) Erscheinungsformen

 RIAS unterscheidet auch nach den Erscheinungsformen antisemitischer Vorfälle. Diese sind: Antisemitisches Othering, antijudaistischer Antisemitismus, moderner Antisemitismus, israelbezogener Antisemitismus und Post-Schoa-Antisemitismus. Vorfälle können dabei auch mehreren Erscheinungsformen zugeordnet werden.[121] Beim antisemitischen Othering werden „Betroffene aufgrund einer (angenommenen oder tatsächlichen) Zugehörigkeit zum Judentum antisemitisch konfrontiert oder als nicht zugehörig zur jeweiligen imaginierten Wir-Gruppe adressiert.“[122] Der antijudaistische Antisemitismus umfasst „die Verbreitung religiös begründeter antisemitischer Stereotype – beispielsweise den Vorwurf, Jüdinnen_Juden seien für den Tod Jesu verantwortlich.“[123] Moderner Antisemitismus beschreibt den Fall, dass „Jüdinnen_Juden eine besondere politische oder ökonomische Macht zugeschrieben [wird], etwa im Rahmen von Verschwörungsmythen.[124] Israelbezogener Antisemitismus liegt vor, wenn sich antisemitische Aussagen gegen den jüdischen Staat Israel richten, etwa wenn diesem die Legitimität abgesprochen wird.“[125] Der Post-Schoa-Antisemitismus umfasst „Bezugnahmen auf die nationalsozialistischen Massenverbrechen, die diese bagatellisieren oder relativieren oder aber die Erinnerung an die NS-Verbrechen ablehnen.“[126]

Hier wird erneut das Problem der sog. Umwegkommunikation deutlich, bei der Antisemitismus in einer Weise auftreten kann, die das Erkennen für Unwissende erschwert.[127] Die Vielzahl von Erscheinungsformen zeigt, dass Antisemitismus keine „klassischen“ oder eindeutigen Inhalte aufweist, die stets ohne Weiteres erkennbar sind. So hatte beispielsweise die Klimaschutz-Aktivistin Greta Thunberg letzten Jahres Aufsehen erregt, als sie in einem Post Solidarität mit Palästina forderte und auf diesem Bild ein Stoff-Kraken zu sehen war.[128] Das Symbol des Krakens wird typischerweise auf den von Nationalsozialisten in der Propagandazeitung „Der Stürmer“ veröffentlichen Kraken zurückgeführt, in Anspielung auf die Verschwörungserzählung, dass „jüdische Mächte“ die Welt kontrollieren würden.[129] Das somit als antisemitisch verstandene Symbol wurde damals laut Thunberg aus Versehen verwendet, sie habe von der Bedeutung nichts gewusst. Jedenfalls zeigt sich hieran, dass ein Erkennen antisemitischer Symbole für Unwissende nicht selbstverständlich ist, was die Bedeutung von Schulungen für die Justiz erneut deutlich macht.   

d) Politisch-weltanschaulicher Hintergrund

Statt der Zuordnung zu bestimmten Phänomenbereichen wie in der PMK, unterteilt RIAS die Vorfälle nach ihrem politisch-weltanschaulichen Hintergrund, soweit sich ein solcher eindeutig ergibt.[130] Fälle aus dem verschwörungsideologischen Milieu sind etwa solche, „bei denen die Verbreitung antisemitischer Verschwörungsmythen im Vordergrund steht.“[131] Unter Rechtsextremismus versteht RIAS einen „Sammelbegriff für antimoderne, antidemokratische, antipluralistische und gegen die Menschenrechte gerichtete Einstellungen, Handlungen und Strömungen. Gemeinsames Kennzeichen […] sind Vorstellungen von einer prinzipiellen Ungleichwertigkeit verschiedener Menschen (-gruppen), das Streben nach einem Leben in ethnisch homogenen Gemeinschaften („Völkern“) und die Unterordnung des Individuums unter die Gemeinschaft.“[132] Antiisraelischer Aktivismus umfasst Vorfälle, „bei denen eindeutig die israelfeindliche Motivation gegenüber einer politischen Positionierung, zum Beispiel im linken, rechten oder islamistischen Milieu dominiert. Zum antiisraelischen Aktivismus zählen beispielsweise säkulare palästinensische Gruppen sowie Unterstützer_innen antisemitischer Boykottkampagnen gegen den jüdischen Staat Israel.“[133]  Der politischen Mitte werden Vorfälle zugeordnet, „bei denen die Verantwortlichen für sich in Anspruch nehmen, demokratische Positionen zu vertreten.“[134] Links/antiimperialistisch sind Vorfälle, „die mit linken Positionen verbunden sind oder bei denen ein Bezug auf linke Traditionen wie etwa den (befreiungsnationalistischen) Antiimperialismus feststellbar ist.“ [135] Islamisch/islamistisch sind Vorfälle, die sich positiv auf islamische Glaubensinhalte oder Symboliken beziehen und bei denen kein anderer politisch-weltanschaulicher Hintergrund dominiert. Das schließt Bezugnahmen auf unterschiedliche Islamverständnisse mit ein, darunter auch islamistische.“[136] Christlich sind Vorfälle, „die mit einer positiven Bezugnahme auf christliche Glaubensinhalte oder Symboliken verbunden sind.“[137]

