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Strafbare und straflose Suizidförderung in Deutschland – ein Überblick

von Akad. Rat a.Z. Dr. Mustafa Temmuz Oğlakcıoğlu

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Abstract
Der Beitrag stellt de lege lata strafbare Suizidförderungshandlungen straflosen Akten der Suizidhilfe gegenüber. Die fallbezogene Darstellung dient einer Prognose einer „Praxis“ des § 217 StGB und damit auch einer Veranschaulichung der in der Literatur bereits vielfach vorgebrachten Bedenken gegen die Vorschrift des § 217 StGB. Er geht hierbei auch auf eine bisher noch nicht näher beleuchtete Konstellation ein, nämlich das seit Anfang 2018 praktizierte Sterbehilfe-Organisationsmodell der StHD. e. V. Zudem greift der Verfasser die bereits von Merkel aufgegriffene Überlegung auf, die in dem Urteil des BVerwG von März 2017 dargelegte grundrechtliche Position sterbewilliger Personen über eine Anwendung des § 34 StGB in den § 217 StGB zu implementieren.

I. Prolog

Ein 37-jähriger Mann beschließt aus Verzweiflung über seine Scheidung, von der Bosporus-Brücke in der Millionenmetropole Istanbul zu springen.[1] Über mehrere Stunden versuchen die alarmierte Polizei und Psychologen vor Ort, den Mann von seinem Vorhaben abzubringen. Schon nach kurzer Zeit bildet sich ein mehrere Kilometer langer Stau, der den gesamten Stadtverkehr zum Erliegen bringt. Eine Autofahrerin an „vorderster Front“ kurbelt schließlich ihre Fenster herunter und ruft dem Mann (sinngemäß) zu: „Seit Stunden müssen wir wegen dir im Stau ausharren, wenn du springen willst, dann spring endlich!“ Daraufhin springt der Mann in die Tiefe und verstirbt. Die Frau wird anschließend festgenommen und wegen Verleitung zur Selbsttötung gem. Art. 84 TCK (Türkisches Strafgesetzbuch)[2] zu drei Jahren und vier Monaten Freiheitsstrafe verurteilt.[3]

Szenenwechsel. 2017 macht in Irkutsk, Sibirien eine Applikation auf zahlreichen Smartphones von Jugendlichen die Runde, die den Nutzern täglich diverse Selbstschädigungsakte aufgibt (etwa das Aufritzen der Arme mit einer Rasierklinge). Ziel des Spiels ist der Suizid. Die russischen Behörden leiten etwa 130 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dieser sog. „Blue-Whale-Challenge“ ein,[4] weil auch Todesfälle (mindestens drei an der Zahl) bekannt werden.[5] Der Nachweis einer Körperverletzung bzw. Tötung in mittelbarer Täterschaft bereitet Schwierigkeiten. Daraufhin beschließt der russische Gesetzgeber, das Strafgesetzbuch um die Strafbarkeit der Anstiftung bzw. Anleitung zum Suizid sowie der Gründung eines Selbstmordforums zu erweitern. Das Gesetz sieht eine Strafe von bis zu sechs Jahren Haft vor und ist inzwischen in Kraft.[6]

Der deutsche Gesetzgeber steht diesem – unter dem Begriff des „symbolischen Strafrechts“[7] zusammengefassten – Muster in nichts nach.[8] Die Teilnahme an der Selbsttötung ist im deutschen Strafrecht zwar nach wie vor straflos. Man scheint eine Normalisierung böswilliger oder sonst verwerflicher Verleitungshandlungen zur Selbsttötung nicht zu befürchten, obwohl in den Medien von vergleichbaren Fällen wie demjenigen auf der Bosporusbrücke auch in Deutschland berichtet wird.[9] Schließlich verflüchtigte sich das Phänomen der Blue-Whale-Challenge[10] so schnell wieder,[11] dass es kein Thema für den Gesetzgeber werden konnte.[12] Doch hat das deutsche Parlament stattdessen eine – neben den illustrierten Beispielen deutlich weniger Angst und Schrecken verbreitende – Randerscheinung, nämlich die professionelle Unterstützung beim Freitod durch einen Sterbehilfeverein, zu einer gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hochstilisiert.[13] Dies ebnete den Weg zur Strafbarkeit der geschäftsmäßigen Suizidförderung nach § 217 StGB. Nun sei jedem die Entscheidung selbst überlassen, welche Gefahren fassbarer und welche Szenarien bedrohlicher wirken: Die Etablierung einiger Sterbehilfevereine, die suizidgeneigte Personen unter Beachtung ethischer Standards beraten und im Falle einer endgültigen Entscheidung bei ihrem Suizid assistieren? Oder die fortdauernde Entwicklung der Solidargemeinschaft in eine Sensations- und Konsumgesellschaft, in der man für „spannenden“ oder pseudolustigen Content auf seinem Instagram-Profil nicht davor zurückschreckt, „Likes“ gegen gekonnte Selbstschädigung zu versprechen? Derlei Fragestellungen und der Vergleich mit der ausländischen Rechtsordnung dürfen keinesfalls als Plädoyer für eine „erst Recht“ gebotene Strafbarkeit der Verleitung zum Suizid missverstanden werden.[14] Sie sollen lediglich die Irrationalität der gesetzgeberischen Ausgestaltung pointieren und die Frage in das Bewusstsein rücken, inwiefern bei Teilnahmehandlungen am Suizid überhaupt nach bestimmten Strafwürdigkeitskriterien unterschieden werden darf und kann.

Damit ist man beim Titel der Arbeit angekommen: es sollen die de lege lata strafbaren Suizidförderungshandlungen straflosen Akten der Suizidhilfe gegenüberstellt werden. Durch die Einführung des § 217 StGB ist die Möglichkeit solch einer Darstellung überhaupt erst entstanden, sodass diese auch als Lackmustest für die vielfach kritisierte Vorschrift dient und zwar in zweierlei Hinsicht. Zum einen vermag sie, wie soeben erläutert, Friktionen des § 217 StGB in Relation zum strafrechtlichen Schutz des Lebens insgesamt aufzuzeigen; zum anderen kann solch eine Analyse Aufschluss darüber geben, ob § 217 StGB seinen eigenen Zweck zu erfüllten vermag, nämlich dem Phänomen der Sterbehilfevereine in Deutschland entgegenzuwirken.[15] Zugegeben, derlei Erwägungen wurden bereits vielfach angestellt (überhaupt wurde zur Legitimität und Auslegung jenes „zweifelhaften“ Tatbestandes[16] eigentlich schon alles gesagt, was gesagt werden muss[17]). Doch kann eine konkret fallbezogene Darstellung zu einer Bündelung der bis dato vorgebrachten (und vielschichtigen) Argumente führen sowie die Widersprüchlichkeiten in Bezug auf den Schutz des Suizidenten sowie auch demjenigen vor einer Suizidkultur de lege lata noch deutlicher zum Vorschein bringen. Dies gilt im Besonderen in einer Zeit, in der Strafgesetze „fallbezogen“ bzw. zunächst auf ein Phänomen hin vorbereitet werden, um im Anschluss abstrakt formulierte Tatbestände zu verkünden, die über jeden Zweifel einzelfallbezogener Gesetzgebung – Art. 19 Abs. 1 GG lässt grüßen – erhaben sind.[18]

II. Die Tatbestandsmerkmale des § 217 StGB im Visier der Strafrechtswissenschaft

Da im Folgenden (mehr oder weniger vorstellbare) Sachverhalte kurz und bündig unter § 217 StGB subsumiert werden sollen, ergibt es Sinn, die zugrunde gelegten Auslegungsleitlinien, die sich in der Strafrechtswissenschaft zwischenzeitlich herausgebildet haben, darstellerisch vor die Klammer zu ziehen. „Fallentscheidend“ dürften neben dem zentralen Tatbestandsmerkmal der Geschäftsmäßigkeit die Tathandlungen des Gewährens/Verschaffens einer Gelegenheit zum Suizid sowie das subjektive Merkmal der Förderungsabsicht sein.

