Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche

Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021: BGBl. I 2021, S. 327 ff. 

Gesetzentwürfe: 

 

Das BMJV hat am 11. August 2020 einen Referentenentwurf zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche auf den Weg gebracht. Damit soll zugleich der seit dem 2. Dezember 2018 in Kraft getretenen Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche Rechnung getragen werden, die bis zum 3. Dezember 2020 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die Richtlinie enthält Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen. Der Tatbestand des § 261 StGB entspricht zwar schon in weitern Teilen der EU-Richtlinie, die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche soll jedoch weiter verbessert und neu gefasst werden und über die internationalen Mindestvorgaben hinausgehen. Der Entwurf sieht vor, künftig alle Straftaten als Geldwäschevortaten einzubeziehen. Durch einen Verzicht auf einen Vortatenkatalog wird eine effektiverer Kriminalitätsbekämpfung im Bereich der organisierten Kriminalität erwartet. Entsprechend soll die Beweisführung erleichtert werden. Gerade im Bereich der banden- oder gewerbsmäßigen Strukturen war ein Nachweis in der Strafverfolgungspraxis oft schwierig. 

Die Ausweitung der Norm macht es aus Gründen der „Eingrenzung und Ausgewogenheit der Strafandrohung“ notwendig, den Anwendungsbereich einzuschränken. So soll etwa die leichtfertige Geldwäsche nicht erfasst werden. Auch die straprozessualen Eingriffsbefugnisse der §§ 100a, 100b und 100g StPO wurden an den ausgeweiteten Anwendungsbereich der Geldwäsche angepasst und ermöglichen eine Telekommunikaationsüberwachung oder eine Online Durchsuchung nur im besonders schweren Fall, bzw. wenn die Vortat eine der in den Nr. 1 bis 11 genannten schweren Straftaten darstellt. Eine Überarbeitung der Umschreibung tauglicher Tatobjekte und eine Neugliederung der Tathandlungen soll den Tatbestand des § 261 StGB in seiner Handhabung vereinfachen. Ebenso wurden im Entwurf die durch das BVerfG geprägten Vorsatzanforderungen bei der Annahme von Honoraren durch Strafverteidiger berücksichtig. Weiterhin sieht der Entwurf eine Modifizierung der selbstständigen Einziehung (§ 76a StGB) vor, die zudem an die neue Terminologie angepasst werden soll. Flankiert werden die Neuregelungen durch eine Zuständigkeitsregelung der Wirtschaftsstrafkammern. Durch die Aufnahme des § 261 StGB in den Katalog des § 74c Abs. 1 S. 1 Nr. 6 lit. a GVG soll die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammern immer dann begründet sein, wenn die „Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich“ macht. 

§ 261 StGB soll schließlich künftig wie folgt gefasst werden: 

„§ 261 – Geldwäsche

(1) Wer einen Tatertrag, ein Tatprodukt oder einen an dessen Stelle getretenen anderen Vermögensgegenstand

1. verbirgt,

2. in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,

3. sich oder einem Dritten verschafft oder

4. verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dies gilt nicht in Bezug auf einen Vermögensgegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Vermögensgegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 5 nur dann bestraft, wenn er den Vermögensgegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(7) Den Vermögensgegenständen im Sinne des Absatzes 1 stehen Taterträge und Tatprodukte einer im Ausland begangenen Tat sowie an deren Stelle getretene andere Vermögensgegenstände gleich, wenn die Tat

1. auch am Tatort mit Strafe bedroht ist oder

2. nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:

a) Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),

b) Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),

c) Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),

d) Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,

e) Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bek.mpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),

f) Artikel 2 und 3 der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),

g) Artikel 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder

h) Artikel 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b sowie Artikel 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3 2017, S. 6).

