Andreas Ruch und Tobias Singelnstein (Hrsg.): Auf neuen Wegen. Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft aus interdisziplinärer Perspektive. Festschrift für Thomas Feltes zum 70. Geburtstag

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2021, Duncker & Humblot, ISBN: 978-3-428-15773-0, S. 728, Euro 159,90.

Die Festschrift vereint 51 Beiträge zu den unterschiedlichsten Themen. Nicht allen kann in dieser Rezension nachgegangen werden. Die Auswahl ist eine rein subjektive, interessengeleitete.[1]

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Yanik Bolender: Das neue Widerstandsstrafrecht. Eine strafrechtsdogmatische Untersuchung der §§ 113, 114, 115 und 323c Abs. 2 StGB vor dem Hintergrund des 52. StÄG

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2021, Ergon – Nomos, ISBN: 978-3-95650-813-4, S. 373, Euro 98,00.

Das 52. Strafrechtsänderungsgesetz und insbesondere die Änderungen der Widerstandsdelikte waren schon vor Verkündung zahlreicher Kritik in der Literatur ausgesetzt. Neben rechtstatsächlich, empirische und dogmatischen Bedenken standen primär die faktisch aufgegebene Privilegierungsfunktion der Vorschriften im Vordergrund der Diskussion. Die Dissertation von Bolender greift diese Diskussion vor allem aus strafrechtsdogmatischer Perspektive auf, um insbesondere künftige Auslegungsfragen auszuleuchten (S. 32). Dazu wird die Arbeit in zwei Teile gegliedert, wonach zuerst der Frage eines „Widersetzens gegen die Staatsgewalt“ und anschließend der Bewertung eines „Behinderns von Rettungshandlungen“ als strafbare Handlung nachgegangen wird.

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„Wenn die Strafe zweimal droht – Übertragung von Strafverfahren und Jurisdiktionskonflikte“ – Tagungsbericht zum 14. EU-Strafrechtstag vom 3. September 2022 in Bonn

von Florian Fütterer

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Die aktuelle Initiative der EU-Kommission zur Übertragung von Strafverfahren[1] bot Anlass genug dieses Thema auf das Tapet der 14. EU-Strafrechtstagung zu bringen. Ca. 40 Teilnehmer:innen aus Anwaltschaft, Wissenschaft und verschiedenen Justizbehörden folgten der Einladung der Strafverteidigervereinigung-NRW e.V. und RA’in Dr. Anna Oehmichen (Oehmichen International, Berlin) in den Königshof nach Bonn. Bei Blick auf Rhein und Siebengebirge wurde neben der Übertragung von Strafverfahren auch über eine anstehende IRG-Reform und die Rolle von Europol und Eurojust in Kryptoverfahren diskutiert. Auch wenn die Strafverteidigungspraxis nicht immer in einem europarechtlichen Kontext steht, zeigen Verfahren wie die zu EncroChat die Relevanz der europäischen Regelungen, sobald ein Sachverhalt grenzüberschreitende Anknüpfungspunkte aufweist.

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KriPoZ-RR, Beitrag 18/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 22.2.2023 – 6 StR 35/23: Strafzumessung bei verminderter Schuldfähigkeit

Sachverhalt:

Der Angeklagte wurde vom LG Nürnberg-Fürth wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hat der Angeklagte mehrmals kräftig mit seinem beschuhten Fuß gegen Kopf und Oberkörper des Geschädigten getreten. Der Angeklagte stand dabei unter erheblicher Alkoholisierung (3,5 Promille), weshalb die Strafkammer das Vorliegen des § 21 StGB bejahte. Zu Lasten des Angeklagten hat sie die „Brutalität des Vorgehens“ bezogen auf „Anzahl, Intensität und Zielrichtung der Tritte“ gewertet. Der Angeklagte legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein. 

