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Antisemitismus und Recht aus jüdischen Perspektiven

von Prof. Dr. Julia Bernstein und Florian Diddens (M.A.)

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Abstract
Der Artikel geht der Frage nach, wie Jüdinnen:Juden den Umgang mit Antisemitismus im deutschen Rechtssystem erleben und deuten. Auf der Grundlage qualitativer Interviews sind Erfahrungs- und Deutungsmuster dazu rekonstruiert worden. Diese ergeben sich aus persönlichen Umgangsweisen mit strafrechtlich relevanten Handlungen und aus Erfahrungen mit der Polizei und Justiz ebenso wie aus der Wahrnehmung und Einschätzung eines rechtlichen Schutzes vor Antisemitismus. Ein Empfinden eines fehlenden Schutzes vor Antisemitismus wird mehrheitlich auf Probleme der Rechtsprechung zurückgeführt.

The article explores the topic of how Jews experience and interpret the way the German legal system deals with antisemitism. Patterns of experience and interpretation have been reconstructed on the basis of qualitative interviews. These result from personal ways of dealing with antisemitic criminal acts and from experiences with the police and judiciary, as well as from the perception and assessment of legal protection against antisemitism. A perception of a lack of protection against antisemitism is attributed by the majority to issues of jurisdiction.

 I. Einleitung

Antisemitismus ist für Jüdinnen:Juden kein abstraktes Problem. Antisemitismus betrifft sie in ihrem Alltag, er ist gruppen- und schichtübergreifend verbreitet, kommt in Feindbildern, Benachteiligungen, Anfeindungen oder An- griffen zum Ausdruck und stellt deshalb eine Bedrohung für die eigene Person, die Familie oder das Leben als Jüdin:Jude in Deutschland dar.[1]

Vor diesem Hintergrund lässt sich die Frage formulieren, wie sich jüdische Perspektiven auf das Recht darstellen, markiert das Recht doch die Grenzen zwischen Legalität und Illegalität und bietet damit eine Grundlage zur Ahndung und Ächtung des Antisemitismus bzw. zum Schutz der Betroffenen. Diese soziologisch gerahmte Fragestellung führt zu Erfahrungen von Jüdinnen:Juden mit dem Recht sowie darauf basierenden Deutungen und Schlussfolgerungen. Diese werden im Rahmen des vorliegenden Beitrags anhand von qualitativen Interviews mit Jüdinnen:Juden dargestellt.[2]

Mittels eines Leitfadens sind 17 teilstandardisierte, problemzentrierte Interviews mit Jüdinnen:Juden durchgeführt worden.[3] Durch diese sind Erzählungen der Interviewpartner:innen über ihre Erfahrungen, antisemitische Handlungen zur Strafanzeige gebracht zu haben oder mit der Strafverfolgung und Gerichtsverhandlungen, Deutungen zur Gesetzeslage sowie zu ihrem Schutzempfinden hervorgebracht und ausgewertetworden.[4] Acht Interviewpartner:innen kommt wegen  ihrer Funktion innerhalb jüdischer Gemeinden oder Organisationen, die selbst über Bildungs- oder Beratungsangebote auf das Thema Antisemitismus bezogen sind, eine Expert:innenrolle zu. Das bedeutet, dass sie Einsicht in die Erfahrungen anderer Jüdinnen:Juden mit Antisemitismus und der Strafverfolgung bzw. ein durch Routinen ausgeprägtes Prozess- und Deutungswissen diesbezüglich haben.[5] Wenngleich sowohl das Zivilrecht als auch das Öffentliche Recht gegen Antisemitismus in Stellung gebracht werden können, stehen vorliegend entsprechend den Erfahrungen und Deutungen der Betroffenen schwerpunktmäßig solche rund um das Strafrecht im Vordergrund. Der Beitrag rekonstruiert anhand der Interviews Erfahrungen rund um den Umgang mit Antisemitismus in den Strafverfolgungsbehörden und der Strafjustiz. Die jüdischen Perspektiven werden dabei nach einem persönlichen und öffentlichen Erfahrungsradius und Deutungshorizont differenziert. Die persönliche Dimension umfasst eigene Erfahrungen, Schädigungen und Umgangsweisen. Die öffentliche Dimension konturiert sich an Deutungen des rechtlichen Umgangs mit Antisemitismus, wie er sich entlang öffentlich- medial diskutierter Ereignisse und Entscheidungen abbildet, was als Indikator für den gesellschaftlichen oder staatlichen Umgang mit Antisemitismus gilt. Nach Darstellung dieser Dimensionen werden die Auswirkungen auf Jüdinnen:Juden aufgezeigt. Der Beitrag endet mit einem Fazit sowie Ausblick.[6]

II. Persönliche Dimension: Antisemitismus und Straftaten

In der öffentlichen Diskussion wird der Phänomenbereich Antisemitismus zuweilen auf die statistische Erfassung antisemitischer Straftaten hin enggeführt. Für das Jahr 2022 sind 2.641 antisemitische Straftaten dokumentiert,  ein Rückgang von rund 13 % im Vergleich zum Vorjahr bei gleichzeitiger Zunahme von Gewalttaten.[7] Die Problematisierung einer solchen Engführung ist längst in die öffentliche Diskussion eingegangen.[8] Da bei Weitem nicht alle antisemitischen Straftaten zur Anzeige gebracht werden und ein Großteil des Spektrums antisemitischer Handlungen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze liegt, wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen.[9] Dies trifft auch den Erfahrungsbereich der Betroffenen, der im Folgenden rekonstruiert wird.

1. Antisemitismus zur Strafanzeige bringen

Auf der Grundlage empirischer Befunde über Antisemitismuserfahrungen in Deutschland lebender Jüdinnen:Juden lässt sich konstatieren, dass diese häufig mit antisemitischen Handlungen konfrontiert sind, die sich der Rechtslage  nach nicht als strafwürdig qualifizieren lassen.[10] Ein solches Handeln knüpft etwa an vermeintlich harmlose Stereotype, Vorurteile oder tradierte Feindbilder an. Solche Verbalisierungen mentaler judenfeindlicher Konzepte wirken handlungsförmig diskriminierend, exkludierend und verletzend, aber auch bedrohlich auf die Betroffenen.[11] Mit ihnen wird, wenngleich beiläufig und im Sinnhorizont von Alltäglichkeit, eine ideologische Struktur kommuniziert, die Feindschaft und bis ins Eliminatorische reichende Gewalt gegenüber Jüdinnen:Juden legitimiert.[12]

Nach der Shoah geschieht dies seltener in rassistischer Weise als vielmehr basierend auf Schuldabwehr (Schuldabwehr-Antisemitismus) oder dem Umweg über Israel zur Legitimierung der Judenfeindschaft (israelbezogener Antisemitismus).[13] Jüdinnen:Juden sind häufig mit diesen gegenwärtig dominierenden Erscheinungsformen des Antisemitismus konfrontiert, wie Forschungsbefunde mit Fokus auf jüdischen Perspektiven und auf die Verbreitung des Antisemitismus in der Bevölkerung belegen.[14]

Insbesondere Handlungen, die im israelbezogenen Antisemitismus gründen, gelten häufig nicht als justiziabel oder strafbar. Eine Interviewpartnerin [7][15] moniert in diesem Zusammenhang, dass Antisemitismus kein rechtlich  greifbarer Begriff sei und das Gesetz mit dem Straftatbestand der Volksverhetzung lediglich die Grundlage dafür biete, bei einem „kleinen Part“ des Antisemitismus, den sie als rassistischen und Post-Shoah-Antisemitismus benennt, tätig zu werden.

„Die ganzen anderen Formen, die Antisemitismus noch tangiert und anfasst, die kommen überhaupt nicht vor. Und dann muss man sich natürlich so ein bisschen durch das Recht schleichen und schauen, wo kann man sich dann anbinden.“

Diese Metapher, sich „durch das Recht schleichen“ zu müssen, um manche antisemitischen Handlungen zur Anzeige bringen zu können, charakterisiert eine Hürde für die Betroffenen. Betroffene müssen also wissen, welche Handlungen sie zur Anzeige bringen können. Die Antisemitismuserfahrung reicht nicht aus, für die Strafverfolgung bedarf es zusätzlich der Bedingung, dass sie mit einer strafbaren Handlung einhergeht bzw. eine solche darstellt. Die in Gemeinden und Organisationen tätigen Interviewpartner:innen weisen darauf hin, dass sie Betroffenen helfen, diese Hürde zu nehmen, indem sie den Prozess, eine Strafanzeige zu stellen, betreuen. Ein Interviewpartner [3] berichtet davon, wie er mithilfe eines solchen Angebotes dazu übergegangen ist, regelmäßig Strafanzeigen zu stellen. Doch selbst wenn antisemitische Handlungen einem Straftatbestand zugeordnet werden können, entscheiden sich Betroffene (auch von physischer Gewalt) oft dagegen, eine Strafanzeige zu stellen, wie Interviewpartner:innen [1, 5] aus Beratungsstellen berichten. Das wird damit erklärt, dass sich die Betroffenen nicht dem Verfahren aussetzen oder als Zeug:innen auftreten wollen. Eine solche Hürde, Straftaten mit antisemitischem Bezug nicht anzuzeigen, wird etwa auf die Angst vor weiteren Angriffen oder Bedrohungen zurückgeführt, wenn im Zuge der Strafverfolgung oder des Gerichtsverfahrens Adressdaten übermittelt werden [3, 9, 11].[16] Ein anderer Interviewpartner [14] verweist darauf, dass er wegen Effekten einer sekundären Viktimisierung davon absehe, regelmäßig Anzeige zu erstatten. Er erstatte selten Anzeigen,

„weil man muss sich dann zweimal mit quasi der antisemitischen Tat befassen, einmal, weil man sie erfährt und einmal, wenn man quasi über sie verhandelt und dir dann jemand versucht zu erklären, wie nicht schlimm oder doch schlimm es dann war“.