(8) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt.“

 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärte: „Geldwäsche ist ein schwerwiegendes Problem, weil der Staat und damit alle ehrlichen Bürgerinnen und Bürger geschädigt werden. Kriminelle Profite dürfen keinen Weg in die Legalität finden. Oft ist es aber kompliziert, Geldwäsche wirksam zu bekämpfen. Die grundlegende Reform des Geldwäschestraftatbestands nun ist ein wichtiger Schritt für den Kampf gegen Geldwäsche, weil es das Vorgehen vereinfacht. Die Reform ist ein Herzstück der Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die wir im vergangenen Herbst beschlossen haben. Mit unserem kürzlich vorgelegten 16-Punkte-Aktionsplan wollen wir überdies auf EU-Ebene die Regeln, Aufsichtsstruktur und den Informationsaustausch im Bereich der Geldwäsche ausweiten und stärken.“

Am 14. Oktober 2020 hat die Bundesregierung den vom BMJV vorgelegten Gesetzentwurf angenommen und am 11. November 2020 in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/24180). Dort wurde er am 20. November 2020 erstmals beraten und im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zwecks weiterer Beratung überwiesen. Der Regierungsentwurf beinhaltet nun eine geänderte Fassung. Während die Absätze 1-5 wortgleich erhalten geblieben sind, fügt sich nun Abs. 6 mit dem Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit ein:  

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Vermögensgegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe be- straft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

Die Beteiligung an der Vortat rückt damit auf Abs. 7 und in Abs. 8 wurde die Regelung zur Strafbefreiung bei freiwilliger Abgabe oder Veranlassung eine Anzeige der Tat (aktuell in § 261 Abs. 9 S. 1 StGB geregelt) wieder eingefügt. Die dortigen Abs. 7 und 8 sind nun in den Abs. 9 und 10 wiederzufinden:  

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1. wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2. in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Vermögensgegenstandes bewirkt. 

 

Der Bundesrat hat am 27. November 2020 der Empfehlung des Rechtsausschusses sowie des Ausschusses für Innere Angelegenheiten entsprechend zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen (BR Drs. 620/1/20). Die Gegenäußerung der Bundesregierung finden Sie hier (BT Drs. 19/24902).

Am 9. Dezember 2020 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Experten kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Prof. Dr. Jens Bülte machte deutlich, dass die Bekämpfung der Geldwäsche ein wichtiges Instrument sei, um der organisierten Kriminalität die finanzielle Grundlage zu entziehen. Mit jeder Änderung des § 261 StGB entferne sich die Strafgesetzgebung jedoch von diesem Ziel und richte sich auch gegen geringfügige und mittlere Kriminalität, was zu einer „Zersplitterung“ der Kräfte und einer zusätzlichen Belastung der Justiz führe. Der Entwurf sieht vor, künftig auch den Ladendiebstahl und andere Kleinkriminalität als Vortat zu erfassen. Damit werde das Strafrecht als Mittel zur Abschöpfung missbraucht, so Bülte. Ähnlich äußerte sich auch Prof. Dr. Matthias Jahn zu dem Entwurf. Die Konzeption flächendeckender Kriminalisierung sei nach europäischem Recht durch die Geldwäscherichtlinie 2018/1673 nicht indiziert. Dies sei vielmehr kriminal- und justizpolitisch bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität dysfunktional. Ein „All-Crime-Ansatz“ führe zu viel „Beifang“, der die ohnehin belasteten Ressourcen mit bagatellhaften Vortaten überstrapaziere. Dr. Matthias Dann führte die bestehenden Defizite bei der Geldwäschebekämpfung in erster Linie auf mangelnde Ressourcen und nicht auf unzureichende Regelungen im Strafrecht zurück. Richter am Bundesgerichtshof Marcus Köhler begrüßte den Entwurf. Mit der Streichung des Vortatenkatalogs und der Erweiterung der selbstständigen Einziehung werde ein schlüssiges Konzept verfolgt. So sah auch Joachim Lüblinghoff, Vorsitzender des DRB, den Entwurf. Der „All-Crime-Ansatz sei vor allem geeignet, Schwierigkeiten bei der Beweisführung zu beseitigen und finde auch in anderen europäischen Ländern Anklang. Allerdings sah auch er eine deutlich höhere Belastung bei den Staatsanwaltschaften und den Gerichten. Dem stimmte Oberstaatsanwalt Dr. Klaus Ruhland zu. Sebastian Fiedler vom BDK gab zu bedenken, dass ein „All-Crime-Ansatz“ nicht die Aufklärung komplexer Sachverhalte erleichtere, bei denen die Herkunft von Vermögen durch internationale Strukturen und Briefkastenfirmen verschleiert werden. Das Problem sei in diesen Fällen nicht die Begrenzung der Strafbarkeit, sondern die Nachweisbarkeit der Quelle. Jedoch dürfe kriminell erwirtschaftetes Vermögen nicht bei den Tätern verbleiben.

