Verbesserung des strafrechtlichen Opferschutzes in Fällen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener

Gesetzentwürfe: 

 

Die Länder Rheinland-Pfalz und Saarland haben am 8. März 2022 einen Gesetzesantrag zur Verbesserung des Opferschutzes in Fällen der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 103/22). Ziel des Entwurfes ist es, die strafrechtliche Verfolgung der Verunglimpfung Verstorbener nicht mehr uneingeschränkt von einer Strafantragstellung der Angehörigen abhängig zu machen, so dass bei Bejahung eines öffentlichen Interesses auch eine Strafverfolgung von Amts wegen in Betracht kommt. Zudem soll ein Antragsrecht des letzten Dienstvorgesetzten ergänzt werden, wenn besonders verletzende Äußerungen getätigt werden, die im Zusammenhang mit der Dienstausübung des Verstorbenen in seiner Funktion als Amtsträger stehen. 

Hintergrund des Antrags ist das Tötungsdelikt vom 31. Januar 2022 zum Nachteil einer Polizeibeamtin und eines Polizeibeamten bei Kusel. Die zuständige Ermittlungsgruppe hat in dem Zusammenhang 736 Hasskommentare in den sozialen Medien gefiltert, von denen bei 509 Kommentaren eine strafrechtliche Relevanz zu bejahen ist. Auch Angehörige wurden in den Kommentaren nicht ausgenommen. Soziale Medien mit einer derart großen Reichweite und Schnelligkeit seien bei der damaligen Konzeption des § 189 StGB als absolutes Antragsdelikt noch unbekannt gewesen. Jedoch seien „(d)ie den Verlust betrauernden Angehörigen als Opfer von solchen, ihre nahen Angehörigen betreffenden Straftaten anzusehen. Sie treten quasi an deren Stelle. Durch die wiederkehrende Konfrontation mit den ehrverletzenden, herabwürdigenden Äußerungen werden deren belastende psychische Auswirkungen verstärkt und verlängert. Der Prozess der Konfrontation mit derartigen Äußerungen kann sich über Wochen hinziehen und den Angehörigen jedesmal erneut emotionale Wunden zufügen, die die Trauerbewältigung erschweren.“

Daher sieht der Gesetzentwurf die Ergänzung des § 194 Abs. 2 StGB vor, die eine strafrechtliche Verfolgung von Taten gemäß § 189 StGB auch ohne Strafantrag der Angehörigen und bei Vorliegen eines besonderen öffentlichen Interesses vorsieht. Das Antragsrecht des Dienstvorgesetzten soll in § 194 Abs. 3 StGB ergänzt werden. 

Der federführende Rechtsausschuss und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten haben bereits ihre Empfehlung zur Einbringung des Gesetzentwurfs in den Bundestag ausgesprochen (BR Drs. 103/1/22). Einen entsprechenden Entschluss fasste das Plenum in seiner Sitzung am 8. April 2022 und brachte den Entwurf am 27. Mai 2022 auf den Weg. 

Corona Verordnung Bund

Änderungshistorie der Rechtsakte:

Änderungshistorie der CoronaEinreiseVO:

KriPoZ-RR, Beitrag 08/2022

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 08.02.2022 – 3 ZB 4/21: Unterbindungsgewahrsam wegen Verstoßes gegen Coronaschutzverordnung zulässig

Sachverhalt:

Bei einer Versammlung in der Kölner Altstadt im Dezember 2020 hat sich der Beschwerdeführer geweigert einen Mund-Nasen-Schutz anzulegen. Die Pflicht zum Tragen eines solchen ergab sich aus der Coronaschutzverordnung des Landes NRW. Bei der Identitätsfeststellung durch die Polizei kam es zu massivem körperlichem Widerstand durch den Beschwerdeführer, woraufhin dieser bis zum Ende der Versammlung in Gewahrsam genommen wurde. Das AG und das LG erklärten die Anordnung mangels Rechtsfehler für zulässig.

