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BGH, Beschl. v. 18.12.2019 – 2 StR 249/19: Dienstlicher Zusammenhang bei Verletzung des Steuergeheimnisses gem. § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB
Leitsatz der Redaktion:
Die neue Fassung des § 355 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB spricht dafür, dass bei Taten vor dem 1. Januar 2017 nur solche fremden Verhältnisse vom Tatbestand umfasst sind, die dem Amtsträger bestimmungsgemäß in seiner Eigenschaft als solcher bekannt geworden sind.
Sachverhalt:
Das LG Frankfurt am Main hat den Angeklagten wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Verletzung des Steuergeheimnisses verurteilt.
Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte als hauptamtlicher Erster Stadtrat verschiedene Unterlagen der Stadtverwaltung abfotografiert oder kopiert, um die – aus seiner Sicht – brisanten Unterlagen zu veröffentlichen. Dazu hatte er die Dokumente einem Journalisten und einem Rechtsanwalt zugespielt, die diese veröffentlichen sollten. Es hatte sich um fotografiert Schriftstücke aus Verwaltungsakten, Notizbücher, Kassenzettel, private Fotos, Gewerbesteuerbescheide, Arbeitszeugnisse, Verträge und andere Unterlagen gehandelt, die teilweise auch als Verschlusssache eingestuft gewesen waren.
Entscheidung des BGH:
Der BGH hob die Verurteilung auf, da sich aus den Feststellungen des LG nicht ergebe, dass ein Zusammenhang zwischen der Stellung des Angeklagten als Amtsträger und seiner Kenntnisnahme von den steuerrelevanten Informationen bestanden habe.
Ein solcher Zusammenhang sei jedoch nach der alten Gesetzesfassung erforderlich, da der Wortlaut der Norm nur eine Geheimhaltungspflicht für solche Unterlagen entstehen lasse, die dem Amtsträger befugtermaßen in einem Verwaltungs- oder gerichtlichen Verfahren bekannt geworden seien. Habe der Amtsträger die Informationen lediglich unbefugt oder missbräuchlich aufgrund seiner Amtsstellung und damit „gelegentlich seiner Diensterfüllung“ erhalten, genüge dies für eine Strafbarkeit nach der alten Gesetzesfassung nicht.
Diese einschränkende Auslegung begründet der Senat damit, dass nach der Reform des § 355 StGB durch das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens explizit auch solche Informationen aufgenommen worden seien, die sich aus Daten ergäben, welche dem Amtsträger unbefugt zur Verfügung standen. Im Umkehrschluss bedeute dies allerdings, dass vor der Gesetzesnovelle eine unbefugte Kenntniserlangung durch den Amtsträger nicht genüge.
Anmerkung der Redaktion:
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