Am 5. März 2021 stimmte der Bundesrat dem Regierungsentwurf zu, nachdem der Bundestag bereits am 11. Februar 2021 das Gesetz beschlossen hatte. Es wurde am 17. März 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat einen Tag später in Kraft. 

 

 

 

 

Gesetzesantrag zur Stärkung der Führungsaufsicht

Gesetzentwürfe: 

Das Land Baden-Württemberg hat erneut einen Gesetzesantrag zur Stärkung der Führungsaufsicht in den Bundesrat eingebracht. Der wortgleiche Entwurf (BT Drs. 19/23570) unterfiel mit Ablauf der 19. Legislaturperiode dem Grundsatz der Diskontinuität. Am 11. März 2022 erhielt die Initiative bei der Abstimmung im Plenum jedoch keine absolute Mehrheit und ist damit abgelehnt. 

 


19. Legislaturperiode: 

 

Das Land Baden-Württemberg hat einen Gesetzesantrag zur Stärkung der Führungsaufsicht in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 362/20). Da die Führungsaufsicht eine erhebliche kriminalpolitische und praktische Bedeutung habe, bedürfe sie in zweifacher Hinsicht einer Weiterentwicklung. Zum einen soll bei beharrlichen Weisungsverstößen das in § 145a StGB bisherige Höchstmaß der Freiheitsstrafe von 3 Jahren auf ein Höchstmaß von 5 Jahren angehoben werden, zum anderen soll die Umsetzung der Regelungen zur Weisung einer elektronischen Fußfessel verbessert werden. 

Der „Staufener Missbrauchsfall“ zeige beispielhaft, dass die bestehende Strafdrohung des § 145a StGB nicht ausreiche, damit Probanden die Weisungen, die zum Schutz der Allgemeinheit und vielfach von Kindern, erteilt worden sind, einzuhalten. Weisungsverstöße seien der erste Schritt auf dem Weg zum (erneuten) Missbrauch. Auch die „Kommission Kinderschutz“ habe sich bereits in ihrem Abschlussbericht aus Februar 2020 für eine Verschärfung der Strafandrohung des § 145a StGB ausgesprochen. Die Anhebung des Strafrahmens solle deutlich machen, dass es sich bei den Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht nicht um Taten im unteren Kriminalitätsbereich handle. Außerdem werde ein Höchstmaß von 5 Jahren Freiheitsstrafe dem Charakter des Delikts als konkretes Gefährdungsgdelikt besser gerecht. 

Die elektronische Überwachung des Aufenthaltsortes erfolgt derzeit in Deutschland mit der Elektronischen Fußfessel, einem Sender, der am Unterschenkel des Verurteilten mit einem stabilen aber flexiblen Band angebracht wird. Rechtlich besteht keine Möglichkeit, die EAÜ gegen den Willen der Person anzulegen. Im Falle eines unkooperativen Verhaltens kommt strafprozessual nach der Entlassung aus der JVA nur eine Beantragung eines Untersuchungshaftbefehls gegen die verurteilte Person wegen eines Weisungsverstoßes (§ 145a StGB) in Betracht, sofern Haftgründe – denkbar wäre eine Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO) – vorliegen. Daher sieht das Land Baden-Württemberg gesetzgeberischen Handlungsbedarf und spricht sich, wie die „Kommission Kinderschutz“, dafür aus, eine zwangsweise Durchsetzbarkeit der angeordneten EAÜ einzuführen. Dazu soll die nach § 68a Abs. 3 StGB zuständige Aufsichtsstelle die Befugnis erhalten, unmittelbaren Zwang gegen die verurteilte Person anwenden zu dürfen, falls sie beim Anlegen der Fußfessel nicht freiwillig mitwirkt. § 68a StGB soll in Abs. 3 folgender Satz 2 angefügt werden:

„Zur Durchsetzung einer Weisung nach § 68b Absatz 1 Satz 1 Nummer 12 kann die Aufsichtsstelle unmittelbarem Zwang anordnen, wenn die verurteilte Person bei der Anlegung des für eine elektronische Überwachung ihres Aufenthaltsortes erforderlichen technischen Mittels nicht freiwillig mitwirkt.“

Der Gesetzentwurf wurde am 3. Juli 2020 im Bundesrat vorgestellt und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. Der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen. Der Entschluss hierzu wurde am 18. September 2020 im Plenum gefasst und am 23. Oktober 2020 umgesetzt (BT Drs. 19/23570). 

