Gesetzentwurf zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen: 

Öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss am 23. September 2024:

Antisemitismus und Recht aus jüdischen Perspektiven

von Prof. Dr. Julia Bernstein und Florian Diddens (M.A.)

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Abstract
Der Artikel geht der Frage nach, wie Jüdinnen:Juden den Umgang mit Antisemitismus im deutschen Rechtssystem erleben und deuten. Auf der Grundlage qualitativer Interviews sind Erfahrungs- und Deutungsmuster dazu rekonstruiert worden. Diese ergeben sich aus persönlichen Umgangsweisen mit strafrechtlich relevanten Handlungen und aus Erfahrungen mit der Polizei und Justiz ebenso wie aus der Wahrnehmung und Einschätzung eines rechtlichen Schutzes vor Antisemitismus. Ein Empfinden eines fehlenden Schutzes vor Antisemitismus wird mehrheitlich auf Probleme der Rechtsprechung zurückgeführt.

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Institutionalisierter Antisemitismus: Die Rolle der Justiz zu Zeiten des Nationalsozialismus

von Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Heger

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Abstract
Bei der Durchsetzung des von der am 30.1.1933 installierten Reichsregierung unter Führung von Adolf Hitler im Sinne der NS-Parteiideologie als neuer Leitmaxime etablierten Antisemitismus spielte die Justiz, die aus der Weimarer Republik übernommen worden war, eine fatale Doppelrolle. Einerseits wurden nahezu die jüdischstämmigen Richter, Staatsanwälte und Referedare bereits nach zwei Monaten ebenso wie die Rechtsprofessoren und Assistenten an den Juristenfakultäten  weitestgehend eliminiert; der Zugang zu Rechtsanwaltschaft und Notariat wurde für Juden massiv eingeschränkt und wenige Jahre später ebenfalls verunmöglicht, so dass dieser jursitsich qualifizierte Personenkreis von jeder professionellen Betätigung und damit auch von einer adäquten Verdienstmöglichkeit ausgeschlossen war. Zugleich kam es parallel zu dieser “Arisierung” der deutschen Justiz zu einer zunehmenden Ausrichtung der Rechstprechung an der NS-Ideologie und damit einer Diskriminierung vor allem von Juden. Diese verloren damit nicht nur ein zuvor breit genutztes professionelles Betätigungsfeld, sondern zugleich auch jede Möglichkeit, ihre berechtigten Anliegen vor dieser Justiz weiterhin mit Erfolg geltend zu machen. Zu dem Berufsausschluss kam damit eine vollstädnige Entrechtung. Dieser Prozess wird hier für die ersten Jahre nach der NS-Übernahme nachgezeichnet.

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Erfassungsdefizite bei der Verfolgung antisemitischer Straftaten – Zum Datenbestand im Hell- und Dunkelfeld

von Luis Göbel

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Abstract
Der Beitrag befasst sich mit der Erfassung antisemitischer Straftaten im Hell- und Dunkelfeld. Im Fokus stehen hierbei die Daten des Kriminalpolizeilichen Meldedienst zu politisch motivierter Kriminalität und die Daten des Bundesverbands der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus. Nach Vorstellung der Erfassungssysteme werden die aktuellen Zahlen antisemitischer Straftaten und Vorfälle dargestellt und eingeordnet. 

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Antisemitisch eingeordnete Äußerungen im Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Rechtsgutsangriffen – eine Analyse spezifischer Fallkonstellationen zu den §§ 185, 130 StGB

von Dr. Erik Weiss

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Abstract
Der Beitrag befasst sich mit der strafrechtlichen Ahndung von Kommunikationsakten, die im Kontext von Antisemitismus und Strafrecht diskutiert werden. In einem ersten Schritt wird aufgezeigt, dass und in welchem Umfang sich einschlägige Äußerungen in einem Spannungsfeld zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlich relevanten Beeinträchtigungen bzw. Gefährdungen rechtlich geschützter Interessen bewegen. Hierzu werden insbesondere der Stellenwert der Meinungsfreiheit in einer freiheitlich verfassten Gesellschaft sowie ihre konkrete Ausstrahlungswirkung auf die Anwendung sog. Äußerungsdelikte aufgezeigt. Mittels einer Analyse spezifischer Fallkonstellationen zu den §§ 185, 130 StGB wird sodann untersucht, wie dieses Spannungsverhältnis im Einzelfall aufgelöst werden kann.

