von Dr. Jan Querengässer, Dr. Alexander Baur und Dörte Berthold
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Abstract
Mehrere Fachverbände und eine eigens dazu eingesetzte Bund-Länder-Arbeitsgruppe haben sich in den letzten Monaten mit der Neugestaltung des § 64 StGB befasst. Mitte Mai 2022 brachten die Unionsparteien einen darauf gestützten Gesetzentwurf in den Bundestag ein. Ziel aller Regelungsvorschläge ist es, den rasanten Anstieg an Unterbringungsanordnungen zu bremsen oder umzukehren. Die vorliegenden Regelungsentwürfe enthalten ohne Zweifel zielführende Ansätze; sie setzen jedoch aus Sicht der Autoren falsche Schwerpunkte oder gehen nicht weit genug. Der Reformvorschlag der Bund-Länder-AG belässt weiterhin große Anordnungsspielräume, die dazu führen könnten, dass das Ziel, die Anordnungszahlen nachhaltig zu verringern, abermals verfehlt werden könnte. Auf Basis des im Februar 2022 in dieser Zeitschrift publizierten Vorstoßes „Vom gesetzlichen Anspruch und den Grenzen der gutachterlichen Möglichkeiten – Plädoyer für die Streichung der ‚Behandlungsprognose‘ aus § 64 StGB“ wird im vorliegenden Beitrag ein konkreter alternativer Regelungsvorschlag formuliert, welcher neben der Reduktion der Anordnungszahlen auch das Ziel verfolgt, die regionalen Unterschiede in der Anordnungspraxis abzuschwächen. Im Zentrum dieses Vorschlags stehen Konkretisierungen der drei Eingangsvoraussetzungen des § 64 StGB – also des „Hangs“ zum Substanzmittelkonsum im Übermaß, des Zusammenspiels von „Hang“ und Legalverhalten und der Behandlungsprognose.
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