 

 

Gesetzesantrag zur Anpassung der Urteilsverkündungsfrist des § 268 Absatz 3 Satz 2 StPO an die Unterbrechungsfrist des § 229 StPO

Gesetzentwürfe: 

 

Das Land Niedersachsen hat einen Gesetzesantrag zur Änderung der StPO in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 354/20). Der Entwurf sieht vor, die Urteilsverkündungsfrist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO an die Unterbrechungsfrist des § 229 StPO anzupassen. 

Das Land sieht ein Problem darin, dass die Hauptverhandlung bis zu drei Wochen (§ 229 Abs. 1 StPO), bzw. bis zu einem Monat (§ 229 Abs. 2 StPO) unterbrochen werden kann, ein Urteil jedoch spätestens am elften Tag nach Schluss der Verhandlung verkündet werden muss (§ 268 Abs. 3 S. 2 StPO). Insoweit sei die reguläre Unterbrechungsfrist verkürzt. Den Grund für den Ungleichlauf der Fristen sieht Niedersachsen in der bis zum 31. August 2004 geltenden Fassung des § 229 Abs. 1 StPO, der eine Unterbrechung der Hauptverhandlung lediglich für bis zu zehn Tage vorsah. Der nunmehr verkürzte Zeitraum führe zu terminlichen Problemen. Es sei nicht nur notwendig, dass alle Mitglieder des erkennenden Gerichts innerhalb der Frist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO zusammenfinden, sondern es sei überdies erforderlich, dass sich das Gericht in diesem kurzen Zeitfenster umfangreich beraten kann. Dies sei aber insbesondere bei der Beteiligung von Schöffen ein Problem, da diese im Regelfall neben der ehrenamtlichen Schöffentätigkeit einem Beruf nachgehen und auch dort zeitlich eingebunden sind. 

Ebenso erschließe sich nicht, warum zwar § 229 Abs. 3 StPO entsprechend auf die Urteilsverkündungsfrist des § 268 Abs. 3 S. 2 StPO anwendbar ist, die Frist im Übrigen aber kürzer als diejenigen des § 229 Abs. 1 und 2 StPO sein soll. Daher seien die Fristen einander anzupassen, so dass zwischen dem Schluss der Verhandlung und der Urteilsverkündung bis zu drei Wochen liegen dürfen. Hat die Hauptverhandlung bereits zuvor an mindestens zehn Tagen stattgefunden, soll zwischen dem Schluss der Hauptverhandlung und der Urteilsverkündung eine Unterbrechung bis zu einem Monat möglich werden.

Der Entwurf wurde am 3. Juli 2020 im Bundesrat vorgestellt und im Anschluss zwecks weiterer Beratung an die Fachausschüsse überweisen. Der Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen (BR Drs. 354/1/20). Der Entschluss hierzu wurde am 18. September 2020 gefasst und am 23. Oktober 2020 umgesetzt (BT Drs. 19/23547)

 

 

Maßnahmenpaket des Landes Baden-Württemberg zum Kinderschutz

Gesetzentwürfe:

Entschließungsantrag des Landes Baden-Württemberg: BR Drs. 361/20

Gesetzesantrag des Landes Baden-Württemberg: BR Drs. 362/20

 

Das Land Baden-Würrtemberg hat im Bundesrat mehrere Anträge zur Verbesserung des Schutzes von Kindern gestellt.

Mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Stärkung der Führungsaufsicht soll der Strafrahmen für Verstöße gegen Maßnahmen der Führungsaufsicht in § 145a S. 1 StGB von drei auf fünf Jahre erhöht werden. Zudem soll die Möglichkeit zur Anwendung unmittelbaren Zwangs bei Anlegung der elektronischen Fußfessel in § 68a Abs. 3 StGB eingefügt werden.

Mit diesen Maßnahmen erhofft sich Baden-Württemberg, dass Weisungen der Führungsaufsicht besser von den Probandinnen und Probanden eingehalten werden.

Mit einem weiteren Entschließungsantrag möchte das Land erreichen, dass der Bundesrat folgende Maßnahmen trifft:

  1. „Der Bundesrat fordert das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz aufgrund der Empfehlungen der Kommission Kinderschutz auf, eine wissenschaftliche Evaluierung der Kinderschutzverfahren zu veranlassen, durch die – insbesondere aufgrund von Verlaufsstudien – die Wirksamkeit familiengerichtlicher Maßnahmen zur Abwehr von Kindeswohlgefährdungen erforscht wird.