Entscheidung des BGH:

Die Revision hat hinsichtlich des Schuldspruches keinen Erfolg. Der Strafausspruch hingegen weise Rechtsfehler auf. Die Art der Tatausführung dürfe nur strafschärfend berücksichtigt werden, wenn diese dem Angeklagten voll vorwerfbar sei. Im Falle einer geistig-seelischen Beeinträchtigung liege dies nicht vor. Ist eine verminderte Schuldfähigkeit i.S.v. § 21 StGB gegeben, dürfe die Art der Tatausführung nur nach dem „Maß der geminderten Schuld“ strafschärfend berücksichtigt werden, sofern das Gericht diesen Umstand erkannt habe. Der Strafsenat hält damit an der ständigen Rechtsprechung fest. 

Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass die Strafkammer dies bei der Strafzumessung berücksichtigt habe. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Art der Tatausführung sich überwiegend nachteilhaft für den Angeklagten ausgewirkt habe. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

KriPoZ-RR, Beitrag 17/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 21.2.2023 – 6 StR 16/23: Zum Konkurrenzverhältnis der Tatvarianten des § 235 Abs. 1 StGB 

Amtlicher Leitsatz:

Die Tatvarianten des § 235 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB stehen bei Identität des betroffenen Kindes in Tateinheit zueinander.

Sachverhalt:

Das LG Saarbrücken hat die Angeklagte wegen Entziehung Minderjähriger gemäß § 235 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen gab sich die Angeklagte als Klinikpersonal aus und gegenüber der Zeugin wahrheitswidrig an, sie müsse ihren Sohn zwecks Durchführung eines Abstriches mitnehmen. Nachdem die Zeugin einwilligte, brachte die Angeklagte das Kind in ihre Wohnung, wo es  aufgefunden wurde. Die Angeklagte hatte beabsichtigt, das Kind dauerhaft als ihr eigenes Kind auszugeben. Gegen das Urteil des LG Saarbrücken erhob die Angeklagte Revision.

Entscheidung des BGH:

Der Strafsenat verwarf die Revision als unbegründet. Die Strafkammer sei zutreffend davon ausgegangen, dass die beiden Tatbestandsvarianten in Tateinheit zueinander ständen. Der BGH hat damit die bislang nicht entschiedende Frage um das strittige Verhältnis von § 235 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StGB beantwortet. Entgegen von Teilen in der Literatur vertretende Auffassungen verdränge Nr. 2 nicht die Tatbestandsvariante der Nr. 1. Etwas anders solle nur gelten, wenn ein „im Kern identisches Unrecht doppelt erfasst“ werde, ein Tatbestand gerade typische Erscheinungsform des anderen Tatbestands sei. Hiervon könne in der vorliegenden Fallkonstellation nicht ausgegangen werde, wenn die Entziehung unter Einsatz der Mittel erfolge, die § 235 Abs. 1 Nr. 1 StGB auflistet. Damit werde ein weiteres, spezifisches Tatunrecht begangen. 

Der BGH verweist darauf, dass durch  die Novellierung des § 235 StGB bewusste Differenzierungen vorgenommen werden sollten. Ziel war es, Strafbarkeitslücken zu schließen und gerade die heimliche Wegnahme von Kleinkindern unter Verzicht der Tatmittel List, Drohung und Gewalt unter Strafe zu stellen. 

Anmerkung der Redaktion:

Durch das 6. Strafrechtsreformgesetz vom 26. Januar 1998 (BGBl. I 164) wurde die Vorschrift des § 235 StGB novelliert. Den Gesetzentwurf der Bundesregierung finden Sie hier

Entkriminalisierung von Cannabis

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen: 

Öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss am 6. November 2023: 

Zum Referentenentwurf des Cannabisgesetz (CanG): 

Öffentliche Anhörung am 15. März 2023 im Gesundheitsausschuss

KriPoZ-RR, Beitrag 16/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 20.12.2022 – 2 StR 267/22: Zur „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB

Leitsatz der Redaktion: 

Heftige Schläge gegen den Kopf des Geschädigten können eine das Leben gefährdende Behandlung darstellen. Maßgeblich ist die Art der Ausführung und die Verletzungsfolgen im Einzelfall.

