Gesetz zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls

Gesetzentwürfe: 
 

Am 13. Dezember 2023 hat die Fraktion CDU/CSU einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls auf den Weg gebracht. Hintergrund ist die mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens 2019 (nähere Informationen dazu finden Sie hier) eingeführte befristete Möglichkeit zur Telekommunikationsüberwachung (§100a Abs. 2 Nr. 1j StPO). Diese soll nun über den 11. Dezember 2024 hinaus fortbestehen. Laut Entwurf seien zwar die registrierten Fälle der PKS zwischen 2019 und 2021 zurückgegangen, im Jahr 2022 aber wieder angestiegen, während flankierend die Aufklärungsquote sank. Die Aufklärung von Straftaten, die Ermittlung des Täters, die Feststellung seiner Schuld und seine Bestrafung sowie der Freispruch der Unschuldigen seien die wesentlichen Aufgaben der Strafrechtspflege. Zur Umsetzung der Aufgaben bedürfe es Verfahrensvorschriften, „welche die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege sicherstellen“. 

Am 18. März 2024 fand im Rechtsausschuss eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Vertreter der Strafverfolgungsbehörden äußerten sich überwiegend positiv hinsichtlich einer Entfristung der Telekommunikationsüberwachung beim Wohnungseinbruchdiebstahl über den 11. Dezember 2024 hinaus. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens waren die Befugnisse der Ermittlungsbehörden diesbezüglich zeitlich begrenzt erweitert worden. OStA Peter Holzwarth betonte, dass die TKÜ in geeigneten Fällen die Aufklärungsquote erheblich verbessere und von ihr in der Praxis aus Verhältnismäßigkeitsgründen sparsam Gebrauch gemacht werde. Dem stimmte OStA Lars Mahnke vom Deutschen Richterbund zu und sprach sich für eine Entfristung der Regelung oder zumindest für ihre Verlängerung aus. Zuspruch fand eine Entfristung auch bei den Vertretern der polizeilichen Praxis. Dirk Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeamter berichtete, dass dort die TKÜ bei der Aufklärung unbekannter Mittäter:innen oder Täter:innen beitrage und wichtige Informationen zu begangenen oder geplanten Straftaten sowie zu Beuteabsatz, Hehlern oder der Anmietung zu Tatfahrzeugen gebe. OStA Thorsten Thamm von der Staatsanwaltschaft Memmingen und Alexander Poitz von der GdP sahen dies ähnlich. Die Chance zur Aufklärung von Täterstrukturen entfalle, wenn die Möglichkeit zur TKÜ nicht mehr gegeben sei, äußerte Poitz. Eine weitere Befristung der Regelung hielt er für nicht zielführend und sprach sich ausdrücklich für eine Entfristung aus. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Prof. Ulrich Kelber äußerte sich hinsichtlich einer Entfristung der geschaffenen Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung hingegen kritisch. Er gab zu bedenken, dass die TKÜ einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) darstelle und überhaupt nur in sehr wenigen Fallkonstellationen erfolgversprechend sei. Da eine konkrete Beurteilung der Effizienz aufgrund mangelnder repräsentativer Zahlen über die Deliktshäufigkeit und die Aufklärungsquote der letzten Jahre nicht möglich sei, sei eine Entfristung verfrüht. Stattdessen schlug er eine repräsentative Evaluierung und eine weitere Verlängerung der Regelung um zunächst weitere fünf Jahre vor. Auch Prof. Dr. Gina Rosa Wollingervon der HSPV NRW sah die Aussagekraft der Aufklärungsquote kritisch. Für eine Umsetzung des Gesetzentwurfs hätten sich seit 2019 nicht genügend Änderungen gezeigt und auch der geringe Einsatz der Maßnahme spreche nicht dafür. Dennoch überwog für sie das Argument, dass beim Wohnungseinbruchdiebstahl der Ermittlungsansatz meist nicht ausreiche und es insofern berechtigt sei, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Prof. Dr. Björn Gercke von der BRAK und Gül Pinar vom DAV lehnten den Gesetzentwurf gänzlich ab. Die Evaluierung des BMJ lasse keine Bedeutung der TKÜ in der Praxis erkennen. Der Entwurf setze eine Trendserie zur Ausweitung strafprozessualer Befugnisnormen fort, so Gercke.

Der Gesetzentwurf wurde am 11. April 2024 in zweiter und dritter Lesung beraten und fand im Bundestag keine Mehrheit. Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP stimmten gegen den Entwurf, die AfD enthielt sich bei der Abstimmung. Der Rechtsausschuss hatte zuvor eine Beschlussempfehlung (20/10794) vorgelegt.

Am 21. August 2024 hat das Bundesministerium der Justiz einen erneuten Vorstoß gewagt und eine Formulierungshilfe für einen Änderungsvorschlag des Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2121) vorgestellt, ebenfalls mit dem Ziel, die Änderung in § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j StPO nunmehr bis zum 1. Januar 2030 zu erhalten. Als Grund wird eine nur beschränkte Evaluationsmöglichkeit während der Covid-19-Pandemie angeführt. Insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 sei vermehrt im Homeoffice gearbeitet worden, ein Umstand, der wahrscheinlich Einfluss auf den Rückgang von Wohnungseinbruchsdiebstählen habe. Diese Erkenntnis gelte auch für die zunehmenden Grenzkontrollen. Insgesamt könnten demnach keine repräsentativen Daten zur Verfügung gestellt werden. Dem ursprünglichen Anliegen des Gesetzgebers, die Effizienz der Regelung hinreichend beurteilen zu können, konnte insoweit nicht nachgekommen werden. Zum Ende der (erneuten) Verlängerung soll nunmehr eine stichhaltige Evaluierung stattfinden, die tatsächlich eine hinreichende Bewertung der Effizienz und Effektivität der Maßnahmen nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j StPO ermöglicht.