  2. Der Bundesrat stellt fest, dass die anhaltende Aktualität der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen durch sexuellen Missbrauch, der von einschlägig vorbestraften Personen mit pädophilen Neigungen verübt werden könnte, es erfordert, das Schutzniveau für Minderjährige zu erhöhen.

  3. Der Bundesrat setzt sich weiterhin für einen umfassenden Schutz von Minderjährigen vor sexuellen Übergriffen ein.

  4. Der Bundesrat erinnert den Bundestag daher an den durch Beschluss vom 14. Februar 2020 in den Bundestag eingebrachten „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes – Zeitlich unbegrenzte Aufnahme von Verurteilungen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und anderem in das erweiterte Führungszeugnis“ (Bundesratsdrucksache 645/19 [Beschluss] [neu]; Bundestagsdrucksache 19/18019) und bittet, sich mit dem Gesetzentwurf zeitnah zu befassen.“

Die Anträge wurden am 3. Juli 2020 im Bundesrat vorgestellt und zur Beratung an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen. 

 

 

Besserer Schutz von Kindern und schutz- oder wehrlosen Personen im Sexualstrafrecht

Gesetzentwürfe:

 

Nordrhein-Westfalen hat einen Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht, durch den die angedrohten Strafen bei sexuellem Missbrauch von Kindern deutlich erhöht werden sollen.

Die Mindeststrafe des § 176 Abs. 1, 4 und 5 StGB soll auf ein Jahr Freiheitsstrafe angehoben und Kindesmissbrauch damit zu einem Verbrechen werden. Eine Privilegierung für minder schwere Fälle soll in Abs. 3 beibehalten werden.

Zudem ist vorgesehen, den § 184b StGB (Verbreitung, Erwerb und Besitz von Kinderpornografie) umzubenennen in „Verbreitung, Erwerb und Besitz von Darstellungen des Missbrauchs von Kindern“, was dem Unrechtsgehalt der Tat auch sprachlich besser Rechnung tragen soll.

Auch bei § 184b Abs. 1 StGB soll die Mindeststrafe auf ein Jahr erhöht werden. Explizit mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe sollen nach § 184b Abs. 3 S. 2 StGB Täter bestraft werden, die sich willentlich einer Gruppe in einem sozialen Netzwerk anschließen, um Darstellungen des Missbrauchs von Kindern zu erhalten.

Des Weiteren ist die Anhebung der Mindeststrafdrohung in § 176a Absatz 2 und 3 StGB auf drei Jahre vorgesehen.

Damit reagiert das Land NRW auf die in der Vergangenheit gehäuft aufgetretenen schweren Fälle von Kindesmissbrauch und erhofft sich eine abschreckende Wirkung auf zukünftige Täter. Außerdem soll eine Änderung des § 56 Abs. 3 StGB erfolgen. Generalpräventiv ermöglicht es § 56 Absatz 3 StGB derzeit, an sich bewährungsfähige Freiheitsstrafen aus Gründen der Verteidigung der Rechtsordnung zu vollstrecken. Die Regelung soll dahingehend modifiziert werden, dass bei Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr die Verteidigung der Rechtsordnung bei Bestehen eines außerordentlichen Machtgefälles im Verhältnis des Verurteilten zum Opfer in der Regel eine Vollstreckung der erkannten Freiheitsstrafe gebietet.

Der Antrag wurde erstmals am 3. Juli 2020 im Plenum vorgestellt und zur weiteren Beratung an die Fachausschüsse überwiesen.

 

 

 

 

Reformpaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Gesetzentwürfe: 

 

Am 1. Juli 2020 hat das BMJV ein Reformpaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder auf den Weg gebracht. 

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärte dazu: „Mit den erschütternden sexualisierten Gewalttaten, die in den letzten Wochen aufgedeckt wurden, wurde Kindern unermessliches Leid zugefügt. Ihr Vertrauen, sicher und geborgen leben zu können, wurde auf das Schlimmste verletzt. Angesichts der Dimension dieser systematisch organisierten Gräueltaten müssen wir ein ganz klares Signal aussenden, dass der Schutz unserer Kinder oberste Priorität hat und die Täter mit aller Konsequenz verfolgt und bestraft werden.