Sachverhalt:

Das LG Gera hat den Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen traf sich der Angeklagte mit dem alkoholkranken und an Leberzirrhose leidendem Nebenkläger und schlug diesem „entweder mit der Faust, mit der flachen Hand oder auch der Handkante mehrmals kraftvoll gegen den Schädel und das Gesicht.“ Nach weiteren Schlägen, die vor allem auf die verletzten Stellen abzielten, in ihrer Art und Anzahl aber nicht feststellbar waren, blutete der Nebenkläger und trug weitere Verletzungen davon. Der Angeklagte legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein.

Entscheidung des BGH:

Die Revision des Angeklagten hatte Erfolg. Der Angeklagte habe weder den objektiven noch den subjektiven Tatbestand einer gefährlichen Körperverletzung erfüllt. Eine mittels einer das leben gefährdenden Behandlung i.S.v. § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB setze eine generelle Eignung der Lebensgefährdung voraus, die im Einzelfall festzustellen sei. Auf eine tatsächliche Lebensgefahr, also die eingetretenen Verletzungen komme es nicht an. Der Senat verweist auf die gefestigte Rechtsprechung, wonach „heftige Schläge gegen den Kopf des Opfers“ das Qualifikationsmerkmal erfüllen können. Die Art der Ausführung müsse dabei stets im Einzelfall beurteilt werden. 

Vorliegend habe das LG Gera derartige konkrete Feststellungen nicht getroffen. Weder sei aus der Art und Weise der Ausführung noch aus den festgestellten Verletzungen das Vorliegen einer gefährlichen Körperverletzung ausreichend belegt. Welchen Bezug die konkreten Risikofaktoren des vorerkrankten Nebenklägers zu den Schlägen des Angeklagten darstellen, sei nicht ausreichend erörtert worden. Auch das für den subjektiven Tatbestand erforderliche Wissens- und Willenselement sei nicht hinreichend festgestellt worden. Zwar habe der Angeklagte eine einfache Körperverletzung gebilligt. Nähere Vorstellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten im Hinblick auf eine potentielle Lebensgefährdung des Nebenklägers habe das LG Gera aber nicht dargelegt. 

Der BGH hob die Entscheidung auf und wies die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung zurück. 

KriPoZ-RR, Beitrag 15/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier. Die Pressemitteilung vom 9.3.2023 finden Sie hier. 

BGH, Urt. und Beschl. v. 9.3.2023 – 3 StR 246/22: BGH lehnt Annahme eines minder schweren Falles im Jesidinnen-Prozess ab

Sachverhalt:

Die Angeklagte wurde vom OLG München u.a. wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit gemäß § 7 VStGB und wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer zehnjährigen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen ist die Angeklagte aus Deutschland nach Syrien gereist, um sich dem „Islamischen Staat“ (IS) anzuschließen. Dabei förderte sie die Vernichtung der jesidischen Bevölkerung und Religion, indem sie mit ihrem Mann die Nebenklägerin und ihre Tochter als Sklavinnen in Gefangenschaft hielt. Die Angeklagte bedrohte die Nebenklägerin sie zu erschießen und hat es unterlassen einzugreifen als ihr Mann die Geschädigte festband und direkter Sonneneinstrahlung aussetzte, woran diese verstarb. Die Angeklagte und der Generalbundesanwalt haben Rechtsmittel gegen die Entscheidung des OLG München eingelegt. 

Entscheidung des BGH:

Die Revision der Angeklagten hat der BGH als offensichtlich unbegründet verworfen. Das Rechtsmittel des Generalbundesanwalts hat Erfolg. Das OLG München sei rechtsfehlerhaft vom Vorliegen eines minder schweren Falles gemäß § 7 Abs. 4 Alt. 1 VStGB ausgegangen. Dieser Sonderstrafrahmen komme nur in Betracht, wenn infolge eines umfassenden Abwägungsvorganges das Gericht zu der Entscheidung komme, dass eine erhebliche Abweichung des gesamten Tatbildes vom gewöhnlichen Fall vorliege. Ob das OLG München eine gebotene Gesamtwürdigung vorgenommen hat, sei bereits zweifelhaft. Strafschärfende Umstände wie das Nachtatverhalten und der Tatzeitraum seien unverständlicherweise nicht einbezogen worden. Ferner stellt der Senat fest, dass bei der Wahl des Strafrahmens Delikte (v.a. Beihilfe zum versuchten Mord) als bedeutungslos eingestuft wurden, die unter deren Berücksichtigung sogar strafschärfend wirken würden. Darüber hinaus sei die Tatmotivation nach § 46 Abs. 2 S. 2 StGB nicht ausreichend beachtet worden. Die Annahme einer menschenverachtenden Gesinnung sei vorliegend naheliegend gewesen. 

