Anette Grünewald: Reform der Tötungsdelikte. Plädoyer für ein Privilegierungskonzept

von Prof. Dr. Gunnar Duttge

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2016, Mohr Siebeck, Tübingen, ISBN: 978-3-16-154443-9, S. 80, Euro 14,00.

Dass die Tötungsdelikte dringend reformbedürftig sind, zählt unter den Kennern der Materie mittlerweile zum selbstverständlichen Gemeingut. In einem nahezu 1.000 Seiten umfassenden Abschlussbericht hat eine eigens hierfür eingesetzte „Expertenkommission“ zuletzt im Wege einer ungemeinen Fleißarbeit nochmals die vielfältigen Facetten und Lösungsoptionen zusammengetragen und zum Teil mit eigenen, neuen Detailvorschlägen angereichert. Der vorherrschende Eindruck dieses Berichts ist freilich: Es gibt je nach Betonung rechtspraktischer Bedürfnisse oder strafrechtsdogmatischer Kohärenzen und je nach zugrunde gelegten Prämissen insgesamt ein vielstimmiges, dissonantes Orchester schon zur Reichweite des Reformbedarfs, nicht minder aber zu den dabei begegnenden Grundfragen: zur legitimierenden Berechtigung für die Annahme einer den Grundtypus der vorsätzlichen Fremdtötung überschreitenden Unrechtssteigerung („Qualifikationsmodell“), zu den (strengeren oder milderen) Anforderungen des Gesetzlichkeitsprinzips hinsichtlich der Unrechtsvoraussetzungen („Regelbeispielsmodell“) wie der Rechtsfolgen sowie zu letzterem insbesondere die hinsichtlich der Angemessenheit der (scheinbar, vgl. § 57a StGB) absoluten Strafdrohung. Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, wenn ein gar nicht ex officio veröffentlichter Referentenentwurf des Bundesjustiz- und Verbraucherschutzministeriums wesentliche Reformanliegen – leider – von vornherein nicht aufgreift (dazu näher Duttge, KriPoZ 2/2016, S. 92 ff.). Und selbst der Erfolg dieses bescheidenen „Reform“versuchs steht inzwischen in den Sternen.      

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Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen

Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen vom 30. Oktober 2017: BGBl I 2017 Nr. 71, S. 3618 ff.

 

Gesetzentwürfe:

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/12940
Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 163/1/17

Stellungnahme des Bundesrates: BR Drs. 163/17 (B)

Gesetzesbeschluss des Bundestages: BR Drs. 608/17

 

Aktuell stellt § 203 StGB den Schutz von Geheimnissen, die Angehörigen bestimmter Berufsgruppen im Rahmen ihrer Tätigkeit anvertraut wurden, vor unbefugter Offenbarung sicher.

Erhöhtes Arbeitsaufkommen machte es in den letzten Jahren erforderlich, in weiterem Umfang als bisher, anfallende Unterstützungstätigkeiten nicht nur durch eigenes Personal zu erledigen. Es wurde vermehrt auch auf darauf spezialisierte Unternehmen oder selbstständig tätige Personen zurückgegriffen, insbesondere z.B. für die Anpassung und Wartung informationstechnischer Anlagen. Diese Vorgehensweise ist für Berufsgeheimnisträger nicht ohne rechtliches Risiko.

Der Gesetzentwurf sieht daher eine Einschränkung der Strafbarkeit nach § 203 StGB für den Berufsgeheimnisträger und eine Einbeziehung mitwirkender Personen vor. Des Weiteren sollen strafbewehrte Sorgfaltspflichten normiert werden, die bei der Einbeziehung dritter Personen in die Berufsausübung zu beachten sind.

Im Bereich der rechtsberatenden Berufe soll normiert werden, unter welchen Voraussetzungen eine Dienstleistung auslagert werden darf, wenn der Dienstleister dadurch Kenntnis von geheimen Daten erhält. Dazu sollen auch bestimmte Pflichten in die Bundesrechtsanwaltsordnung, die Bundesnotarordnung und in die Patentanwaltsordnung aufgenommen werden, die im Hinblick auf die Wahrung der Verschwiegenheit entstehen.

In der Nacht zum 28. April 2017 debattierte der Bundestag erstmals über den Regierungsentwurf. Dieser wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen.