Kein Täter darf sich vor Entdeckung sicher fühlen. Der Verfolgungsdruck muss deshalb massiv erhöht werden. Das schreckliche Unrecht dieser Taten muss auch im Strafmaß zum Ausdruck kommen. Ich will, dass sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Wenn und Aber ein Verbrechen ist. Gleiches gilt für Kinderpornografie, mit der diese widerlichen Taten gefilmt und verbreitet werden. Wer mit der Grausamkeit gegen Kinder Geschäfte macht, soll künftig mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden können.

Gleichzeitig müssen wir die Prävention stärken. Wir brauchen höhere Wachsamkeit und Sensibilität für Kinder, die gefährdet sind oder Opfer von sexualisierter Gewalt wurden. Wichtige Qualifikationen für Familien- und Jugendrichter, Jugendstaatsanwälte und Verfahrensbeistände werden wir gesetzlich festschreiben.

Neben meinen heutigen Vorschlägen steht ein Vorhaben weiter ganz oben auf der Agenda: Wer es mit dem Schutz von Kindern ernst meint, muss die Kinderrechte im Grundgesetz verankern. Bei jedem staatlichen Handeln muss das Kindeswohl im Blick sein. Jedem Kind muss zugehört werden. Jeder Anhaltspunkt für eine Gefährdung eines Kindes muss ernst genommen werden. Das würden die Kinderrechte im Grundgesetz verdeutlichen. Im Interesse der Kinder müssen wir über meinen Vorschlag endlich in Bundestag und Bundesrat beraten.“

Das Maßnahmenpaket enthält unter anderem folgende Punkte: 

  • Der Begriff „sexueller Missbrauch von Kindern“ in den §§ 176 bis 176b StGB soll durch „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ ersetzt werden. 
  • Der Grundtatbestand des Kindesmissbrauchs soll ein Verbrechen werden und mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren bestraft werden. 
  • Taten ohne Körperkontakt erhalten einen eigenen Tatbestand mit einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.
  • Der „minder schwere Fall“ des § 176a StGB wird gestrichen.
  • Die Verbreitung von Kinderpornografie soll ein Verbrechen werden und mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu 10 Jahren bestraft werden. Der Besitz und das Besitzverschaffen sollen mit einer Freiheitsstrafen von einem bis zu 5 Jahren betraft werden. Das gewerbs- oder bandenmäßige Handeln soll künftig mit Freiheitsstrafe von 2 bis 15 Jahren geahndet werden können.
  • Der sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen soll tatbestandsmäßig um Tathandlungen mit oder vor Dritten erweitert werden.
  • Ähnlich wie bei der Versuchsstrafbarkeit des Cybergrooming, soll das Vorzeigen pornografischer Inhalte eine Versuchsstrafbarkeit für die Fälle erfahren, in denen der Täter irrig glaubt, mit einem Kind zu kommunizieren, in Wahrheit aber mit einem Elternteil oder Polizeibeamten in Kontakt steht. 
  • Für Familienrichterinnen und Familienrichter sollen spezifische Eingangsqualifikationen vorgeschrieben werden, ebenso sollen besondere Qualifikationsanforderungen für Jugendrichterinnen und Jugendrichter sowie Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälte für den Umgang mit kindlichen Zeugen eingeführt werden. 
  • Gleiches gilt für die Verfahrensbeistände, die „Anwälte des Kindes“ im Verfahren sind. 
  • Wie bereits im Bundesrat diskutiert, sollen die Fristen für die Aufnahme von bestimmten Verurteilungen in das erweiterte Führungszeugnis sowie für die Tilgung dieser Eintragungen im Bundeszentralregister verlängert werden. 
  • Die Anordnung von Untersuchungshaft soll in besonders schweren Fällen auch ohne Haftgrund nach § 112 Absatz 2 StPO (Flucht- oder Verdunkelungsgefahr) möglich sein. 

 

 

 

 

Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen Verfahren bei der Anhörung von Verurteilten nach §§ 453 Abs. 1 S. 4 und 454 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 3 StPO

Gesetzentwürfe: 

 

Das Land Niedersachsen hat am 5. Juni 2020 einen Gesetzentwurf zur Intensivierung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in gerichtlichen Verfahren bei der Anhörung von Verurteilten nach §§ 453 Abs. 1 S. 4 und 454 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 3 StPO in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 278/20). Bislang sei der Einsatz von Videokonferenztechnik in der gerichtlichen Praxis nur zum Teil umgesetzt worden. Der Vorteil liege aber auf der Hand: Die Verfahrensbeteiligten können ohne Reisetätigkeit an gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen teilnehmen. Dies erleichtere die Terminierung und trage zur Verfahrensbeschleunigung bei. Insbesondere falle der Transport der Inhaftierten zum Anhörungstermin weg. 