 


 
18. Legislaturperiode: 
 
Fünfundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Wohnungseinbruchdiebstahl vom 17. Juli 2017: BGBl I 2017 Nr. 48, S. 2442

 

Gesetzentwürfe:

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 380/1/17

Stellungname des Bundesrates: 380/17 (B)

Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/12933
Bericht des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/12995

Initiativen auf Landesebene:

  • Nordrhein-Westfalen

Antrag der Fraktion der CDU im Landtag Nordrhein-Westfalen: LT Drs. 16/12344

 

Der Wohnungseinbruchdiebstahl hat neben dem finanziellen Aspekt oft auch gravierende psychische Folgen für die Geschädigten. Sie fühlen sich nicht mehr sicher, schließlich wurde schwerwiegend in ihren persönlichen Lebensbereich eingegriffen. Immer wieder wurden Stimmen laut, dass der Strafrahmen im Falle des Einbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, der Schwere des Eingriffs nicht gerecht werde. Ebenso sei die Möglichkeit der Strafmilderung, die § 244 Abs. 3 des StGB eröffnet, nicht sachgerecht.

Bislang sieht § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB für den Wohnungseinbruchdiebstahl eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung gesondert und mit verschärftem Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren unter Strafe zu stellen und den minder schweren Fall für den Wohnungseinbruchdiebstahl entfallen zu lassen. Geschütztes Tatobjekt in diesem Sinne sollen sowohl private Wohnungen oder Einfamilienhäuser und die dazu gehörenden, von ihnen nicht getrennten weiteren Wohnbereiche wie Nebenräume, Keller, Treppen, Wasch- und Trockenräume sowie Zweitwohnungen von Berufspendlern sein. Andere Räumlichkeiten, die keine dauerhaft genutzte Privatwohnung darstellen und Menschen nicht nur vorübergehend zur Unterkunft dienen, fallen unter den Begriff der Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Zur Umsetzung sieht der Entwurf vor, den Einbruchdiebstahl als neuen Abs. 4 in den § 244 StGB mit einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, einzufügen. Damit soll der Wohnungseinbruchdiebstahl künftig ein Verbrechen darstellen (§ 12 Abs. 1 StGB). Dies ist insbesondere für die Ermittlungstätigkeit von Bedeutung. Hier kann eine Funkzellenabfrage, bei der alle zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten erhoben werden (§ 100 g Abs. 3 StPO), nützlich sein. Da bei einer solchen Maßnahme immer eine Vielzahl Unbeteiligter betroffen ist, darf sie nur unter den strengen Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 TKG erfolgen. Voraussetzung ist, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung begangen, versucht oder vorbereitet hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Des Weiteren muss die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Mit der Heraufstufung des Wohnungseinbruchdiebstahls zum Verbrechen, macht der Gesetzgeber deutlich, dass Straftaten dieser Art grundsätzlich als schwer zu beurteilen sind. Dass der Wohnungseinbruchdiebstahl nicht im Katalog von § 100a Absatz 2 StPO genannt ist, sei nicht von Bedeutung, denn dieser diene lediglich als Orientierungshilfe für die in § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 StPO geregelte Funkzellenabfrage.

Die Strafzumessungsregelung des minder schweren Falles in § 244 Abs. 3 des StGB soll nur noch für den Diebstahl mit Waffen, den Bandendiebstahl und den Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 StGB) angewendet werden. Der Strafrahmen des § 244 Abs. 4 StGB ermögliche auch ohne die Normierung eines minder schweren Falls eine tat- und schuldangemessene Bestrafung bei Fällen mit geringem Schuldgehalt.

Zur Strafrechtsverschärfung bei Wohnungseinbruchdiebstahl siehe auch Mitsch, KriPoZ 2017, 21 ff.

Am 10. Mai 2017 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Der Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD (BT Drs. 18/12359) wurde am 17. Mai 2017 in den Bundestag eingebracht.

Am 19. Mai 2017 debattierte der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD. Er wurde im Anschluss zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss  überwiesen.
Die Fraktion die Linke warf der Bundesregierung „Law-and-Order“ Methoden vor. Die Strafverschärfung sei nicht notwendig und einzig für die Wähler geschaffen worden. Einbrecher ließen sich nicht mit einer Strafverschärfung abschrecken. Angesetzt werden müsse an der Aufklärungsquote. Dafür seien aufwendige Ermittlungen notwendig. Hier habe der Personalabbau bei der Polizei „negative Spuren“ hinterlassen. Die Grünen sprachen sich gegen eine Erweiterung der Vorratsdatenspeicherung auf den Wohnungseinbruchdiebstahl aus. Wichtiger sei es, die Polizeipräsenz vor Ort zu stärken. Eine Erhöhung des Strafmaßes lehnten auch die Grünen ab. Die Erhöhung der Mindeststrafe von 3 auf 6 Monate habe bereits keinen Erfolg verzeichnen können.
Bundesjustizminister Heiko Maas verteidigte den Gesetzentwurf. Es sei ein Mix aus Prävention, höherer Aufklärung und härteren Strafen gefragt. Im vergangenen Jahr seien mehr als 150.000 Wohnungseinbrüche verzeichnet worden. Vor zehn Jahren seien es noch 100.000 Fälle gewesen. Deshalb könne man „diesen Anstieg nicht ignorieren“. Im Jahr 2016 sind lediglich 17 Prozent der Wohnungseinbrüche aufgeklärt worden. Daher müsse durch mehr Personal bei der Polizei die Aufklärungsquote massiv erhöht werden. Dabei könne auch die zu schaffende Möglichkeit der Funkzellenabfrage helfen. Schließlich sei auch die Strafrahmenerhöhung wichtig, denn der Staat müsse Einbrechern klar machen: „Wer in eine Privatwohnung einbricht begeht ein Verbrechen, für das ihn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erwartet“.
Auch die Fraktion der SPD beklagte die viel zu niedrigen Aufklärungsquoten. Ein wichtiges Thema sei ebenfalls die Eigensicherung der Bürger. Hierfür seien 50 Millionen Euro für das KfW-Programm zur Verfügung gestellt worden. Zusätzlich könnten durch Änderungen der Landesbauordnungen Schutzmaßnahmen als Sicherheitsstandards eingeführt werden.
Die Fraktion der CDU/CSU sieht die Reform des Strafrechts schon aus Opfergründen als geboten an. „Wer einen Wohnungseinbruch begeht, raubt den Menschen die Freiheit auf ungestörte Privatsphäre“, so Volker Ullrich. Sie begrüßte ebenfalls die Aufnahme des Einbruchdiebstahls in den Katalog der Verkehrsdatenabfrage und die Speicherung von Verbindungsdaten.