1. Geschäftsmäßigkeit

Beim Tatbestandsmerkmal der Geschäftsmäßigkeit ergibt sich hinsichtlich seiner Auslegung ein relativ klares Bild. Die eine (wohl überwiegende) Ansicht präferiert im Anschluss an die Gesetzesbegründung das intentionale Wiederholungskonzept, lässt es für eine Geschäftsmäßigkeit also genügen, dass der Täter seine Tathandlungen zu einem dauernden oder wiederkehrenden Bestandteil seiner Tätigkeit macht.[19]Die andere Ansicht will das Merkmal („hilfsweise“[20]) restriktiv dahingehend auslegen, dass der Täter die Suizidhilfe zu seinem „Hauptberuf“ macht[21] bzw. zu einem dauernden oder wenigstens wiederkehrenden Bestandteil seiner wirtschaftlichen oder beruflichen Betätigung machen will.[22] Ob und inwiefern der Einschränkungsvorschlag in den einzelnen Fällen tatsächlich zu einer Strafbarkeitseinschränkung führt, gilt es zu überprüfen.

2. Tathandlungen: Gewähren, Verschaffen und Vermitteln einer Gelegenheit zum Suizid

Das Gewähren oder Verschaffen einer Gelegenheit wird als das Herbeiführen der äußeren Umstände verstanden, welche die Vornahme der Suizidhandlung ermöglichen oder zumindest erleichtern. Da der Gesetzgeber selbst die Gefahr einer ausufernden Haftung[23] sieht und abzuscheidende Vorbereitungshandlungen konkret benennt, besteht Einigkeit darüber, dass der Tatbestand einer Einschränkung bedarf. Auf welche Weise die Restriktion herbeizuführen ist bzw. wie weit diese reicht, wird unterschiedlich beantwortet. Weigend/Hoven wollen nur solche Tathandlungen unter § 217 StGB subsumieren, mit denen der Täter dem Suizidenten Selbsttötungsmöglichkeiten eröffnet, die diesem sonst nicht zur Verfügung stünden. Deshalb fielen alle Tathandlungen nicht unter § 217 StGB, die dem Suizidwilligen nur Möglichkeiten eröffnen, die dieser sich leicht auch „aus eigener Kraft“ verschaffen könnte.[24]

Der Verfasser fordert einen tatbestandsspezifischen Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen Förderungshandlung und (beabsichtigtem) Suizid und sieht demgemäß von dem objektiven Tatbestand des § 217 Abs. 1 StGB nur solche Handlungen erfasst, denen der Suizid bei planmäßigem Ablauf zeitlich und räumlich unmittelbar nachfolgt bzw. nachfolgen kann.[25] Durchgesetzt hat sich hier das Bild von der „letzten Hürde“ für den Vollzug des Suizids,[26] wobei dieses auch final – und nicht zwingend zeitlich – verstanden werden kann.[27] Entscheidend dürfte sein, dass lediglich der Täter als derjenige zu betrachten ist, welcher dem Suizidenten die Gelegenheit „gewährt“ hat, dass nach der Handlung des Täters also keine weiteren Förderungshandlungen Dritter mehr erforderlich sind,[28] mithin auch er allein die Kontrolle, dogmatisch gesprochen, die „Tatherrschaft“ über die Gelegenheit hat bzw. die „Umstände“ i.S.d. oben genannten Definition hat.[29] Bei solch einer faktischen Betrachtung (wie sie für Umgangsverbote typisch ist) stellt sich das Gewähren – jedenfalls im Hinblick auf die Überlassung von Suizidpräparaten – als Kausalverlauf dar, an deren Ende der Erfolg der „Gelegenheit“,[30] mithin der Erhalt des Medikaments, steht (bzw. zumindest stehen soll).[31]

Auf die vom Gesetzgeber als nicht strafwürdig erachteten Fallgruppen rekurrierend will dagegen eine dritte Position ausreichen lassen, dass die Gelegenheit zur Selbsttötung auf einen individualisierten, bestimmten, nicht notwendig namentlich bekannten Suizidwilligen bezogen ist.[32] Weitere Einschränkungen lehnt sie hingegen ab.[33] Problematisch an diesem Konzept ist allerdings, dass die Individualisierung gerade nicht notwendig mit der Tathandlung in Verbindung steht. Sie kann der eigentlichen Tathandlung zeitlich weit vorverlagert sein und v.a. auch in den Bereich fallen, den der Wortlaut der Vorschrift (Beratungsgespräche, Werbung etc.) nicht erfasst.[34]

Bei der Tathandlung des Vermittelns ist man sich zwar einig, dass hierunter (entsprechend der Gesetzesbegründung) die Herstellung des konkreten Kontakts zwischen einer suizidwilligen Person und der Person, die die Gelegenheit zur Selbsttötunggewährt oder verschafft, gemeint ist.[35] Doch wird darüber diskutiert, ob die Vermittlung „erfolgreich“ sein, es also tatsächlich zur Gelegenheit gekommen sein muss.[36] Wie sich später zeigen wird, hängt an einer mehr oder weniger extensiven Interpretation der Tathandlungen das gesamte kriminalpolitische Konzept:[37] denn die Entscheidung des Gesetzgebers, ganz konkrete Tathandlungen zu benennen, lässt sich zugleich als Bekenntnis gegen ein allgemeines Tätigkeitsverbot deuten (was im Übrigen auch nicht durch die Überschrift der Norm kaschiert werden kann). Damit wird es gerade den Sterbehilfevereinen ermöglicht, potentiell kriminalisierte Handlungen aus ihrem „Dienstleistungsangebot“ herauszunehmen und weiterhin ihrer Tätigkeit nachzugehen.[38]

3. Suizidförderungsabsicht

Auf subjektiver Ebene bietet das besondere Merkmal der Suizidförderungsabsicht eine weitere Diskussionsplattform, soll sie ausweislich der Gesetzesbegründung die Aufgabe erfüllen, die Straflosigkeit verschiedener Verhaltensweisen zu gewährleisten.[39] Allerdings wurde bereits in zahlreichen Abhandlungen darauf aufmerksam gemacht, dass bei den vom Gesetzgeber genannten Fallgruppen (altruistisches Handeln, Vorbereitungshandlungen, zulässige Formen der indirekten Sterbehilfe) bereits der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist. Entsprechend wird die eigenständige Bedeutung des Merkmals angezweifelt,[40] was auch seiner Konturierung schadet.[41] So hat man sich mit der (an andere Absichtsmerkmale angelehnte) Floskel zu begnügen, wonach der Täter mit Suizidförderungsabsicht agiert, wenn es ihm auf die Förderung der Gelegenheit zur Selbsttötung eines anderen (nicht auf dessen Selbsttötung!) ankommt, er sie also als End- oder notwendiges Zwischenziel erstrebt (dolus directus 1. Grades).

III. Fallgruppen

1. Handlungen von Mitarbeitern und Mitgliedern des Vereins

a) Strafbare Handlungen

Fall 1: A leidet an einer schweren und unheilbaren Krankheit, die mit erheblichen Schmerzen und zunehmenden Funktionsverlusten verbunden ist. Er ist deshalb seines Lebens müde. A nimmt daher Kontakt mit einem Sterbehilfeverein auf, wo ihm von Mitarbeiter M ein Raum und ein Medikamenten-Cocktail zugesagt wird, allerdings erst nach einer entsprechenden Begutachtung. Schließlich überlässt M, wie er dies bereits in zahlreichen Fällen getan hat, A die Substanzen.