Dort fand am 15. Mai 2017 eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und ihre Stellungnahmen finden Sie hier. Die Experten begrüßten die Neuregelungen zum Schutz von Berufsgeheimnissen. Gerade aus der Sicht der Anwaltschaft sei der Gesetzentwurf „längst überfällig“ und entspringe „zwingenden sachlichen Bedürfnissen“. Die IT-Infrastruktur sei so komplex geworden, dass sie ohne externe Dienstleister nicht zu bewältigen sei. Durch die Einführung der elektronischen Gerichtsakte seien Rechtsanwälte schließlich sogar verpflichtet eine EDV zu führen. Die Sachverständigen warnten jedoch vor der praktischen Umsetzung des Gesetzentwurfs. Es sei für den Berufsgeheimnisträger nicht leicht zu beurteilen, ob die Daten bei dem beauftragten Dienstleister auch wirklich sicher seien. Dieser könnte seinerseits weitere Dienstleister einsetzen. Durch solche „Auftragsketten“ sei der Kreis der Mitwirkenden unüberschaubar. Daher machten die Sachverständigen den Vorschlag, in den Gesetzentwurf aufzunehmen, dass nur zertifizierte Dienstleister eingesetzt werden dürfen. Unter Umständen müsste ganz auf Cloud-Dienste verzichtet werden. Um Dienstleister aus dem Ausland für die Arbeitsbewältigung überhaupt in Betracht ziehen zu können, schlugen die Experten eine Positiv-Liste der Länder vor, in denen dieselben Datenschutz-Standards wie in Deutschland gelten. Eine solche Liste könnte vom BMJV oder vom BSI erstellt werden.
Überwiegend auf Zustimmung stieß die geplante Strafdrohung für Berufsgeheimnisträger, die ihre Dienstleister nicht zur Verschwiegenheit verpflichten. Allerdings sei nicht ganz klar, welcher Personenkreis von dem Gesetz erfasst sei. Dazu seien die Formulierungen im Gesetz noch zu „unscharf“. Des Weiteren verwende der Gesetzentwurf in den das Berufsrecht und das Strafrecht betreffenden Teilen unterschiedliche Begriffe für die Personengruppen. Die Experten sprachen sich dafür aus, dass hier eine einheitliche Terminologie verwendet werden sollte.

Am 29. Juni 2017 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 18/12940) angenommen. Die Koalitionsfraktionen und die Fraktion Die Linke stimmten für den Entwurf, während sich die Grünen ihrer Stimme enthielten. 

Am 22. September 2017 hat der Bundesrat in seiner Plenarsitzung das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen gebilligt. Alle Personen, die an der Berufsausübung des Geheimnisträgers mitwirken, können sich künftig strafbar machen, wenn sie die vertraulichen Informationen offenbaren.

Das Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen wurde am 8. November 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Art. 5 Nr. 4 tritt am 1. Juli 2018 und Art. 4 Nr. 1 tritt am 1. Januar 2022 in Kraft.

 

Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen

Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22. Dezember 2016: BGBl I 2016 Nr. 65, S. 3152 ff.

 

Gesetzentwürfe:

  • Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12. August 2016: BR Drs. 407/16
  • Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 05. September 2016: BT Drs. 18/9535

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses: BT Drs. 18/10667

 

Steuerbetrug durch manipulierte Ladenkassen soll zukünftig wirksamer bekämpft werden.
Der Gesetzentwurf sieht die Umstellung von Registrierkassen auf ein System vor, das fälschungssicher sein soll. Das bedeutet für die Unternehmer die elektronische Kassensysteme nutzen, dass sie bis 2020 ihre Systeme umrüsten und eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung nutzen müssen, die eine Löschung von Umsätzen unmöglich macht. Die technischen Anforderungen an diese Sicherheitseinrichtung werden von dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik vorgegeben und zertifiziert. Des Weiteren trifft den Nutzer die Pflicht zur Ausgabe von Quittungen an die Kunden. Es besteht jedoch die Möglichkeit, sich von der Belegausgabepflicht befreien zu lassen.

Ab 2018 soll auch die Möglichkeit der sog. Kassen-Nachschau – einer unangemeldeten Kassenkontrolle durch die Steuerbehörden – eingeführt werden. Diese soll eine zeitnahe Aufklärung von Steuerbetrug ermöglichen.

Der Bundesrat stimmte dem Gesetzentwurf zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen in seiner Sitzung am 16. Dezember 2016 zu. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterschrift zugeleitet. Es ist am 23. Dezember 2016 in Kraft getreten.

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (DSAnpUG-EU)

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen:

 

zum Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern vom 23. November 2016

zum Gesetzentwurf der Bundesregierung BT Drs. 18/11325:

Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (DSAnpUG-EU)

Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU) vom 30. Juni 2017: BGBl I 2017 Nr. 44, S. 2097 ff.