Entscheidung des BGH:

Der 3. Strafsenat des BGH hat die zulässige Rechtsbeschwerde verworfen. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 8 der Coronaschutzverordnung NRW bestand eine Pflicht zum Tragen einer Maske im Gebiet Köln Altstadt. Eine solche Anordnung sei ordnungsgemäß ergangen. Auch würden die Rechtsvorschriften kein Verfassungsrecht verletzen. § 35 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW ermächtige zur Freiheitsentziehung. Zur Unterbindung der Ordnungswidrigkeit sei die Maßnahme weder dem Grunde noch der Dauer nach zu beanstanden gewesen.

Anmerkung der Redaktion:

Bei der streitentscheidenden Coronaschutzverordnung NRW handelt es sich um die ab dem 16.12.2020 gültige Fassung. Die aktuelle Coronaschutzverordnung NRW finden Sie hier.

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ALLGEMEINE BEITRÄGE

Verbot als Gebot. Zur geplanten Streichung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche aus verfassungsrechtlicher Perspektive
von Benedict Pietsch, M.A., M. Iur.

Catcalling - Umfrage zur Strafwürdigkeit von verbaler sexueller Belästigung 
von Miriam Gemmel und Johanna Immig

Praktiziertes Coronaleugnen als Problem der Überzeugungstäterschaft? 
von Sebastian Prosche 

"Corona-Spaziergänge" - versammlungsrechtliche Verbote in Gestalt der Allgemeinverfügung? 
von Prof. Dr. Dr. Markus Thiel und Ref. iur. Raphael Schorlemer 

Drohungen und Tötungsaufrufe über Instant-Messaging-Dienste - Eine materiell-rechtliche Bestandsaufnahme 
von Stefan Kim

ENTSCHEIDUNGEN/ANMERKUNG

§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB und das Verbot der Verschleifung strafrechtlicher Tatbestandsmerkmale 
BVerfG, Beschl. v. 9.2.2022 - 2 BvL 1/20

Möglichkeit der rechtsstaatswidrigen Tatprovokation bei Anwendung von physischem oder psychischem Druck durch einen Verdeckten Ermittler
BGH, Urt. v. 16.12.2021 - 1 StR 197/21

Unzulässige Tatprovokation durch staatliche Ermittler - Voraussetzungen und Folgen
Anmerkung zu BGH, Urt. v. 16.12.2021 - 1 StR 197/21
von Prof. Dr. Thomas Weigend

BUCHBESPRECHUNGEN

Yannic Hübner: Rechtsstaatswidrig aber straflos? Der agent provocateur-Einsatz und seine strafrechtlichen Konsequenzen 
von Prof. Dr. Anja Schiemann 

Daniel Müller: Cloud Computing. Strafrechtlicher Schutz privater und geschäftlicher Nutzerdaten vor Innentäter-Angriffen de lege lata und de lege ferenda
von Prof. Dr. Anja Schiemann 

TAGUNGSBERICHT

"Medizinrecht aktuell: Triage - Recht zwischen Leben und Tod" 
von Erik Scheiter und Tom Hendrik Becker

 

 

 

 

Verbot als Gebot? Zur geplanten Streichung des „Werbeverbots“ für den Abbruch der Schwangerschaft (§ 219a StGB) aus verfassungsrechtlicher Perspektive

von Benedict Pietsch, M.A., M. Iur. 

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Mit der geplanten Streichung des § 219a StGB steht die Aufhebung des strafrechtlichen „Werbeverbots“ für Schwangerschaftsabbrüche unmittelbar bevor. Der vorliegende Beitrag zeigt die Funktion der umstrittenen einfachgesetzlichen Vorschrift, die sich aus dem zugrunde liegenden verfassungsrechtlichen Anforderungsprofil ergibt. Danach fungiert § 219a StGB als essentieller Bestandteil des Konzepts zum Schutz des ungeborenen Lebens. Vor diesem Hintergrund vermag der auf die Streichung des § 219a StGB zielende Regierungsentwurf weder von seiner Zielrichtung noch konzeptionell zu überzeugen; die mit § 219a StGB aufgeworfene Problematik erscheint in der Sache unbegründet, die Vereinbarkeit eines „modernen“ Abtreibungsrechts mit dem Grundgesetz ist fraglich. Daher sollte die geplante Aufhebung der Vorschrift vom Gesetzgeber nochmals dringend überdacht werden.