M schafft durch die Überlassung der Medikamente und Räumlichkeiten (unmittelbar) die äußeren Bedingungen, welche die Vornahme der Suizidhandlung ermöglichen.[42] Er hat die Tatherrschaft über dieses Geschehen inne, gewährt also eine Gelegenheit zum Suizid. Unter Zugrundelegung der intentionalen Wiederholungskonzeption (II.1.) handelt M augenscheinlich auch geschäftsmäßig, da er bereits in zahlreichen Fällen als Suizidassistent aufgetreten ist. Selbst wenn man verlangt, dass die Suizidhilfe die Haupttätigkeit des Täters darstellen muss, lässt sich eine Geschäftsmäßigkeit bejahen. Ob und inwiefern die Handlungen des M weiteren (hierarchisch übergeordneten) Vereinsmitgliedern wechselseitig zugerechnet werden könnten (§ 25 Abs. 2 StGB), ist Tatfrage.

Im konkreten Einzelfall erscheint aber nicht einmal die Subsumtion unter diesen Grundfall, wie sie dem Gesetzgeber womöglich als „Prototyp“ der Begehung des § 217 StGB vorgeschwebt haben dürfte, in Stein gemeißelt. Zum einen könnte man der Frage nachgehen, in welchem Beziehungsverhältnis M und A als Vereinsmitglieder zueinander stehen: Nach dem gesetzgeberischen Willen sollen schließlich Handlungen, die im Einzelfall und aus altruistischen Motiven, häufig aufgrund einer besonderen persönlichen Verbundenheit erfolgen, nicht erfasst und folglich weiterhin nicht strafbar sein.[43] In Anbetracht des gewöhnlichen Ablaufs der Suizidhilfe, der Rolle des Vereins für den Suizidenten und nicht zuletzt auch die Anforderungen, die an ein „Grünes Licht“ gestellt werden,[44] liegt weder eine „Einzelfallentscheidung“, noch eine „persönliche Verbundenheit“ des Suizidenten zum Vereinsmitarbeiter fern.

b) Straflose Handlungen

Fall 2: M klärt A darüber auf, dass eine Durchführung des Suizids jedenfalls in der Schweiz unproblematisch realisierbar wäre. Die dafür erforderlichen Vorbereitungen könnten allerdings bereits in Deutschland getroffen werden. M berät A umfassend, verweist ihn an einen Dr. F, der ihn begutachten soll und erteilt schließlich „grünes Licht“.

Eine Strafbarkeit des M scheidet in dieser Konstellation aus, da nach allen Auffassungen (und auch nach dem Willen des Gesetzgebers) die Einleitung der Suizidassistenz, etwa die Durchführung gemeinsamer Besprechungen (Videoaufzeichnungen), die Begutachtung des Suizidenten und die Erteilung des „grünen Lichts“ in den Bereich der straflosen Vorbereitung fällt.[45] Bevor überhaupt feststeht, ob dem A überhaupt Suizidassistenz gewährt wird, fehlt es an der notwendigen Individualisierung (II. 2.), die dann in eine (von M beherrschte und schließlich gewährte) Gelegenheit zum Suizid münden kann.

Bei einer tatsächlichen Umsetzung der Suizidassistenz (Fall 1), mithin Feststellung eines geschäftsmäßigen Gewährens durch Dritte in concreto, könnten die Handlungen des M allerdings als Beihilfe gem. § 27 Abs. 2 StGB bzw. als Tatbeitrag (im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB) qualifiziert werden.[46]

Fall 2 Abwandlung 1: M klärt A umfassend über verschiedene Suizidmethoden und ihre Risiken auf. Wegen § 217 StGB könne der Verein allerdings keine Suizidpräparate mehr in Deutschland bereitstellen. Deswegen müsse A entweder in die Schweiz reisen, um das Suizidpräparat abzuholen (bzw. den Suizid direkt in den Räumlichkeiten der Schweizer vornehmen) oder sich das Suizidpräparat selbst beschaffen. Für den zweiten Fall klärt M den A über die Möglichkeit auf, sich die Präparate ohne Strafbarkeitsrisiko über das Internet zu beziehen (von einer Straflosigkeit des Erwerbs ist auszugehen) oder einen Antrag beim BfArM auf die Erteilung einer Erlaubnis für den Erwerb von Natrium-Pentobarbital zu stellen. Daraufhin besorgt sich A die entsprechenden Präparate. Strafbarkeit des M? 

Soweit auf die Gelegenheit in der Schweiz aufmerksam gemacht wird, scheidet ein Vermitteln, sozusagen in das Ausland aus, weil bereits ein Kontakt zwischen Suizidenten und dem potentiellen Täter des § 217 StGB besteht. Zudem liegt ein Vermitteln fern, wenn die vermittelnde und die suizidfördernde Person (zumindest normativ, wenn auch nicht personell) identisch sind.[47] Anders gewendet: von einem Vermitteln einer Gelegenheit kann nicht mehr die Rede sein, wenn man die Tatherrschaft über die potentielle Gelegenheit selbst innehat.

Die Belehrung des A über die Möglichkeit, straflos an Suizidpräparate heranzukommen, kann ebenso wenig unter das Vermitteln subsumiert werden, da dies zur widersinnigen Konsequenz führt, dass die Überlassung der Präparate (durch nicht geschäftsmäßig agierende Dritte) straflos wäre, während der Verweis hierauf strafbar sein soll. Freilich wird man, selbst wenn annehmen wollte, dass das Vermitteln eben auch „Vorfeldhandlungen“ erfasst, nicht davon ausgehen können, dass allein der Hinweis eine „Vermittlung“ darstellt, wenn M im Übrigen nicht den Kontakt zu ganz konkreten Personen als „legale Bezugsquelle“ herstellt bzw. der Suizident nicht auf die Herstellung des Kontakts angewiesen ist. Ebenso scheidet das Gewähren einer Gelegenheit aus, da M nicht die Tatherrschaft über die Gelegenheit (Medikamente) hat. Eine Beihilfe kommt wiederum nur in Betracht, wenn die „Bezugsquelle“ ihrerseits § 217 StGB verwirklicht. Entsprechendes gilt für die Belehrung über die Möglichkeit, ggf. „legal“, nämlich über den behördlichen Weg, das Suizidpräparat zu erhalten.

Fall 3: A will nicht in die Schweiz reisen, um sich die Suizidmittel abzuholen. Daher bittet er M, das Präparat der Ehefrau E zu überlassen, womit sich M nach Abschluss der weiteren Modalitäten (Fall 2) auch bereit erklärt. Er überlässt das Präparat der E, die daraufhin wieder nach Deutschland reist (von der Straflosigkeit der Einfuhr ist auszugehen) und erst einige Wochen später dem A überreicht.[48]

In dieser Konstellation treten die kriminalpolitischen Schwächen des § 217, die auf der Entscheidung des Gesetzgebers beruhen, konkrete Tathandlungen zu benennen, besonders deutlich zu Tage. Zunächst könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass M mit der Überlassung des Suizidmittels einen Kausalverlauf in Gang setzt, an deren Ende der von § 217 StGB erforderliche „Erfolg“ steht[49] (nämlich die Gelegenheit für M, aus dem Leben zu scheiden). Bei solch einer Betrachtung hätte E eine bloße „Botenstellung“, aber keine Entscheidungsmacht inne. Solch eine Betrachtung würde aber weder faktisch, noch normativ überzeugen. E kann ab der Übergabe des Medikaments über diese frei verfügen. Damit steht dem Zugang des A zur Gelegenheit die Hürde der notwendigen Mitwirkung des eingeschalteten Dritten (nicht notwendig ein Angehöriger) entgegen. Dies gilt nicht nur, wenn man in die Tatbestandsmodalitäten des Gewährens und Verschaffens – wie hier – restriktive ein Unmittelbarkeitskriterium hineinliest, sondern auch, wenn man die Individualisierung des Suizidenten genügen lässt. Denn schließlich müsste auch dem individualisierten Suizidenten die Gelegenheit durch den Täter verschafft bzw. gewährt werden, was Tatherrschaft des M voraussetzte. Selbst wenn man das beschriebene Konstrukt eines „Kausalverlaufs“ ernst nehmen und davon ausgehen wollte, dass M mit der Übergabe des Mittels das Geschehen aus der Hand gibt, würde das vorsätzliche Drittverhalten einer objektiven Zurechnung des Geschehens entgegenstehen.

