Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Beschl. v. 18.06.2020 – 1 StR 95/20: Rechtsbehelf gegen Beschluss im selbstständigen Einziehungsverfahren nach Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch Beschwerdegericht
Leitsatz der Redaktion:
Als statthafte Rechtsbehelfe gegen einen amtsgerichtlichen Beschluss im selbstständigen Einziehungsverfahren nach erfolgter Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht kommen die Rechtsbeschwerde oder die sofortige Beschwerde in Betracht.
Sachverhalt:
Das OLG Karlsruhe hat dem BGH die Frage vorgelegt, ob gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem nach Einspruch des Einziehungsbetroffenen gegen einen selbstständigen Einziehungsbescheid gemäß § 29a Abs. 5 OWiG ohne mündliche Verhandlung entschieden wurde, die Rechtsbeschwerde oder die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel sei.
Der zu dieser Frage führende Sachverhalt hatte sich wie folgt dargestellt:
Der Einziehungsbetroffene hatte 2016 sechs Geldspielgeräte trotz abgelaufener Zulassung weiter betrieben und so Einnahmen in Höhe von über 20.000€ erzielt.
Das daraufhin gegen ihn eröffnete Bußgeldverfahren war von der Stadt nach § 47 Abs. 1 OWiG eingestellt und die selbstständige Einziehung der Taterträge gem. § 29a Abs. 5 OWiG angeordnet worden. Gegen diesen Bescheid hatte der Automatenbetreiber Einspruch eingelegt, was zu einem Urteil des AG Konstanz geführt hatte, welches die Einziehung bestätigt hatte. Gegen dieses Urteil hatte der Betroffene Rechtsbeschwerde zum OLG Karlsruhe hin erhoben, welches die getroffenen Feststellungen aufrecht erhalten das restliche Urteil jedoch aufgehoben und zur neuen Entscheidung an das AG zurückverwiesen hatte.
Das AG hatte daraufhin über die Einziehung ohne erneute Hauptverhandlung durch Beschluss erneut entschieden (§ 72 OWiG). Gegen diesen Beschluss hatte der Betroffene erneut Rechtsbeschwerde zum OLG Karlsruhe erhoben, welches sich an einer Entscheidung aufgrund entgegenstehender Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte gehindert gesehen hatte (§ 121 Abs. 2 GVG i.V.m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG). So hätten die OLGe Köln, Zweibrücken und Düsseldorf die sofortige Beschwerde als statthaften Rechtsbehelf angesehen.
Entscheidung des BGH:
Der BGH entschied, dass das OLG Karlsruhe nicht an einer Entscheidung über die Rechtsbeschwerde gehindert sei, wenn es diese als statthaften Rechtsbehelf ansehe.
Zwar sei nach der Rechtsprechung des BGH die sofortige Beschwerde das statthafte Rechtsmittel gegen amtsgerichtliche Beschlüsse im selbstständigen Einziehungsverfahren, jedoch beträfe diese Rechtsprechungspraxis bisher nur Fälle im ersten Rechtsgang.
Die hier zu entscheidende Frage, ob nach einer teilweisen Urteilsaufhebung und Zurückverweisung durch das Beschwerdegericht die sofortige Beschwerde gegen Beschlüsse im selbstständigen Einziehungsverfahren statthaft ist, sei bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden worden.
Eine Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde sei möglich, da bei einer Urteilsaufhebung mit beibehaltenen tatsächlichen Feststellungen fraglich sei, ob es dem Tatgericht noch im zweiten Rechtsgang möglich sei, im Rahmen von § 434 StPO die Verfahrensart zu wechseln und den Rechtsmittelzug zu ändern. Verneine man dies, bliebe es im Urteilsverfahren bei dem Verweis von § 434 Abs. 3 Satz 1 2. HS StPO auf §§ 71 ff. OWiG. Für diesen Fall hätte das Amtsgericht gleichermaßen einen urteilsersetzenden Beschluss nach § 72 OWiG erlassen, gegen den in Übereinstimmung mit der vom OLG Karlsruhe vertretenen Auffassung die Rechtsbeschwerde statthaft wäre, so der BGH.
Daher verwies der Senat die Sache zur Entscheidung an das OLG Karlsruhe zurück.
Anmerkung der Redaktion:
Diese Entscheidungen sehen die sofortige Beschwerde als statthaftes Rechtsmittel gegen amtsgerichtliche Beschlüsse im selbstständigen Einziehungsverfahren:
BGH, Beschl. v. 29.04.1983 – 2 ARs 118/83
OLG Köln, Beschl. v. 10.12.1991 – Ss 543/90
OLG Zweibrücken, Beschl. v. 10.11.1993 – 1 Ss 204/93