 

Gesetzentwürfe:

Antrag der Linksfraktion „Datenschutzrechte stärken“: BT Drs. 18/11401

Stellungnahme des Bundesrates und Gegenäußerung der Bundesregierung: BT Drs. 18/11655

Beschlussempfehlung des Innenausschusses: BT Drs. 18/12084

Bericht des Innenausschusses: BT Drs. 18/12144

Gesetzesbeschluss des Bundestages: BR Drs. 332/17

Beschluss des Bundesrates: BR Drs. 332/17 (B)

 

Am 27. April 2016 wurde die EU-Datenschutz-Grundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679) und EU-Datenschutz-Richtlinie im Bereich Polizei und Justiz (Richtlinie (EU) 2016/680) verabschiedet. Daraus resultiert die Pflicht einer Anpassung des deutschen Datenschutzrechts auf Bundes- und Länderebene bis Mai 2018. 

Am 1. Februar 2017 hat die Bundesregierung den vom Bundesministerium des Innern vorgelegten Referentenentwurf zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 beschlossen. Hierdurch werden Teile der verabschiedeten EU-Datenschutz-Richtlinie Polizei und Justiz umgesetzt.

Es geht im Kern um die Neukonzeption des Bundesdatenschutzgesetzes sowie um Änderungen des Bundesverfassungsschutzgesetzes, des MAD-Gesetzes, des BND-Gesetzes, des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes und des Artikel-10-Gesetzes.

Am 9. März hat der Bundestag erstmals über den Regierungsentwurf debattiert und ihn zusammen mit dem Antrag der Linksfraktion „Rechte der Bürgerinnen und Bürger im Datenschutz stärken“ (BT Drs. 18/11401) zur federführenden Beratung an den Innenausschuss überwiesen.

Am 27. März fand im Innenausschuss eine Anhörung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung statt. Die Stellungnahmen der dort angehörten Sachverständigen können Sie hier abrufen. Die geplante Datenschutznovelle unterlag der Kritik einiger Sachverständigen. Als wesentliche Kritikpunkte wurden seitens der Bundesbeauftragen für Datenschutz und Informationsfreiheit die Einschränkung der Betroffenenrechte, die Regelung der Vertretung deutscher Datenschutzbelange auf europäischer Ebene und die geplante Beschneidung der Kompetenzen der Datenschutzbeauftragten gegenüber dem BND benannt. Darüber hinaus wird Kritik an der Ausweitung des Einflusses der Länder geübt. Zudem wurde an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts erinnert und darauf hingewiesen, dass es im Datenschutz keine Räume geben dürfe, die von einer Kontrolle ausgenommen sind. Gleichzeitig wurde aber auf den Mehrwert der europaweiten Harmonisierung des Datenschutzes hingewiesen.
 
Am 27. April 2017 hat der Bundestag den Gesetzentwurf auf Empfehlung des Innenausschusses und gegen das Votum der Opposition angenommen. Hauptkritikpunkt der Opposition war der Datenschutz. Der Gesetzentwurf stelle eine verfassungswidrige Erweiterung der Videoüberwachung dar und schränke die Rechte der betroffenen Bürger ein. Ferner seien die Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen den Datenschutz nicht ausreichend. Die Fraktion CDU/CSU begrüßte den Gesetzentwurf und bezeichnete ihn als einen Meilenstein. Mit dem DSAnpUG-EU werde der Datenschutz nicht abgesenkt, sondern erhöht. Eine Harmonisierung des Datenschutzrechts sei in deutschem Interesse. Nach intensiven Diskussionen seien viele Änderungen in den ersten Gesetzentwurf eingeflossen. Insbesondere die Informationspflichten seien entgegen des Kabinettentwurfs und zugunsten der Bürger  eingeflossen. Der Bürger muss nun informiert werden, wenn seine Daten für andere Zwecke als vereinbart genutzt werden sollen.
 
Am 12. Mai 2017 hat der Bundesrat, nachdem er in seiner Sitzung am 10. März 2017 zum Regierungsentwurf umfangreich Stellung genommen hatte (BT Drs. 18/11655), den Gesetzentwurf gebilligt. Eine Vielzahl der in der Stellungnahme gewünschten Änderungen wurden vom Bundestag bereits aufgegriffen. Der Ständige Beirat hatte zuvor der Beratung des Gesetzes unter Verkürzung der Drei-Wochen-Frist nach Art. 77 Abs. 2 S. 1 des GG zugestimmt.
 
 
Das Gesetz zur Anpassung des Datenschutzrechts an die Verordnung (EU) 2016/679 und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 (Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU) wurde am 5. Juli 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet. Vorbehaltlich des Absatzes 2 tritt es am 25. Mai 2018 in Kraft. Artikel 7 tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
 
 

Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft

Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft und zur Änderung weiterer Vorschriften: BGBl I 2020, S. 1648 ff. 