Andere Interviewpartner:innen sehen aus pragmatischen Gründen von Strafanzeigen ab, wie es etwa ein Interviewpartner [1] mit Verweis auf persönliche Schutzmechanismen und Gewöhnungseffekte im Zusammenhang mit alltäglichen Antisemitismuserfahrungen schildert:

„Das heißt, bis ich dann also selbst jetzt mal sage, ich gehe zur Polizei und stelle eine Strafanzeige muss es schon dicke kommen. Letztendlich. Und zwar, ich weiß ja, dass es auch falsch ist, aber trotzdem, man handelt auch manchmal vielleicht auch bewusst falsch, aber es würde sonst zu viel, was passiert dann.“

Auch für andere Interviewpartner:innen ist der Aufwand zu hoch, bei der Konfrontation mit strafrechtlich relevantem antisemitischem Handeln – etwa bei einer verhetzenden Beleidigung oder Volksverhetzung – jedes Mal eine Anzeige zu stellen [16, 17]. Bei ihnen kommt aufgrund ihrer vorherigen Erfahrung mit den Strafverfolgungsbehörden mitunter noch ein auf Resignation gestütztes Bedürfnis hinzu, ihre Zeit nicht verschwenden zu wollen [16]: „Das ist mir jetzt, gestehe ich, ist mir zu zeitaufwendig, wenn ich es persönlich mache und bringt am Ende zu wenig. Gar nichts meistens.“ Ein anderer Interviewpartner [2] betrachtet es schlichtweg per se als aussichtslos, in diesem Zusammenhang Strafanzeigen zu stellen. Fallübergreifend lässt sich rekonstruieren, dass die Resignation auch mit einer Enttäuschung einhergeht.

Das Spektrum dafür, aus pragmatischen Gründen von einer Strafanzeige abzusehen, erweitert sich noch um die Dimension erwarteter sozialer Sanktionen. So hat etwa eine Interviewpartnerin [8] auf Beharren ihres in der Schule von strafrechtlich relevantem antisemitischem Handeln betroffenen Sohns hin davon abgesehen, Strafanzeige zu stellen. Denn ihr Sohn befürchtete, von einer involvierten und die Angriffe bagatellisierenden Lehrkraft aufgrund einer Strafanzeige benachteiligt zu werden.

Dass aus sicherheitsspezifischen oder pragmatischen Gründen trotz einer Konfrontation mit strafbarem Tun darauf verzichtet wird, eine Strafanzeige zu stellen, lässt sich bei mehreren Interviewpartner:innen aufzeigen und deshalb als fallübergreifende Umgangsweise rekonstruieren. Wie verbreitet diese Umgangsweise ist, belegt auch eine Studie der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte aus dem Jahr 2018. Sie kommt zu dem Befund, dass 79 % der in Deutschland befragten Jüdinnen:Juden den schwerwiegendsten antisemitischen Vorfall der letzten fünf Jahre nicht zur Anzeige gebracht oder gemeldet haben.[17]

Eine davon abweichende Umgangsweise hat sich jedoch in Einzelfällen rekonstruieren lassen: Sie ergibt sich daraus, dass Interviewpartner:innen trotz mitunter entmutigender Erfahrungen mit Strafanzeigen an diesem Instrument festhalten und sicherheitsspezifische oder pragmatische Aspekte für sie eine dem Interesse an der Strafverfolgung nachgeordnete Bedeutung haben.

Sicherheitsspezifische Aspekte werden dadurch gelöst, dass Anzeigen über Gemeinden oder Beratungsorganisationen erstattet werden, um die Anonymität zu wahren [9]. Pragmatische Aspekte werden dadurch gelöst, dass die Expertise und Angebote von Beratungsorganisationen genutzt werden [3]. Andere Interviewpartner:innen sehen zwar pragmatische Hürden, finden aber auch mit Hilfe ironischer Einordnungen einen Umgang damit [11]:

„Das ist so krass, dass ich dachte, ich brauch eine Payback-Karte. […] Aber hier ist es einerseits eine Art Sport anzuzeigen und andererseits, aber es gibt tatsächlich so viele Vorfälle, die man anzeigen muss.“

Zwei Interviewpartner:innen haben Strafanzeigen im Zusammenhang mit antisemitischen Anfeindungen und Angriffen erst ab einem gewissen Zeitpunkt in ihrem Leben als Instrument entdeckt, nachdem sie zuvor teils massiven Angriffen ausgesetzt gewesen waren und diese nicht zur Anzeige gebracht hatten  [3, 12].

2. Antisemitismus und Strafverfolgung

Entlang der Schilderungen der Interviewpartner:innen zu ihren Erfahrungen, die sie als Anzeigeerstatter:innen mit der Polizei und Staatsanwaltschaft gemacht haben, lassen sich auch als problematisch empfundene Aspekte im Zusammenhang mit Ermittlungsverfahren rekonstruieren, die dann entstehen, nachdem die Hürden zur Strafanzeige bereits genommen worden sind.

Probleme bei der Strafverfolgung zeigen sich etwa dort, wo der antisemitische Charakter der angezeigten Handlungen von Polizei oder Staatsanwaltschaften nicht anerkannt oder relativiert wird. Das lässt sich exemplarisch an einem Fall aufzeigen, bei dem ein Interviewpartner [3] eine eindeutig auf antisemitischer Dämonisierung beruhende visuelle Schmähung zur Anzeige brachte, die er als Morddrohung interpretiert hat. Nachdem im Zuge des Ermittlungsverfahrens eine Hausdurchsuchung bei dem Beschuldigten stattgefunden hatte und dort Waffen und Drogen sichergestellt worden waren, hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen primär auf die mit diesen Funden verbundenen Straftatbestände gerichtet: „Und die haben gesagt: Ja, sollte es mit den anderen Dingen nicht klappen, dann gehen sie noch mal auf das Antisemitische.“ So ist dem Interviewpartner der Eindruck vermittelt worden, die Staatsanwaltschaft kümmere sich lediglich nachgeordnet um den für den Betroffenen im Vordergrund stehenden antisemitischen Gehalt der Schmähung bzw. erkenne ihren Charakter als Morddrohung nicht an. Auch in einem anderen Fall tritt eine Divergenz zu jüdischen Perspektiven mit der den antisemitischen Gehalt dethematisierenden Charakterisierung einer Straftat hervor. Eine Interviewpartnerin [11] berichtet etwa von einem Angriff auf einen jüdischen Jugendlichen auf einem öffentlichen Platz in einer Großstadt, ihm sei eine Davidstern-Kette vom Hals gerissen worden. Für die Interviewpartnerin in nachvollziehbarer Weise ein antisemitischer Angriff, für die Polizei ihrer Aussage zufolge lediglich ein einfacher Diebstahl.

Als Problem werden weitergehend Konstellationen benannt, bei denen Polizei oder Staatsanwaltschaften die Strafbarkeit einer antisemitischen Handlung anders bewerten als die Betroffenen und keine Grundlage für Strafverfahren erkennen. In solchen Fällen wird der Eindruck bei Betroffenen erweckt, es gebe kein wissensförmiges Verständnis des Phänomens Antisemitismus oder ihrer Situation als Betroffene. Das kommunizierte Antisemitismusverständnis wirkt so irritierend auf Betroffene, da die potenziellen Folgen des antisemitischen Handelns außer Acht gelassen werden.

Ein Beispiel für die Irritation folgt aus der Schilderung einer Interviewpartnerin [12], die wegen einer Parole auf einer israelfeindlichen Demonstration Anzeige gegen Unbekannt erstattete. Sie sah in der arabischen Parole „Chaibar, Chaibar, ya yahud“ einen Straftatbestand erfüllt.[18] Die Staatsanwaltschaft habe weitere Ermittlungen abgelehnt, die Argumentation und ein von der Interviewpartnerin beauftragtes Gutachten eines Orientalisten sei mit Verweis auf einen Wikipedia-Artikel, mit einer „hanebüchenen Begründung“, widersprochen worden. Ein Beispiel für die Nichtbeachtung potenzieller Folgen antisemitischen Handelns lässt sich an einem Fall skizzieren, bei dem von der Polizei ein von der Interviewpartnerin [17] als antisemitisch motiviert wahrgenommenes Handeln gänzlich abweichend bewertet worden ist. Die Betroffene hatte wegen Morddrohungen bereits Polizeischutz erhalten. Auf dem ihr zuzuordnenden und nicht genutzten Parkplatz vor ihrem Wohnhaus hat sie dreimal in Folge einen Tierkadaver mit abgetrenntem Kopf vorgefunden. Aufgrund dieser Wiederholung und der Tatsache, dass am Kadaver und auf dem Parkplatz keine Spuren zu erkennen waren, die darauf hätten hindeuten können, dass die Kadaver von einem Tier dort abgelegt wurden, hat sie die Vorfälle der Polizei gemeldet. Schließlich sei nicht auszuschließen, dass die Tierkadaver eine Drohung markieren sollten, wie es bei anderen toten Tieren, die vor der örtlichen Synagoge abgelegt wurden, der Fall gewesen ist. Die Polizei jedoch habe diese Vorkommnisse eindeutig auf ein Tier zurückgeführt und ihre Sorgen nicht ernst genommen. In Verbindung mit der Erzählung dieser Episode trägt sie trotz Polizeischutz den ironisch pointierten und auf den als notwendig empfundenen Selbstschutz bezogenen Hinweis vor, sie habe zu Hause einen Baseballschläger und einen großen Hund. Andere Hürden bei der Strafverfolgung beziehen sich darauf, dass zwar ein antisemitischer Charakter einer Straftat anerkannt wird, dies aber mit Irritationen im Kontakt mit Strafverfolgungsbehörden einhergeht, Ermittlungsverfahren schleppend gestaltet oder eingestellt werden. Ein fallübergreifendes Erfahrungsmuster basiert darauf, dass Interaktionen zwischen Betroffenen als Anzeigeerstatter:innen und Polizist:innen oder Staatsanwält:innen als durchaus herausfordernd oder problematisch erlebt worden sind. Dies wird zum einen auf strukturelle Ursachen zurückgeführt, aber auch auf die Wahrnehmungsmuster dieser Akteur:innen. Ausgehend davon ist aber auch eine deutliche Verbesserung von Missständen wahrgenommen worden, die auf einzelne Bundesländer und die Einsetzung von Antisemitismusbeauftragten bei der Polizei oder Staatsanwaltschaften [1,9] bzw. auf die Errichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften [6] bezogen worden ist. Ein Beispiel für eine strukturelle Ursache erschwerter Interaktion benennt eine Interviewpartnerin [7] für die Fälle, in denen Betroffene wegen Beleidigungen einen Strafantrag stellen und Polizist:innen erfragen, ob sie sich wirklich beleidigt fühlen oder ob man wirklich eine Anzeige erstatten wolle.[19] Wenngleich die Polizist:innen mit der ersten Frage die Verletzung des geschützten Rechtsgutes der Ehre erfassen, wirkt sie auf Betroffene, die sich häufig haben überwinden müssen, um diesen Schritt zu gehen, verunsichernd oder mitunter zynisch.