Die Sache wird zu neuer Entscheidung zurückverwiesen. 

KriPoZ-RR, Beitrag 14/2023

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Urt. v. 5.1.2023 – 5 StR 386/22: Eine weniger stark belastend empfundene Tat kann sich strafmildernd nach § 177 Abs. 9 Var. 3 StGB auswirken

Sachverhalt:

Das LG Berlin hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung gemäß § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1 und 2, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, Abs. 8 Nr. 1 StGB zu einer dreijährigen Freiheitsstrafe verurteilt und einen minder schweren Fall nach § 177 Abs. 9 Var. 3 StGB angenommen. Nach den tatgerichtlichen Feststellungen traf sich der Angeklagte in seiner Wohnung mit der Nebenklägerin, die sexuelle Handlungen gegen Entgelt anbot. Der Angeklagte beabsichtigte das vereinbarte Entgelt nicht zu entrichten, schloss die Nebenklägerin in die Wohnung ein und bedrohte diese mit einem Küchenmesser. In der Folge kam es unter Ausnutzung dieser Situation zu mehrmaligem ungeschützten Oralverkehr. Schließlich gelang es der Nebenklägerin einen Notruf abzusenden. Strafmildernd berücksichtigte das LG Berlin, dass die Nebenklägerin „mit keiner völlig unvorhersehbaren Sexualpraktik konfrontiert“ worden sei. Der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft legten gegen die Entscheidung Rechtsmittel ein. 

Entscheidung des BGH:

Der 5. Strafsenat des BGH hat sowohl die Revision des Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft verworfen. Unter Zugrundelegung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabes weise die Strafzumessungsentscheidung keine Rechtsfehler auf. Die Strafzumessung sei nicht schematisch, sondern im Einzelfall vorzunehmen. Tatfolgen und Vorgeschehen seien nicht zu generalisieren, vielmehr individuell festzustellen. Starre Vorgaben würden nach der Istanbul-Konvention nicht greifen, sondern der Kontext stets zu berücksichtigen. 

Die Tatfolgen seien vorliegend i.S.v. § 46 Abs. 2 S. 2 StGB individuell festgestellt worden. Die Wertung des LG Berlin, aufgrund der vorherigen Vereinbarung sei „die Nebenklägerin zumindest mit keiner völlig unvorhergesehenen Sexualpraktik konfrontiert“ worden, habe gegen keinen rechtlich anerkannten Strafzweck verstoßen. Mit dieser Wertung sei die Schutzwürdigkeit der sexuellen Selbstbestimmung der Nebenklägerin nicht relativiert oder angenommen worden, dass die Tat für die Nebenklägerin psychisch weniger belastend gewesen wäre. Der BGH erörtert sodann, dass – entgegen früherer Rechtsprechung – die generelle Schutzwürdigkeit der sexuellen Selbstbestimmung auch für Prostituierte nicht gemindert sei, wenn die Handlung erzwungen werde und bezieht sich auf die Änderungen im Sexualstrafrecht durch das 50. StrÄndG. Ferner verweist der Senat auf die jüngst vom BGH getroffene „Stealthing“ Entscheidung und bekräftigt die Unerheblichkeit der Ablehnung durch das Opfer. 

Anmerkung der Redaktion:

Hintergründe zur „Stealthing“ Entscheidung des BGH (Beschl. v. 13.12.2022 – 3 StR 372/22) und zu den Auswirkungen durch das 50. StrÄndG finden Sie hier. 

