Ein Jahrhundert Werbeverbot – historische Erwägungen zur Legitimation des § 219a StGB

von Kira Scholler

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Abstract
Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit der aktuellen Debatte um das Verbot der Werbung des Schwangerschaftsabbruchs gem. § 219a StGB, wobei der Fokus auf der historischen Auslegung des § 219a StGB und deren Auswirkungen auf die Legitimation des § 219a StGB in der heutigen Zeit liegt. Während sich die Diskussion bisher ganz überwiegend auf die Entstehungsgeschichte des § 219a StGB in der Weimarer Zeit und dem Nationalsozialismus bezog, zielt die vorliegende Abhandlung darauf zu zeigen, dass erste Entwürfe bereits im Jahr 1913 während der wilhelminischen Kaiserzeit im Rahmen des Strafrechtskommissionsentwurfs entwickelt worden sind. Der Vergleich der Erwägungen im vergangenen Jahrhundert demonstriert, dass unter heutiger Betrachtung mit § 219a StGB kein mit der Konzeption des Strafrechts als Rechtsgüterschutz vertretbares Schutzkonzept im Sinne des ultima-ratio-Vorbehalts verfolgt wird. Zudem spricht eine kriminalpolitische Gesamtschau der Historie gegen das Werbeverbot.

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Jenseits der Beleidigung unter Kollektivbezeichnung? – Überlegungen zur Verhetzenden Beleidigung gem. § 192a StGB

von Wiss. Mit. Maximilian Nussbaum 

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Jüngst fügte der Gesetzgeber den Ehrschutzdelikten § 192a StGB hinzu, um eine Strafbarkeitslücke im Bereich der nicht individualisierten und nicht-öffentlichen Konfrontation bestimmter Gruppenangehöriger mit verhetzenden Inhalten zu schließen. Der folgende Beitrag will eine erste Analyse der neuen Vorschrift im Hinblick auf ihr Schutzkonzept, die einzelnen Tatbestandsmerkmale und ihr Verhältnis zu den sonstigen Beleidigungsdelikten bieten.

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Strafvorschriften gegen falsche Impfpässe – Die Neuregelungen der Straftatbestände zum Schutz von Gesundheitszeugnissen

von Prof. Dr. Elisa Hoven und Prof. Dr. Thomas Weigend

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Abstract
Bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie gelten Impfungen als das wirksamste Instrument. Der Nachweis der notwendigen Schutzimpfung ist mittlerweile Voraussetzung für den Zugang zu vielen Bereichen des öffentlichen Lebens. Mit der Anwendung der 2G-Regel wächst der Anreiz, die sozialen Einschränkungen durch unrichtige Impfausweise zu umgehen. Das Strafrecht war auf diese Fälle nicht vorbereitet: Die §§ 277 ff. StGB stellten den Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse nur unvollständig unter Strafe und sahen für ihre Fälschung ein geringeres Strafmaß vor als § 267 StGB. Der Bundestag hat auf diese Defizite reagiert und die strafrechtlichen Vorschriften zum Schutz von Gesundheitszeugnissen Ende November 2021 reformiert. Der Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Neuregelungen.

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Das Gesetz zur Fortentwicklung der StPO und zur Änderung weiterer Vorschriften – Eine kritische Würdigung der Neuregelungen

von Rechtsanwalt Dr. André Bohn

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Abstract
Zum 1.7.2021 sind umfangreiche Änderungen in der StPO, aber auch in anderen Gesetzen, wie zum Beispiel im BKA-Gesetz und im Gewaltschutzgesetz, in Kraft getreten. Die wichtigsten Neuregelungen werden im Rahmen dieses Beitrags vorgestellt und kritisch beleuchtet. Hauptaugenmerk liegt dabei auf den Änderungen in der StPO.

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Strafprozessuale Wiederaufnahme und Verfassungsrecht

von Wiss. Mit. Laurenz Eichhorn

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Abstract
In der Nacht zum 25.6.2021 hat der Deutsche Bundestag die Erweiterung des § 362 StPO um eine neue Nummer 5 beschlossen. Danach soll eine Wiederaufnahme zuungunsten eines rechtskräftig Freigesprochenen möglich sein, wenn diesem schwerste Straftaten, wie Mord oder bestimmte Verbrechen nach dem VStGB, zur Last gelegt werden. Früh wurden verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Auch das Gesetzgebungsverfahren konnte Vorbehalte verfassungsrechtlicher Art nicht vollends ausräumen. Im Folgenden soll daher dargelegt werden, weshalb § 362 Nr. 5 StPO n.F. verfassungswidrig ist. Sieht man dies anders und verneint die Verfassungswidrigkeit der Bestimmung, so ist sie jedenfalls restriktiv zu verstehen und nur in engen Grenzen anzuwenden. Es werden daher Leitlinien entwickelt, die trotz der Verfassungswidrigkeit eine Handhabung ermöglichen, die die verschiedenen verfassungsrechtlichen Anforderungen noch am weitesten zur Geltung bringen.

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Weitere Vorgaben im Kampf gegen den digitalen Hass – Zur Novellierung des NetzDG im Jahr 2021

von Wiss. Mit. Katrin Gessinger, LL.M. 

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Mit der Novellierung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) hat der nationale Gesetzgeber versucht, einzelne Schwächen des Gesetzes auszubessern und die Compliance-Vorschriften für soziale Netzwerke weiterzuentwickeln. Dabei wurde ebenfalls ein Teil der AVMD-Richtlinie umgesetzt. Mit dem vorliegenden Beitrag sollen die verschiedenen Gesetzgebungsverfahren zur Überarbeitung des NetzDG geordnet und ein Überblick über die neuen – überwiegend bereits in Kraft getretenen – Regelungen gegeben werden.

