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zum Diskussionsentwurf des BMJV:
Kriminalpolitische Zeitschrift
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zum Diskussionsentwurf des BMJV:
Entwurf der Richtlinie:
Anlage:
Laut der Begründung des Vorschlags wurde mit der Annahme der aktualisierten Anti-Geldwäschebestimmungen im Mai 2015 ein wichtiger Schritt getan, um die Europäische Union in die Lage zu versetzen, effizienter gegen die Geldwäsche von Erlösen aus Straftaten und die Terrorismusfinanzierung vorzugehen.
Die Bedrohung durch den Terrorismus sei in jüngster Zeit allerdings größer geworden und habe sich in ihrer Art gewandelt. Gleichzeitig mache es das weltweit vernetzte Finanzsystem dank der Fortschritte in Technologie und Kommunikation einfacher, Finanzströme zu verbergen und in der ganzen Welt zu verschieben, indem schnell und problemlos mehrere Lagen von Briefkastenfirmen gegründet werden. So werden Ländergrenzen und Rechtsordnungen überschritten und werde es zunehmend schwierig, Gelder aufzuspüren. Geldwäscher, Steuerhinterzieher, Terroristen, Betrüger und andere Kriminelle können auf diese Weise ihre Spur verwischen.
Der vorliegende Vorschlag enthält eine Reihe von Maßnahmen, die darauf abzielen, die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung zu verbessern und die Transparenz von finanziellen Transaktionen und Unternehmen innerhalb des präventiven Rechtsrahmens der Union, der Richtlinie (EU) 2015/849 (im Folgenden die „vierte Geldwäsche-Richtlinie“), zu stärken. Ferner sind bestimmte Änderungen enthalten, die sich hinsichtlich der einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften der Richtlinie 2009/101/EG ergeben.
von Polizeirat Christian Kirchner
Auf die steigende Bedeutung des Kriminalitätsbereiches Cybercrime muss innerhalb der Strafverfolgungsbehörden nicht weiter hingewiesen werden. In fast allen Ermittlungsbereichen hat das Thema Einzug gehalten. Nachdem die Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz (HdP) bereits 2015 ein Symposium Cybercrime mit dem Schwerpunkt Kinderpornografie durchgeführt hat, fand am 25. Oktober 2016 nun erneut eine Veranstaltung statt – dieses Mal zu den Herausforderungen für die Ermittlungspraxis. Über 220 Teilnehmer aus Polizei und Justiz von Bund und Ländern folgten der Einladung auf den Campus Hahn der HdP in den Hunsrück. In diesem Tagungsbericht werden die wesentlichen Erkenntnisse zusammengefasst.
I. Einführung
Begrüßt wurden die Teilnehmer der Veranstaltung von Dr. Axel Henrichs, dem Leiter der Abteilung Ausbildung an der HdP. Anhand verschiedener aktueller Vorkommnisse wie der zeitweisen Lahmlegung des Lukaskrankenhauses in Neuss mit Hilfe einer Krypto-Schadsoftware, dem Verkauf der Tatwaffe für den Amoklauf in München über das Darknet oder einer großen Anzahl von Betrugsfällen an Unternehmen mittels Social-Hacking (CEO-Fraud) wurden die steigende Bedeutung, die hohe Dynamik und die Schwierigkeit der Anpassung an das Phänomen für die Strafverfolgungsbehörden dargestellt. Zwar seien erste Schritte getan, aber sowohl das Recht als auch die Organisation würden der Entwicklung hinterherhinken.
Auch der Schirmherr der Veranstaltung, Staatssekretär im Ministerium des Innern, Herr Günter Kern, stellte heraus, dass zwar erste Schritte zur Anpassung der Organisation erfolgt seien, trotzdem aber weitere Anpassungen für eine wirksame Kriminalitätsbekämpfung folgen müssten.