Auch eine andere Interviewpartnerin [11] moniert die Befragung bei der Polizei, da sie den Eindruck hatte, dass ihre bei einem Vorfall betroffene Tochter als Provokateurin dargestellt worden sei. Die Frage danach, ob sie vor dem Angriff an einem öffentlichen Ort jüdische Zeichen getragen habe, mag aus polizeilicher Sicht bedeutend sein, die Interviewpartnerin überführt sie in den Sinnhorizont der Kontinuität des Antisemitismus im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus, bezieht sie darauf, dass sie ihre Kinder aus Sicherheitsgründen dazu anhält, keine sichtbaren jüdische Symbole zu tragen, und kommentiert sie deshalb nur scheinbar polemisch:

„Und sorry, wir haben unsere Judensterne zu Hause vergessen. Ist es auch eine Straftat? Ja. Trägt sie aber nicht. Okay, ich mache es den Menschen leichter. Obwohl diese Frage [.] die ist irritierend, ja.“

Der Verzicht darauf, in der Öffentlichkeit jüdische Symbole zu tragen, lässt sich basierend auf früheren Studien als durchaus verbreitete Vorsichtsmaßnahme vor antisemitischen Angriffen beschreiben; 70 % der Befragten der Studie „Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland“ geben an, es zu vermeiden, äußerlich erkennbare jüdische Symbole zu tragen.[20]

Die Wahrnehmungsmuster von Polizist:innen oder Staatsanwält:innen werden zudem in zweifacher weiterer Weise von Interviewpartner:innen problematisiert. Zum einen wird als problematisch erachtet, wenn sie vermeintliche subjektive Befindlichkeiten rund um jüdische Perspektiven in den Sinnzusammenhang von Überempfindlichkeit und emotionaler Überbetroffenheit stellen, sodass dahinter die Verletzung von Rechtsgütern verschwindet, die mit der antisemitischen Handlung einherging [7]. Zum anderen wird das Defizit moniert, wenn Polizist:innen und Staatsanwält:innen im Rahmen informeller Kommunikation den Eindruck vermitteln, dass sie die Situation der Betroffenen nicht ernst nehmen und die Strafverfolgung als aussichtslos ad acta zu legen bestrebt sind. Ein Interviewpartner [15] schildert in diesem Zusammenhang die eigenen Erfahrungen und die einer Bekannten damit, antisemitische Bedrohungen zur Anzeige gebracht zu haben und nicht ernst genommen worden zu sein:

„Es waren zwei verschiedene Mitarbeiter vom Staatsschutz und beide hatten die gleiche Formulierung also zu mir und zu der Frau gesagt: ›Erwarten Sie nicht so viel. Also das ist meistens Aussage gegen Aussage, das kann man nicht beweisen.“

Für manche Interviewpartner:innen folgt aus solchen Erfahrungen die Schlussfolgerung, genauer zu überlegen, ob sie weiterhin Strafanzeige erstatten wollen [3]: „Dass da nicht wirklich was passiert ist und dass man da nicht ernst genommen wird. Das hat dann natürlich die Hemmschwelle nach oben gebracht, dass man überhaupt zur Polizei geht.“ Gegenüber einem Interviewpartner [10] ist genau die scheinbare Aussichtslosigkeit seiner Strafanzeige von der Staatsanwaltschaft an ihn herangetragen worden. Bei einem Telefonat sei ihm von der Staatsanwaltschaft wegen der Aussichtslosigkeit und mit Verweis darauf, der Beschuldigte gehöre einem stadtbekannten Clan an, geraten worden, die Strafanzeige zurückzuziehen. Der Interviewpartner ordnet diese Erfahrung als absurd ein, da ein solches Vorgehen der Staatsanwaltschaft nicht erlaubt sei. Die Anzeige habe er letztlich tatsächlich zurückgezogen.

Die Interviewpartner:innen, die als Anzeigeerstatter:innen, Geschädigte oder Zeug:innen Teil eines Ermittlungsverfahrens gewesen sind, haben selbiges häufig als schleppend wahrgenommen. Dieser Eindruck stützt sich darauf, dass die Behörden trotz ausgeprägter Kooperation – bis hin zur auf Eigeninitiative beruhender Übermittlung von Beweismaterial – kaum Ermittlungserfolge erzielten [4, 11, 17]. Weitergehend ergibt sich dieser Eindruck daraus, Strafanzeige gestellt und keine Rückmeldung erhalten zu haben [9, 14].

Häufig werden die im Zusammenhang mit antisemitischen Handlungen eröffneten Ermittlungsverfahren eingestellt. So kommt eine Interviewpartnerin basierend auf ihrem Expertinnenwissen aus der Beratungspraxis zu dem Schluss [7]: „Die meisten Anzeigen werden fallengelassen.“ An die Betroffenen werde in solchen Fällen oft herangetragen, von der Person gehe keine Gefahr aus, man solle sich keine Sorgen machen, die Person sei psychisch verwirrt. Wenn die Polizei ein Gefahrenpotenzial erkenne, erfolgen Gefährderansprachen, bei denen potenzielle Gefährder zur Unterlassung strafbarer Handlungen ermahnt werden. Problematisch daran ist, dass solche Maßnahmen und Einschätzungen der Polizei verunsichernd bzw. bagatellisierend auf die Betroffenen wirken, zumal insbesondere psychische Krankheit und daraus resultierende Verwirrung weder ein antisemitisches Ressentiment noch die Gefahr von Angriffen ausschließen. Wenn psychische Verwirrtheit zudem vom in der Tat ausgedrückten Antisemitismus unterschieden und zum alleinigen Erklärungsansatz dieser dann pathologisierten Tat ausgebaut wird, kann das auch dazu führen, dass der antisemitische Charakter der Handlungen relativiert und die Situation der Betroffenen nicht ernst genommen werden. Wie ernüchternd die Einstellung von Strafanzeigen für Betroffene ist, beschreibt eine Interviewpartnerin [4], die u. a. selbst einen massiven antisemitischen Angriff mit der Dämonisierung von Jüdinnen:Juden und personalisierter Morddrohung erlebt hat, aber in ihrer Funktion in der Gemeinde auch mit weiteren Angriffen auf Personen oder Sachbeschädigungen konfrontiert gewesen ist:

„Das Ergebnis ist null oder nullkommafünf. Also alle Anzeigen wurden eingestellt. Aus verschiedenen Gründen. Entweder die Täter nicht gefunden, obwohl wir ganze Materialien gegeben haben, Überwachungskameras usw. dabei. Bei ein bisschen fleißiger Arbeit hätte man dann finden können. Okay, vielleicht irre ich mich aber. Also Täter unbekannt oder wegen des Mangels des öffentlichen Interesses. Das ist auch so interessante Formulierung.“

Der Mangel an öffentlichem Interesse zur Begründung der Einstellung eines Strafverfahrens wirkt für Jüdinnen:Juden bei antisemitischen Handlungen und ihrer Strafverfolgung nachgerade irritierend, konterkariert sie doch die durchaus rigoros vertretene politische und moralische Ächtung des Antisemitismus in  Deutschland.