 

Gesetzentwürfe: 

 

Vorschlag der Europäischen Kommission vom 17. Juli 2013: COM(2013) 534 final – 2013/0255

konsolidierte Fassung vom 2. Dezember 2016: Ratsdok. 15200/16

Erklärung Frankreichs und Deutschlands zur Europäischen Staatsanwaltschaft

Verordnung (EU) 2017/1939 DES RATES vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA): ABl EU L 283/1

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Europäischen Rat: Ein Europa, das schützt – eine Initiative zur Ausweitung der Zuständigkeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft auf grenzüberschreitende terroristische Straftaten: BR Drs 444/18

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 444/1/18

 

Im Juli 2013 hat die Europäische Kommission einen Verordnungsentwurf für die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft vorgelegt. Die Kommission schätzte damals den jährlichen Schaden durch vorgenommener Betrugstaten zum Nachteil der EU – verteilt auf alle 28 Mitgliedstaaten – auf über 500 Millionen Euro. Um einer unzureichenden Verfolgung in den Mitgliedstaaten vorzubeugen, soll nach dem Vorschlag der Kommission eine hierarchisch organisierte Europäische Staatsanwaltschaft errichtet werden, die ausschließlich Straftaten zu Lasten des EU-Haushalts verfolgt.

Der Rat für Justiz und Inneres, dem die Justiz- und Innenminister aller EU-Mitgliedstaaten angehören, hat sich am 8. Dezember 2016 mit dem Verordnungsentwurf befasst. Eine große Mehrheit der Minister sprach sich für die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft aus, eine Einigung auf den Verordnungstext konnte bislang jedoch noch nicht erzielt werden. Gemäß Artikel 86 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) wäre jedoch die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft auch ohne einstimmiges Votum möglich.

Bundesjustizminister Heiko Maas und der Justizminister Frankreichs, Jean-Jacques Urvoas, unterzeichneten am 8. Dezember 2016 eine gemeinsame Erklärung zur Europäischen Staatsanwaltschaft. In ihr riefen sie die Mitgliedstaaten dazu auf, eine Europäische Staatsanwaltschaft schnell zu errichten.

Am 31. Oktober 2017 wurde im Amtsblatt der Europäischen Union die Verordnung 2017/1939 des Rates zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft veröffentlicht. Sie tritt am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Am 8. Oktober 2019 veröffentlichte das BMJV einen Referentenentwurf zur Durchführung der Verordnung (EU) 2017/1939. Vorgesehen sind neben einem Stammgesetz (Europäische-Staatsanwaltschaft-Gesetz – EUStAG) auch Neuregelungen im GVG und der StPO. Dieser wurde am 22. Januar 2020 vom Kabinett beschlossen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Die Europäische Staatsanwaltschaft ist ein großer Schritt zur effektiveren Bekämpfung von grenzüberschreitender Wirtschaftskriminalität und ein klares Signal gegen den Missbrauch von EU-Geldern. Wir schaffen eine gemeinsame Strafverfolgungsbehörde der EU, die schnell und effektiv über Ländergrenzen hinweg ermitteln kann. Das Know-How der Ermittler aus 22 Mitgliedstaaten führen wir zusammen. Allein durch Mehrwertsteuerbetrug entgehen den EU-Staaten jedes Jahr Milliardenbeträge. Auch durch Betrug mit EU-Finanzmitteln und Korruptionsdelikte entsteht der EU großer finanzieller Schaden. Diese Delikte können in Zukunft sehr viel konsequenter verfolgt werden.“ Die Europäische Staatsanwaltschaft soll ab Ende 2020 ihren Dienst aufnehmen. Die frühere Leiterin der Antikorruptionsbehörde in Rumänien, Laura Codrusta Kövesi, soll als erste Europäische Generalstaatsanwältin die Leitung übernehmen. 

Der Regierungsentwurf zur Durchführung der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft und zur Änderung weiterer Vorschriften (BR Drs. 47/20) stand am 13. März 2020 auf der Tagesordnung des Bundesrates, der dem Entwurf zustimmte. Am 28. Mai 2020 wurde der Entwurf in zweiter und dritter Lesung auch vom Bundestag bestätigt. 

Am 3. Juli 2020 beschloss der Bundesrat, auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses zu verzichten und billigte somit das Gesetz. Es wurde am 16. Juli 2020 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl I 2020, S. 1648 ff. ) und trat einen Tag später in Kraft. 

 

 

 

Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes – Aufnahme einer gegenüber dem Gemeinwohl feindlichen oder gleichgültigen Haltung als besonderer Umstand der Strafzumessung

Das Gesetzgebungsverfahren zur Aufnahme einer gegenüber dem Gemeinwohl feindlichen oder gleichgültigen Haltung als besonderer Umstand der Strafzumessung wurde bis zum Ende der 18. Wahlperiode nicht weiterverfolgt. Ggf. wird es in der neuen Legislaturperiode wieder aufgegriffen.