Eine organisationsbezogene Betrachtung, bei der man darauf abstellen würde, dass das Präparat letztlich von M bereitgestellt wird, scheint angesichts der Wortwahl, besser „Wortlaut-Wahl“, gerade nicht gewollt, zumal bei solch einer Betrachtung auch die „Bezugsquelle“ des Sterbehilfe-Vereins einbezogen werden müsste. Einzelpersonen, welche die Verfügungsmacht über die Suizidpräparate erhalten, können kaum als „Boten“ bzw. „verlängerter Arm“ der Sterbehilfeorganisation betrachtet werden. Aus dem Blickwinkel des Gesetzgebers ist hiermit ein Desaster beschrieben, da der Tatbestand mit der Einbeziehung Dritter umgangen werden kann.[50] Schließlich scheidet mangels Haupttat auch eine Beihilfe aus, wenn (wie im Regelfall) der einbezogene Dritte nur einmalig und somit nicht geschäftsmäßig agiert. Aus dem Blickwinkel des Kritikers ist diese – vielleicht auch gerade aus der Haltung heraus einzig überzeugende Auslegung des § 217 StGB – nur die konsequente Anwendung eines Delikts, das nicht jeglichen Beitrag zum Suizid durch Mitglieder einer bestimmten Organisation verbietet und kriminalisiert, sondern ausgehend von einem Phänotyp der Suizidassistenz auf ein räumlich und zeitlich konkretisiertes Geschehen (die Gelegenheit) zugeschnitten ist. Der Gesetzgeber hätte schließlich das „Fördern“ als Tathandlung heranziehen können, hat dies jedoch nicht getan (womöglich wiederum, weil solch eine Ausgestaltung erst recht keiner verfassungsrechtlichen Kontrolle standgehalten hätte).

2. Suizidfördernde Handlungen sonstiger Personen

a) Strafbare Handlungen

Fall 4: Der gute Freund F des A lässt sich von diesem überreden, ihn für dessen Suizidvorhaben in der Schweiz (durchgeführt von M) zum Bahnhof München zu fahren.

Die Fahrt zum Bahnhof stellt eine Beihilfehandlung zur (potentiellen) Haupttat des M dar. F selbst muss nicht geschäftsmäßig agieren, sondern lediglich um die Geschäftsmäßigkeit des Gewährens durch M wissen. Dass die Haupttat im Ausland begangen wird, steht einer Strafbarkeit wegen § 9 Abs. 2 S. 2 StGB nicht entgegen.[51] Wäre F allerdings Angehöriger oder Nahestehender des A, scheiterte eine Strafbarkeit an der Privilegierungsvorschrift des § 217 Abs. 2 StGB.

Fall 5: A möchte aus dem Leben scheiden und bittet Sohn F um Hilfe. F leistet Suizidassistenz. Einige Wochen nach dem Suizid des A hat auch die Mutter des F beschlossen, sich das Leben zu nehmen. F leistet erneut Suizidassistenz.

Lässt man die wiederholte Begehung für ein geschäftsmäßiges Handeln genügen, macht sich F jedenfalls bei der zweiten Suizidhilfe (soweit ein Gewähren bejaht werden kann) nach § 217 Abs. 1 StGB strafbar, insbesondere scheidet eine Anwendung des § 217 Abs. 2 StGB aus, da sich dieser nur auf Teilnahmehandlungen bezieht (und schließlich ebenso voraussetzt, dass der Angehörige nicht geschäftsmäßig agiert). Erst unter Rückgriff auf etwaige Tatbestandsrestriktionen, wie sie im Hinblick auf die Geschäftsmäßigkeit bereits beschrieben wurden, gelangte man zur Straflosigkeit des F.[52] Daneben könnte man darüber nachdenken, ob es genügt, dass T um die wiederholte Begehung weiß oder nicht bei der zweiten Handlung davon ausgehen müsste, weiterhin (also auch in Zukunft) Suizidassistenz zu leisten.[53]

b) Straflose Handlungen

Fall 6: F ist Jurastudent und befürchtet ein Strafbarkeitsrisiko für das Vorhaben in Fall 4. Er überlässt dem A daher einmalig unterschiedliche Medikamente, die in der Hausapotheke seines Vaters stehen und bei kumulativer Einnahme den Tod herbeiführen.

F handelt nicht geschäftsmäßig. Der objektive Tatbestand des § 217 Abs. 1 ist nicht erfüllt.

Fall 6, Abwandlung 1: Mitarbeiter M des Sterbehilfevereins S begibt sich zum örtlichen Apotheker X und bittet diesen um den Verkauf gleich mehrerer (nicht verschreibungspflichtiger) Antiemetika, also Präparate, die den Würgereiz hemmen. X weiß, dass diese Präparate auch bei einem Suizid zur Anwendung gelangen, dies ist ihm aber im Hinblick auf das geringe Gefährdungspotential der Substanzen gleichgültig.

In dieser Konstellation könnte zwar eine Beihilfe des X zur geschäftsmäßigen Suizidhilfe durch M angenommen werden, wenn die Antiemetika bei Durchführung der Suizidassistenz zur Anwendung gelangen. Doch selbst wenn man einen dolus eventualis des X im Hinblick auf die Haupttat annehmen könnte, müsste wohl nach den Grundsätzen der berufsbedingten Beihilfe[54] ein sicheres Wissen um die Suizidförderung voraussetzen, um eine Strafbarkeit annehmen zu können.

3. Suizidförderung durch behördliche Tätigkeit – Erteilung einer Ausnahmeerlaubnis als geschäftsmäßige Suizidförderung

Fall 7: Sachbearbeiter beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte S erteilt A, da dieser sich den Feststellungen der Behörde nach in einer extremen Notlage – wie sie das Bundesverwaltungsgericht beschrieben hat – befindet, auf dessen Antrag hin eine Erlaubnis für den Erwerb von Natrium-Pentobarbital als Rezeptur. A begibt sich daraufhin zum Apotheker X, der ihm das Mittel aushändigt.