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KriPoZ-RR 24/2024

Die Entscheidung im Original finden Sie hier.

Redaktioneller Leitsatz:

Die Feststellung des Tötungsvorsatzes muss anhand einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalles vorgenommen werden; allein die Gefährlichkeit der konkreten Handlung reicht nicht aus, um einen entsprechenden Vorsatz anzunehmen.

Sachverhalt:

Der Angeklagte war mit zwei Zeugen (Z. und Ny.) und dem späteren Opfer (N.) in der im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung des Ny. Angesichts eines erheblichen Alkohol- und Kokainkonsums der vier Personen war die Stimmung aufgeheitert; insbesondere fühlte sich der Angeklagte zum als Frau auftretenden Ny. hingezogen. Der eifersüchtige homosexuelle N. wies den Angeklagten darauf hin, dass es sich bei Ny. um einen Mann handele, woraufhin der Angeklagte in Rage gerat. Der Angeklagte schob N. in Richtung des geöffneten Fensters und stieß ihn gegen die herabgelassenen Rollladen, woraufhin diese einseitig brachen und N. sechs Meter hinab auf den Gehweg stürzte. Hierbei erlitt der Geschädigte N. lebensgefährliche Kopfverletzungen, die dieser jedoch überlebte. Jedoch kann N. nur noch eingeschränkt laufen und sprechen.

Das LG hat den Angeklagten wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit schwerer und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung einer anderen Strafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt.

Entscheidung des BGH:

Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat Erfolg. Insbesondere der vom Tatgericht entschiedene Schuldspruch kann keinen Bestand haben; nach Ansicht des BGH können die Feststellungen zur subjektiven Tatseite nicht tragfähig belegt werden.

Grundsätzlich ist für einen bedingten Vorsatz notwendig, dass einerseits der Todeseintritt als mögliche Folge des Handelns erkannt und dies billigend in Kauf genommen wird. Diese Prüfung berücksichtigt auch die objektive Gefährlichkeit der Tathandlung und die konkrete Angriffsweise sowie die psychische Verfassung des Täters bei Tatbegehung. Jedoch ist das Vorliegen eines Vorsatzes nur auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung festzustellen.

Diesen Anforderungen werde das Urteil des LG nicht gerecht. Insbesondere sei die Gefährlichkeit der Tathandlung und die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts keine maßgeblichen Umstände; es komme auch bei besonders gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalls an. Dies gelte insbesondere bei spontanen, unüberlegt oder in affektiver Erregung ausgeführten Handlungen. Gerade die alkoholbedingte Enthemmung des Täters ist vielmehr zur Entkräftung des Tötungsvorsatzes in den Blick zu nehmen. Dass der Täter den Geschädigten für seine vermeintliche Täuschung bestrafen wollte, sei nur dahingehend relevant, dass dies Rückschlüsse auf dessen Bereitschaft zur Inkaufnahme der schweren Folgen seines Handelns zulasse.