Gesetzentwürfe:

Wohnungseinbruchdiebstahl

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen:

20. Wahlperiode:

Öffentliche Anhörung im Rechtsausschuss am 18. März 2024: 

Zum Gesetzentwurf der Fraktion CDU/CSU: BT-Drs. 20/9720

 


18. Wahlperiode: 

zum Regierungsentwurf vom 10. Mai 2017

zum Referentenentwurf des BMJV

Sachverständige im Rahmen der öffentlichen Anhörung im Rechtsausschuss am 21. Juni 2017:

Initiativen auf Landesebene:

  • Nordrhein-Westfalen:

öffentliche Anhörung des Innenausschusses vom 26.10.2016:

Stellungnahme des LKA NRW
Stellungnahme der GdP NRW
Stellungnahme des LKA BY
Stellungnahme der DPolG Landesverband NRW
Stellungnahme des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen e.V.
Stellungnahme des BDK Landesverband NRW
Stellungnahme von Dr. iur. Frank Kawelovski

  • Niedersachsen:

öffentliche Anhörung vor dem Innenausschuss vom 25. August 2016

Stellungnahme der DPolG Niedersachsen

 

 

Gesetz zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls

Gesetzentwürfe: 
 

Am 13. Dezember 2023 hat die Fraktion CDU/CSU einen Gesetzentwurf zur Bekämpfung des Wohnungseinbruchdiebstahls auf den Weg gebracht. Hintergrund ist die mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens 2019 (nähere Informationen dazu finden Sie hier) eingeführte befristete Möglichkeit zur Telekommunikationsüberwachung (§100a Abs. 2 Nr. 1j StPO). Diese soll nun über den 11. Dezember 2024 hinaus fortbestehen. Laut Entwurf seien zwar die registrierten Fälle der PKS zwischen 2019 und 2021 zurückgegangen, im Jahr 2022 aber wieder angestiegen, während flankierend die Aufklärungsquote sank. Die Aufklärung von Straftaten, die Ermittlung des Täters, die Feststellung seiner Schuld und seine Bestrafung sowie der Freispruch der Unschuldigen seien die wesentlichen Aufgaben der Strafrechtspflege. Zur Umsetzung der Aufgaben bedürfe es Verfahrensvorschriften, „welche die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege sicherstellen“. 

Am 18. März 2024 fand im Rechtsausschuss eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Vertreter der Strafverfolgungsbehörden äußerten sich überwiegend positiv hinsichtlich einer Entfristung der Telekommunikationsüberwachung beim Wohnungseinbruchdiebstahl über den 11. Dezember 2024 hinaus. Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Strafverfahrens waren die Befugnisse der Ermittlungsbehörden diesbezüglich zeitlich begrenzt erweitert worden. OStA Peter Holzwarth betonte, dass die TKÜ in geeigneten Fällen die Aufklärungsquote erheblich verbessere und von ihr in der Praxis aus Verhältnismäßigkeitsgründen sparsam Gebrauch gemacht werde. Dem stimmte OStA Lars Mahnke vom Deutschen Richterbund zu und sprach sich für eine Entfristung der Regelung oder zumindest für ihre Verlängerung aus. Zuspruch fand eine Entfristung auch bei den Vertretern der polizeilichen Praxis. Dirk Peglow vom Bund Deutscher Kriminalbeamter berichtete, dass dort die TKÜ bei der Aufklärung unbekannter Mittäter:innen oder Täter:innen beitrage und wichtige Informationen zu begangenen oder geplanten Straftaten sowie zu Beuteabsatz, Hehlern oder der Anmietung zu Tatfahrzeugen gebe. OStA Thorsten Thamm von der Staatsanwaltschaft Memmingen und Alexander Poitz von der GdP sahen dies ähnlich. Die Chance zur Aufklärung von Täterstrukturen entfalle, wenn die Möglichkeit zur TKÜ nicht mehr gegeben sei, äußerte Poitz. Eine weitere Befristung der Regelung hielt er für nicht zielführend und sprach sich ausdrücklich für eine Entfristung aus. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Prof. Ulrich Kelber äußerte sich hinsichtlich einer Entfristung der geschaffenen Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung hingegen kritisch. Er gab zu bedenken, dass die TKÜ einen erheblichen Eingriff in das Grundrecht des Fernmeldegeheimnisses (Art. 10 GG) darstelle und überhaupt nur in sehr wenigen Fallkonstellationen erfolgversprechend sei. Da eine konkrete Beurteilung der Effizienz aufgrund mangelnder repräsentativer Zahlen über die Deliktshäufigkeit und die Aufklärungsquote der letzten Jahre nicht möglich sei, sei eine Entfristung verfrüht. Stattdessen schlug er eine repräsentative Evaluierung und eine weitere Verlängerung der Regelung um zunächst weitere fünf Jahre vor. Auch Prof. Dr. Gina Rosa Wollingervon der HSPV NRW sah die Aussagekraft der Aufklärungsquote kritisch. Für eine Umsetzung des Gesetzentwurfs hätten sich seit 2019 nicht genügend Änderungen gezeigt und auch der geringe Einsatz der Maßnahme spreche nicht dafür. Dennoch überwog für sie das Argument, dass beim Wohnungseinbruchdiebstahl der Ermittlungsansatz meist nicht ausreiche und es insofern berechtigt sei, dem Gesetzentwurf zuzustimmen. Prof. Dr. Björn Gercke von der BRAK und Gül Pinar vom DAV lehnten den Gesetzentwurf gänzlich ab. Die Evaluierung des BMJ lasse keine Bedeutung der TKÜ in der Praxis erkennen. Der Entwurf setze eine Trendserie zur Ausweitung strafprozessualer Befugnisnormen fort, so Gercke.