Dieser Sachverhalt basiert auf der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach in Fällen einer extremen Notlage[55] des Suizidenten, die Erlaubnis für den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erteilen ist.[56] Schnell wurde die Frage in den Raum geworfen, ob der Dritte Senat die Sachbearbeiter am Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Vornahme strafbaren Verhaltens anhalte.[57] Freilich kann ein verfassungsrechtlich gebotenes Verhalten nicht strafbar sein, sodass genauerer Überprüfung bedarf, welche unmittelbaren Auswirkungen die Rechtsprechung des BVerwG auf § 217 StGB hat. Eine unmittelbare Auswirkung könnte nur angenommen werden, wenn die Erlaubniserteilung als Verwaltungsakt unter den objektiven Tatbestand des § 217 StGB subsumiert werden könnte. Diesbezüglich könnte man bei einem strengen Verständnis des Unmittelbarkeitskriteriums im Hinblick darauf, dass die Erlaubniserteilung selbst gerade noch nicht mit der Überlassung des Natrium-Pentobarbitals einhergeht, der Suizident sich vielmehr zu einem (wohl speziellen) Apotheker begeben muss, das Gewähren bzw. Verschaffen einer Gelegenheit verneinen. Soweit man das Bild von der „letzten Hürde“ für den Suizidenten bemüht, wäre die Frage von Relevanz, ob der Apotheker eine eigene Prüfungskompetenz hinsichtlich der „Begründetheit“ der Erlaubnis hat. Bejahendenfalls könnte nämlich – wiederum in Anlehnung an Fall 3 – davon ausgegangen werden, dass die Tatherrschaft über die Gelegenheit zum Suizid Apotheker X innehätte. Dies könnte man selbst dann annehmen, wenn kein normativer Druck bestünde (also kein Kontrahierungszwang, vgl. § 17 Abs. 4 ApoBetrO[58]), steht es X schließlich offen, trotz rechtlicher Verpflichtung die Herausgabe des Mittels zu verweigern. Umgekehrt bliebe es bei einer normativen Tatherrschaft des S, wenn sich X zu einer Herausgabe verpflichtet sieht.

Aus dem Blickwinkel des S kann dies allerdings dahinstehen, soweit die Erteilung einer Erlaubnis jedenfalls unter die Tathandlung des Vermittelns einer Gelegenheit zu subsumieren wäre. Mit der Erlaubniserteilung geht ein Verweis des Sachbearbeiters auf die entsprechende „Ausgabestelle“ bzw. Apotheke einher, die dann das Betäubungsmittel auf Vorlage der Ausnahmeerlaubnis abgibt. Soweit man – wie oben beschrieben – ein tatbestandlich „erfolgreiches“ Vermitteln voraussetzt, hinge die Strafbarkeit zunächst davon ab, ob der Apotheker grundsätzlich bereit ist, dass Präparat herauszugeben. Bejahendenfalls, ließe sich dann – unter Zugrundelegung des intentionalen Wiederholungskonzepts – auch eine Geschäftsmäßigkeit nicht von der Hand weisen; selbst wenn man – wie der Verfasser einschränkend – verlangt, dass sich die Suizidförderung als „Haupttätigkeit“ bzw. „Hauptberuf“ des Täters darstellen muss, könnte ein geschäftsmäßiges Handeln bejaht werden. Schließlich ist zu erwarten, dass sich für das exklusive Verfahren der Überlassung von Betäubungsmitteln zum Zwecke des Suizids ein eigenes „Ressort“ entwickelt, Sachbearbeiter eingewiesen und mit den Besonderheiten der Antragstellung vertraut gemacht werden. Damit wird die Entscheidung über die Suizidförderung nicht nur wiederholt ausgeführt, sondern entwickelt sich zu einem Teil der beruflichen Tätigkeit, mag sie auch nur in seltenen Fällen positiv (also zugunsten des Antragsstellers) verbeschieden werden. Unabhängig davon, ob für das geschäftsmäßige Tätigwerden eine Initiativtätigkeit des Suizidhelfers verlangt wird, lässt sich nicht leugnen, dass das Verhalten planmäßig (also bestimmten Leitlinien und Strukturen folgend) und v.a. auch regelhaft vorgenommen werden wird.[59] Auch der subjektive Tatbestand ist erfüllt, da der Sachbearbeiter das Prozedere kennt und sich bewusst ist, dass der Antragsteller – dies liegt in der Natur des Verfahrens – sich im unmittelbaren Anschluss an die Erteilung der Erlaubnis das Natrium-Pentobarbital verschafft und in Umsetzung seines Suizidvorhabens (ggf. in Begleitung Dritter) zu konsumieren bezweckt. Für das besondere Merkmal der Förderungsabsicht ist es unschädlich, dass der Sachbearbeiter in erster Linie seiner rechtlichen Pflicht nachkommen will. Damit handelt der Sachbearbeiter auch mit Suizidförderungsabsicht.

Soweit man – wie hier – der Rechtsprechung des BVerwG beipflichtet, muss dieses offensichtlich unhaltbare Ergebnis korrigiert werden. Zwar lässt sich das Antragsverfahren beim BfArM weder in die Tathandlungen (diese werden erst am Ende des Verfahrens vorgenommen) noch in das Merkmal der Geschäftsmäßigkeit hineinlesen.[60] Auch der rechtfertigende Notstand gem. § 34 StGB passt nicht unmittelbar,[61] hat doch der Unrechtsausschluss seinen Ursprung weniger in einer „gegenwärtigen i.S.v. akuten Notstandslage“ des Suizidenten, sondern fußt auf einer sowohl faktischen wie auch normativen Notlage. Doch lässt sich die extreme Notlage im bundesverwaltungsgerichtlichen Sinne als „verfassungsrechtlicher Rechtfertigungsgrund sui generis“ begreifen.[62] Dieser müsste als eigenständiger Unrechtsausschlussgrund gleichsam bei allen Formen geschäftsmäßiger Suizidassistenz geprüft werden.

Dies bedeutet zugleich, dass die Prüfung des Vorliegens der Ausschlussgründe dem Rechtsadressaten selbst obliegt. Dabei sind allein die festgestellten Fakten ex ante maßgeblich, die im Rahmen einer strafrechtlichen Subsumtion (durch den Rechtsanwender) ex post nur noch im Hinblick auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden könnten. Dritten wäre es hierbei nicht verwehrt, den potentiellen Suizidenten bei der Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens einer Notlage (Untersuchung, Gutachten etc.) zu unterstützen. Kämen der Suizident und seine „Helfer“ zudem zu einem Ergebnis, eine extreme Notlage sei gegeben, dürfte auch die Suizidunterstützung getätigt werden. Im Falle des tatsächlichen Nichtvorliegens einer Notlage, könnten die Beteiligten bei gegenteiliger Vorstellung zumindest einen Tatbestands- bzw. Erlaubnistatbestandsirrtum nach § 16 StGB geltend machen. Aber gerade im frühen Stadium der Rechtsprechung wäre auch ein rechtlicher Irrtum, der sich auf die Reichweite der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bezieht, keinesfalls automatisch als (regelmäßig unbeachtlicher) Verbotsirrtum gem. § 17 StGB zu klassifizieren. In Kombination mit dem Umstand, dass es sich bei der Vornahme der Handlung um eine ex ante Entscheidung handelte, bliebe vom gesetzgeberischen Willen nicht viel übrig.

Es wird deutlich: Soweit man dem BVerwG in den Prämissen, aber auch im Ergebnis folgt, führt dies zu einer erheblichen Destabilisierung des Normbefehls nach § 217 StGB.[63] Denn zu einer Straflosigkeit gelangte man wohl nur, wenn man die verfassungsrechtlich zutreffende Haltung des BVerwG als Unrechtsausschluss sui generis konzipiert, die dann allerdings auch außerhalb des Erlaubnisverfahrens Geltung beansprucht. Im Übrigen sind auch die faktischen Fernwirkungen des Antragsverfahrens nicht zu unterschätzen: Erweist es sich nämlich als „effektiv“ und den Belangen des Suizidenten ausreichend Rechnung tragend, wird das BfArM zur Anlaufstelle von Suizidenten. Damit wird § 217 StGB nicht nur tatsächlich obsolet, sondern die befürchtete Suizidkultur wird von einer staatlichen Stelle vorgeführt. Sterbehilfevereine können ihr Tätigkeitsfeld entsprechend modifizieren und sich auf das Antragsverfahren spezialisieren. Erweist sich dagegen das Antragsverfahren als „Farce“ und unzumutbares „Steine in den Weg legen“ am Lebensende, ist davon auszugehen, dass den vom BVerwG selbst angelegten Maßstäben nicht ausreichend Rechnung getragen werden kann und die Suizidhilfe durch Dritte in einer extremen Notlage herausgefordert wird.