In seiner Plenarsitzung am 2. Juni 2017 erhob der Bundesrat keine Einwände gegen eine Verschärfung der Strafe beim Wohnungseinbruchdiebstahl. Er gab jedoch zu bedenken, dass dadurch die strafrechtliche Ermittlung beim bandenmäßigen Wohnungseinbruchdiebstahl erschwert werden könnte. Der Bundesrat schlug daher vor, die Telekommunikationsüberwachung und akustische Wohnraumüberwachung bei der bandenmäßigen Begehung des Wohnungseinbruchdiebstahls weiterhin zu ermöglichen und die Formulierungen des Gesetzentwurf an zwei Stellen zu ändern. Dies lehnte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung ab.

Am 15. Juni 2017 brachte die Bundesregierung ihren wortgleichen Gesetzentwurf (BT Drs. 18/12729) in den Bundestag ein. Zur Verfahrensbeschleunigung wurde der Entwurf der Koalitionsfraktionen (BT Drs. 18/12359) bereits in den Bundestag eingebracht und beraten, während der Gesetzentwurf der Bundesregierung seinen üblichen Weg ging und zunächst dem Bundesrat zur Beratung zugeleitet wurde.

Am 21. Juni 2017 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Experten bewerteten den Gesetzentwurf unterschiedlich. Einige sahen den Vorstoß der Bundesregierung als den „Schlagzeilen geschuldet“ an, weshalb eine Verschärfung der Strafandrohung nicht gerechfertigt sei. Der höhere Strafrahmen werde auch in Zukunft die Täter nicht beeindrucken. „Sie kennen ihn in der Regel nicht und er interessiert sie auch nicht, da sie nicht mit einer Festnahme rechnen“, so Prof. Gerd Neubeck, Vorstand des von Bund und Ländern getragenen Deutschen Forums für Kriminalprävention. Thomas Wüppesahl von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen sprach sogar von „Tagträumerei, eine relevante Täterzahl abschrecken zu können“, da das Entdeckungsrisiko unter 5 Prozent liege.
Die Befürworter betonten, dass ein Wohnungseinbruch mehr als nur ein Eigentumsdelikt sei, denn schließlich werde hier auch ein Grundrecht verletzt. Durch die sehr schnelle Einstellung der Verfahren sei die Situation für die Opfer insgesamt sehr belastend. Dies solle nach der neuen Regelung nicht mehr möglich sein. Die Gewerkschaft der Polizei beklagte, dass die Kollegen den Erwartungen der Opfer nicht mehr gerecht werden könnten. Um Serientäter identifizieren zu können wurde daher die Einführung  der Verkehrsdatenerhebung begrüßt. Ob dies letztlich überhaupt personell bewältigt werden könne, blieb offen. Der im Gesetzentwurf vorgesehene Strafrahmen sei immer noch mild im Vergleich zu den Raubdelikten und die Täter träfen sehr wohl eine Risiko-Nutzen-Analyse.  Allerdings sahen auch die Befürworter einen Nachbesserungsbedarf hinsichtlich der Begrifflichkeit der „dauerhaft genutzten Privatwohnung“.

Am 29. Juni 2017 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 18/12933) in zweiter und dritter Lesung angenommen. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Entwurf. Der zur Verfahrensbeschleunigung eingebrachte gleichlautende Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT Drs. 18/12729) wurde für erledigt erklärt.

Am 7. Juli 2017 hat der Bundesrat in seiner Plenarsitzung die vom Bundestag beschlossene Verschärfung der Strafe für den Wohnungseinbruchdiebstahl gebilligt. Das Gesetz soll unmittelbar nach der Verkündung in Kraft treten.

Das Fünfundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Wohnungseinbruchdiebstahl wurde am 21. Juli 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

 

 

Gesetz zur Schaffung von Anreizen für Compliance-Maßnahmen in Betrieben und Unternehmen – (Compliance-Anreiz-Gesetz, CompAG)

Das Gesetzgebungsverfahren zur Schaffung von Anreizen für Compliance-Maßnahmen in Betrieben und Unternehmen wurde bis zum Ende der 18. Wahlperiode nicht abgeschlossen. Ggf. wird es in der neuen Legislaturperiode wieder aufgegriffen. 

Gesetzentwürfe:

 

Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – (Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz – StUmgBG)

Gesetzentwürfe:

 

Das BMF hat am 01.11.2016 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (StUmgBG) vorgelegt. Als Reaktion auf die Veröffentlichung der Panama-Papers sollen durch das neue Gesetzesvorhaben  in erster Linie die Möglichkeiten inländischer Steuerpflichtiger zur Steuerumgehung mittels Domizilgesellschaften, sogeannter Briefkastenfirmen, erschwert werden. Als Kernpunkt sieht der Gesetzentwurf die Einführung neuer Berichts- und Mitteilungspflichten für Steuerpflichtige und Banken, insbesondere für Staaten außerhalb der EU und EFTA-Staaten, vor. Dadurch soll Transparenz über „beherrschende“ Geschäftsbeziehungen inländischer Steuerpflichtiger zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien, die nicht Mitglieder der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation sind, hergestellt werden.