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George Andoor: Tatfragen in der strafrechtlichen Revision. Eine Untersuchung der rechtshistorischen Entwicklung des Rechtsschutzes in Strafsachen samt Reformvorschlag

von Prof. Dr. Anja Schiemann 

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2020, Duncker & Humblot GmbH, ISBN: 978-3-428-15791-4, S. 529, Euro 109,90.

Schon in der Einleitung macht Andoor deutlich, wie komplex das Forschungsdesign seiner Dissertation ist, geht er doch sehr vielschichtigen Untersuchungsfragen nach. Gefragt wird danach, ob die beschränkte Überprüfbarkeit eines strafgerichtlichen Urteils durch die Revision den Anforderungen an ein modernes Rechtsmittel im heutigen Grundrechtsstaat überhaupt genügt.

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„Korruptionsstrafrecht: Unerforschtes Terrain und neue Wege“ – Tagungsbericht zur Online-Tagung der FoKoS

von Wiss. Mit. Marie-Lena Marstaller, LL.M. (Edinburgh)

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Das deutsche Korruptionsstrafrecht ist in den vergangenen Jahren beständig ausgeweitet worden. Dabei war der Gesetzgeber immer nach dem Muster verfahren, die tradierte Deliktsstruktur der Bestechung von Amtsträgern (§§ 332, 334 StGB) bzw. Angestellten in der Privatwirtschaft (§ 299 StGB) auf weitere Gruppen von Entscheidungsträgern – etwa Ärzte (§§ 299a/b StGB), Sportler (§§ 265c/d StGB) und ausländische Staatsbedienstete (§ 335a StGB) – zu übertragen.

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Das 6. Trierer Forum zum Recht der Inneren Sicherheit (TRIFORIS) – Hass und Hetze im Internet

von Wiss. Mit. Dr. Tanja Niedernhuber

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Unter der Schirmherrschaft der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer fand am 8. Oktober 2021 in der Mainzer Staatskanzlei bereits zum sechsten Mal das Trierer Forum zum Recht der Inneren Sicherheit (TRIFORIS) statt. Die vom Institut für Digitalisierung und das Recht der Inneren Sicherheit der Ludwig-Maximilians-Universität München (IDRIS) und dem Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz ausgerichtete Veranstaltung widmete sich dem Thema „Hass und Hetze im Internet“.

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KriPoZ-RR, Beitrag 57/2021

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

BGH, Beschl. v. 22.06.2021 – 2 StR 131/21: Geschützter Personenkreis beim Missbrauch von Schutzbefohlenen

Amtlicher Leitsatz:

Zu dem von § 174 Abs. 1 Nr. 3 StGB geschützten Personenkreis.

Sachverhalt:

Das LG Darmstadt hat den Angeklagten wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen in sechs Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit sexueller Nötigung und in drei Fällen in Tateinheit mit einem sexuellen Übergriff verurteilt.

Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatte der Angeklagte seine „Stiefenkelin“ regelmäßig alle zwei Wochen für ein bis zwei Stunden betreut. Dabei hatte er die Gelegenheit genutzt um neben anzüglichen Bemerkungen auch Körperkontakt gegen den Willen der 16-jährigen herzustellen. Er hatte ihr mehrmals u.a. an den Hintern und die Brüste gefasst, teils mit solcher Kraft, dass regelmäßig Blutergüsse entstanden waren.

Entscheidung des BGH:

Der BGH hob die Verurteilungen wegen des Missbrauchs von Schutzbefohlenen auf, da die Geschädigte nicht unter den geschützten Personenkreis des § 174 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StGB falle.

Dieser schütze leibliche oder rechtliche Abkömmlinge des Täters oder Abkömmlinge seines Ehegatten bzw. Lebenspartners.

Die Geschädigte falle jedoch in keine der genannten Gruppen. Sie stamme nicht in gerade Linie vom Angeklagten ab und sei daher kein leiblicher Abkömmling.

Auch habe das LG nicht festgestellt, dass der Stiefvater der Geschädigten (der Sohn des Angeklagten) bereits bei der Geburt mit der leiblichen Mutter der Geschädigten verheiratet gewesen ist, sodass auch eine rechtliche Abkömmlingsschaft ausscheide.

Eine Einbeziehung als Stiefenkelin scheide ebenfalls aus.

Zwar habe der Gesetzgeber den Wortlaut der Norm 2015 erweitert um auch Abkömmlinge des Ehegatten bzw. Lebenspartners des Täters besser zu schützen. Dieser Schutz von Stiefkindern und Stiefenkeln erfasse jedoch nur die Abkömmlinge des Ehegatten oder Lebenspartners des Täters. Nicht erfasst sei die verfahrensgegenständliche Konstruktion, dass das Opfer ein Stiefkind eines leiblichen Abkömmlings des Täters sei, so der BGH.

Diese Wertung ergebe sich aus dem klaren Wortlaut der Norm und aus dem Willen des historischen Gesetzgebers.

 

Anmerkung der Redaktion:

§ 174 StGB ist 2015 durch das 49. Strafrechtsänderungsgesetz vom 21. Januar 2015 geändert worden, um Stiefkinder und –enkel des Täters aufgrund der oftmals genauso engen Familienbeziehungen ebenso zu schützen wie leibliche und rechtliche Abkömmlinge desselben.

 

 

 

 

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