Der Gesetzentwurf wurde am 11. April 2024 in zweiter und dritter Lesung beraten und fand im Bundestag keine Mehrheit. Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP stimmten gegen den Entwurf, die AfD enthielt sich bei der Abstimmung. Der Rechtsausschuss hatte zuvor eine Beschlussempfehlung (20/10794) vorgelegt.

Am 21. August 2024 hat das Bundesministerium der Justiz einen erneuten Vorstoß gewagt und eine Formulierungshilfe für einen Änderungsvorschlag des Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens vom 10. Dezember 2019 (BGBl I S. 2121) vorgestellt, ebenfalls mit dem Ziel, die Änderung in § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j StPO nunmehr bis zum 1. Januar 2030 zu erhalten. Als Grund wird eine nur beschränkte Evaluationsmöglichkeit während der Covid-19-Pandemie angeführt. Insbesondere in den Jahren 2020 und 2021 sei vermehrt im Homeoffice gearbeitet worden, ein Umstand, der wahrscheinlich Einfluss auf den Rückgang von Wohnungseinbruchsdiebstählen habe. Diese Erkenntnis gelte auch für die zunehmenden Grenzkontrollen. Insgesamt könnten demnach keine repräsentativen Daten zur Verfügung gestellt werden. Dem ursprünglichen Anliegen des Gesetzgebers, die Effizienz der Regelung hinreichend beurteilen zu können, konnte insoweit nicht nachgekommen werden. Zum Ende der (erneuten) Verlängerung soll nunmehr eine stichhaltige Evaluierung stattfinden, die tatsächlich eine hinreichende Bewertung der Effizienz und Effektivität der Maßnahmen nach § 100a Abs. 2 Nr. 1 Buchst. j StPO ermöglicht.

 


 
18. Legislaturperiode: 
 
Fünfundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Wohnungseinbruchdiebstahl vom 17. Juli 2017: BGBl I 2017 Nr. 48, S. 2442

 

Gesetzentwürfe:

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 380/1/17

Stellungname des Bundesrates: 380/17 (B)

Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/12933
Bericht des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/12995

Initiativen auf Landesebene:

  • Nordrhein-Westfalen

Antrag der Fraktion der CDU im Landtag Nordrhein-Westfalen: LT Drs. 16/12344

 

Der Wohnungseinbruchdiebstahl hat neben dem finanziellen Aspekt oft auch gravierende psychische Folgen für die Geschädigten. Sie fühlen sich nicht mehr sicher, schließlich wurde schwerwiegend in ihren persönlichen Lebensbereich eingegriffen. Immer wieder wurden Stimmen laut, dass der Strafrahmen im Falle des Einbruchdiebstahls in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung, der Schwere des Eingriffs nicht gerecht werde. Ebenso sei die Möglichkeit der Strafmilderung, die § 244 Abs. 3 des StGB eröffnet, nicht sachgerecht.