Darüber hinaus soll das sogenannte steuerliche Bankgeheimnis aufgehoben werden.

 

Videoüberwachungsverbesserungsgesetz

Gesetz zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes – Erhöhung der Sicherheit in öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen und im öffentlichen Personenverkehr durch optisch-elektronische Einrichtungen (Videoüberwachungsverbesserungsgesetz) vom 28. April 2017: BGBl I 2017 Nr. 23, S. 968 ff.

 

Gesetzentwürfe:

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung: BT Drs. 18/11183

Beschlussempfehlung des Innenausschusses: BT Drs. 18/11435

 

Anlagen:

 

§ 6b Abs. 1 BDSG regelt die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen. Die bisherige Rechtslage beurteilt die Zulässigkeit der sogenannten optisch-elektronischen Einrichtungen danach, zu wessen Gunsten eine zu treffende Abwägungsentscheidung zwischen den berechtigten Betreiberinteressen und möglichen gegenläufigen schutzwürdigen Interessen von betroffenen Personen ausfällt. Danach ist eine Videoüberwachung dann zulässig, wenn sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Person überwiegen. Aspekte wie das Sicherheitsbedürfnis können dabei auch in diesen Abwägungsprozess mit einbezogen werden.

Der Entwurf forciert, diese Sicherheitsbelange stärker zu berücksichtigen und bei der Abwägungsentscheidung mit größerem Gewicht einzubeziehen. Angesichts jüngster in Deutschland verübter Anschläge werde die Notwendigkeit laut Entwurfsbegründung besonders deutlich. Aus diesem Grund sieht der Entwurf eine Änderung des § 6b Abs. 1 und 3 BDSG mit dem Ziel einer ausdrücklichen Festschreibung einer Gewichtungsvorgabe in der Abwägungsentscheidung bei Einrichtungen und Fahrzeugen des öffentlichen Personenverkehrs und öffentlich zugänglichen großflächigen Anlagen zum Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit von dortig aufhältigen Personen und zur Erhöhung des Sicherheitsniveaus in Deutschland insgesamt vor.

Die Bundesregierung hat am 23. Januar ihren Entwurf vorgelegt, der inhaltlich auf dieselbe Änderung abzielt, jedoch in der Formulierung klarstellt, dass der Schutz von Leben, Gesundheit oder Freiheit als ein besonders wichtiges Interesse gilt.

Am 27. Januar 2017 hat der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf debattiert. Gleichfalls in erster Lesung wurde über einen weiteren Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Verbesserung der Fahndung bei besonderen Gefahrenlagen und zum Schutz von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei durch den Einsatz von mobiler Videotechnik“ (18/10939) beraten.
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière betonte, Videotechnik sei kein Allheilmittel, „aber  auch kein Dämon“. Kameras leisteten einen besonderen Beitrag für mehr Sicherheit. „Sie helfen, Straftäter zu identifizieren, festzunehmen und zu bestrafen.“ Ebenfalls ließen sich Straftaten verhindern.
Die Fraktion die Linke wandte sich gegen die Ausweitung der Videoüberwachung. Der Gesetzentwurf bedeute eine flächendeckende Videoüberwachung und nicht nur eine Überwachung von Kriminalitätsschwerpunkten.
Ähnlich äußerte sich auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die den Regierungsvorschlag als „Sicherheitspolitik ins Blaue hinein“ sehen. Man schaffe lediglich „gewaltige Datenberge“, deren Auswertung unter Umständen wochenlang dauere.
Die CDU/CSU bewertete die Gesetzentwürfe als sachlich notwendig, maßvoll und verhältnismäßig. Sie stellten einen „wesentlichen Schritt zur Verbesserung der Sicherheit in Deutschland“ dar.

In seiner Sitzung vom 10. Februar 2017 äußerte der Bundesrat keine grundsätzlichen Einwände gegen den Gesetzentwurf der Bundesregierung. In seiner Stellungnahme äußerte er jedoch Bedenken hinsichtlich der Ausweitung der Videoüberwachung durch Private. Hier solle überprüft werden, ob nicht auch eine verstärkte Überwachung durch die Aufsichtsbehörden einhergehen sollte. Die Stellungnahme des Bundesrates wird zunächst der Bundesregierung zwecks Gegenäußerung zugeleitet. Anschließend werden alle Dokumente dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt.

Der von der Bundesregierung eingebrachte Entwurf stand am 6. März 2017 im Mittelpunkt einer öffentlichen Anhörung im Innenausschuss und stieß bei den Experten auf unterschiedliche Einschätzungen. Eine Liste der Sachverständigen und ihre Stellungnahmen finden sie hier. Die Experten bewerten den Entwurf zur Ausweitung der Videoüberwachung sehr unterschiedlich. So betonen die Befürworter den Aspekt der Notwendigkeit. Sie sehen in der Videoüberwachung eine präventive Erhöhung der Sicherheit. Kritiker des Gesetzes befürchten jedoch, dass das Gesetz den Raum für eine Totalüberwachung ebne.

Am 8. März 2017 hat der Innenausschuss schließlich den Weg für das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz (18/10941) freigegeben. Das Gremium verabschiedete den Entwurf mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit und gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Am 9. März 2017 wurde der Entwurf abschließend im Bundestagsplenum beraten. Mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Linken und Bündnis 90/Die Grünen wurde der Regierungsentwurf angenommen. Im gleichen Stimmenverhältnis wurde auch der Gesetzentwurf zum Einsatz der Bodycams (BT Drs. 18/10939) angenommen.