Nach derzeitiger Rechtslage ist ein Verurteilter vor einer gerichtlichen Entscheidung, die sich auf den Widerruf einer Strafaussetzung zur Bewährung oder auf eine Aussetzung des Restes der noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe zur Bewährung bezieht, durch das Gericht grundsätzlich mündlich anzuhören (§ 453 Abs. 1 S. 4 und § 454 Abs. 1 S. 3 StPO). Die Durchführung des Anhörungstermins mittels Videokonferenz ist nicht geregelt und bislang nur mit Zustimmung des Verurteilten möglich. Diese könne zwar eingeholt werden, jedoch sei die Quote der Rückmeldungen seitens der Verurteilten sehr gering. 

Unter anderem sollen §§ 453 Abs. 1 und 454 Abs. 1 StPO daher den Zusatz erfahren: 

„Das Gericht kann anordnen, dass die Anhörung des Verurteilten unter Verzicht auf die persönliche Anwesenheit zeitgleich in Bild und Ton an den Ort, an dem sich der Verurteilte aufhält, und in das Sitzungszimmer übertragen wird.“

Der Gesetzentwurf wurde am 5. Juni 2020 erstmals im Bundesrat vorgestellt und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen. 

Am 3. Juli 2020 beschloss der Bundesrat, den Gesetzentwurf in geänderter Fassung (BR Drs. 278/20 (B)) in den Bundestag einzubringen. Dies wurde am 12. August 2020 umgesetzt (BT Drs. 19/21612). 

 

Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit im Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr

Gesetzentwürfe: 

  • Gesetzentwurf des Bundesrates: BT Drs. 20/1238
  • Gesetzentwurf des Bundesrates: BR Drs. 256/20 (B)

 

Die Bayerische Staatsregierung hat die erneute Einbringung des zunächst dem Grundsatz der Diskontinuität unterfallenen Gesetzentwurfs zur Erhöhung der Sicherheit im Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr (BR Drs. 256/20 (B)) beantragt. Die erneute Einbringung wurde am 11. Februar 2022 im Bundesrat beschlossen und das Dokument am 30. März 2022 in den Bundestag eingebracht. 

Die Bundesregierung nahm zu dem Entwurf wie folgt Stellung: 

„Die Bundesregierung wird den Vorschlag prüfen. Der Vorschlag des Bundesrates erscheint grundsätzlich nachvollziehbar, auch mit Blick auf die bei dem Straftatbestand der Verbotenen Kraftfahrzeugrennen in § 315d Absatz 5 des Strafgesetzbuches (StGB) für die Todesfolge bereits geregelte Erfolgsqualifikation. Eine Erfassung der Todesfolge in der Erfolgsqualifikation des § 315 Absatz 3 Nummer 2 StGB muss jedoch gleichzeitig die Kohärenz der Strafrahmen insgesamt im Blick behalten.“

 


19. Legislaturperiode

Gesetzentwürfe: 

 

Die Länder Nordrhein-Westfalen und Bayern haben am 5. Juni 2020 einen Gesetzesantrag zur Erhöhung der Sicherheit im Bahn-, Schiffs-, Luft- und Straßenverkehr in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 256/20). In jüngerer Zeit sei immer öfter verkehrsfeindliches Verhalten in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Mit § 315d StGB hat der Gesetzgeber bereits im Oktober 2017 eine Sonderregelung für verbotene Kraftfahrzeugrennen eingeführt. Nach Ansicht der Länder sei aber bislang unbeachtet geblieben, dass bei vergleichbaren Taten die Regelung einer Erfolgsqualifikation bei Todesfolge ebenfalls fehle. So regelt § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB nur die Fälle einer (vorsätzlichen) Tat nach § 315 Abs. 1 StGB, in der der Täter eine schwere Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen (wenigstens fahrlässig) verursacht. Es gehöre zu den „Ungereimtheiten des geltenden Rechts, dass die Todesfolge keinen Eingang in § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB gefunden“ habe. Bei fahrlässiger Todesverursachung komme demnach nur ein Vergehen nach § 315 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit einer fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) in Betracht. Im Gegensatz dazu, stellt die fahrlässige schwere Gesundheitsschädigung ein Verbrechen dar und wird höher bestraft. Dies sei mit Blick auf das hochrangige Rechtsgut „Leben“ nicht nachvollziehbar. 