3. Antisemitismus vor Gericht

In den wenigen Fällen, bei denen es nach Strafanzeigen und Ermittlungsverfahren zu einem Gerichtsverfahren, dem Hauptverfahren, gekommen ist, ziehen die Interviewpartner:innen ein negatives Fazit. Der Tenor lautet, dass ein angemessener Umgang mit Antisemitismus ausgeblieben sei. Das habe sich auch in den Urteilen widergespiegelt. In zwei Gerichtsverfahren, denen ein Angriff mit implizit handlungsförmiger oder explizit verbaler Bedrohung vorausging, sind die Täter:innen aufgrund psychischer Krankheiten für schuldunfähig erklärt worden [4,11]. Das wird als durchaus typisch betrachtet [4]:

„Also der Täter, wie oft bei solchen Fällen wurde als psychisch krank eingestuft, sozusagen. Er hat dann auch keine richtige Strafe bekommen.“

Beide Interviewpartner:innen schildern dabei den Eindruck, dass mit der gerichtlichen Feststellung einer psychischen Krankheit der antisemitische Charakter der Tat dethematisiert und bagatellisiert worden sei. Dieser Eindruck fußt darauf, dass angenommen wird, dass eine psychische Krankheit eine antisemitische Motivation oder Überzeugung nicht ausschließt bzw. nicht den antisemitischen Charakter einer Tat mildert. Aus der Antisemitismusforschung ist dem hinzuzufügen, dass insbesondere im Hinblick auf Wahnzustände darüber hinaus auch eine Vermittlung zum Antisemitismus und seinen psychischen Mechanismen und Funktionen in Betracht zu ziehen ist, da dieser – wie etwa der Soziologe Rolf Pohlnachzeichnet – auf wahnhaften Empfindungen und Denken basiert. Gleichwohl darf der Antisemitismus nicht pathologisiert werden, wird er als ein ganz gewöhnliches Denk- oder Einstellungsmuster in breiteren Massen beobachtet.[21] Dass Täter:innen nicht angemessen bestraft werden, ist ein fallübergreifendes Wahrnehmungsmuster, das sich an der Äußerung eines Interviewpartners [1] exemplifizieren lässt: „Ich habe auch das Gefühl, dass es ja einen gewissen Spielraum im Strafmaß gibt und dass die Täter eher mit Strafen aus dem unteren Bereich konfrontiert werden. Also mit einer milderen Strafe.“ Dieses Wahrnehmungsmuster, dass die Strafen für antisemitische Taten zu gering ausfallen, wird vereinzelt auf ein durch entsprechende Urteile verletztes Gerechtigkeitsempfinden bezogen. Für eine härtere Bestrafung der Täter:innen wird mit Bezug auf die weitere Ausschöpfung des Strafmaßes argumentiert. Das geschieht fallübergreifend nicht etwa aus individuellen Vergeltungsbedürfnissen oder einer wutbürgerlichen Law-and-Order-Mentalität heraus, vielmehr wird es mit der unterstellten präventiven oder abschreckenden Wirkung von Strafen begründet. Im Umkehrschluss monieren Interviewpartner:innen, dass viele Urteile nicht abschreckend, sondern eher ermutigend auf Antisemit:innen wirken und damit auch falsche Signale für den gesellschaftlichen Umgang mit Antisemitismus aussenden [1, 3, 4, 7, 10, 14, 16].

In einem Fall wird deutlich, dass sich jemand von einer ihm ausgesprochenen Strafe nicht hat daran hindern lassen, den Betroffenen weitergehend auf der Grundlage typisch antisemitischer Feindbilder zu belästigen und zu beleidigen. Der Interviewpartner [3] hatte die Person wegen beleidigender Sprachnachrichten angezeigt. In den Beleidigungen selbst wird der für den israelbezogenen Antisemitismus charakteristische Versuch salient, sich als „Israelkritiker“ oder „Antizionist“ vom Antisemitismus abzugrenzen. Der Interviewpartner gibt sie mit folgenden Worten wieder:

„Hey, du Fotze! […] Wir haben nichts gegen Juden. Wir haben etwas gegen Zionisten. Check das, du Fotze, nur was gegen Zionisten!“

Nach einiger Zeit, so berichtet der Interviewpartner, habe er dann weitere Sprachnachrichten erhalten, mit denen die Person, von der der Interviewpartner wusste, dass gegen sie bereits eine Bewährungsstrafe verhängt worden ist, ihr einen Einblick in das Strafverfahren, die daraus folgende Strafe und weitergehend in ihren vom antisemitischen Ressentiment strukturierten Gefühlshaushalt gegeben hat. So habe sich die Person darüber mokiert, bei den Behörden nun entgegen ihrem Selbstverständnis als Rechtsradikaler geführt zu werden,[22] sich von der als gering ausgewiesenen Strafe nicht beeindrucken zu lassen und nicht aufzuhören, weitere Nachrichten zu schicken. Dabei wurde wiederum das Phantasma einer machtvollen jüdischen Wesenhaftigkeit, auch im Zusammenhang mit einer Legitimation der nationalsozialistischen Judenvernichtung, konstruiert.

In den Fällen, in denen Interviewpartner:innen von einem erfolgreichen rechtlichen Vorgehen berichten, ist nicht das Straf-, sondern das Zivilrecht angesprochen worden. Drei Interviewpartner:innen haben Personen, die sie bzw. in einem Fall ihr Kind angefeindet haben, auf Grundlage einer Unterlassungsklage dazu verpflichtet, nicht weiter entsprechend zu handeln [11, 14, 16]. Das zivilrechtliche Vorgehen ist in diesen Zusammenhängen als durchaus effektives Mittel wahrgenommen worden, gegen antisemitische Anfeindungen u. a. im Internet und in der Schule vorzugehen und sich davor in Zukunft zu schützen. Dabei ist die Unterlassungserklärung jedoch als Ultima Ratio wahrgenommen worden; eine Interviewpartnerin [11] moniert, dass sie in Ermangelung anderer rechtlicher Sanktionsmöglichkeiten auf sich allein gestellt gewesen sei, durch eine Unterlassungserklärung antisemitische Anfeindungen gegenüber ihrer Tochter von einer Mitschülerin zu stoppen. Ein weiterer Interviewpartner [16] konnte dergestalt nur gegen eine einzelne persönliche antisemitische Anfeindung vorgehen, während andere antisemitische Einlassungen davon unberührt blieben.

III. Öffentliche Dimension: Spannungsverhältnis zwischen moralischer Ächtung und Strafrecht

Die auf der persönlichen Dimension rekonstruierten Erfahrungen und Deutungen von Jüdinnen:Juden im Zusammenhang mit dem strafrechtlichen Umgang mit Antisemitismus sind ins Verhältnis zur öffentlichen Dimension des Umgangs mit Antisemitismus unter rechtlichen Aspekten zu setzen. Denn beide Dimensionen stehen in dreifacher Hinsicht in Wechselwirkung zueinander. Erstens: Die Öffentlichkeit wird als Abstraktum auf ihr Interesse oder ihre Störung bezogen und somit im Strafrecht selbst relevant, wenn es etwa um Volksverhetzung oder Beleidigung geht.  Zweitens: Einzelne Interviewpartner:innen haben Taten angezeigt, die sich im öffentlichen Rahmen, z.B. bei Demonstrationen [8, 12], bei Reden [12], Pressekonferenzen [14] oder auf Social Media-Auftritten von exponierten öffentlichen Personen [9] ereignet haben.[23] Daran wird deutlich, dass öffentliche Ereignisse und ihre strafrechtliche Bewertung für Jüdinnen:Juden bedeutend sind. Drittens: Diese stellen einen Ansatzpunkt dar, Schlussfolgerungen über den staatlichen oder gesellschaftlichen Umgang mit Antisemitismus zu ziehen und sie rahmen den Kontext, in dem der Alltag von Jüdinnen:Juden stattfindet. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang die Verhältnisbestimmung von politischer und moralischer zur rechtlichen Ächtung des Antisemitismus relevant. Die Mehrheit der Interviewpartner:innen nimmt bezüglich der öffentlichen Dimension eine bedenkliche Entwicklung wahr, die im Wesentlichen auf den als defizitär und bagatellisierend verstandenen Umgang mit israelbezogenem Antisemitismus gerichtet ist. Insofern dieser von Strafverfolgungsbehörden oder Gerichten nicht anerkannt, sondern zum Ausdruck der geschützten Meinungs- oder Kunstfreiheit erklärt und somit legitimiert wird, tritt ein eklatanter Widerspruch zum gesellschaftlich weitgehend konsensuellen und politisch teils vehement bekenntnisförmig referierten Anspruch zur Ächtung des Antisemitismus hervor. Dieser Widerspruch lässt sich anhand der populären Ächtungsformel, Antisemitismus sei keine Meinung, unter anderem von der ehemaligen Justizministerin Christine Lambrecht vorgetragen, im Verhältnis zu gerichtlichen Feststellungen aufzeigen, die zum genauen Gegenteil kommen.[24]

Fallübergreifend hat sich rekonstruieren lassen, dass diese Divergenz zwischen moralischer und politischer und rechtlicher Ächtung bzw. zwischen moralischer und politischer Eindeutigkeit und rechtlicher Uneindeutigkeit verunsichernd auf die Betroffenen wirkt und diese ihre Rechte durch den vorrangigen Schutz antisemitischer Äußerungen durch die Meinungsfreiheit verletzt sehen. Die dominierende Deutung betrachtet es als Fehler, Antisemitismus als Teil der Meinungsfreiheit zu schützen und überdies dieser Logik folgend der Meinungsfreiheit ein höheres Gewicht beizumessen als den Grundrechten von Jüdinnen:Juden.

Auf Entscheidungen von Strafverfolgungsbehörden bezogene exemplarische Deutungen im Kontext der öffentlichen Dimension sind in den Interviews im Wesentlichen zu zwei aktuellen Ereignissen eingeholt worden; zum Beschluss der StA Kassel, kein Strafverfahren wegen auf der documenta fifteen präsentierter antisemitischer Exponate einzuleiten, zum anderen zu einer „propalästinensischen Demonstration“ in Berlin im April 2023, bei der antisemitische Parolen gerufen worden sind.[25] Die Deutungen fokussieren sich fallübergreifend auf Versäumnisse der Strafverfolgungsbehörden, sich mit den aktuellen Erscheinungsformen des Antisemitismus auseinanderzusetzen bzw. auf die Relativierung des israelbezogenen Antisemitismus.