In seiner Sitzung vom 31. März 2017 hat der Bundesrat den Gesetzentwurf schließlich gebilligt.

Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz wurde am 4. Mai 2017 verkündet und trat am Tag nach seiner Verkündung, am 5. Mai 2017, in Kraft. Näheres zum Gesetz bei Albrecht/Wessels, jurisPR-ITR 9/2017 Anm. 2.

Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinie 2009/101/EG

Entwurf der Richtlinie:

Anlage:

Laut der Begründung des Vorschlags wurde mit der Annahme der aktualisierten Anti-Geldwäschebestimmungen im Mai 2015 ein wichtiger Schritt getan, um die Europäische Union in die Lage zu versetzen, effizienter gegen die Geldwäsche von Erlösen aus Straftaten und die Terrorismusfinanzierung vorzugehen.

Die Bedrohung durch den Terrorismus sei in jüngster Zeit allerdings größer geworden und habe sich in ihrer Art gewandelt. Gleichzeitig mache es das weltweit vernetzte Finanzsystem dank der Fortschritte in Technologie und Kommunikation einfacher, Finanzströme zu verbergen und in der ganzen Welt zu verschieben, indem schnell und problemlos mehrere Lagen von Briefkastenfirmen gegründet werden. So werden Ländergrenzen und Rechtsordnungen überschritten und werde es zunehmend schwierig, Gelder aufzuspüren. Geldwäscher, Steuerhinterzieher, Terroristen, Betrüger und andere Kriminelle können auf diese Weise ihre Spur verwischen.

Der vorliegende Vorschlag enthält eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu verbessern und die Transparenz von finanziellen Transaktionen und Unternehmen innerhalb des präventiven Rechtsrahmens der Union, der Richtlinie (EU) 2015/849 (im Folgenden die „vierte Geldwäsche-Richtlinie“), zu stärken. Ferner sind bestimmte Änderungen enthalten, die sich hinsichtlich der einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der Richtlinie 2009/101/EG ergeben.

Gesetz zur Änderung des Waffengesetzes

 

Gesetzentwürfe:

19. Wahlperiode

Plenarantrag des Landes Hessen: BR Drs. 58/2/18

 

18. Wahlperiode

Empfehlung der Ausschüsse: BR Drs. 357/1/16

Mehr öffentliche Sicherheit – Für eine bessere Begrenzung und Kontrolle von Schusswaffen
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/8710
 
Handlungsbedarf im Waffenrecht für mehr öffentliche Sicherheit
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/9674
 
Abgabe von anschlagsfähigen Ausgangsstoffen beschränken
Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/7654

 

weiterführende Materialien:

 

Am 2. März 2018 beschloss der Bundesrat einen Gesetzantrag des Landes Niedersachen zur Verschärfung des Waffenrechts (BR Drs. 39/18) in den Bundestag einzubringen. Gleichzeitig wurde eine Vorlage aus Hessen vorgestellt und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.

Beide Entwürfe sehen vor der Erteilung eines Waffenscheins eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden vor. Dies soll verhindern, dass bekannte Extremisten legal an Waffen kommen. In der vergangenen Wahlperiode gab es bereits einen ähnlichen Vorstoß nach den Anschlägen in Brüssel und Paris. Alle Entwürfe knüpfen an die geforderte Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers in § 5 WaffG an.

Der Gesetzesantrag aus Niedersachsen basiert auf den Ermittlungsergebnissen im Zusammenhang mit der „Zwickauer Terrorzelle“. Zur Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind die Behörden bislang lediglich zur Überprüfung des BZRG und des staatsanwaltlichen Verfahrensregisters verpflichtet. Zusätzlich wird eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststellen eingeholt. Eine Pflicht zur Abfrage von Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden besteht für die Überprüfung der Zuverlässigkeit nicht. Dazu sollen die Waffenbehörden nun verpflichtet werden. Grund zur erneuten Diskussion des Entwurfs gaben aktuell einige „Reichsbürger“, die über legale Waffenarsenale verfügen. 

Der Gesetzentwurf stand nun zum dritten Mal auf der Tagesordnung des Bundesrates. Der Antrag wurde bereits 2013 in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 744/12 (B)), jedoch  bis zum Ende der Legislaturperiode nicht weiter verfolgt. Am 25. März 2014 beschloss die Niedersächsische Landesregierung die erneute Einbringung in den Bundesrat (BR Drs. 115/14). Zwei Monate später, am 28. Mai 2014, wurde der Gesetzentwurf entsprechend in den Bundestag eingebracht (BR Drs. 18/1582), jedoch auch hier bis zum Ende der Legislaturperiode nicht weiter verfolgt. Einen ähnlichen Entwurf des Bundesrates aus dem Jahr 2016 (BT Drs. 18/10262) lehnte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ab. Sie bezweifelte die Gebotenheit solcher Abfragen und hielt die nach geltender Rechtslage zur Verfügung stehenden Instrumente für ausreichend.

Der Antrag aus Hessen (BR Drs. 58/18) sieht neben der Einführung einer Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden eine Regelung vor, wonach Personen, die bereits vom Verfassungsschutz überwacht werden, auch regelmäßig keine Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts besitzen. Er stand am 23. März 2018 auf der Tagesordnung zur 966. Sitzung des Bundesrates, wurde dann jedoch kurzfristig wieder abgesetzt. 

Am 25. April 2018 hat der Bundestag den Entwurf aus Niedersachsen in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/1715). Dieser hat noch nicht über den Vorschlag entschieden. 

Am 6. Juli 2018 hat der Bundesrat nun auch über den Gesetzesantrag aus Hessen debattiert. In der Abstimmung erhielt er jedoch nicht die erforderliche absolute Mehrheit.