IV. Fazit

Die unterschiedlichen Fallgruppen dürften demonstriert haben, dass die Strafvorschrift des § 217 in denjenigen Konstellationen, in denen sie nach der gesetzgeberischen Intention greifen müsste, dies nicht tut, entweder, weil der Tatbestand (unter Hinzuziehung der Gesetzesbegründung) Interpretationsspielräume überlässt, oder weil er aufgrund seines Zuschnitts auf ganz konkrete Konstellationen umgangen werden kann. „Strafgrund und Tatbestandsfassung korrelieren nicht“.[64] Zudem dürften die Erkenntnisse zur Strafbarkeit sonstiger Personen (außerhalb der gesetzgeberischen „Zielgruppe“) die mit § 217 einhergehenden „Kollateralschäden“[65] nochmals deutlich zur Schau gestellt haben: Während unmittelbare Suizidhilfe, ja selbst die Anstiftung oder Verleitung zur Selbsttötung straflos sein soll, kann eine Beihilfehandlung bei Wissen um das geschäftsmäßige Agieren Dritter für eine Strafbarkeit genügen. Außerdem erfasst der Tatbestand Sachbearbeiter am BfArM, welche in Erfüllung einer verfassungsrechtlichen Pflicht agieren. Da der Tatbestand keine „Ausschlussklausel“ enthält, die eine angemessene Behandlung von Konstellationen ermöglicht, in denen die verfassungsrechtlich geschützten Positionen des Suizidenten gegenüber Allgemeinbelangen überwiegen, muss ein Unrechtsausschluss sui generis konstruiert werden, wobei die Folgen einer Implementierung der bundesverwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung dem gesetzgeberischen Willen eklatant zuwiderläuft. Die inkonsistente und kontraintuitive Ausgestaltung dürfte sich im Übrigen auf die Vorsatz- bzw. Schuldebene auswirken. Oder muss der Rechtsadressat tatsächlich davon ausgehen, dass die einmalige Überlassung von Rattengift an einen Dritten zu Suizidzwecken nicht strafbar ist, das einmalige Chauffieren eines Suizidwilligen zum Bahnhof bzw. die unter einer allzu großzügigen Auslegung der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze erfolgte Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb eines Suizidpräparats, hingegen schon?

 