„Geschmacklose Überdramatisierung des eigenen Leids“ oder Volksverhetzung nach § 130 Abs. 3 StGB? Der „Ungeimpft-Stern“ als Herausforderung für die Strafjustiz

von Dipl.-Jur. Laura Schwarz

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Abstract
Die Verwendung des „Ungeimpft-Sterns“ auf Demonstrationen oder als Post in den sozialen Netzwerken hat bis zuletzt zu intensiven Diskussionen über dessen Strafbarkeit nach § 130 Abs. 3 StGB geführt. Impfgegner:innen verwendeten den „Ungeimpft-Stern“, um auf ihre Ausgrenzung aus dem gesellschaftlichen Miteinander aufmerksam zu machen, indem sie ihre Situation mit der Verfolgung von Jüdinnen:Juden im Nationalsozialismus verglichen. Diese Gleichsetzung hat in der Öffentlichkeit große Empörung ausgelöst und zu einer rechtlichen Auseinandersetzung geführt. Strafgerichte stehen seit Beginn der Corona-Pandemie vor der Herausforderung, zu entscheiden, ob die Verwendung des „Ungeimpft-Sterns“ tatsächlich die Schwelle zur Strafbarkeit nach § 130 Abs. 3 StGB überschreitet oder lediglich eine unangebrachte Überdramatisierung des eigenen Leids darstellt. Die Debatte spiegelt die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit den Grenzen der Meinungsfreiheit und dem Schutz der Erinnerungskultur wider.

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Anna Isabel Berger: Kooperation oder Korruption? Grenzen der Zusammenarbeit im Gesundheitswesen im Lichte der §§ 299a, b StGB

von Dr. Momme Buchholz

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 2023, Duncker & Humblot GmbH, Berlin, ISBN: 978-3-428-18777-5, S. 331, Euro 99,90

Das Spannungsfeld zwischen zulässiger, zugunsten von Innovation und Patientenwohl sogar erwünschter Kooperation im Gesundheitswesen einerseits und unzulässiger, Wettbewerb und gegebenenfalls Patientenwohl schadender Bestechung und Bestechlichkeit andererseits war schon vor Einführung der von Berger in ihrer Dissertation thematisierten Normen, §§ 299a, 299b StGB, Gegenstand strafrechtlicher Untersuchung.

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Christian Trentmann: Die Staatsanwaltschaft und die Massenmedien. Eine kommentierte Entwicklungsgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart samt systemtheoretischen Erkenntnissen sowie Vertiefungen de lege lata und Anregungen de lege ferenda

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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 2023, Nomos, ISBN: 978-3-7560-0628-1, S. 963, Euro 289,00.

Dieses fundamentale Werk von knapp 1000 Seiten trägt wirklich alles zusammen, was die Entwicklungsgeschichte der Beziehung von Staatsanwaltschaft und Medien zu bieten hat. Dabei werden die systemischen Grundsatzkonflikte herausgearbeitet, Möglichkeiten und Grenzen de lege lata umschrieben sowie konzeptionelle Leitlinien de lege ferenda entwickelt.

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Strafbarkeit des Sexkaufs

Gesetzentwürfe:

Die CDU/CSU-Fraktion hat am 20. Februar 2024 einen Gesetzesantrag zur Einführung einer Strafbarkeit des Sexkaufs (BT-Drs. 20/10384) in den Bundestag eingebracht. Die Vorlage wurde am 23. Februar 2024 erstmals beraten und anschließend an den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend überwiesen. Der Antrag erachtet das Prostitutionsgesetz von 2002 als gescheitert und bemängelt, dass die (versuchte) Legalisierung das Schutzniveau der betroffenen Personen nicht verbessert hat; vielmehr habe sich die tatsächliche Situation in der Prostitution erheblich verschlechtert. Der Antrag kritisiert, dass ein Großteil der betroffenen Personen unfreiwillig in die Armut abrutschen und täglich sexueller Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch ausgeliefert sind. Auch das Prostituiertenschutzgesetz von 2017 habe an dieser Lage nichts geändert. 

Der Antrag zielt insoweit darauf ab, eine allgemeine Freierstrafbarkeit einzuführen. Der Kauf sexueller Dienstleistungen soll zukünftig pönalisiert werden und als Vergehen einzustufen sein. Allerdings sollen Prostituierte selbst nicht aufgrund der Ausübung der Tätigkeit kriminalisiert werden; vielmehr sollen allein die Kunden der Dienstleistung strafrechtlich erfasst werden. Zudem soll auch der Betrieb von Prostitutionsstätten (Bordelle, Laufhäuser, etc.) verboten werden. Die Unionsfraktion fordert insoweit die Durchsetzung eines „Nordischen Modells“. 