18. Wahlperiode

Die unter dem Eindruck der Terroranschläge in Brüssel und Paris sowie der Verübung tödlicher Übergriffe mithilfe von Waffen durch Extremisten vorangetriebene Forderung nach Verschärfung des Waffenrechts bildet den Inhalt dieses Gesetzentwurfs.  Nach dem Willen des Bundesrates soll vermieden werden, dass Extremisten legal Waffen besitzen. Dieses Vorhaben soll dadurch realisiert werden, dass die zuständigen Behörden bei den Verfassungsschutzbehörden personenbezogene Informationen über Personen abfragen, die einen Antrag auf Waffenerwerb oder -besitz gestellt haben. Der Bundesrat hat dazu auf Initiative des Landes Hessen am 23. September 2016 einen Gesetzentwurf beschlossen, der eine Ergänzung im Waffengesetz vorschlägt. Extremisten, die dem Entwurf zufolge dem Verfassungsschutz bekannt sind, könnten die Waffenbehörden die Erlaubnis dann versagen. Die Bundesrats-Vorlage präzisiert dazu die Vorschriften der sogenannten Zuverlässigkeitsprüfung und führt eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden ein.

Die Bundesregierung lehnt in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf den Bundesratsvorschlag zur Regelabfrage bei Verfassungsschutzbehörden ab. Sie bezweifelt die Gebotenheit solcher Abfragen und hält die nach geltender Rechtslage zur Verfügung stehenden Instrumente für ausreichend, um den Informationsfluss in der gebotenen Weise zu verbessern.

Die Anträge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen beschäftigen sich inhaltlich mit Änderungen im Umgang mit Explosivstoffen im Waffenrecht. In einem wird das Bedürfnis nach einer Beschränkung der Abgabe von „anschlagsfähigen Ausgangsstoffen“ focusiert. Die Bedrohung durch politisch motivierte Anschläge gehe dem Antrag zufolge zunehmend auch von radikalisierten Einzeltätern aus, die zur Durchführung ihrer Taten Unterstützung durch bewusst wenig institutionalisierte, „fluide“ Netzwerke erhalten. Zudem wird die Verschärfung des Waffenrechts gefordert – die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Entwurf zur Reform des Waffengesetzes vorzulegen, der Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen und Kontrollen vorsieht. Zu diesen Anträgen fand am 28. November 2016 einen öffentliche Anhörung im Innenausschuss statt. Die Stellungnahmen der Sachverständigen, die die Änderungen unterschiedlich bewerteten, finden Sie hier.

 

Landes- und Geheimnisverrat

Gesetzentwürfe:

Lehren aus den Ermittlungen hinsichtlich Landesverrats – Stellung des Generalbundesanwaltes rechtsstaatlich reformieren
 

 

Lehren aus den Ermittlungen hinsichtlich Landesverrats ‒ Pressefreiheit und Journalistinnen und Journalisten besser schützen

 

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern – Whistleblowern (Hinweisgeberschutzgesetz – HinwGebSchG)

 

Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Transparenz und zum Diskriminierungsschutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (Whistleblower-Schutzgesetz)

Beschlussempfehlung und Bericht: BT Drs. 18/5148 

 

Initiativen auf Landesebene:

  • Nordrhein-Westfalen:

Antrag der Fraktion der PIRATEN im nordrhein-westfälischen Landtag : LT Drs. 16/3437

  • Schleswig Holstein

Antrag der Fraktion der PIRATEN im schleswig-holsteinischen Landtag: LT Drs. 18/4925

 

Anlagen:

 

Die Enthüllungen Edward Snowdens über die globalen Überwachungs- und Spionagemaßnahmen eines ausländischen Geheimdienstes lösten weltweite Empörung aus und führten dazu, dass der Deutsche Bundestag auf Antrag aller Fraktionen am 20. März 2014 einen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre eingesetzt hat, der das Ausmaß und die Hintergründe der Ausspähungen in Deutschland aufklären soll. Enthüllungsplattformen wie WikiLeaks oder die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Journalisten der Internetplattform Netzpolitik.org erhitzen dabei in zunehmendem Maße die Debatte über Whistleblower. Einerseits leisten Whistleblower einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und Meinungsbildung, sodass dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung getragen wird; andererseits kann die ungefilterte Weitergabe hochsensibler, als Verschlusssachen eingestufter Informationen das staatliche Geheimhaltungsinteresse in erheblichem Ausmaß gefährden.

In Deutschland fehlt bisher ein einheitliches, in sich geschlossenes Konzept, dass die Belange beider widerstreitenden Interessen in einem angemessenen Ausgleich berücksichtigt.

Im Jahre 2012 und erneut im Jahr 2014 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der den Schutz sogenannter Whistleblower auf eine gesetzliche Grundlage stellen soll. Dazu sollten Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, Berufsbildungsgesetz, Bundesbeamtengesetz und Beamtenstatusgesetz Hinweisgeber*Innen arbeits- bzw. dienstrechtlichen Diskriminierungsschutz gwähren und regeln, unter welchen Voraussetzungen sie sich an eine außerbetriebliche Stelle bzw. andere zuständige Behörde oder außerdienstliche Stelle bzw. direkt an die Öffentlichkeit wenden dürfen. Zudem sollten Änderungen im Strafgesetzbuch herbeigeführt werden, die Hinweisgeber*Innen unter bestimmten Bedingungen straffrei stellen. Dieser Gesetzentwurf wurde jedoch abgelehnt.

Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird die Bundesregierung erneut aufgefordert, den Schutz von Informanten und Journalisten gesetzlich zu modifizieren und zu erweitern. Kernstück bildet dabei die Neufassung des Begriffes des Staatsgeheimnisses des § 93 StGB. Zudem sollen zukünftig in den Fällen der §§ 94 bis 97a, 202d, 353b, 355 StGB Teilnahmehandlungen (§§ 26, 27, 30) einer in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO genannten Person nicht rechtswidrig sein, wenn sie sich auf die Entgegennahme einschließlich deren Veranlassung, die Auswertung oder Veröffentlichung der Informationen und die dazu erforderlichen Vorbereitungen beschränken. Außerdem sieht der Antrag eine entsprechende Anpassung weiterer Vorschriften vor.

Die Anträge wurden in der Beschlussempfehlung und in dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT Drs. 18/5148 ) abgelehnt.

 

 

Verbandssanktionengesetz

Gesetzentwürfe:

19. Wahlperiode:

18. Wahlperiode:

  • Zukunftsfähige Unternehmensverantwortung ‒ Wirksame Sanktionen bei Rechtsverstößen von Unternehmen

Gesetzesantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/10038

  • Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden

Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen

  • Gesetzgebungsvorschlag für eine Änderung der §§ 30, 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)

Gesetzgebungsvorschlag des BUJ – Bundesverband der Unternehmensjuristen

 

Medienwirksame Skandale großer Unternehmen, wie die „VW-Abgasaffäre“ exemplarisch aufzeigt, führen zu der kriminalpolitischen Forderung, juristische Personen und Personenvereinigungen neben oder anstelle der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionierung auch mit echter Kriminalstrafe zu belegen. Der Gesetzgeber hat bisher trotz verschiedentlicher Forderungen (z.B. nach einem Verbandsstrafgesetzbuch, Vorschlag Kutschaty, NRW) von der normativen Etablierung einer kriminalrechtlichen Strafe für Unternehmen abgesehen. Bislang können einem Unternehmen nur Bußgelder auferlegt werden.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte von der Bundesregierung ein geschlossenes, eigenständiges, einheitlich konzipiertes Gesetz zur Sanktionsregelung von Unternehmen und Verbänden, sowie die Ergänzung einzelner näher aufgeführter Tatbestände und Sanktionen. Zudem sollte das Gesetz eine Regelung enthalten, nach der „zukünftig widerlegbar vermutet wird, dass bei Straftaten, pflichtwidrigem Verhalten oder schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten aus Unternehmen heraus ein dortiges Organisationsverschulden vorliegt“.

Anfang Dezember 2017 legte nun die Forschungsgruppe Verbandsstrafrecht den „Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetz“ vor.

Der Entwurf regelt die Sanktionierung von Verbänden in Bezug auf verbandsbezogene Straftaten (§ 3 VerbSG-E) und die damit einhergehenden Verfahrensfragen. Dazu führte die Forschungsgruppe unter anderem umfangreiche Recherchen über die Rechtslage in den USA und in Österreich durch, wo bereits mit einem Verbandsstrafrecht gearbeitet wird.

Als Sanktion ist vorrangig eine umsatzgekoppelte Geldsanktion (§ 4 VerbSG-E) ohne starre Obergrenze vorgesehen, die eine teilweise Aussetzung der Verbandsstrafe zur Bewährung ermöglicht (§ 5 VerbSG-E). Es besteht die Möglichkeit, einen Teil der Sanktion zu erlassen, soweit der Verband den durch die Verfehlung entstandenen Schaden kompensiert und geeignete Maßnahmen ergreift, um dies künftig zu verhindern. Dabei können die Maßnahmen technischer, organisatorischer oder personeller Art sein. So soll für die Verbände ein Anreiz geschaffen werden, die internen Strukturen und die Compliance langfristig zu verbessern.

Prozessual werden die vorgeschlagenen Regelungen vorrangig durch eine Einführung der Ermittlungspflicht für Strafverfolgungsbehörden (§§ 152, 160 StPO) flankiert (§ 13 VerbSG-E). Es soll zwischen der Ermittlungs- und der Anklagepflicht differenziert werden. Besteht ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer Verbandsverfehlung, so soll die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen verpflichtet sein. Dabei stehen ihr die in der StPO vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung, soweit sie in einem Strafverfahren wegen der verbandsbezogenen Zuwiderhandlung gegen eine natürliche Person zulässig wäre (§ 20 VerbSG-E). Besteht nach den Ermittlungen ein hinreichender Tatverdacht, liegt es im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt oder von einer Verfahrenseinstellung unter Auflage (§ 14 VerbSG-E) Gebrauch macht.

Am 27. Februar 2019 brachte die Fraktion Die Linke einen Antrag zur Schaffung eines Unternehmensstrafrechts in den Bundestag ein (BT Drs. 19/7983). Zahlreiche Skandale deutscher Unternehmen seien nicht hinreichend strafrechtlich aufgeklärt worden, weil es an einem Gesetz zur strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen fehle. Damit nehme Deutschland eine Sonderrolle ein, während bereits in 21 von 28 EU-Mitgliedsstaaten ein Unternehmensstrafrecht existiere. Auch um unmenschlichen Arbeitsbedingungen begegnen zu können, fordere das European Center for Constitutional and Human Rights schon seit langem die Schaffung eines Regelwerkes. 

Ebenso habe sich der Deutsche Richterbund und der Bund Deutscher Kriminalbeamter wiederholt die Einführung eines Unternehmensstrafrechtes ausgesprochen. Im Jahr 2013 hat Nordrhein-Westfalen bereits einen Entwurf in den Bundesrat eingebracht, 2017 wurde der Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes vorgelegt.