Angesichts der Regelmäßigkeit antisemitischer Manifestationen auf „propalästinensischen Demonstrationen“ in den vergangenen Jahren, wird ein Versäumnis der Polizei und der Justiz darin gesehen, solche Demonstrationen basierend auf dem Versammlungsgesetz zu erlauben bzw. das Skandieren antisemitischer Parolen nicht zu unterbinden.[26] Ein Interviewpartner [2] erkennt aufgrund der Kontinuität solcher Vorfälle eine Verweigerung auf Seiten der Polizei und Justiz, sich mit Antisemitismus auseinanderzusetzen:

„Ähm, da kann ich auch nur sagen, wenn die deutsche Polizei und die deutsche Justiz nichts lernen will, dann wird das so weitergehen. Also was dahinter steht, ist für mich eigentlich die Unwilligkeit, wirklich einzusehen, welche Bedrohung davon ausgeht und das Nicht-Begreifen-Wollen.“

Der Beschluss der StA Kassel, kein Ermittlungsverfahren wegen auf der documenta fifteen präsentierter Exponate einzuleiten, wird ähnlich als den (israelbezogenen) Antisemitismus relativierend gedeutet.[27] An der Stelle ist die geschichtlich bedingte Sorge der Interviewpartner:innen erkennbar sowie der Wunsch, diese Sorge ernst zu nehmen, bevor es existenziell bedrohlich wird. Indem einige eine Parallele mit der NS-Zeit eröffnet und erwähnt haben, dass die Karikaturen von Juden im Stürmer auch als rechtlich legitim galten, wird dies verdeutlicht. Bis auf zwei Interviewpartner:innen, die nicht mit den Vorfällen auf der documenta fifteen vertraut gewesen sind, haben alle die Entscheidung der Staatsanwaltschaft als nicht nachvollziehbar, katastrophal, fehlerhaft oder falsch ausgewiesen. Als falsches politisches sowie gesellschaftliches Zeichen ist benannt worden, dass antisemitisch konnotierte Taten, hier Kunstwerke, durch Staatsgelder finanziert werden [5].[28] Eine Interviewpartner:in [13], selbst als Anzeigeerstatter:in involviert, äußert die Hoffnung, dass eine Beschwerde gegen den Beschluss der Staatsanwaltschaft Wirkung zeigt und die Entscheidung über die Strafbarkeit letztlich in einem Gerichtsverfahren erfolgt.

Den Ausführungen der Interviewpartner:innen nach lässt sich im Hinblick auf die Bewertung von auf Israel oder auf Jüdinnen:Juden im Zusammenhang mit Israel bezogenen Aussagen, ihren antisemitischen Gehalten und deren Strafbarkeit ein fallübergreifendes Wahrnehmungsmuster eines weiteren strukturellen Problems deutscher Gerichte rekonstruieren. Das lässt sich an drei Beispielen aufzeigen, die von Interviewpartner:innen aus eigener Initiative zur Illustration des Problems angeführt worden sind und an dieser Stelle zur weitergehenden Charakterisierung genutzt werden.

Eine Interviewpartnerin [8] spricht in diesem Zusammenhang Demonstrationen von Neonazis in Dortmund im Jahr 2019 an, auf denen die Parole „Nie wieder Israel“ skandiert worden ist. Sie habe wegen dieser Parole Anzeige erstattet, diese habe jedoch nicht die Eröffnung eines Strafverfahrens zur Folge gehabt. Zur Bewertung dieser Parole liegen zwei Gerichtsurteile vor, die darin keine Volksverhetzung, aber eine grundrechtlich geschützte Meinungsäußerung erkennen.

Die Polizei Dortmund hatte diese Parole bei Demonstrationen verbieten wollen, ein Verwaltungsgericht jedoch urteilte dagegen. Das OLG NRWbestätigte die Einordnung des Verwaltungsgerichts und schlussfolgerte, dass die Parole „für sich genommen nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung“ erfüllt, nicht „zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen bestimmte Bevölkerungsteile auf[fordert] und auch nicht deren Menschenwürde an[greift]“ und deshalb als „nicht strafbare […] – überspitzte und polemische Kritik an der Politik des Staates Israel verstanden werden“ müsse.[29] Dass Israel, stellvertretend für Jüdinnen:Juden, das Existenzrecht abgesprochen wird, folgt aus dem durch die Antisemitismusforschung gesicherten Befund, dass Antisemitismus sich nach den sozialen Bedingungen akzeptierter Kommunikation entwickelt und sprachlicher Codes oder Substitutionen bedient, mit denen stellvertretend auf Jüdinnen:Juden Bezug genommen wird.[30]

Insbesondere aufgrund dieses Kontextwissens, aber auch aufgrund des durch die Nationalsozialisten auch mit der Namensverordnung von 1938 gesetzlich etablierten Metonyms „Israel“ und dessen sinnlogischer Aktivierung in der begleitenden Parole, „Palästina hilf uns doch, Israel gibt es immer noch“, kann begründet dafür argumentiert werden, dass die antisemitische Parole auch einen volksverhetzenden Charakter hat.[31]

An diesem Beispiel wird deutlich, dass auch das Versammlungsrecht im Zusammenhang mit dem rechtlichen Umgang mit Antisemitismus problematisiert wird. Eine eindeutig antisemitische Losung ist als polemische Form der „Israelkritik“ im Spektrum des Meinungspluralismus verortet und damit Antisemitismus in der Sinnfigur eines davon unterschiedenen Tuns legitimiert worden. Diese Sinnfigur ist auch in einem von zwei Interviewpartner:innen [8, 13] als Beispiel eines bagatellisierenden Umgangs mit Antisemitismus erwähnten Urteil des AG Wuppertal aus dem Jahr 2015 zum Ausdruck gekommen. Verhandelt worden ist dabei der Brandanschlag auf die Wuppertaler Synagoge, der von drei palästinensischstämmigen Männern im August 2014 verübt worden ist. Verurteilt worden sind die Täter erstinstanzlich zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten. Als „Skandalurteil“ ist dies auch öffentlich kritisiert worden, da das Gericht u.a. deshalb zu dieser Strafzumessung kam, da es keine antisemitische Motivation der Täter zu erkennen vermochte.[32] Das Gericht überführte die Erklärung zweier Täter, sie hätten lediglich „Aufmerksamkeit auf den israelisch-palästinensischen Konflikt zur Tatzeit lenken wollen“ in die Schlussfolgerung, dieses Tun als nicht antisemitisch zu charakterisieren.[33] Dass der antisemitische Charakter der Tat daraus folgt, mit dem Angriff auf eine Synagoge in Deutschland Aufmerksamkeit auf den „israelisch-palästinensischen Konflikt“ lenken zu wollen, also in Deutschland lebende Jüdinnen:Juden in Identifikation mit dem tatsächlichen oder vermeintlichen Handeln des jüdischen Staats als Handlungsmasse in Gewalt und Zerstörung aufgehender politischer Zwecke zu nutzen oder Jüdinnen:Juden in Deutschland für ein tatsächliches oder vermeintliches Handeln Israels abstrafen zu wollen, ist für weite Teile der Öffentlichkeit deutlich gewesen. Das Gerichtsurteil ist damit in frappierender Weise mit der Bagatellisierung des Antisemitismus hinter der gesellschaftlichen und auch rechtlichen Ächtung des Antisemitismus zurückgefallen und wirkt in dieser Hinsicht noch immer verunsichernd auf Jüdinnen:Juden in Deutschland.

Als weiteres Beispiel der Bagatellisierung des israelbezogenen Antisemitismus durch die Rechtsprechung nennt ein Interviewpartner [1] das Urteil im Verfahren gegen den Verschwörungstheoretiker Sucharit Bhakdi. Das AG Plön hat Bhakdi vom Vorwurf der Volksverhetzung in zwei Fällen freigesprochen.[34]

In einem Fall hat das Gericht eine Äußerung in einem Interview im Hinblick auf ihre potenzielle Strafbarkeit bewertet, mit der er Jüdinnen:Juden im Zusammenhang mit dem Umgang mit Corona-Impfungen vorwarf, sie hätte „ihr eigenes Land verwandelt in etwas, was noch schlimmer ist, als Deutschland war“. Er folgerte:

„Das ist das Schlimme an den Juden: Sie lernen gut. Es gibt kein Volk, das besser lernt als sie. Aber sie haben das Böse jetzt gelernt – und umgesetzt. Und deswegen ist Israel jetzt living hell – die lebende Hölle.“[35]

Das Gericht zog im Rahmen der Interpretation der Äußerung die für den Angeklagten günstigste Lesart heran und kam in der Folge dazu, ihm zuzugestehen, mit dem „Volk der Juden“ die israelische Regierung gemeint haben zu können. So sehr diese Herangehensweise der Würdigung auch unwahrscheinlicher Lesarten der rechtsstaatlichen Urteilsfindung entsprechen mag, so sehr irritiert doch der Umstand, dass auf dieser Basis grundsätzlich ein ambig oder mittels Codes kommunizierter Antisemitismus, immerhin nachweislich die dominierende Kommunikationsform des Antisemitismus, niemals feststellbar, sondern immer als Konstrukt seiner vom Antisemitismus unterschiedenen Legitimation oder Selbstbeschreibung anzuerkennen wäre.[36]

Nun liegt ein solcher Fall überhaupt nicht vor, bei dem Antisemitismus aus codierter Kommunikation rekonstruiert werden müsste. Vielmehr geht es mit der Täter-Opfer-Umkehr explizit um dämonisierende Zuschreibungen und der darauf basierenden projektiven Charakterisierung eines jüdischen Kollektivs, die zwar im örtlichen Bezug auf Israel erfolgt, aber eindeutig auf Jüdinnen:Juden gerichtet ist. Das Gericht dreht nun die für die antisemitische Kommunikation charakteristische codierte und substituierende Kommunikation (Israel als Substitution für Jüdinnen:Juden) um, um diese Sinnfigur der Plausibilisierung einer legitimen und legalen „Israelkritik“ zuschlagen zu können (Jüdinnen:Juden als Substitution für Israel).[37] In der Folge wird tatsächlich eine „Kritikfigur“ angenommen, bei der das „Volk der Juden“ als Substitution für die „israelische Regierung“ ausgewiesen wird.[38]

IV. Problemdefinitionen von und Auswirkungen auf Jüdinnen:Juden

Die Interviewpartner:innen überführen ihre persönlichen Erfahrungen und an der Öffentlichkeit dimensionierten Deutungen des rechtlichen Umgangs mit Antisemitismus in verschiedene Problemdefinitionen im Zusammenhang mit Gesetzen, der Rechtsprechung sowie Schlussfolgerungen über die Auswirkungen auf ihr Leben in Deutschland.