[1]     Vgl. https://onedio.com/haber/koprude-atlayacaksan-atla-demislerdi-intihara-tesvik-sucundan-3-er-yil-hapis-cezasi-845906 (zuletzt abgerufen am 22.1.2019).
[2]     Vgl. die Übersetzung des Art. 84 TCK bei Tellenbach, Das türkische Strafgesetzbuch, 2008, S. 68: Wer einen anderen zum Selbstmord anstiftet oder ermutigt, den Entschluss eines anderen zum Selbstmord bestärkt oder einem anderen bei seinem Selbstmord in irgendeiner Weise Hilfe leistet, wird mit zwei bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft.
[3]     Vgl. http://www.cumhuriyet.com.tr/haber/ 494674/intihar_eden_adama__atla__diyenlerle_ilgili_karar_verildi.html.
[4]     Hierzu Carr, The Killer Game: Blue Whale Challenge, 2018; vgl. auch https://rponline.de/nrw/staedte/radevormwald/suizid-spiel-blue-whale-maedchen-in-radevormwald-ritzt-sich-arm-auf_aid-19481705 (zuletzt abgerufen am 22.1.2019).
[5]     Vgl. https://metro.co.uk/2017/02/28/teenagers-are-taking-their-own-lives-as-a-result-of-social-media-game-called-blue-whale-6477787/ (zuletzt abgerufen am 22.1.2019).
[6]     Vgl. Art. 110 Russisches Strafgesetzbuch.
[7]     Zum Begriff des symbolischen Strafrechts Hassemer, in: FS-Roxin, 2001, S. 1001 ff.; monographisch Voß, Symbolische Strafgesetzgebung, 1989.
[8]     Wobei Parallelen in der Gesetzgebungspolitik noch keinen, wenn überhaupt nur sehr geringen Aussagegehalt über einen mehr oder weniger rechtsstaatlichen „Vollzug“ des Strafrechts in den unterschiedlichen Ländern haben.
[9]     https://www.tagesanzeiger.ch/panorama/vermischtes/das-ueberschreitet-die-vorstellungskraft/story/29463213; http://www.taz.de/!5350566/; https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/jugendgewalt-spring-doch-endlich1384324.html (zuletzt abgerufen am 22.1.2019).
[10]   Sie machte auch in Deutschland ihre Runde, vgl. nur http://www.nordbayern.de/region/lichtenfels-polizei-warnt-vor-blue-whale-challenge-1.7581690 (zuletzt abgerufen am 22.1.2019).
[11]   So wie zahlreiche andere Trends, die mit Fremdschädigungs- und Selbstgefährdungsakten einhergehen, man denke an das Happy-Slapping (http://www.haz.de/Nachrichten/Wissen/Uebersicht/Happy-Slapping-was-steckt-hinter-dem-Pruegeltrend), oder das Plan-king (http://www.spiegel.de/netzwelt/web/tod-beim-planking-er-starb-fuer-ein-doofes-foto-a-762633.html). Zur sozial- und kommunikationswissenschaftlichen Einordnung derartiger „Hypes“ vgl. Büttner, Akzidentielle Medienhypes: Entstehung, Dynamik und mediale Verbreitung, 2013.
[12]   Vergleichbare Trends (etwa zur Selbstschädigung aufrufende Kettenbriefe oder „Horrornachrichten“, zuletzt etwa Momo und Slenderman, https://www.stern.de/neon/wilde-welt/gesellschaft/-momo–kettenbrief—slenderman–und-co—wenn-perfide-spiele-junge-leben-fordern-8196814.html, zuletzt abgerufen am 22.1.2019) tauchen immer wieder einmal auf, bleiben randständig und v.a. auch flüchtig.
[13]   Obwohl es sich womöglich um ein lediglich elitäres Problem handelt. Exit-Strategien bzw. einen würdevollen Abschied planen überwiegend Personen aus dem Bildungsbürgertum. Das Erhängen als besonders grausame Form der Selbsttötung (und „Suizidmethode der Arbeiterklasse“?) stellt nach wie vor die mit Abstand häufigste Suizidmethode, vgl. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/585/umfrage/selbstmordmethoden-in-deutschland-2006/ (zuletzt abgerufen am 22.1.2019).
[14]   Zu dieser Perspektive auch Hoven, MedR 2018, 741 (746).
[15]   Zum Auseinanderfallen von Strafgrund und Tatbestandsfassung des § 217 ausführlich Kuhli, ZStW 129 (2017), 691 ff.
[16]   Weigend/Hoven, ZIS 2016, 681.
[17]   Rosenau, in: FS Yamanaka, 2017, S. 325; Berghäuser, ZStW 128 (2016), 74; dies., GA 2017, 383; Jäger, JZ 2015, 875; Kubiciel, ZIS 2016, 396; Kuhli, ZStW 129 (2018), 691; Gaede, JuS 2016, 385; Wörner, NK 2018, 157. Eine Auswertung der Literatur ergibt, dass sich die Strafrechtswissenschaft zumindest darüber einig ist, dass es sich bei § 217 StGB um ein technisch schlecht gemachtes Strafgesetz handelt (mag man hinsichtlich der Alternativen aufgrund unterschiedlicher rechtspolitischer und rechtsethischer Ansichten uneins sein). Dezidiert und die einzelnen Argumente übersichtlich zusf. Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. (2018), § 217 Rn. 2 ff.
[18]   Zwischen dem, was der Gesetzgeber mit der „lex Kusch“ wollte (nämlich ein Tätigkeitsverbot für den Sterbehilfeverein StHD) und was unter dem Strich herauskam, bestehen allenfalls partiell Überschneidungspunkte. Ein originäres Organisationsdelikt, das ausschließlich – etwa in einem § 129c StGB – die Tätigkeit der Sterbehilfevereinsmitglieder erfasste, hätte einer Legitimationskontrolle unter keinem denkbaren Gesichtspunkt standhalten können.
[19]   Berghäuser, ZStW 128 (2016), 763; Duttge, NJW 2016, 122, Fischer, StGB, 65. Aufl. (2018), § 217 Rn. 7 (auf Wiederholung angelegt); Saliger, in: NK-StGB, 5. Aufl. (2017), § 217 Rn. 26; vgl. auch Momsen, in: SSW, 4. Aufl. (2019), § 217 Rn. 11; Brunhöber, in: MüKo-StGB, 3. Aufl. (2017), § 217 Rn. 64. Bereits das Wiederholungskonzept ist keineswegs so eindeutig, wie es sich präsentiert: schließlich kann man trefflich darüber diskutieren, was eine Suizidunterstützung überhaupt zum „Einzelfall“ macht, worauf sich die Vorstellung des Täters zu beziehen hat und inwiefern sich seine Wiederholungsabsicht objektiv manifestieren muss, zum Ganzen instruktiv Kuhli, ZStW 129 (2017), 691 (705).
[20]   Hilfsweise dahingehend, dass jeglicher Restriktionsversuch eigentlich nur eine „echte Tatbestandsrestriktion“ ist, wenn sie – worauf Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 25 zutreffend hinweist – noch einen legitimen Unrechtskern übriglässt. So erscheint es zunächst inkonsequent, eine Tatbestandsrestriktion einzufordern, obwohl man auch dann von einer Verfassungswidrigkeit des Verbots ausgeht, wenn die Tatbestandsrestriktion vorgenommen wird. Dabei kann aber gerade eine teleologische Reduktion die Illegitimität der Verbotsnorm in der praktischen Anwendung zum Vorschein bringen, soweit der Tatbestand plötzlich keinen Anwendungsbereich mehr hat bzw. wiederum Fälle nicht erfasst werden, die der Gesetzgeber kriminalisiert wissen will. Bei solch einer Betrachtung erhält die einschränkende Auslegung den Tatbestand formal, erhellt aber zugleich seine materielle Illegitimität.
[21]   Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB, 40. Ed. (2018), § 217 Rn. 31. Es handelt sich auch um eine „Korrektur“ dahingehend, dass ein rein quantitatives Verständnis vom Unrecht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt legitimierbar erscheint, oder wie es Merkel formulieren würde: „Die Addition von Null-Unrecht ergibt immer wieder Null-Unrecht“, vgl. Merkel, Stellungnahme, https://www.bundestag.de/blob/388404/ad20696aca746487fd19e2dd93933c1/merkel-data.pdf, S. 4 (zuletzt abgerufen am 21.1.2019). Hierzu auch Duttge, NJW 2016, 120 (122); Roxin, NStZ 2016, 189.
[22]   Gaede, JuS 2016, 385 (390); partiell konkretisierend, teils modifizierend Hillenkamp, KriPoZ 2016, 3 (8); Hoven/Weigend, ZIS 2016, 681 (689); zust. auch Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder, (Fn. 17) § 217 Rn. 17.
[23]   Bereits der Zugang zu einem Hochhaus, einem Bahnübergang, einem Gewässer, einer hohen Brücke usw. kann eine Selbsttötung erleichtern oder ermöglichen.
[24]   Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 14 weist diesen Vorschlag zurück, da die Autonomie einer Suizidentscheidung nicht davon abhängig sei, ob der Suizidwillige sich das Suizidmittel leicht selbst verschaffen kann oder ob er der Hilfe Dritter bedarf. Dieser Umstand sei „selbstbestimmungsneutral“.
[25]   Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 217 Rn. 18; so auch Kubiciel, ZIS 2016, 396 (402). Eine andere Frage ist – daher auch der Klammerzusatz („nachfolgen kann“), ob man zusätzlich einschränkend verlangt, dass der Suizident unmittelbar zu seinem Selbsttötungsvorhaben ansetzt.
[26]   Zust. Brunhöber, in: MüKo-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 47; Momsen, in:SSW (Fn.19), § 217 Rn. 6.
[27]   Bei solch einer Betrachtung ginge der Einwand Saligers ins Leere, wonach es angesichts der ratio von § 217 nicht plausibel sei, die Ausgabe eines tödlichen Medikaments (…) nur deshalb nicht zu bestrafen, weil der Suizidwillige erst Wochen oder Monate später den endgültigen Suizidentschluss fasst und das Medikament einnimmt, Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 14. 
[28]   Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn. 17), § 217 Rn. 12; Kubiciel, ZIS 16, 402 („dem Suizid unmittelbar vorangehende Handlungen“).