Der Bundestag wird daher in dem Antrag aufgefordert, 

„1. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der

a)  die Einführung eines Regelwerkes zur strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen und daneben die Anpassung des Strafprozessrechts zur Ahndung von Unternehmensstraftaten vorsieht,

b)  eine Unternehmensstrafe dann vorsieht, wenn ein Entscheidungsträger oder eine Entscheidungsträgerin (ob Einzelperson oder ein Kollektivorgan wie der Vorstand) in Wahrnehmung der Angelegenheiten seines Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig eine unternehmensbezogene Zuwiderhandlung gegen ein Strafgesetz vorgenommen hat,

c)  die Staatsanwaltschaften ermächtigt und verpflichtet, Ermittlungen auch dann vorzunehmen, wenn Verfehlungen von deutschen Unternehmen oder Tochterunternehmen ausschließlich im Ausland begangen wurden,

d)  darüber hinaus folgende Rechtsfolgen ermöglicht:

aa) Gewinn- und Vermögensabschöpfung,

bb) Geldsanktionen, welche sich an der Wirtschaftskraft des Unternehmens und dem begangenen Unrecht orientieren,

cc) Unternehmen von öffentlichen Aufträgen und dem Erhalt von öffentlichen Geldern nach der Begehung von Straftaten ausschließt,

dd) die auf bestimmte Bereiche bezogene Betriebseinschränkungen vorsieht bzw. die Entziehung von Konzessionen oder Lizenzen,

ee) als letztes Mittel die vollständige Betriebsschließung und Auflösung des Unternehmens,

2. mit den Bundesländern Gespräche über die Einrichtung von angemessen ausgestatteten Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Gerichten für den Bereich des Unternehmensstrafrechtsrechts zu führen und gemeinsam hierzu Konzepte zu entwickeln.“

Der Antrag der Fraktion Die Linke (BT Drs. 19/7983) stand am späten Abend des 11. April 2019 auf der Tagesordnung des Bundestages. Im Anschluss an die Debatte wurde er zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. 

Am 22. April 2020 veröffentlichte das BMJV den Referentenentwurf zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft. Bislang können Straftaten, die aus Verbänden heraus begangen werden, nur mit einer Geldbuße nach dem OWiG sanktioniert werden. Die Höchstgrenze der Verbandsgeldbuße, mit 10 Mio. Euro, benachteiligt kleine und mittelständische Unternehmen und trifft multinationale Konzerne nur gering. Nachvollziehbare Zumessungsregelungen fehlen. Auch die Verfolgung der Unternehmenskriminalität, die im Ermessen der zuständigen Behörden liegt, führte zu einer uneinheitlichen Behandlung. Der Referentenentwurf sieht daher vor, die Sanktionierung von Verbänden mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb auf eine eigene gesetzliche Grundlage zu stellen. Damit wäre sie dem Legalitätsprinzip unterworfen und ermöglicht eine einheitliche und angemessene Ahndung. 

Der Entwurf beinhaltet im Kern die Einführung eines Gesetzes zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG), ein  flexibles Sanktionsinstrumentarium mit verbandsspezifischen Zumessungskriterien und Verbandssanktionenregister. Daneben ordnet es das bislang im Ordnungswidrigkeitenrecht geregelte Verbandsverfahren neu und gewährleistet mit verbandsspezifischen Einstellungsregelungen eine Verfolgungsflexibilität, die sich in der Praxis als erforderlich herausgestellt hat. Compliance Maßnahmen und die Unterstützung des Verfahrens mit internen Untersuchungen können mit Sanktionsmilderungen berücksichtigt werden. 

Als mögliche Alternative zum Verbandssanktionengesetz nennt der Referentenentwurf die Einführung eines Unternehmensstrafrechts, was allerdings nach derzeitiger Einschätzung nicht zwingend geboten erscheine. Dies soll mit einer Evaluierung nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten überprüft werden. 

Am 16. Juni 2020 beschloss das Bundeskabinett, den Entwurf des Justizministeriums in den Bundestag einzubringen.

Am 18. September 2020 beschäftigte sich nun der Bundesrat erstmalig mit dem Entwurf. Der federführende Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat zuvor, den Regierungsentwurf abzulehnen (BR Drs. 440/1/20). Diese Entscheidung fand jedoch keine Mehrheit im Plenum. Stattdessen äußerte der Bundesrat entsprechend der alternativen Vorschläge des Rechts- und Wirtschaftsausschusses einige Änderungsvorschläge. U.a. sollen die vorgesehenen Verbandsverantwortlichkeiten und Sanktionen für kleinere und mittlere Unternehmen auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden und der verfahrensrechtliche Teil des Entwurfs überarbeitet werden, um einer drohenden Überlastung der Justiz vorzubeugen. 

Am 23. Oktober 2020 brachte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf (BT Drs. 19/23568) in den Bundestag ein. 

Am 9. Juni 2021 erklärte Jan-Marco Luczak (Unionsfraktion) den Gesetzentwurf aufgrund zu großer Differenzen zwischen den Regierungsfraktionen für gescheitert.

Auch der Antrag der Fraktion Die Linke (BT Drs. 19/7983) „Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht“ wurde am 24. Juni 2021 ohne weitere Aussprache abgelehnt. 

 

 

Regelung zur Vermeidung paralleler Strafverfolgung in der Europäischen Union

Gesetzesinitiative:

Anlage:

 

Durch die transnationale Kooperation europäischer Staaten im Bereich der Kriminaljustizsysteme kann die Verfolgung und Bestrafung einer Straftat unter die Strafgewalt von mehr als einer einzigen Instanz fallen. Das kann einerseits zu Kompetenzkonflikten zwischen den verschiedenen Zuständigkeitsprätendenten führen, andererseits sieht sich der Tatverdächtige der Gefahr gegenübersieht, mehrfach strafrechtlich zur Verantwortung gezogen zu werden.

Das nationale Recht sieht Regelungen zur Vermeidung paralleler Strafverfolgung vor, während die Rechtslage im europäischen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts verbesserungsbedürftig sei, so mahnt es die BRAK in der Stellungnahme an und stellt gleichzeitig Eckpunkte zur Vermiedung der Problematik auf.

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