Die Problemdefinition geht bei manchen Interviewpart-ner:innen mit der Würdigung einer positiven Entwicklung der Gesetzeslage einher. So wird etwa die Aufnahme antisemitischer Motivation in § 46 Abs. 2 StGB – als Teil der Grundsätze der Strafzumessung – als positive Entwicklung benannt [9], ebenso die Einführung des Straftatbestandes der verhetzenden Beleidigung (§ 192a StGB) [3].

Einzelne Interviewpartner:innen sehen den als problematisch gerahmten rechtlichen Umgang mit Antisemitismus im Gesetz begründet und sind der Meinung, dass „der Antisemitismus […] als eigener Straftatbestand aufgenommen werden [muss]“ [10] oder als Straftatbestand berücksichtigt werden sollte [5]. Der als dominierend rekonstruierten Deutung nach jedoch werden die problematisierten Umgangsweisen auf die Rechtsprechung, also auf die Anwendung und Auslegung der Gesetze zurückgeführt. Dieser Problemdefinition folgend kommt eine Interviewpartnerin [4] zu einer Einschätzung, mit der sie die theoretische Nützlichkeit des Gesetzes von der Anwendung dessen differenziert:

„Das Gesetz schützt wahrscheinlich rein theoretisch, aber bei praktischen, also im alltäglichen Leben, schützt das Gesetz wenig. […] Was nützt dieses Gesetz auf dem Papier, das vielleicht auch schützt, also da kann der Rechtsanwalt nähere Auskunft geben.“

Auch die folgende Aussage exemplifiziert diese Problemdefinition [12]:

„Wir haben Gesetze, wir haben den Paragraphen der Volksverhetzung. Wir haben die Holocaustleugnung. Relativierung des Holocausts. Das alles haben wir. Wir haben Gesetze. [.] Wir sollten nur einfach die Gesetze anwenden, die wir haben.“

Diese Problemdefinition wird häufig mit der Forderung verknüpft, die Akteur:innen aus Exekutive und Judikative, Polizist:innen, Staatsanwält:innen  und Richter:innen, müssten über Antisemitismus geschult, aus- oder fortgebildet werden, um hinreichendes Wissen und Problembewusstsein entwickeln zu können, was die folgende Äußerung illustriert [1]: „Die Paragraphen sind da, die Paragraphen sind eigentlich äh gut, aber es fehlt an äh konsequenter Anwendung. Ja, lernen damit umzugehen“.

Weitergehend äußern die Interviewpartner:innen mehrheitlich den Wunsch bzw. sehen es als Erfordernis, dass jüdische Perspektiven eine Beachtung finden sollten, wenn es bei der Strafverfolgung oder vor Gericht um Antisemitismus geht. Mit der Rechtsprechung werden in diesem Zusammenhang nämlich auch Feststellungen über die Gefühle oder die Menschenwürde in Deutschland lebender Jüdinnen:Juden getroffen, wie es an anderer Stelle herausgearbeitet oder vom Urteil des VG Frankfurt a.M. in der Sache zum Auftritt Roger Waters in der Frankfurter Messehalle illustriert wird.[39]

Darin heißt es, dass sich eine „schwerwiegende Beeinträchtigung des Geltungs- und Achtungsanspruchs der in Deutschland lebenden Jüdinnen:Juden […] nicht zweifelsfrei feststellen“ lässt.[40] Über den auf die Menschenwürde bezogenen Geltungs- und Achtungsanspruch von Jüdinnen:Juden mag richterlich in seiner Beeinträchtigung oder Nicht-Beeinträchtigung entschieden werden müssen. Aus jüdischer Perspektive erscheint dies aber dann absurd, wenn solche Entscheidungen an den eigenen Deutungen oder Gefühlen, in der Menschenwürde verletzt oder diskriminiert zu werden, vorbeigehen oder gar zu ihnen im Widerspruch stehen. Denn dann werden Entscheidungen über die Situationen von Jüdinnen:Juden getroffen, ohne zu berücksichtigen, wie sie selbst ihre Situation als Betroffene wahrnehmen. Ein Interviewpartner [2] ärgert sich über diese Aussage: „Das ist eine Aussage, die, auf Englisch sagt man patronizing ist, so also, die Goi wissen besser als die Juden, was sie bedroht. Da kann ich nur sagen, leckt’s mich am Arsch. Auf gut Deutsch“.

Ein weiteres Beispiel der Divergenz zwischen der Bewertung eines Gerichts und der Wahrnehmung von Betroffenen ist das BGH-Urteil zur „Wittenberger Judensau“ und zur Neutralisierung ihrer beleidigenden Wirkung mittels kontextualisierender Bodenplatte.[41] Die Interviewpart-ner:innen sehen eine angemessene Kontextualisierung mehrheitlich nicht gewährleistet und kritisieren deshalb, dass die beleidigende Wirkung keinesfalls aufgehoben sei. Insbesondere für religiöse Jüdinnen:Juden ist die verhöhnende Verwendung des heiligen G‘ttsnamens verletzend.[42] Einzelne Interviewpartner:innen kritisieren explizit die mangelnde Sensibilität und die Gleichgültigkeit der Kirche [5]. Dies ist in einen Zusammenhang mit dem christlichen Antisemitismus und seiner gegenwärtigen Bagatellisierung zu stellen, wie sie exemplarisch im Umgang mit Martin Luther und dessen Antisemitismus einen Ausdruck findet. Als Bestandteil einer weiteren Auseinandersetzung mit Antisemitismus wird von Interviewpartner:innen das Erfordernis benannt, sich auch als Akteur:in im Rechtssystem an Definitionen oder an der IHRA-Definition zu orientieren, um dem Phänomen in allen seinen Ausprägungen gerecht werden und die bestehenden Gesetze adäquat anwenden zu können.[43]

Dass es auch und ganz wesentlich auf die Auslegung der Gesetze ankommt, illustriert der Verweis einer Interviewpartnerin [5] auf das Urteil des AG Essen aus dem Jahr 2015 und damit darauf, in adäquater Weise die Codierungs- und Substitutionslogik des israelbezogenen Antisemitismus erkannt und einen Beschuldigten wegen des Skandierens der Parole „Tod und Hass den Zionisten“ wegen Volksverhetzung verurteilt zu haben.[44] Dieses Beispiel erhält seine Bedeutung vor allem daraus, dass die Defizitdiagnosen der Interviewpartner:innen häufig auf Fälle bezogen werden, bei denen der israelbezogene Antisemitismus keine Anerkennung findet.

Eine Deutung der Interviewpartner:innen verbindet die Problemdefinition mit einem Hinweis auf den Einfluss der persönlichen Einstellungsmuster von Richter:innen, also darauf, dass es „unter den Richtern […] genauso viele Antisemiten wie sonst in der Gesellschaft, wie in jedem Sektor der Gesellschaft [gibt] [2] bzw. „dass es schon rechte Elemente und Einflüsse im Gerichtssystem in Deutschland gibt“ [8].

Die Auswirkungen der Defizitdiagnosen, also eines wahrgenommenen Missstandes in Bezug auf die Gesetzeslage oder die Rechtsprechung, werden von den meisten Interviewpartner:innen mit dem Gefühl beschrieben, als Jüdin:Jude in Deutschland keinen ausreichenden oder gar keinen Schutz durch das Recht zu erfahren. Eine Interviewpartnerin [12] differenziert in dieser Hinsicht, gesellschaftlich als Problem anerkannter Antisemitismus von rechts werde klarer thematisiert und schneller verfolgt als andere Formen wie linker oder „muslimisch motivierter Antisemitismus“, die man oft nicht explizit benenne bzw. sich damit überfordert fühle.[45]

Insgesamt führt die Empfindung eines mangelnden Schutzes durch das Recht dazu, dass das Vertrauen in Gesellschaft und Staat abnimmt. Vor allem deshalb, da die politische und moralische Ächtung des Antisemitismus keine Entsprechung im Recht findet und die Betroffenen in vielen Fällen erleben, dass antisemitische Handlungen nicht strafrechtlich relevant sind, nicht oder nicht erfolgreich strafrechtlich verfolgt werden oder nicht zu einer Bestrafung der Urheber:innen führen. Damit gehen massive Enttäuschungen einher, darin wird aber mitunter auch konkret eine Stärkung oder Ermutigung von Antisemit:innen und deshalb ein zunehmendes Sicherheitsrisiko für die eigene Person oder Familie gesehen. Eine Interviewpartnerin fasst ihre auf die öffentliche Dimension der hier skizzierten Problemdynamik gerichtete Enttäuschung zusammen [13]:

„Und oft ist dann eigentlich so der erste Gedanke: ‚Wann ziehe ich weg?‘ Weil man so einfach, so sehr enttäuscht, das Gefühl hat und einfach keine Lust, sich dem zu widmen. […] ‚Ich will hier weg‘.“

Eine andere Interviewpartnerin zieht aus ihren persönlichen Erfahrungen ein Fazit über die Sicherheit ihrer Familie [11]:

„Und wir denken auch, dass unsere Töchter hier [in Deutschland, JB] nicht sicher sein werden. Und wir finden es schade, dass sie hierbleiben wollen. Ich weiß nicht, ob wenn sie das selbst erleben, ohne unser Schutz werden sie anders denken.“

V. Fazit und Ausblick

Auf der Grundlage der Forschungsbefunde konnte aufgezeigt werden, wie sich jüdische Perspektiven auf das (Straf-)Recht darstellen. Auf der persönlichen Ebene hat sich basierend auf den Erfahrungen der Interviewpartner:innen aufzeigen lassen, dass lediglich wenige antisemitische Handlungen als strafbar wahrgenommen und strafbare antisemitische Handlungen eher selten zur Anzeige gebracht werden. Erstere Wahrnehmung konturiert sich an der Gesetzeslage, ist Antisemitismus als solcher gerade kein Straftatbestand. Das auf die Erstattung von Strafanzeigen bezogene Vermeidungsverhalten ist wesentlich auf vorherige Erfahrungen mit der Strafverfolgung, z. B. die Einstellung von Ermittlungsverfahren, eine empfundene Relativierung antisemitischer Gehalte von Straftaten oder das Gefühl, als Betroffene nicht ernst genommen worden zu sein, zurückzuführen. Hervorzuheben ist, dass dieses Orientierungsmuster sowohl bei Laien wie auch Expert:innen rekonstruiert worden ist. In den Fällen etwa, in denen Interviewpartner:innen ihre Bereitschaft zur Erstattung von Strafanzeigen trotz teils negativer Erfahrungen aufrechterhalten haben und also ein divergierendes Orientierungsmuster rekonstruiert worden ist, handelt es sich um Laien, deren Zugang zum Recht von keinem ausgeprägten oder einem selbstangeeigneten Wissen bzw. von der Unterstützung durch Beratungsorganisationen strukturiert wird.

Die Interviewpartner:innen haben nicht nur die Strafverfolgung aufgrund einer empfundenen Relativierung des antisemitischen Charakters von Straftaten problematisiert, sondern auch Gerichtsurteile. In diesem Zusammenhang ist aufgrund mitunter fehlender persönlicher Erfahrungen oder ihrer Bedeutung für das eigene Leben insbesondere die öffentliche Ebene wichtig. Denn öffentlich diskutierte Gerichtsurteile vermitteln einen Eindruck davon, wie der Staat mit Antisemitismus umgeht. Auf die Interviewpart-ner:innen wirken solche Gerichtsurteile zusammen mit ihren persönlichen Erfahrungen verunsichernd und bewirken einen Vertrauensverlust. Aus der Perspektive der Interviewpartner:innen spiegelt sich die moralische und politische Ächtung des Antisemitismus in Recht und Rechtsprechung gerade nicht wider.

Fallübergreifend hat die Deutung dominiert, dass die Rechtsprechung weder einen Schutz vor noch ein effektives Mittel gegen Antisemitismus darstellt. Von den Interviewpartner:innen ist das in eine enttäuschte, aber auch kämpferische Haltung überführt worden, vor allem im Hinblick darauf, dass die Justiz in Deutschland trotz der NS-Geschichte, der Shoah und aller darauf bezogenen Ächtungsideale durch die Strafverfolgung und Rechtsprechung keinen Schutz vor Antisemitismus zu gewährleisten vermag. Im Gegenteil, insbesondere die Rechtsprechung im Zusammenhang mit israelbezogenem Antisemitismus wird als bagatellisierend und Zeichen dafür wahrgenommen, dass Antisemitismus weiterhin zum Sagbaren gemacht und so legitimiert wird.

Den dominierenden Deutungen der Interviewpartner:innen nach sollte dieser Missstand durch die „richtige“ Anwendung der Gesetze und im Falle von Verurteilungen durch die Ausreizung des Strafmaßes behoben werden. Das heißt, die Gesetze werden als ausreichende Grundlage dafür wahrgenommen, den antisemitischen Charakter von Handlungen anzuerkennen, sie als Straftaten zu verfolgen und die Urheber:innen zu verurteilen. Als defizitär problematisiert wird dagegen die Rechtsprechung im Hinblick auf die Anerkennung, Gewichtung und Bestrafung antisemitischer Straftaten.

In diesem Zusammenhang lassen sich aus den Ausführungen der Interviewpartner:innen zwei zentrale, auf Verbesserungen gerichtete Anforderungen an die Akteur:innen der Rechtsprechung für den juristischen Umgang mit Antisemitismus ableiten: Als Voraussetzung für die Anerkennung antisemitischer Gehalte von Straftaten sollten Kenntnisse über Antisemitismus erhöht werden. Damit sollte dann auch eine Sensibilität für die Betroffenenperspektiven einhergehen.

In diesem Zusammenhang wird von Interviewpartner:innen das Erfordernis benannt, Polizist:innen, Staatsanwält:innen und Richter:innen  für das Problem Antisemitismus und jüdische Perspektiven zu sensibilisieren bzw. darüber fortzubilden. Dies gründet nicht zuletzt darin, dass damit ein Umgang mit Abwehrhaltungen, Indifferenz oder gar antisemitischen Einstellungen selbst entwickelt werden könnte.

Die Deutungen der Interviewpartner:innen beziehen sich also mehrheitlich auf eine defizitäre Anwendung von als eigentlich adäquat bewerteten Gesetzen, wohingegen eine Kritik an den Gesetzen als defizitäre Grundlage ei- ner korrekten Rechtsprechung lediglich in Ausnahmefällen vorgebracht worden ist. Dabei verweisen beide Problemkonstellationen auf eine vom Historiker Christoph Jahr rekonstruierte Herausforderung für Rechtsprechung und Gesetzgebung, sich auf die je neuen Codierungen des Antisemitismus einzustellen, was sich als „Wettlauf zwischen Hase und Igel“ verstehen lässt.[46]

In diesem Zusammenhang ließe sich der aus den Perspektiven der Betroffenen rekonstruierte Missstand als Folge einer sich zu langsam oder gar nicht an den veränderten Antisemitismus orientierenden Rechtsprechung verstehen. Wichtig ist auch die Frage, ob die monierte Rechtsprechung nicht auch auf einer juristischen Eigenlogik basiert und die hier präsentierten Forschungsbefunde Widersprüche zwischen jüdischen Perspektiven und dieser offenlegen. Eine Frage, deren Bedeutung hier angesichts des als offensichtlich und wegen der Gefahren des Antisemitismus als dringlich rekonstruierten Handlungsbedarfs hervorgehoben, aber an anderer Stelle diskutiert werden soll.

 