Bei den Verständnissen zum christlichen, islamischen und linken Hintergrund eines antisemitischen Vorfalls fällt auf, dass im Gegensatz zur Bestimmung des rechten Hintergrundes die Begriffe in ihrer Definition den Begriff selbst erneut enthalten („links sind Vorfälle, die mit linken Positionen verbunden sind“). Diesbezüglich bleibt trotz beispielhafter Aufzählungen unklar, was etwa linke Positionen ausmacht und damit, was RIAS unter diesen Hintergründen genau versteht. Daneben ist, außer bei dem Verständnis eines rechten Hintergrundes bei RIAS und des rechten Phänomenbereichs bei der PMK, auch hier ein Vergleich nur eingeschränkt möglich. Eine Abstimmung über diese Erfassung wäre indes durchaus möglich, da der Hintergrund eines Vorfalls unabhängig von dessen Strafbarkeit ist. 

e) Betroffene

Hinsichtlich der Betroffenen von antisemitischen Vorfällen unterscheidet RIAS zwischen Einzelpersonen und Institutionen.[138] Auch hier erfolgt eine Zuordnung aber nur, wenn der Hintergrund eindeutig ist.[139] Wie bereits aus der verwendeten Definition von Antisemitismus ersichtlich können dabei auch als jüdisch wahrgenommene Einzelpersonen oder Institutionen betroffen sein.[140] Zudem erfasst RIAS auch Fälle, bei denen es keine direkten Betroffenen gibt, etwa weil sich die Vorfälle nicht gegen eine bestimmbare Einzelperson oder Institution richten.[141]

3. Aktuelle RIAS-Zahlen

Bei den im Folgenden präsentierten Zahlen ist zu beachten, dass sich die Meldestellen erst in den letzten Jahren bundesweit entwickelt haben. Bis 2021 sind aus vier Bundesländern Daten erfasst worden. Ab 2021 gab es dann acht Meldestellen.[142] Mittlerweile gibt es Daten aus elf Meldestellen.[143] Hierdurch ist ein Anstieg der Zahlen nicht nur auf eine tatsächliche Häufung erfasster Vorfälle, sondern auch auf den Aufbau neuer Meldestellen zurückzuführen. In manchen Bundesländern findet auch ein Abgleich mit den Zahlen der PMK statt, einen bundesweiten Abgleich gibt es aber bisher noch nicht.[144]

a) Vorfälle insgesamt

 2023 registrierte RIAS bundesweit 4.782 antisemitische Vorfälle.[145] Damit war die Zahl der von RIAS erfassten antisemitischen Vorfälle um 83 % höher als 2022 (2.616).[146] Auch bei RIAS wurden mehr als die Hälfte aller Vorfälle 2023 nach dem 7. Oktober verzeichnet, was auf den Angriff der Hamas zurückgeführt wird.[147] Auch beim Vergleich eines längeren Zeitraums zeichnet sich hier ein Anstieg ab:[148]

Diese Zahlen stehen auch in Übereinstimmung mit den Zahlen aus der PMK, bei der sich ebenso ein deutlicher Anstiegstrend zeigt.

b) Vorfälle nach Vorfalltypen

Hinsichtlich der Vorfalltypen werden bei RIAS die Fälle weit überwiegend dem verletzenden Verhalten zugeordnet (2023: 4.060 Fälle).[149] Das heißt, dass Betroffene überwiegend antisemitischen Äußerungen, Beschädigungen oder dem Beschmieren nichtjüdischen Eigentums ausgesetzt sind.

In der PMK hingegen werden die einzelnen Delikte nicht aufgeschlüsselt dargestellt. Stattdessen wird nur erklärt, wie hoch der Anteil der Gewaltdelikte an den Gesamtstraftaten ist. Diese haben etwa im Jahr 148 von 5.164 Fällen ausgemacht (RIAS: 128 von 4.782[150]), weshalb auch der Großteil der in der PMK erfassten Fälle wohl den anderen Deliktsbereichen zuzuordnen ist.[151] Hier würde eine genaue Aufschlüsselung nach den einzelnen Delikten einen Vergleich erleichtern.

c) Vorfälle nach dem politisch-weltanschaulichen Hintergrund

 Im Jahr 2023 ordnete RIAS 61 % aller Vorfälle als unbekannt ein, eine Zuordnung zu einem politisch-weltanschaulichen Hintergrund war hier nicht möglich.[152] Beim Vergleich antisemitischer Vorfälle nach ihrem politisch-weltanschaulichen Hintergrund von 2020-2023 zeigt sich, dass dieser in den meisten Fällen nicht ermittelt werden kann.[153] RIAS begründet dies damit, dass eine Zuordnung nur erfolgen würde, wenn der Hintergrund eindeutig zuzuordnen sei.[154]

Im Vergleich mit den PMK-Zahlen zeigt sich hier ein deutlicher Unterschied: Hier wurden etwa im Jahr 2023 nur 13,84 % aller Straftaten dem Bereich „sonstige Zuordnung“ zugeordnet.[155] Dies kann einerseits daran liegen, dass der Polizei bei den Ermittlungsmaßnahmen mehr Möglichkeiten zur Verfügung stehen, einen Hintergrund zu ermitteln. Andererseits kann es etwa auch daran liegen, dass es jeweils unterschiedliche Verständnisse darüber gibt, wann ein Fall eindeutig einem Hintergrund zuzuordnen ist und wann nicht. Jedenfalls ist dies ein Hinweis darauf, dass die Einteilung in Hintergründe zwar Orientierungsmöglichkeiten bei der Präventions- und Repressionsarbeit gewähren, ein absoluter Verlass auf die Einteilung aber nicht möglich ist.