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Catcalling – Umfrage zur Strafwürdigkeit von verbaler sexueller Belästigung

von Miriam Gemmel und Johanna Immig

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Abstract
Im Mittelpunkt des folgenden Beitrags steht die Analyse und Erörterung der von den Verfasserinnen durchgeführten Umfrage zur Strafwürdigkeit von verbaler sexueller Belästigung. Explizit wurde die öffentliche Wahrnehmung sowie Ansichten bezüglich der rechtlichen Ahndung von sog. Catcalling erfragt. Den Ergebnissen zufolge kann es sich hierbei um strafwürdiges Unrecht handeln. Da dieses nach jetziger Rechtslage nicht vollumfänglich erfasst wird, werden schließlich mögliche Wege der Ahndung vorgestellt und bewertet.

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Praktiziertes Coronaleugnen als Problem der Überzeugungstäterschaft?

von Sebastian Prosche 

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Das Phänomen der sog. Überzeugungstäterschaft ist ein altes Problem, das in Zeiten Corona-spezifischer Freiheitsbeschränkungen neu an Bedeutung gewinnt: Eine erhebliche Zahl von Verstößen wird durch Täter[1] begangen, die dies aus politischer oder moralischer Überzeugung tun. Aus diesem Grunde ist es lohnenswert, die vertretenen Lösungen zur Überzeugungstäterschaft darzustellen und anhand aktueller Beispiele herauszustellen, welche Lösung die überzeugendste ist.

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„Corona-Spaziergänge“ – versammlungsrechtliche Verbote in Gestalt der Allgemeinverfügung?

von Prof. Dr. Dr. Markus Thiel und Ref. iur. Raphael Schorlemer 

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Im Zusammenhang mit den sog. „Corona-Spaziergängen“ sind verschiedene (versammlungs-)rechtliche Fragestellungen aufgeworfen, von denen zwei ausgewählte im Folgenden behandelt werden sollen. Da viele dieser Demonstrationen zuletzt nicht (mehr) angemeldet wurden, sind die Behörden vor allem im Süden Deutschlands dazu übergegangen, sie präventiv mittels einer Allgemeinverfügung zu verbieten. Dies gibt Anlass, die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens unter dem Blickwinkel der verwaltungsrechtlichen Handlungsformenlehre zu beleuchten. Ferner soll, da seitens der Veranstalter und Teilnehmer*innen häufig behauptet wird, es handele sich bei den Protestmärschen nur um „Spaziergänge“, erörtert werden, ob sie als Versammlungen einzuordnen sind und ob ein entgegenstehender Wille der Veranstalter dieser rechtlichen Einordnung im Wege stehen kann.  

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Drohungen und Tötungsaufrufe über Instant-Messaging-Dienste – Eine materiell-rechtliche Bestandsaufnahme

von Wiss. Mit. Stefan Kim

Beitrag als PDF Version 

Abstract
Der folgende Beitrag behandelt die strafrechtliche Bewertung von Aufrufen zur Gewalt und Tötung von Personen des öffentlichen Lebens in sozialen Netzwerken und Instant-Messaging-Diensten am Beispiel der App Telegram. Der Beitrag untersucht im ersten Teil, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Normen sich Nutzer dieses Dienstes strafbar machen können, wenn sie andere zur Tötung eines Menschen aufrufen oder eine solche Tötung selbst androhen. Darüber hinaus wird im zweiten Teil beleuchtet, welche Pflichten die Betreiber solcher Dienste treffen. Insbesondere geht es darum, ob das NetzDG auf ihre Tätigkeit anwendbar ist, und ob diese Dienste, insbesondere Telegram, als kriminelle Handelsplattformen zu qualifizieren sind, wenn in Chatgruppen die Tötung von Menschen geplant wird. Schließlich steht im Fokus, inwiefern sich die Betreiber entsprechender Netzwerke und Dienste durch aktives Tun oder Unterlassen strafbar machen können. 

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