Am 23. September 2024 haben sich zahlreiche Sachverständige im Rahmen einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend des Deutschen Bundestages zu den geplanten Änderungen geäußert. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier.

Johanna Weber, politische Sprecherin des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen, sehe den Mehrwert eines Sexkaufsverbots als gering an; vielmehr würde ein Verbot die Sexarbeitenden in eine noch unsichere Lage zwingen – und teilweise auch vollständig in die Illegalität. Es gebe vielmehr keine wissenschaftlichen Nachweise, dass die meisten Sexarbeitenden zur Tätigkeit gezwungen werden. Ähnlich äußert sich Erika Krause-Schöne (GdP), wonach ein Sexkaufverbot die Prostitution zunehmend in das Dunkelfeld verlagere – und die Verfolgung von schwersten Straftaten (z.B. Zwangsprostitution) deutlich erschwere. Stefanie Kohlmorgen, Vorständin beim Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufas), kritisiert die (unüberlegte) Vermischung von Sexarbeit mit Zwangsprostitution und Menschenhandel. Ein Sexkaufverbot verstärke viel eher das Stigma gegen Sexarbeitende und verstoße gegen deren Berufsfreiheit. Auch Andrea Hitze vom bundesweiten Koordinierungskreis Menschenhandel (KOK) lehne ein Sexkaufverbot ab. Durch das nordische Modell wird die Sexarbeit erneut in eine rechtliche Grauzone gedrängt; insbesondere werden Sexarbeitende mit einem Verbot in ihrer Selbstbestimmung untergraben. Hitze fordere vielmehr Respekt und Anerkennung für die Autonomie der Beschäftigten. Auch Margarete Gräfin von Galen, Fachanwältin für Strafrecht, betont den verfassungsrechtlichen Schutz der Sexarbeit durch die Berufsfreiheit. Letztlich sah Alexandra Sußmann, Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Stuttgart und Vorsitzende des Gesundheitsausschusses des Deutschen Städtetages, die aktuelle Gesetzgebung zur Prostitution nicht als gescheitert an. Vielmehr müsse die laufende Evaluation des Prostituiertenschutzgesetzes abgewartet – und dann ggf. nachjustiert werden.

Huschke Mau, Gründerin des Netzwerks Ella, konstatiert, dass Deutschland als das Bordell Europas gelte. Insgesamt sei eine Trennung zwischen erzwungener und freier Prostitution oftmals unmöglich – das nordische Modell sei daher als guter Ansatz zu bewerten. In eine ähnliche Richtung geht die Stellungnahme von Claire Quitte, Präsidentin der Nid-Bewegung (Mouvement du Nid) in Frankreich, die den Vergleich zur französischen Lage bemüht. In Frankreich gelte seit 2016 ein Sexkaufverbot, wodurch klar signalisiert werde, dass eine sexuelle Handlung nicht käuflich erworben werden könne. Ähnlich äußert sich Gerhard Schönborn, Vorsitzender des Vereins Neustart – Christliche Lebenshilfe. Schönborn kritisiert die aktuellen Regelungen und befürchtet mit diesen eine Verschlimmerung der (derzeitigen) menschenverachtenden Zustände. Zwar könne das nordische Modell die Prostitution nicht vollständig beseitigen, allerdings überwiegen die Vorteile einer neuen Gesetzgebung. Alexander Dierselhuis, Polizeipräsident in Duisburg, sprach sich auch für ein Sexkaufverbot aus und sah dies als wichtiges Element zur Bekämpfung der Rotlichtkriminalität an. Durch die Verkleinerung des Marktes könnten sich die Strafverfolgungsbehörden auf die schweren Fälle der Rotlichtkriminalität konzentrieren.

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