d) Vorfälle nach Erscheinungsformen

Bei den Erscheinungsformen von Antisemitismus ist, wie bereits erwähnt, zu berücksichtigen, dass ein Fall auch mehreren Formen von Antisemitismus zugeordnet werden kann. Im Schnitt ordnete RIAS so jeden Vorfall 1,4 Erscheinungsformen zu.[156] Es zeigt sich ein deutlicher Anstieg israelbezogener Fälle über die letzten Jahre. Besonders häufig trat dieser zudem nach dem 7. Oktober auf: 71 % der Fälle ab dem 7. Oktober waren Fälle von israelbezogenen Antisemitismus. Ein Drittel der Fälle betraf Post-Schoa-Antisemitismus und antisemitisches Othering.

Da die Unterteilung bei der PMK gänzlich fehlt, kann diese Kategorisierung dabei helfen, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, in welchen verschiedenen Formen Antisemitismus auftreten kann. So zeigen sich hier insbesondere Überschneidungen zwischen israelbezogenem Antisemitismus und Post-Schoa-Antisemitismus. Dieser könne sich etwa daraus ergeben, dass die israelische Politik mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt werde.[157]

e) Vorfälle nach Betroffenen

Hinsichtlich der betroffenen Einzelpersonen zeigt sich, dass ein Großteil jüdische oder israelische Einzelpersonen sind (2023: 730).[158]

Gleichzeitig sind aber auch viele Institutionen betroffen, darunter überwiegend jüdische oder israelische Institutionen und Gedenkstätten.[159]

Dabei liegt die Zahl der betroffenen Einzelpersonen und Institutionen meist nicht weit auseinander: Im Jahr 2023 wurden etwa 1.316 Einzelpersonen und 1.270 Institutionen Opfer von antisemitischen Vorfällen.[160] Zudem stellte RIAS im Jahr 2023 63 antisemitische Vorfälle fest, bei denen die Tatorte Synagogen waren.[161] Dies deckt sich folglich zwar nicht mit den 42 Straftaten gegen Synagogengemeinden, die in der PMK festgestellt wurden.[162] Dabei entfällt zum einen der Teil, der mangels strafrechtlicher Relevanz nicht in der PMK erfasst wird und der, der von den Synagogen nicht an die Polizei gemeldet wird.

4. Einordnung und Reformvorschläge

Auch die Zahlen des RIAS liefern einen deutlichen Hinweis darauf, dass jüdische und als jüdisch wahrgenommene Personen sowie Institutionen zunehmend verschiedensten Formen von Antisemitismus ausgesetzt sind. Dabei haben sich die Dunkelfelddaten als hilfreiche Erweiterung der Daten aus dem Hellfeld bewiesen: So ist allein die Einführung einer Stelle, die nur dafür zuständig ist, antisemitische Vorfälle zu erkennen und zu kategorisieren, ein Fortschritt als solcher. Zudem versuchen die Meldestellen eine enge Beziehung zu den jüdischen Communities vor Ort aufzubauen.[163] Denn dies kann dazu beitragen, dass trotz der bereits erwähnten fehlenden Anzeigebereitschaft vieler Betroffener[164] diese Fälle noch sichtbar werden. Auch die Erfassung antisemitische Vorfälle, die nicht notwendigerweise justiziabel sind, machen deutlich, dass die Betroffenheit bereits vor der Strafbarkeit beginnen kann. Daneben dient die detaillierte Aufschlüsselung von Antisemitismus in verschiedene Erscheinungsformen auch als Hinweis für Polizei- und Justizbehörden und die Gesellschaft, welche Formen von Antisemitismus gegebenenfalls schwieriger als andere zu erkennen sind. Es zeigen sich auch noch Möglichkeiten, jedenfalls Teile der Erfassung im Hell- und Dunkelfeld zu harmonisieren (ohne sinnvolle Unterschiede zu untergraben): So könnte man beispielsweise Abstimmungen über das Verständnis verschiedener politisch-weltanschaulicher Hintergründe treffen. Dadurch, dass sich der Bundesverband noch im Aufbau befindet liegt derzeit noch kein größerer Vergleichszeitraum vor. Daher ist es zu begrüßen, dass ein weiterer Aufbau der Meldestellen in den Bundesländern erfolgt. So kann über die nächsten Jahre eine verlässliche Quelle entstehen, die eigenständig neben die Erkenntnisse aus dem Hellfeld gesetzt werden kann.