II. Vorträge
1. Aktuelle Rechtsfragen zu IT-Ermittlungen
Im ersten Vortrag gab Dr. Wolfgang Bär (Richter am BGH) einen Überblick über aktuelle rechtliche Problemstellungen im materiellen und formellen Strafrecht. Anhand eines Strafverfahrens der StA Kempten zur Schadsoftware Skynet und dem Beschluss des BGH vom 21. Juli 2015 (BGH 1 StR 16/15 – LG Kempten) wurden Lücken in den aktuellen gesetzlichen Vorschriften erörtert. Hierbei hatte ein Täter Schadsoftware, welche zum Beispiel als zum Download bereitgestellte Video-Dateien getarnt war, auf mindestens 327.000 Rechnern verbreitet. Diese Schadsoftware konnte Daten mittels Keylogger abgreifen und nutzte weiterhin die Rechenleistung des Computers, um Bitcoins zu generieren (Bitcoin-mining). Die Befassung des BGHs mit dem Sachverhalt machte deutlich, dass bei Fällen des Ausspähens von Daten nach § 202a StGB dem Nachweis einer bestehenden Zugangssicherung auf den betroffenen Geräten der Geschädigten eine erhöhte Bedeutung zukommt. Dies stellt jedoch bei retrograden Ermittlungen eine besondere Herausforderung für die Strafverfolgungsbehörden dar, da oftmals gerade bei festgestelltem Befall mit Schadsoftware betroffene Systeme neu aufgesetzt werden. Ebenso seien der Verfall nach § 73 StGB hier für die durch Bitcoin-mining erlangten Werte zwar angeordnet worden, allerdings bleibe fraglich, ob diese Bitcoins unmittelbar aus der Tat heraus erlangt wurden.
Neben diesem Fall gab Dr. Bär auch kursorisch einen Überblick über die Strafnormen der Cybercrime im engeren Sinne. Im Ergebnis würden diese Normen zwar eine Strafbarkeit für viele Phänomene eröffnen, allerdings seien einer angemessenen Bestrafung durch fehlende Qualifikationstatbestände, beispielsweise bei bandenmäßiger oder gewerbsmäßiger Begehung, Grenzen gesetzt. Ebenso fehlten Versuchsstrafbarkeiten.
Für den Bereich des Strafverfahrensrechts stellte der Referent zunächst die Schwierigkeiten in der Abgrenzung zwischen Telemedien und Telekommunikation dar. Diese sei letztlich bedeutsam, denn sowohl für die Anbieter der Dienste als auch für die Verfolgungsbehörden greifen je nach Einordnung sehr unterschiedliche Vorschriften bei Anfragen und Datenübermittlungen. Neben verschiedenen Datenabfragen in diesen Bereichen wurde insbesondere die Neuregelung der Verkehrsdatenabfrage dargestellt. Ob diese Vorschrift, welche auf Grund von Übergangsvorschriften erst ab 1. Juli 2017 wirksam in Kraft tritt, tatsächlich so Bestand haben wird, hänge allerdings auch vom Ausgang verschiedener Verfahren ab, die beim BVerfG wie auch beim EuGH anhängig sind.
Zuletzt wurden kurz die Fragestellungen zur Beschlagnahme von E-Mails, zur Rechtsgrundlage der Quellen-TKÜ sowie Ermittlungen im Cloud Computing erörtert.
2. Strategie – Erwartungen und Realität
Der zweite Vortrag des Tages widmete sich den Herausforderungen an die Ermittlungsbehörden in komplexen Strafverfahren. Dr. Eric Samel (Landeszentralstelle Cybercrime, GenStA Koblenz) und Thorsten Runkel (Kriminalinspektion Mayen) stellten ein Ermittlungsverfahren gegen den Programmierer und Anbieter für Schadsoftware dar. Dieser hatte neben verschiedenen Anwendungen wie Keyloggern, Exploit-Kits, DDoS-Tools auch eine Testplattform für Schadsoftware betrieben, auf welcher getestet werden konnte, ob die Anwendung von gängigen Virenscannern erkannt wird. Herr Runkel stellte zunächst dar, dass auf Grund der hohen Dynamik und Bandbreite der Delikte eine „klassische“ Herangehensweise an ein Kriminalitätsphänomen nicht erfolgversprechend sei.
Es erweise sich als Vorteil, dass sowohl in der Polizei als auch in der Justiz mit der Schaffung von Zentralstellen kompetente Ansprechpartner vorhanden waren, die für die Abwicklung eines solchen Verfahrens zwingend erforderlich seien. Der Vortrag zeigte deutlich, dass vergleichbare Sachverhalte für örtliche Ermittlungsbehörden eine große Belastung darstellen, insbesondere, da eine große Menge von Daten zu sichern und auszuwerten ist. Das breite Ermittlungsspektrum und die anfallenden Daten erforderten – gerade für kleine und mittelgroße Dienststellen wie die KI Mayen – einen sehr flexiblen Personaleinsatz. Als sehr positiv beschrieb Herr Runkel die hervorragende und unkomplizierte Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Institutionen.