Neuregelung der Vollstreckung von Fahrverboten und Entziehungen der Fahrerlaubnis bei Inhabern ausländischer EU- und EWR-Führerscheine ohne ordentlichen Wohnsitz im Inland

Gesetzentwürfe: 

 

Nachdem der Entwurf der Bundesregierung der Diskontinuität unterlag, hat das Bundesministerium für Verkehr zusammen mit dem BMJV erneut einen fast wortgleichen Referentenentwurf zur Neuregelung der Vollstreckung von Fahrverboten und Entziehungen der Fahrerlaubnis bei Inhabern ausländischer EU- und EWR-Führerscheine ohne ordentlichen Wohnsitz im Inland im Juli 2025 auf den Weg gebracht. Nicht mehr vorgesehen ist die Einziehung und Übersendung des Führerschein  an den Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes im Falle einer strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB sowie die Übersendung bereits im Rahmen einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO). 

§ 69b Abs. 2 S. 2 StGB wird durch den folgenden Satz ersetzt:

„In einem ausländischen Führerschein, der weder von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union noch von einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ausgestellt wurde, werden die Entziehung der Fahrerlaubnis und die Sperre vermerkt.“

 


20. Legislaturperiode: 

Gesetzentwürfe: 

 

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hat gemeinsam mit dem Bundesministerium der Justiz im März 2023 einen Referentenentwurf zur Neuregelung der Vollstreckung von Fahrverboten und Entziehungen der Fahrerlaubnis bei Inhabern ausländischer EU- und EWR-Führerscheine ohne ordentlichen Wohnsitz im Inland auf den Weg gebracht. Bislang sehen die Regelungen zur Vollstreckung von Fahrverboten oder zur Entziehung der Fahrerlaubnis entsprechender Führerscheininhaber vor, dass das Fahrverbot oder die Aberkennung der Fahrberechtigung mit Wirkung für das Inland auf dem Führerschein vorgenommen wird. Mit Urteil vom 29. April 2021 hat der EuGH jedoch entschieden, dass dies nicht richtlinienkonform sei (C-56/20). Dies widerspreche Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG sowie deren Anhang I Nr. 3 S. 3 lit. a Felder 13 und 14 sowie Nr. 4 lit. a woraus sich ergebe, dass Änderungen des EU-Kartenführerscheins nur durch den Mitgliedsstaat vorgenommen werden dürfen, in dem der Führerscheininhaber seinen ordentlichen Wohnsitz hat. So sei gesichert, dass ein einheitliches Erscheinungsbild des Dokumentes erhalten bleibe. 

Der Referentenentwurf sieht daher vor, entsprechende Änderungen im StGB, in der StPO, dem StVG und der FeV vorzunehmen, um die Vollstreckung von bußgeldrechtlichen und strafrechtlichen Fahrverboten als auch die Vollstreckung von verwaltungsrechtlichen oder strafrechtlichen Entziehungen der Fahrerlaubnis richtlinienkonform vornehmen zu können: 

  • Entsprechende Fahrverbote sowie Entziehungen der Fahrerlaubnis werden in das Fahreignungsregister (FAER) eingetragen und sind so für die Kontrollbehörden durch Einsichtnahme ersichtlich. Der Mitgliedsstaat des ordentlichen Wohnsitzes wird in Kenntnis gesetzt, der Führerschein jedoch nicht eingezogen oder dorthin übermittelt.
  • Dies ändert sich im Falle einer strafrechtlichen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB. Neben der Eintragung in das FER wird  der Führerschein eingezogen und an den Mitgliedstaat des ordentlichen Wohnsitzes übersandt. Ggf. kann eine Übersendung bereits im Rahmen einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a StPO) erfolgen.
  • Bußgeld- und strafrechtliche Fahrverbote erlangen gleichermaßen einen Monat nach der Entscheidung Rechtskraft. Die Regelung zur Verbotsfrist in § 268c StPO, sowie die Schonfristregelungen in § 25 Abs. 2a StVG werden angepasst. 

Die Fachverbände haben nun bis zum 5. April 2023 Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten. 

 

 

 

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