5. Betroffenenperspektive

 Die Zahlen des RIAS und auch der PMK sind indes nicht allein entscheidend für die Einordnung des Phänomens. Neben der einfachen Frage nach dem Vorkommen antisemitischer Vorfälle in der Justiz, steht die Frage nach dem Empfinden von Betroffenen. Denn wichtig bleibt, ob unabhängig von der tatsächlichen Fallzahlenentwicklung die Wahrnehmung von Antisemitismus das Verhalten Betroffener beeinflusst. Beispielsweise hat die Universität Bielefeld in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung 2017 einen Studienbericht für den Expertenrat Antisemitismus veröffentlicht, der die jüdische Perspektive auf Antisemitismus in Deutschland stärker beleuchtet.[165] Hierbei wurden jüdische Menschen systematisch zu ihren Wahrnehmungen von Antisemitismus befragt.[166] Zum einen fand eine quantitative (nicht repräsentative) Online-Befragung von 533 in Deutschland wohnhaften jüdischen Menschen statt.[167] Daneben fand eine qualitative Studie statt, bei der ebenso jüdische Menschen in Deutschland und Vertreter jüdischer Verbände und Organisationen befragt wurden.[168] Aus der Online-Umfrage ergab sich, dass Dreiviertel der Befragten Antisemitismus als großes Problem in Deutschland wahrnehmen.[169] Zudem ergriffen die Befragten häufig Schutzmaßnahmen und wiesen Vermeidungsverhalten auf: 58 % der Befragten würden danach aus Sicherheitsgründen bestimmte Orte meiden und 70 % würden keine äußerlich erkennbaren jüdischen Symbole aufgrund erwarteter Gefahren tragen.[170] Aus der bereits erwähnten Untersuchung der European Union Agency for Fundamental Rights ergab sich, dass 80 % der Befragten das Gefühl haben, dass Antisemitismus in ihrem Land in den letzten 5 Jahren angestiegen ist.[171] 96 % aller Befragten gaben an, dass sie in den letzten 12 Monaten online oder offline Antisemitismus begegnet sind.[172] Der Anteil der Befragten, die selbst von einem antisemitischen Vorfall betroffen waren, ist dabei seit 2018 leicht angestiegen (von 31 % auf 37 %), in 4 % der Fälle handelte es sich hierbei um physische Gewalt.[173]

Mag diese Befragung zwar nicht repräsentativ sein, kann sie dennoch einen Hinweis darauf geben, wie die Wahrnehmung von Antisemitismus das Leben von Betroffenen in Deutschland negativ beeinflusst. Daher gilt es, neben der Strafverfolgung, diese Wahrnehmung Betroffener positiv zu verändern. So gibt es beispielsweise den Versuch der StA Berlin durch den Antisemitismusbeauftragten Dr. Florian Hengst, in Einstellungsbescheiden bei Strafanzeigen ausführlicher darzustellen, wieso eine Einstellung erfolgt ist.[174] Dies kann dem Gefühl entgegensteuern, von der Justiz nicht hinreichend geschützt zu werden.

IV. Fazit

Im Hellfeld wurde deutlich, dass die Statistik des KPMD-PMK zwar bereits eine gute Orientierung liefert, aber auch noch erhebliche Schwächen in der Erfassung aufweist. Auffällig war hierbei insbesondere die Vielzahl möglicher Verzerrungsfaktoren, die sich auch in anderen polizeilichen Statistiken wiederfinden können: So sind Hellfeld-Statistiken stark von der Anzeigebereitschaft der Betroffenen abhängig. Zudem kommt für die als Eingangsstatistik entwickelte PMK erschwerend hinzu, dass die Polizei in der Lage sein muss, Antisemitismus auch bereits zu Beginn des Ermittlungsverfahrens zu erkennen.  Dabei hat sich durch Betroffenenbefragungen und durch die Arbeit von RIAS gezeigt, dass Antisemitismus dennoch häufig verkannt und sogar teilweise falsch eingeordnet wird. Für das Hellfeld bietet sich daher noch Raum für eine Verbesserung der Schulung von Polizeibehörden hinsichtlich des Erkennens von Antisemitismus. Neben dem Bereitstellen entsprechender Angebote ist es erforderlich, dass diese auch von den entsprechenden Stellen verpflichtend wahrgenommen werden, was mit einem erheblichen Zeit- und Kostenaufwand einhergehen dürfte. Zudem könnten auch Verlaufsstatistiken stärker Berücksichtigung finden.

Hinsichtlich der Dunkelfelderfassung hat sich RIAS zu einer nahezu bundesweiten Erfassungsstelle entwickelt, die bereits in der Lage ist, umfassend antisemitische Vorfälle zu erfassen und zu kategorisieren. Dabei ist es von Vorteil, dass RIAS auch in enger Abstimmung mit jüdischen Communities arbeitet, um etwa den Teil der Vorfälle oder Straftaten zu erfassen, der sonst mangels Anzeigebereitschaft nicht im Hellfeld gelandet wäre. Es bleibt wichtig, sich möglichst auch bei der Definition von Antisemitismus über ein konsensfähiges Verständnis abzustimmen. Andernfalls droht die Gefahr, dass Erfassungssysteme nicht miteinander vergleichbar sind. Teilweise wird zudem kritisiert, die IHRA-Arbeitsdefinition als Regulierungsinstrument zu verwenden.[175] Dies wird u.a. dadurch begründet, dass die zuzüglich zur Arbeitsdefinition verwendeten Regelbeispiele einen Fokus auf den israelbezogenen Antisemitismus legen.[176] Hierdurch drohe die Vernachlässigung anderer Formen von Antisemitismus. Die Kritik an der Verwendung der IHRA-Arbeitsdefinition im rechtlichen Kontext[177] kann hier zum einen dadurch abgeschwächt werden, dass im Rahmen der PMK ohnehin nur die Fälle von Antisemitismus erfasst werden, die strafrechtlich relevant sind. Insofern dient die Definition im hiesigen Kontext nur zum Monitoring und nicht als rechtsetzendes Regulierungsinstrument. Zudem wird die Kritik im Bereich des Strafbereichs auch deshalb abgeschwächt, weil die Arbeitsdefinition antisemitische Straftaten noch einmal speziell definiert.[178] Dennoch ist an der Kritik berechtigt, dass die Beachtung der Regelbeispiele mit ihrem Fokus auf israelbezogenen Antisemitismus nicht dazu führen dürfen, dass bestimmte andere Erscheinungsformen aus dem Monitoring verschwinden.