[1]      Zick/Hövermann/Jensen/Bernstein, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in Deutschland. Ein Studienbericht für den Expertenrat Antisemitismus, 2017, S. 51 ff.; Bernstein, Zerspiegelte Welten. Antisemitismus und Sprache aus jüdischer Perspektive, 2023, S. 21 ff.
[2]      Die Interviews sind in der ersten Jahreshälfte 2023 am Forschungsbereich „Gesellschaftliches Erbe des Nationalsozialismus“ an der Frankfurt University of Applied Science durchgeführt worden. Für die Durchführung der Interviews bedanken wir uns bei Michelle Stoltze.
[3]      Witzel, Forum Qualitative Sozialforschung/Forum: Qualitative Social Research 2000, Art. 22.
[4]      Die Auswertung ist kategorienbildend und in Orientierung an der sog. Grounded Theory erfolgt.
[5]      Bogner/Menz, Das theoriegenerierende Experteninterview, in: Bogner, Das Experteninterview. Theorie, Methode, Anwendung, 2002, S. 33–70.
[6]      Sowohl Datenerhebung als auch -auswertung fanden vor dem 7. Oktober 2023 statt. Mit den antisemitischen Massakern vom 7. Oktober und dem anschließen den Krieg Israels gegen die Hamas hat sich offenkundig eine gänzlich neue Dynamik eines grassierenden Antisemitismus in Deutschland ergeben. Mit dem Anstieg eines aggressiv enthemmtenAntisemitismus nimmt die Bedrohung von Jüdinnen:Juden  zu – im Dezember 2023 gab Bundesjustizminister Marco Buschmann Spiegel Online zufolge an, seit dem 7. Oktober sei es zu 4.300 Straftaten im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt gekommen, s. Behörden registrieren 4300 Straftaten mit Nahost-Bezug seit Oktober, Spiegel Online, 17.12.2023, online abrufbar unter: www.spiegel.de/politik/deutschland/israel-hamas-krieg-4300-straftaten-mit-nahost-bezug-seit-oktober-in-deutschland-a-09d4571a-4a57-4bad-9072-6ce843972319 (zuletzt abgerufen am 6.1.2024). Dem rechtlichen Umgang mit Antisemitismus bzw. den vorliegend rekonstruierten Erfahrungen und Deutungen der Betroffenen kommen also eine umso höhere Bedeutung bzw. verbindlichere Aktualität zu.
[7]      Bundesministerium des Innern und für Heimat/Bundeskriminalamt, Politisch motivierte Kriminalität im Jahr 2022. Bundesweite Fallzahlen, 2023, S. 10.
[8]      Klaus, Gewalt und Narrative – Antisemitismus: Viel mehr als nur Zahlen, ZDF, 10.5.2023, online abrufbar unter: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/antisemitismus-zahlen-straftaten-dunkelfeld-100.html (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[9]      Diese Dunkelziffer aufzuzeigen ist der Anspruch von in den vergangenen Jahren eingerichteten Meldestellen wie der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS), die dem Monitoring antisemitischer Vorfälle unterhalb der Strafbarkeitsgrenze dienen.
[10]    Zick et al. (Fn. 1), S. 51 ff.; Bernstein, Antisemitismus an Schulen in Deutschland, 2020, S. 84 ff.
[11]    Bernstein (Fn. 1), S. 26 ff.
[12]    Zur ideologischen Struktur des modernen Antisemitismus siehe Postone, Kritik & Krise 1991, S. 6–10.
[13]    Zur jeweiligen Erscheinungsform siehe Salzborn, in: Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft, Wissen schafft Demokratie 8/2020, S. 30–41; Rensmann, Israelbezogener Antisemitismus, BPB, 11.2.2021, online abrufbar unter:  https://www.bpb.de/themen/antisemitismus/dossier-antisemitismus/326790/israelbezogener-antisemitismus/ (Zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[14]    Zick et al. (Fn. 1), S. 69 ff.; Julia Bernstein (Fn. 10), S. 200 ff., 312ff.; Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus, Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus inDeutschland 2017–2020, 2023, online abrufbar unter: https://report-antisemitism.de/documents/2023-02-28_Isolierte_Situation_Web.pdf (zuletzt abgerufen am 10.7.2023); Zick/Jensen/Marth/Krause/Döring, Verbreitung von Antisemitismus in der deutschen Bevölkerung, 2017; Decker/Kiess/Heller/Schuler/Brähler, in: Decker/Kiess/Heller/Brähler, Autoritäre Dynamiken in unsicheren Zeiten. Neue Herausforderungen – alte Reaktionen?, 2022, S.31–90.
[15]    Mittels der in eckigen Klammern aufgeführten Nummer werden die Zitate oder die  Befunde den einzelnen Interviewpartner:innen bzw. den einzelnen Interviews zugeordnet.
[16]    Mehrere Interviewpartner:innen berichten davon, wegen ihrer Tätigkeit bei Beratungsorganisationen oder Anfeindungen [7, 11] Auskunftssperren erwirkt zu haben bzw. zuerwirken.
[17]    European Union Agency for Fundamental Rights, Experiences and perceptions of antisemitism. Second survey on discrimination and hate crime against Jews in the EU,2018,S. 56.
[18]    Übersetzt: „Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden“. Häufig auch: „Chaibar, chaibar, ya yahud dschaisch Mohammed saya’du“; übersetzt: „Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden, MohammedsHeer kommt bald wieder.“ Chaibar war eine von Jüdinnen:Juden besiedelte Oase, die von Mohammed und seinem Heer in einem Feldzug erobert wurde und mit einemMassaker an den dortigen Jüdinnen:Juden einherging. Damit werden Gewalt gegen Jüdinnen:Juden und Massaker an diesen im Sinnhorizont eines historischen islamischen Expansions- und Herrschaftsstrebens glorifiziert wie auch als Ideal für die Gegenwart aktiviert.
[19]    Bernstein (Fn. 10), S. 184.
[20]    Zick et al. (Fn. 1), S. 32.
[21]    Pohl, Der antisemitische Wahn, in: Stender, Konstellationen des Antisemitismus. Antisemitismusforschung und sozialpädagogische Praxis, 2010, S. 41–68.
[22]    83 % der antisemitischen Straftaten im Jahr 2022 werden dem rechten Spektrum zugeordnet (Bundesministerium des Innern und für Heimat/Bundeskriminalamt (Fn. 7). Dassdiese Zuordnung nicht trennscharf erfolgt, zeigt dieses Beispiel auf und ist darauf zurückzuführen, dass zum Teil antisemitische Handlungen selbst als Kriterium der Zuordnungzum rechten Spektrum gelten.
[23]    In Bezug auf die Strafverfolgung gilt für die öffentliche Dimension das, was bereits auf der persönlichen Dimension rekonstruiert worden ist: Viele auf öffentliche Ereignissebezogene Strafanzeigen versanden oder werden eingestellt.
[24]    Kauschke, „Antisemitismus ist keine Meinung“, Interview mit Christine Lambrecht, Jüdische Allgemeine, 5.12.2023, online abrufbar unter: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/antisemitismus-ist-keine-meinung/ (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[25]    Der Verein democ hat die Demonstration und die Parolen mit einem Video dokumentiert, online abrufbar unter: https://democ.de/artikel/tod-den-juden-tod-israel-antisemitische-parolen-bei-palaestinenser-demo-in-berlin/ (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[26]    Als Zäsur werden in dieser Hinsicht häufig die bundesweiten antiisraelischen Demonstrationen im Jahr 2014 benannt, auf denen antisemitische Parolen skandiert worden sind, ohne dass die Polizei dies unterbunden hatte. Wie ein Interviewpartner [16] bemerkt, ermöglichte die Polizei dies auf einer Demonstration gar erst dadurch, dass sie Demonstrant:innen aus deeskalierender Absicht den Lautsprecher eines Streifwagens zur Verfügung stellte.
[27]    Hessenschau, Keine Ermittlungen nach Antisemitismus-Eklat bei documenta, hessenschau, 17.4.2023, online abrufbar unter: https://www.hessenschau.de/kultur/keine-ermittlungen-nach-antisemitismus-eklat-bei-documenta-fifteen-in-kassel-v1,antisemitismus-eklat-documenta-kein-ermittlungsverfahren-100.html (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[28]    Deitelhoff/Ackermann/Bernstein/Chernivsky/Jelavich/Möllers/
Schmelzle
, Abschlussbericht, 2023, online abrufbar unter: https://www.documenta.de/files/230202_Abschlussbericht.pdf (zuletzt abgerufen am 10.07.2023).
[29]    OVG NRW, Beschl. v. 21.10.2019 – 15 B 1406/19.
[30]    Schwarz-Friesel, Toxische Sprache und geistige Gewalt, 2022, S. 75; Rensmann, in: Monika Schwarz-Friesel, Gebildeter Antisemitismus, 2015,     S. 93–116.
[31]    Bernstein, Israelbezogener Antisemitismus, 2021, S. 21.
[32]    Schrep, Anschlag auf Synagoge in Wuppertal Sechs Brandsätze in der Nacht, Spiegel Online, 18.01.2016, online abrufbar unter:https://www.spiegel.de/panorama/justiz/brandansch lag-auf-synagoge-in-wuppertal-taeter-erneut-vor-gericht-a-172396.html (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[33]    AG Wuppertal, Urt. v. 5.2.2015 – 84 Ls 50 Js 156/14 – 22/14.
[34]    Rohwedder, Freispruch für Corona-Kritiker Bhakdi, Tagesschau, 23.5.2023, https://www.tagesschau.de/investigativ/freispruch-coronamassnahmen-bhakdi-100.html (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[35]    Zitiert nach Thaidigsmann, Sucharit Bhakdi wegen Volksverhetzung angeklagt, Jüdische Allgemeine, 12.5.2022, online abrufbar unter: https://www.juedische-allgemeine.de/politik/sucharit-bhakdi
-wegen-volksverhetzung-angeklagt/ (zuletzt abgerufen am 10.7.2022).
[36]    Schwarz-Friesel/Reinharz, Die Sprache der Judenfeindschaft im 21. Jahr hundert, 2012.
[37]    Zu Substitutionen siehe Schwarz-Friesel (Fn. 30), S. 75.
[38]    Zitiert nach Rohwedder (Fn. 34).
[39]    Zum Aspekt der Bezugnahmen auf Gefühle siehe Jahr, in: Aschkenas, 2022, S. 357–375 (361); zum Auftritt Roger Waters in der Frankfurter Messehalle und dem Urteil des Verwaltungsgerichts siehe Stern, Urteil: Bühne frei für Roger Waters, Jüdische Allgemeine, 27.4.2023, online abrufbar unter: https://www.juedische-allgemeine.de/meinung/urteil-buehne-frei-fuer-roger-waters/ (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[40]    Zitiert nach Stern (Fn. 39).
[41]    Mitteldeutscher Rundfunk, Antisemitische Schmähplastik muss laut BGH nicht entfernt werden, MDR, 14.6.2023, online abrufbar unter:https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/dessau/wittenberg/judensau-antisemitisches-schmaehplastik-bgh-urteil-104.html (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[42]    Die vermeidende Schreibweise „G`tt“ folgt im Judentum der Absicht, den Namen nicht missbräuchlich zu benutzen.
[43]    International Holocaust Remembrance Alliance, Working definition of antisemitism, online abrufbar unter: https://holocaustremembrance.com/resources/working-definition-antisemitism (zuletzt abgerufen am 10.7.2023).
[44]    AG Essen, Urt. v. 30.1.2015 – 57 Cs-29 Js 579/14-631/14.
[45]    Die Terminologie „muslimisch motivierter Antisemitismus“ kann auf Muslime als Urheber:innen antisemitischer Handlungen bezogen sein oder die spezifische Erscheinungsform des islamischen Antisemitismus problematisieren. Zum islamischen Antisemitismus siehe Küntzel, Islamischer Antisemitismus, 2022, Center for antisemitismand racism studies working papers 004.
[46]    Jahr (Fn. 39), S. 358.

 

 

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