Bislang sieht § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB für den Wohnungseinbruchdiebstahl eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Einbruchdiebstahl in eine dauerhaft genutzte Privatwohnung gesondert und mit verschärftem Strafrahmen von einem Jahr bis zu zehn Jahren unter Strafe zu stellen und den minder schweren Fall für den Wohnungseinbruchdiebstahl entfallen zu lassen. Geschütztes Tatobjekt in diesem Sinne sollen sowohl private Wohnungen oder Einfamilienhäuser und die dazu gehörenden, von ihnen nicht getrennten weiteren Wohnbereiche wie Nebenräume, Keller, Treppen, Wasch- und Trockenräume sowie Zweitwohnungen von Berufspendlern sein. Andere Räumlichkeiten, die keine dauerhaft genutzte Privatwohnung darstellen und Menschen nicht nur vorübergehend zur Unterkunft dienen, fallen unter den Begriff der Wohnung im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Zur Umsetzung sieht der Entwurf vor, den Einbruchdiebstahl als neuen Abs. 4 in den § 244 StGB mit einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, einzufügen. Damit soll der Wohnungseinbruchdiebstahl künftig ein Verbrechen darstellen (§ 12 Abs. 1 StGB). Dies ist insbesondere für die Ermittlungstätigkeit von Bedeutung. Hier kann eine Funkzellenabfrage, bei der alle zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Funkzelle angefallenen Verkehrsdaten erhoben werden (§ 100 g Abs. 3 StPO), nützlich sein. Da bei einer solchen Maßnahme immer eine Vielzahl Unbeteiligter betroffen ist, darf sie nur unter den strengen Voraussetzungen des § 96 Abs. 1 TKG erfolgen. Voraussetzung ist, dass bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass jemand als Täter oder Teilnehmer eine Straftat von auch im Einzelfall erheblicher Bedeutung begangen, versucht oder vorbereitet hat und die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsorts des Beschuldigten auf andere Weise aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Des Weiteren muss die Erhebung der Daten in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache stehen. Mit der Heraufstufung des Wohnungseinbruchdiebstahls zum Verbrechen, macht der Gesetzgeber deutlich, dass Straftaten dieser Art grundsätzlich als schwer zu beurteilen sind. Dass der Wohnungseinbruchdiebstahl nicht im Katalog von § 100a Absatz 2 StPO genannt ist, sei nicht von Bedeutung, denn dieser diene lediglich als Orientierungshilfe für die in § 100g Abs. 1 S. 1 Nr. 1 sowie Abs. 3 StPO geregelte Funkzellenabfrage.

Die Strafzumessungsregelung des minder schweren Falles in § 244 Abs. 3 des StGB soll nur noch für den Diebstahl mit Waffen, den Bandendiebstahl und den Wohnungseinbruchdiebstahl (§ 244 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 StGB) angewendet werden. Der Strafrahmen des § 244 Abs. 4 StGB ermögliche auch ohne die Normierung eines minder schweren Falls eine tat- und schuldangemessene Bestrafung bei Fällen mit geringem Schuldgehalt.

Zur Strafrechtsverschärfung bei Wohnungseinbruchdiebstahl siehe auch Mitsch, KriPoZ 2017, 21 ff.

Am 10. Mai 2017 hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Der Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD (BT Drs. 18/12359) wurde am 17. Mai 2017 in den Bundestag eingebracht.

Am 19. Mai 2017 debattierte der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD. Er wurde im Anschluss zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss  überwiesen.
Die Fraktion die Linke warf der Bundesregierung „Law-and-Order“ Methoden vor. Die Strafverschärfung sei nicht notwendig und einzig für die Wähler geschaffen worden. Einbrecher ließen sich nicht mit einer Strafverschärfung abschrecken. Angesetzt werden müsse an der Aufklärungsquote. Dafür seien aufwendige Ermittlungen notwendig. Hier habe der Personalabbau bei der Polizei „negative Spuren“ hinterlassen. Die Grünen sprachen sich gegen eine Erweiterung der Vorratsdatenspeicherung auf den Wohnungseinbruchdiebstahl aus. Wichtiger sei es, die Polizeipräsenz vor Ort zu stärken. Eine Erhöhung des Strafmaßes lehnten auch die Grünen ab. Die Erhöhung der Mindeststrafe von 3 auf 6 Monate habe bereits keinen Erfolg verzeichnen können.
Bundesjustizminister Heiko Maas verteidigte den Gesetzentwurf. Es sei ein Mix aus Prävention, höherer Aufklärung und härteren Strafen gefragt. Im vergangenen Jahr seien mehr als 150.000 Wohnungseinbrüche verzeichnet worden. Vor zehn Jahren seien es noch 100.000 Fälle gewesen. Deshalb könne man „diesen Anstieg nicht ignorieren“. Im Jahr 2016 sind lediglich 17 Prozent der Wohnungseinbrüche aufgeklärt worden. Daher müsse durch mehr Personal bei der Polizei die Aufklärungsquote massiv erhöht werden. Dabei könne auch die zu schaffende Möglichkeit der Funkzellenabfrage helfen. Schließlich sei auch die Strafrahmenerhöhung wichtig, denn der Staat müsse Einbrechern klar machen: „Wer in eine Privatwohnung einbricht begeht ein Verbrechen, für das ihn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erwartet“.
Auch die Fraktion der SPD beklagte die viel zu niedrigen Aufklärungsquoten. Ein wichtiges Thema sei ebenfalls die Eigensicherung der Bürger. Hierfür seien 50 Millionen Euro für das KfW-Programm zur Verfügung gestellt worden. Zusätzlich könnten durch Änderungen der Landesbauordnungen Schutzmaßnahmen als Sicherheitsstandards eingeführt werden.
Die Fraktion der CDU/CSU sieht die Reform des Strafrechts schon aus Opfergründen als geboten an. „Wer einen Wohnungseinbruch begeht, raubt den Menschen die Freiheit auf ungestörte Privatsphäre“, so Volker Ullrich. Sie begrüßte ebenfalls die Aufnahme des Einbruchdiebstahls in den Katalog der Verkehrsdatenabfrage und die Speicherung von Verbindungsdaten.