Die Erfassung der Betroffenenperspektive durch regelmäßige Befragungen hat gezeigt, wie Antisemitismus in Deutschland durch diese wahrgenommen wird. Sie kann dabei unter anderem helfen, eine mangelnde Anzeigebereitschaft oder das Unsicherheitsgefühl der Betroffenen zu erklären. In der Vergangenheit hat sich jedoch erwiesen, dass über die jährlichen PMK-Zahlen berichtet wird, ohne, dass dabei diese Zahlen in Zusammenhang mit dem Dunkelfeld gesetzt werden.[179] Das ist bedauerlich: Sicherlich können die Zahlen als Indikator für Antisemitismus in Deutschland dienen. Dabei geht aber gegebenenfalls der Fokus auf die Frage verloren, wie sich in den letzten Jahren das Sicherheitsgefühl Betroffener von Antisemitismus gewandelt hat und was Polizei- und Justizbehörden leisten können, um dieses Sicherheitsgefühl zu bestärken. Denn darüber können nur die Betroffenen und damit das Dunkelfeld selbst Auskunft geben. Daher wäre es wünschenswert, dass auch diese Überlegungen in den medialen Fokus gerückt würden.

Sowohl die Zahlen der PMK als auch diejenigen des RIAS legen nahe, dass es sich bei antisemitisch motivierter Kriminalität um ein in seinem Ausmaß steigendes Phänomen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit handelt. Dies gilt in Besonderem für den Zeitraum seit dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023. Auch wenn sich die in den Statistiken aufgeführten Geschehnisse nicht in jedem Fall zwingend gegen einzelne Personen richten müssen, basieren sie im Kern auf einer gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, die sich als solche – ob unmittelbar oder mittelbar – auf die betroffene Personengruppe der Juden auswirkt. Ob diese besorgniserregende Entwicklung anhält, ist im Laufe der kommenden Jahre zu beobachten. Vor diesem Hintergrund wird die Erforderlichkeit zur Verbesserung der Erfassungssysteme deutlich. Insofern ist es zu begrüßen, dass die Bundesregierung 2022 eine „Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben“ entwickelt hat, die unter anderem die Datenerhebung, Forschung und das Lagebild, sowie die repressive Antisemitismusbekämpfung und Sicherheit als Handlungsfelder festgelegt hat.[180] Dabei soll gerade auch die Betroffenenperspektive miteinbezogen werden. Es bleibt noch abzuwarten, welchen Beitrag diese Strategie in den kommenden Jahren leisten wird.

 