[29]   Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt man auch, wenn man das Unmittelbarkeitskriterium dahingehend versteht, dass sich die günstigen Bedingungen gerade auf eine nach Ort und Zeit konkretisierte Handlung beziehen müssen, so KG, NJW 1988, 3791 (im Zusammenhang mit § 180 StGB a.F.).
[30]   Vgl. auch BT-Drs. 18/5373, S. 18: „Beim Gewähren oder Verschaffen der Gelegenheit ist die Tat vollendet, wenn die äußeren Bedingungen für die Selbsttötung günstiger gestaltet worden sind.“
[31]   Dies gilt auch unter der Prämisse der h.M., wonach kein unmittelbares Ansetzen zum Suizid erforderlich ist. Denn die Frage, ob die Gelegenheit zur Selbsttötung den Suizidenten erreicht bzw. diesem offensteht, ist von der Frage, ob er die Gelegenheit auch beansprucht (bzw. hierzu ansetzt) losgelöst zu beurteilen. Zutr. Brunhöber, in: MüKo-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 86: nicht ausreichend, wenn die „Gelegenheit“ den Adressaten überhaupt nicht erreicht („z.B. wenn der Täter ein Rezept für Medikamente ausdruckt, das er nie an den Betroffenen weitergibt oder wenn das gesendete Gift in der Post verlorengeht“).
[32]   Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 13.
[33]   A.a.O., Rn. 14.
[34]   Unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung weist Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 13 darauf hin, dass die grundsätzlich straffreie Werbung dann gemäß §§ 217, 27 StGB strafbar wird, wenn sie die Begehung der Haupttat konkret ermöglicht oder erleichtert, also tatsächlich gefördert hat. An den Tathandlungen orientiert müsste die Werbung also als Gewähren einer Gelegenheit verstanden werden, was schlicht nicht vorstellbar ist. Denn die Werbung müsste umgesetzt werden, damit von einem Gewähren/Verschaffen die Rede sein kann.
[35]   BT-Drs. 18/5373, S. 18.
[36]   Vgl. Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 217 Rn. 26; Momsen, in:SSW (Fn. 19), § 217 Rn. 8; Weigend/Hoven, ZIS 2016, 681 (686 f.); dagegen Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 18; Fischer, StGB (Fn.19), § 217 Rn. 6.
[37]   Dies sollte man sich trotz berechtigter Vorbehalte gegen derartige Restriktionsansätze – vgl. nur Hettinger, KriPoZ 2016, 3 (5) – vor Augen führen; was prima vista den Tatbestand „zu retten“ bezweckt, vermag die kriminalpolitisch fehlende Legitimität noch deutlicher zu offenbaren (hierzu bereits Fn. 20).
[38]   Dieser Aspekt verschärft sich, falls auch nebenstrafrechtlich kein Verbot existiert, das die Überlassung von Suizidpräparaten an Suizidwillige erfasst, zu dieser Frage Oğlakcıoğlu, im Erscheinen.
[39]   BT-Drs. 18/5373, S. 18.
[40]   Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 217 Rn. 15, 29.1; Momsen, in:SSW (Fn.19), § 217 Rn. 13; Eidam, medstra 2016, 17 (21); Brunhöber, in: MüKo-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 70 f.; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn. 17), § 217 Rn. 20.
[41]   Allen voran geht Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 28 ff. der Frage nach, inwiefern diesem besonderen subjektiven Merkmal (etwa im Bereich der Tätigkeit von Palliativmedizinern) eine einschränkende Wirkung zukommen kann; zu eindeutigen bzw. befriedigenden Ergebnissen gelangt er jedoch nicht.
[42]   Vgl. Hecker, GA 2016, 455 (456); Berghäuser, ZStW 128 (2016), 741 (761).
[43]   BT-Drs. 18/5373, S. 12. In diesem Zusammenhang: Wie auch für sonstige Tätigkeiten gilt, dass Handlungen nicht dadurch verwerflich werden, dass man sie gegen Entgelt bzw. wiederholt vornimmt. Was überhaupt nicht überzeugt, ist der Rückschluss von einer wiederholten Vornahme auf Eigeninteressen, vgl. Kuhli, ZStW 129 (2017), 691 (706).
[44]   Der Patient muss u.a. eine Patientenverfügung überreichen, Fragebögen ausfüllen, Videogespräche aufzeichnen, und ein ärztliches Gutachten vorlegen.
[45]   Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 217 Rn. 24, 37 ff.; Brunhöber, in: MüKo-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 47; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn. 17), § 217 Rn. 33; Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 40.
[46]   Saliger, in: NK-StGB (Fn.19), § 217 Rn. 40; Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn. 17), § 217 Rn. 33.
[47]   Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn. 17), § 217 Rn. 13; Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 217 Rn. 23; Momsen, inSSW (Fn. 19), § 217 Rn. 8.
[48]   Vgl. hierzu das Sterbehilfe-Organisationsmodell der StHD e.V., abrufbar unter http://www.sthd.ch. (zuletzt abgerufen am 2.2.2019).
[49]   Der Begriff des Erfolges sollte hier nicht überbewertet werden. Ob und inwiefern das Gewähren ein Erfolgsdelikt darstellt, ist schließlich nicht von Belang, solange sich klare Aussagen hinsichtlich der tatbestandlichen Zurechnung (anhand der Handlungsumschreibung) machen lassen.
[50]   Freilich ist damit noch nichts über die Verfügbarkeit der Präparate im Inland, mithin der faktischen Umsetzbarkeit solch einer Ausgestaltung gesagt.
[51]   Hoven/Kudlich, ZIS 2016, 345 (347).
[52]   Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn.17), § 217 Rn. 25.
[53]   Zu diesen Überlegungen Eidam, medstra 2016, 17 (21); Kuhli, ZStW 129 (2017), 691 (705).
[54]   Zum Ganzen statt vieler Kudlich, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 27 Rn. 11 ff.
[55]   Eine extreme Notlage ist gegeben, wenn – erstens – die schwere und unheilbare Erkrankung mit gravierenden körperlichen Leiden, insbesondere starken Schmerzen verbunden ist, die bei dem Betroffenen zu einem unerträglichen Leidensdruck führen und nicht ausreichend gelindert werden können, – zweitens – der Betroffene entscheidungsfähig ist und sich frei und ernsthaft entschieden hat, sein Leben beenden zu wollen und ihm – drittens – eine andere zumutbare Möglichkeit zur Verwirklichung des Sterbewunsches nicht zur Verfügung steht, BVerwG, NJW 2017, 2215.
[56]   BVerwG, NJW 2017, 2215, jeweils zustimmend Magnus, KriPoZ 2018, 180; Merkel, MedR 2017, 823; Christl, NZS 2018, 97; Hufen, NJW 2018, 1524.
[57]   Zu diesen Fragen auch Kuhli, ZIS 2017, 243 (245).
[58]   Di Fabio verneint einen Kontrahierungszwang nach § 17 Abs. 4 ApoBetrO, was den vom BVerwG aufwendig begründeten, verfassungsrechtlichen Anspruch des Suizidenten auf Erhalt des Suizidmittels faktisch vollständig entwertet, vgl. Rechtsgutachten zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, S. 74 ff., abrufbar unter: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/Presse/Rechtsgutachten.pdf?__blob=publicationFile&v=2
[59]   Zu diesem Ergebnis gelangen auch Merkel, MedR 2017, 823; Mandla, medstra 2018, 143; Rosenau, Comparative Law Review (Tokyo), 2018 (im Erscheinen); wohl auch Kuhli, ZIS 2017, 243 (245).
[60]   Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen behördlichen und privaten, sondern zwischen geschäftlichen und nicht geschäftlichen Suizidförderungen.
[61]   In diese Richtung Merkel, MedR 2017, 823 sowie Eser/Sternberg-Lieben, in: Schönke/Schröder (Fn.17), Rn. 22.
[62]   Vgl. Oğlakcıoğlu, in: BeckOK-StGB (Fn. 21), § 217 Rn. 38. Der Unrechtsausschluss folgt eigenen „Regeln“, die aber durch eine angepasste Lesart des § 34 StGB in die allgemeine Notstandsvorschrift integriert werden könnten. Insofern sollte diese rein dogmatische Frage der Einordnung auch nicht überschätzt werden.
[63]   Nach summarischer Subsumtion kommt der Dritte Senat augenscheinlich zu einem anderen Ergebnis, verneint jedenfalls ein Strafbarkeitsrisiko unter Verweis auf den gesetzgeberischen Willen). Auch wenn er wiederum im Ergebnis Recht behält und auch bei aller übriger Sympathie für die Entscheidung muss doch konstatiert werden, dass die Behauptung, „die behördliche Erteilung (…), die nur im besonderen Einzelfall und nur unter sehr eng gefassten Voraussetzungen zulässig ist,“ nicht „vergleichbar mit einer geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung“sei (NJW 2017, 2215, 2220) suggeriert, Sterbehilfevereine würden überhaupt keine Einzelfallentscheidungen treffen und eine Suizidhilfe „garantieren“. Zudem überzeugt es auch nicht, dass das BVerwG bei behördlichem Handeln die Gefahr des Anscheins einer Normalität als verringert ansieht. Wenn es etwas gibt, was der gemeine Bürger als „normal“ und zum Alltag zählend empfindet, dann ist es bürokratisches Verwaltungshandeln. Treffend die Überschrift der Urteilsbesprechung von Mandla, medstra 2018, 143: „Das BVerwG hat eine Selbstverständlichkeit erklärt, § 217 StGB ad absurdum geführt und überzeugt doch nicht restlos“.
[64]   Kuhli, ZStW 129 (2017), 691 (717).
[65]   Treffend Duttge, NJW 2016, 120 (124).

 

 

 

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