Der Gesetzentwurf sieht daher vor, den systematischen Widerspruch aufzulösen und die Todesfolge in § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB aufzunehmen. Über die Verweisung in § 315b Abs. 3 StGB wirke sich die Änderung auch auf die Fälle des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr aus. 

Der Gesetzentwurf wurde am 5. Juni 2020 im Bundesrat vorgestellt und im Anschluss zwecks weiterer Beratung an die Ausschüsse weitergeleitet. 

Am 3. Juli 2020 beschloss der Bundesrat, den Gesetzentwurf über die Bundesregierung in den Bundestag einzubringen. Dies wurde am 12. August 2020 umgesetzt (BT Drs. 19/21609). 

 

 

Verbot von Konversionstherapien

Gesetzentwürfe:

 

Am 19. Februar 2020 brachte die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Konversionsbehandlungen in den Bundestag ein (BT Drs. 19/17278).

Ziel des Gesetzes ist es, sog. Konversionstherapien an Minderjährigen und diese betreffende Werbung zu verbieten. Bei diesen Behandlungen handelt es sich um Versuche, die sexuelle Orientierung oder die selbstempfundene geschlechtliche Identität eines Menschen zu verändern oder zu unterdrücken.

Der Entwurf verbietet die Durchführung solcher Behandlungen an Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben oder zwar über 18 Jahre alt sind, deren Einwilligung in eine solche Therapie jedoch auf einem Willensmangel beruht.

Gleichzeitig verbietet der Entwurf die öffentliche und – sofern sie unter 18 Jährige adressiert – auch die nichtöffentliche Werbung für solche Behandlungen. Die Durchführung einer solchen Behandlung entgegen des Verbots soll mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe geahndet werden.

Am 23. April 2020 empfahl der Gesundheitsausschuss dem Bundestag die Annahme des Regierungsentwurfs in geänderter Fassung (BT Drs. 19/18768). In den Ausschussberatungen war die Unterscheidung zwischen öffentlicher und nichtöffentlicher Werbung gestrichen worden, sodass der Entwurf nun jegliche Werbung für solche Therapien untersagt.

Am 7. Mai 2020 nahm der Bundestag den Entwurf in der Ausschussfassung an. Am 5. Juni 2020 beschloss auch der Bundesrat, dem Entwurf zuzustimmen, sodass dieser nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet wird.

 

 

 

Anpassung der Revisionsbegründungsfrist

Gesetzentwürfe: 

 

Die Fraktion der FDP hat am 28. Mai 2020 einen Antrag zur Anpassung der Revisionsbegründungsfrist in den Bundestag eingebracht. § 345 Abs. 1 StPO sieht derzeit zur Revisionsbegründungsfrist von einem Monat vor. Nach Ansicht der Fraktion kann eine solche starre Frist gerade bei langwierigen Verfahren mit langer Absetzungsdauer des Urteils einer bestmöglichen Bearbeitung des Falles nicht gerecht werden. Im Vergleich zu der nicht begrenzten Frist für die Urteilsabsetzung (§ 275 Abs. 1 StPO) sei die Frist zur Revisionsbegründung zu starr. Darum soll diese angepasst werden. Sie soll erst zu laufen beginnen, wenn dem Rechtsmittelführer das Urteil und das Hauptverhandlungsprotokoll zugestellt worden sind. 

Der Bundestag soll daher die Bundesregierung auffordern: 

  1. „einen Gesetzesentwurf vorzulegen, in dem die Frist des § 345 StPO zur Revisionsbegründung vergleichbar der Regelung des § 275 Abs. 1 StPO unter Berücksichtigung des Umfangs des Verfahrens gestaffelt wird,
  2. die Vorschrift des § 345 StPO so zu reformieren, dass die Revisionsbegründungsfrist erst zu laufen beginnt, wenn dem Rechtsmittelführer das Urteil und das Hauptverhandlungsprotokoll zugestellt worden sind,
  3. eine absolute Obergrenze für die Absetzungsfrist gem. § 275 Abs. 1-3 StPO zu schaffen.“

 

 

 

 

 

 

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