[1]      S. etwa Wolfskämpf, Antisemitismus in Deutschland nimmt zu, Tagesschau, 25.1.2024, online abrufbar unter: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/antisemitismus-straftaten-102.html (zuletzt abgerufen am 6.9.2024); Jüdische Allgemeine, Zahl der antisemitischen Straftaten steigt enorm an, 15.4.2024, online abrufbar unter: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/zahl-der-antisemitischen-straftaten-steigt-enorm-an/ (zuletzt abgerufen am 6.9.2024); Zeit Online, Zahl antisemitischer Straftaten im ersten Quartal deutlich gestiegen, 9.5.2024, online abrufbar unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2024-05/antisemitismus-straftaten-deutschland-erstes-quartal-bundeskriminalamt (zuletzt abgerufen am 6.9.2024).
[2]      A.a.O.
[3]      Beispielsweise die Befragung der European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism (2024), S.1 (1 ff.) oder Zick/Hövermann/Jensen/Bernstein/Perl, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland, 2017, S. 1 (1 ff.). 
[4]      BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, 2024, S. 3, online abrufbar unter: https://www.bka.de/DE/
UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/PMK/pmk_node.html (zuletzt abgerufen am 6.9.2024).
[5]      BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität, 2023, S. 3.
[6]      BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, 2024, S. 3.
[7]      BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 6.
[8]      Diese sind: §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102, 104, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 120, 192a, 234a, 241a StGB, sowie Tatbestände des VStGB. BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 6.
[9]      BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 4.
[10]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 1 ff.
[11]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 2.
[12]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 8.
[13]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 9.
[14]    A.a.O.
[15]    A.a.O.
[16]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 10. Seit dem 1.1.2023 wurde der Phänomenbereich in -sonstige Zuordnung- umbenannt, zuvor hieß dieser -nicht zuzuordnen-. BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 3.
[17]    Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Beitrag das generische Maskulinum verwendet. Gemeint sind aber alle Geschlechter. 
[18]    Weiß, in: Schuch, Antisemitismus und Recht, 2024, S. 159 (159 f.), Bundesministerium des Innern/Unabhängiger Expertenkreis Antisemitismus, Antisemitismus in Deutschland – aktuelle Entwicklungen, 2017, S. 1 (32).
[19]    Weiß, in: Schuch, Antisemitismus und Recht, 2024, S. 159 (164).
[20]    BT-Drs. 18/11970, S. 34; Frigeli, Innenminister wollen antisemitische Straftaten genauer erfassen, Welt, 14.6.2021, online abrufbar unter: https://www.welt.de/politik/deutschland/article231793623/
Hass-und-Gewalt-gegen-Juden-Innenminister-wollen-antisemitische-Straftaten-genauer-erfassen.html (zuletzt abgerufen am 7.9.2023); BT-Drs. 20/7552, S. 5.
[21]    BT-Drs. 18/11970, S. 34. 
[22]    Hierzu auch Hauser/Hötzel/Mentz/Salzmann, Antisemitismus in NRW, 2020, S. 56.
[23]    BT-Drs. 20/7552, S. 5.
[24]    „Da Anhaltspunkte zur Tätermotivation häufig bekannt sind, ist in der Regel eine unmittelbare phänomenologische Zuordnung möglich. Dies wurde auch durch Sonderauswertungen des zuständigen Bundesministeriums des Innern und für Heimat in den Jahren 2018 und 2019 bestätigt. Verzerrungen aufgrund der oben genannten Regelung wurden im Rahmen der Überprüfungen nicht festgestellt.“, BT-Drs. 20/7552, S. 5.
[25]    Antisemitische Straftaten aus dem Bereich rechts 2020/2021: 2.224/2.552 (14,75 % +). Antisemitische Straftaten aus dem Bereich -nicht zuzuordnen 2020/2021: 46/285 (519,57 % +). BMI/ BKA, Bundesweite Fallzahlen 2021, Politisch motivierte Kriminalität, 2022, S. 10.
[26]    Hauser/Hötzel/Mentz/Salzmann, Antisemitismus in NRW, S. 55.
[27]    BT-Drs. 20/7552, S. 5.
[28]    BT-Drs. 20/7552, S. 5.
[29]    Regishut, online abrufbar unter: https://www.regishut.de/de/topic/2.%C3%BCber-uns.html (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[30]    Diese werden schon lange gefordert, etwa von Habermann/Singelnstein, Praxis und Probleme bei der Erfassung politisch rechtsmotivierter Kriminalität durch die Polizei, 2018, S. 9 und BT-Drs. 18/11970, S. 54.
[31]    Das Oberthemenfeld „Reichsbürger/Selbstverwalter“ wurde 2023 inhaltsgleich zum Unterthemenfeld im neu eingeführten Oberthemenfeld „Verschwörungserzählung“. BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 21 f.
[32]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 1 ff.
[33]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 7. Siehe hierzu BT-Drs. 20/9989.
[34]    BKA, Themenfeldkatalog zur Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK), 2024, S. 1 ff.
[35]    So gibt es eine achtseitige Auflistung, bei der beispielsweise auch die Themenfelder Herausragende Veranstaltungen, Kernenergie, Kommunismus, Menschenrechte, Politischer Kalender, Spionage, etc. aufgelistet werden.
[36]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2021, Politisch motivierte Kriminalität, 2022, S. 21.
[37]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2022, Politisch motivierte Kriminalität, S. 23.
[38]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 16.
[39]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2022, Politisch motivierte Kriminalität, S. 11.
[40]    Hauser/Hötzel/Mentz/Salzmann, Antisemitismus in NRW, S. 54, 61 ff.
[41]    Hauser/Hötzel/Mentz/Salzmann, Antisemitismus in NRW, S. 61.
[42]    A.a.O.
[43]    A.a.O.
[44]    A.a.O.
[45]    A.a.O.
[46]    Hierbei kam zudem hinzu, dass die Polizeibeamten beim Eintreffen zunächst aufgrund eines „Irrtums“ den Betroffenen selbst für den Täter hielten, diesen „zu Boden brachten, mehrfach ins Gesicht schlugen und Handschellen anlegten.“ A.a.O.
[47]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 11.
[48]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 7.
[49]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 8.