In seiner Plenarsitzung am 2. Juni 2017 erhob der Bundesrat keine Einwände gegen eine Verschärfung der Strafe beim Wohnungseinbruchdiebstahl. Er gab jedoch zu bedenken, dass dadurch die strafrechtliche Ermittlung beim bandenmäßigen Wohnungseinbruchdiebstahl erschwert werden könnte. Der Bundesrat schlug daher vor, die Telekommunikationsüberwachung und akustische Wohnraumüberwachung bei der bandenmäßigen Begehung des Wohnungseinbruchdiebstahls weiterhin zu ermöglichen und die Formulierungen des Gesetzentwurf an zwei Stellen zu ändern. Dies lehnte die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung ab.

Am 15. Juni 2017 brachte die Bundesregierung ihren wortgleichen Gesetzentwurf (BT Drs. 18/12729) in den Bundestag ein. Zur Verfahrensbeschleunigung wurde der Entwurf der Koalitionsfraktionen (BT Drs. 18/12359) bereits in den Bundestag eingebracht und beraten, während der Gesetzentwurf der Bundesregierung seinen üblichen Weg ging und zunächst dem Bundesrat zur Beratung zugeleitet wurde.

Am 21. Juni 2017 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Experten bewerteten den Gesetzentwurf unterschiedlich. Einige sahen den Vorstoß der Bundesregierung als den „Schlagzeilen geschuldet“ an, weshalb eine Verschärfung der Strafandrohung nicht gerechfertigt sei. Der höhere Strafrahmen werde auch in Zukunft die Täter nicht beeindrucken. „Sie kennen ihn in der Regel nicht und er interessiert sie auch nicht, da sie nicht mit einer Festnahme rechnen“, so Prof. Gerd Neubeck, Vorstand des von Bund und Ländern getragenen Deutschen Forums für Kriminalprävention. Thomas Wüppesahl von der Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen sprach sogar von „Tagträumerei, eine relevante Täterzahl abschrecken zu können“, da das Entdeckungsrisiko unter 5 Prozent liege.
Die Befürworter betonten, dass ein Wohnungseinbruch mehr als nur ein Eigentumsdelikt sei, denn schließlich werde hier auch ein Grundrecht verletzt. Durch die sehr schnelle Einstellung der Verfahren sei die Situation für die Opfer insgesamt sehr belastend. Dies solle nach der neuen Regelung nicht mehr möglich sein. Die Gewerkschaft der Polizei beklagte, dass die Kollegen den Erwartungen der Opfer nicht mehr gerecht werden könnten. Um Serientäter identifizieren zu können wurde daher die Einführung  der Verkehrsdatenerhebung begrüßt. Ob dies letztlich überhaupt personell bewältigt werden könne, blieb offen. Der im Gesetzentwurf vorgesehene Strafrahmen sei immer noch mild im Vergleich zu den Raubdelikten und die Täter träfen sehr wohl eine Risiko-Nutzen-Analyse.  Allerdings sahen auch die Befürworter einen Nachbesserungsbedarf hinsichtlich der Begrifflichkeit der „dauerhaft genutzten Privatwohnung“.

Am 29. Juni 2017 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 18/12933) in zweiter und dritter Lesung angenommen. Die Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen stimmten gegen den Entwurf. Der zur Verfahrensbeschleunigung eingebrachte gleichlautende Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT Drs. 18/12729) wurde für erledigt erklärt.

Am 7. Juli 2017 hat der Bundesrat in seiner Plenarsitzung die vom Bundestag beschlossene Verschärfung der Strafe für den Wohnungseinbruchdiebstahl gebilligt. Das Gesetz soll unmittelbar nach der Verkündung in Kraft treten.

Das Fünfundfünfzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Wohnungseinbruchdiebstahl wurde am 21. Juli 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es tritt am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

 

 

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