[50]    BKA, Definitionssystem, Politisch motivierte Kriminalität 2023, S. 3.
[51]    BMI/BMJ, Dritter Periodischer Sicherheitsbericht, 2021, S. 169.
[52]    BMI/BMJ, Dritter Periodischer Sicherheitsbericht, 2021, S. 169.
[53]    International Holocaust Remembrance Alliance, Arbeitsdefinition von Antisemitismus, 2024, online abrufbar unter: https://holocaustremembrance.com/resources/arbeitsdefinition-antisemitismus (zuletzt abgerufen am 22.8.2024).
[54]    Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, 2024, S. 61; Amadeu Antonio Stiftung, Antisemitismus einfach erklärt, 2022, S. 22; European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, 2024, S. 13.
[55]    BT-Drs. 19/16399, S. 11.
[56]    BT-Drs. 19/16399, S. 11.
[57]    Näher hierzu Rostalski/Weiss, KriPoZ 2023, 199 (208).
[58]    Näher hierzu Weiß, in: Schuch, Antisemitismus und Recht, S. 159 (164).
[59]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 12.
[60]    Pro Straftat kann eine Zuordnung zu mehreren Themenfeldern erfolgen. BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 11.
[61]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 12.
[62]    Siehe hierzu die Statistiken des BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen Politisch motivierte Kriminalität aus den Jahren 2011-2023, abrufbar unter: https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/PMK/pmk_node.html (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[63]    A.a.O.
[64]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2015, Politisch motivierte Kriminalität, 2016, S. 5.
[65]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2017, Politisch motivierte Kriminalität, 2018, S. 5.
[66]    Pergola, World Jewish Population 2021, 2022, S. 73, online abrufbar unter: https://www.jewishdatabank.org/api/download/studyId=1185&mediaId=bjdb%5C2021_World_Jewish_Population_AJYB_(DellaPergola)_DB_Public.pdf (zuletzt abgerufen am 22.8.2024).
[67]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 12.
[68]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 17.
[69]    Siehe hierzu die Statistiken des BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen Politisch motivierte Kriminalität aus den Jahren 2020-2023, online abrufbar unter: https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/PMK/pmk_node.html (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[70]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 17.
[71]    Zentralrat der Juden in Deutschland, online abrufbar unter: https://www.zentralratderjuden.de/service/faq/#:~:text=Wie%20viele%20Synagogen%20gibt%20es,und%2033%20Bets%C3%A4le%20in%20Benutzung., (Stand: 7.9.2024), Statistisches Bundesamt, Statistisches Jahrbuch, Deutschland und Internationales, 2019, S. 73.
[72]    EKD, Kirchen und Gottesdienststätten in der evangelischen Kirche im Jahr 2019, 2021, S. 3; DBK, Katholische Kirche in Deutschland Zahlen und Fakten 2023/24, 2024, S. 27.
[73]    Zeit Online, Muslime in Deutschland: Das ist eine Moschee, 14.7.2016, online abrufbar unter: https://www.zeit.de/2016/30/muslime-in-deutschland-moschee-glauben-staat/seite-2 (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[74]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 30.
[75]    Mit Ausnahme der Verkehrsdelikte, Straftaten, die außerhalb der Bundesrepublik Deutschland begangen wurden, Ordnungswidrigkeiten, Verstöße gegen strafrechtliche Landesgesetze, Delikte, die nicht in den Aufgabenbereich der Polizei fallen sowie Delikte, die unmittelbar der StA bekannt werden, BKA, Polizeiliche Kriminalstatistik 2023: Gesamtkriminalität steigt weiter an, 9.4.2023, online abrufbar unter: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2023/Polizeiliche_Kriminalstatistik_2023/Polizeiliche_Kriminalstatistik_2023_node.html (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[76]    BKA, Polizeiliche Kriminalstatistik 2023: Gesamtkriminalität steigt weiter an, 9.4.2023.
[77]    BKA, Polizeiliche Kriminalstatistik 2023: Gesamtkriminalität steigt weiter an, 9.4.2023.
[78]    BKA, Ausfüllanleitung zur Kriminaltaktischen Anfrage in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KTA-PMK), 2021, S. 5 f.
[79]    A.a.O.
[80]    BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 30.
[81]    A.a.O.
[82]    Hauser/Hötzel/Mentz/Salzmann, Antisemitismus in NRW, S. 50.
[83]    A.a.O.
[84]    Statistisches Bundesamt, Justiz und Rechtspflege, 2024, online abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Justiz-Rechtspflege/_inhalt.html#234458 (zuletzt abgerufen am 23.8.2024).
[85]    GStA Berlin, Bericht des Antisemitismusbeauftragten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, 2024, S. 1 ff.
[86]    GStA Berlin, Bericht des Antisemitismusbeauftragten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, S. 7.
[87]    A.a.O.
[88]    A.a.O.
[89]    A.a.O.
[90]    A.a.O.
[91]    Im Jahr 2017 wurden in der PKS 5.762.000 Fälle von der Polizei an die Staatsanwaltschaften abgegeben, wohingegen hieraus nur 695.000 Abgeurteilte resultierten und hiervon wiederum nur 35.000 zu einer unbedingten Freiheits- bzw. Jugendstrafe verurteilt wurden (ohne Bewährungsstrafe). Statistisches Bundesamt, Justiz, Statistisches Jahrbuch, 2019, S. 321.
[92]    Wie auch bei der Veröffentlichung der PKS-Zahlen zeigt sich auch bei der PMK, dass regelmäßig nur diese Zahlen medial aufgegriffen werden, vgl. hierzu Fn. 1.
[93]    European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 1 ff.
[94]    European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 9.
[95]    A.a.O.
[96]    A.a.O.
[97]    A.a.O.
[98]    A.a.O.
[99]    Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Bericht des Antisemitismusbeauftragten der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, S. 7.
[100]   European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 9.
[101]   Die Antisemitismusbeauftragte des Landes NRW, Fünfter Bericht der Antisemitismusbeauftragten des Landes NRW, Fakten, Projekte, Perspektiven, 2024, S. 1 ff.
[102]   BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 3.
[103]   Amadeu Antonio Stiftung, Chronik antisemitischer Vorfälle, 2024, online abrufbar unter: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/chronik/ (zuletzt abgerufen am 23.8.2024).
[104]   A.a.O.
[105]   A.a.O.
[106]   A.a.O.
[107]   Amadeu Antonio Stiftung, Antisemitismus bei Ausstellung an Kunsthochschule und Gewaltausschreitung, 18.7.2024, online abrufbar unter: https://www.amadeu-antonio-stiftung.de/chronik/antisemitismus-bei-ausstellung-an-kunsthochschule-und-gewaltausschreitung/ (zuletzt abgerufen am 7.9.2024) mit Verweis auf Jüdische Allgemeine, Antisemitismusvorwürfe gegen Kunsthochschule Halle,  18.7.2024, online abrufbar unter: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/antisemitismusvorwuerfe-gegen-kunsthochschule-halle/ (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[108]   Bundesverband RIAS e.V., Publikationen, online abrufbar unter: https://report-antisemitism.de/publications/ (zuletzt abgerufen am 7.9.2024)
[109]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, 2024, S. 61.
[110]   Amadeu Antonio Stiftung, Was ist israelbezogener Antisemitismus?, 2022, S. 2).
[111]   A.a.O.
[112]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 61 f.
[113]   Beispielsweise wurden hier in der Kategorie „Sachbeschädigungen“ die Erinnerungsorte als mögliche Ziele ergänzt, um deren Vorkommen in Deutschland besser gerecht zu werden. Bundesverband RIAS e.V., Über uns, online abrufbar unter: https://report-antisemitism.de/about/ (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[114]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 61.
[115]   A.a.O.
[116]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 61 f.
[117]   A.a.O.
[118]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 62.
[119]   A.a.O.
[120]   Zick/Hövermann/Jensen/Bernstein/Perl, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland, S. 1 ff. 
[121]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 63.
[122]   A.a.O.
[123]   A.a.O.
[124]   A.a.O.
[125]   A.a.O.
[126]   A.a.O.
[127]   Weiß, in: Schuch, Antisemitismus und Recht, 2024, S. 159 (164).
[128]   Schwilden, Greta Thunberg und das Symbol der Krake, Welt, 25.10.2023, online abrufbar unter: https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus248102336/Anti-Israel-Foto-Greta-Thunberg-und-das-Symbol-der-Krake.html (zuletzt abgerufen am 9.9.2024).
[129]   Amadeu Antonio Stiftung, deconstruct antisemitism, 2021, S. 27.
[130]   A.a.O.
[131]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 64.
[132]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 63.
[133]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 64.
[134]   A.a.O.
[135]   A.a.O.
[136]   A.a.O.
[137]   A.a.O.
[138]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 62.
[139]   A.a.O.
[140]   A.a.O.
[141]   A.a.O.
[142]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2021, 2022, S. 6.
[143]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 8.
[144]   A.a.O.
[145]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 10.
[146]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 13.
[147]   A.a.O.
[148]   Siehe hierzu die Fallzahlen des Bundesverband RIAS e.V. zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland aus den Jahren 2020-2023, online abrufbar unter: https://reportantisemitism.de/annuals/ (zuletzt abgerufen am 7.9.2024).
[149]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 13.
[150]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 10.
[151]   BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 12.
[152]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 30.
[153]   Siehe hierzu die Fallzahlen des Bundesverband RIAS e.V. zu antisemitischen Vorfälle in Deutschland aus den Jahren 2020-2023.
[154]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 63.
[155]   BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 12.
[156]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 24.
[157]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 25.
[158]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 57.
[159]   Siehe hierzu die Fallzahlen des Bundesverband RIAS e.V. zu antisemitischen Vorfällen in Deutschland aus den Jahren 2020-2023.
[160]   A.a.O.
[161]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 21.
[162]   BMI/BKA, Bundesweite Fallzahlen 2023, Politisch motivierte Kriminalität, S. 17.
[163]   Bundesverband RIAS e.V., Antisemitische Vorfälle in Deutschland 2023, S. 7.
[164]   European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 9.
[165]   Zick/Hövermann/Jensen/Bernstein/Perl, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland, S. 1 ff.
[166]   Zick/Hövermann/Jensen/Bernstein/Perl, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland, S. 2. 
[167]   A.a.O.
[168]   A.a.O.
[169]   Zick/Hövermann/Jensen/Bernstein/Perl, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland, S. 4.
[170]   A.a.O.
[171]   2018 waren dies noch 88 %, siehe European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 12).
[172]   European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 13.
[173]   European Union Agency for Fundamental Rights, Jewish People´s Experiences and Perceptions of Antisemitism, S. 18.
[174]   S. hierzu Strafverfolgungsbehörden Berlin, strafstation.berlin, Episode 13 – Antisemitismus, Spotify, 24.1.2024, Min. 13 ff., online abrufbar unter: https://strafstation.berlin (zuletzt abgerufen am 12.9.2024).
[175]   Ambos et al., Die Implementation der IHRA-Arbeitsdefinition Antisemitismus ins deutsche Recht – eine rechtliche Beurteilung, Verfassungsblog, 18.12.2023, online abrufbar unter: https://verfassungsblog.de/die-implementation-der-ihra-arbeitsdefinition-antisemitismus-ins-deutsche-recht-eine-rechtliche-beurteilung/ (zuletzt abgerufen am 9.9.2024).
[176]   A.a.O.
[177]   A.a.O.
[178]   International Holocaust Remembrance Alliance, Arbeitsdefinition von Antisemitismus.
[179]   S. etwa Wolfskämpf, Antisemitismus in Deutschland nimmt zu, Tagesschau, 25.1.2024; Jüdische Allgemeine, Zahl der antisemitischen Straftaten steigt enorm an, 15.4.2024; Zeit Online, Zahl antisemitischer Straftaten im ersten Quartal deutlich gestiegen, 9.5.2024.
[180]   Bundesregierung, Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben, 2022, S. 1 ff. 

 

 

 

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