Von den Rednern wurde auch dargestellt, dass das Verfahren am Ende gegen den Täter aufgrund des Tatbestandes des „Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten“ nach § 202c StGB sowie wegen Beihilfe zu Betrugsdelikten betrieben wurde. Der Täter selbst habe demnach gar nicht Angriffe auf andere Systeme durchgeführt, vielmehr habe er das Handwerkszeug für solche Taten zur Verfügung gestellt. Prägnant für die Ermittler war in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass im Internet professionell „Crime as a Service“ angeboten wurde. Das Fazit zeigte auch deutlich, dass durch diese Serviceleistungen mittlerweile keine besonderen Kenntnisse mehr benötigt werden, um Angriffe auf fremde Systeme durchführen zu können. Vielmehr könne man diese Fachkenntnisse einfach im Internet einkaufen.
3. CEO-Fraud – Soziales Hacken
Streng genommen sei das Phänomen eigentlich kein Cybercrime, stellten Andreas Brück und Janina Menzel von der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime der Staatsanwaltschaft Köln zu Beginn ihres Vortrages heraus. An sich sei es eine eher klassische – an den Enkeltrick angelehnte – Betrugsbegehungsweise, bei der zahlungsbevollmächtigte Mitarbeiter von Firmen durch Täuschung zur Begleichung nicht unerheblicher Rechnungen veranlasst werden. Die Begehungsweise sei hierbei immer sehr ähnlich: Die Täter verschaffen sich zunächst ein sehr genaues Bild von dem Unternehmen. Sie kennen Zuständigkeiten, Abläufe, Struktur, die Sprachkultur und vor allem die Abwesenheit des CEO (geschäftsführender Vorstand eines Unternehmens). Dabei greifen Täter zur Vorbereitung oftmals auf offene Informationen im Internet zu. Viele Unternehmen würden sich so transparent im Internet präsentieren, dass zahlreiche der für den Betrug notwendigen Informationen frei im Netz zugänglich seien. Gleichwohl gebe es auch Indizien, dass teilweise mittels Schadsoftware auf technischem Weg Informationen abgegriffen werden.
Im weiteren Verlauf werde dann von den Tätern Kontakt zu einem Mitarbeiter im Unternehmen aufgenommen, der für den Finanzhaushalt oder für Zahlungsanweisungen zuständig ist. Dabei gäben sich die Täter als Firmenchef (CEO) aus, stellten eine wichtige Unternehmensveränderung in Aussicht und pochten dabei ausdrücklich auf Diskretion und das Einhalten bestimmter Kommunikationswege. Mittels Einbindung, Nachweisen und Kontakt zu vermeintlich externen Organisationen wie beispielsweise der BaFin oder KPMG, die ebenso von den Tätern vorgetäuscht werden, erlange der Vorgang zusätzlich Seriosität. Am Ende stehe die Aufforderung zu einer Zahlung von hohen Geldbeträgen, häufig größer als 1 Mio. Euro, welche in vielen Fällen auch gezahlt würden. Allein bei den von der StA Köln betriebenen Vorgängen sei hierdurch schon ein tatsächlicher Schaden von 39 Mio. Euro entstanden.
Die Referenten wiesen darauf hin, dass diese Taten leicht vermeidbar seien, vielfach wären die Richtlinien der Unternehmen für die IT sowie den Zahlungsverkehr sehr lasch, sodass am Ende durch Einwirkung auf eine einzelne Person dem Unternehmen erheblicher Schaden zugefügt werden könne.
III. Workshops
Innerhalb des Symposiums hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, aus verschiedenen angebotenen Workshops zwei auszuwählen.
1. Workshop „Polizei-Hacking“
Im ersten Workshop wurden durch Tobias Hofmann (LKA Hessen), orientiert an den Bedürfnissen der Praxis, unterschiedliche Ermittlungs- und Recherchemöglichkeiten im Bereich von Cybercrime vorgestellt. Ein schnell und effektiv anzuwendendes Tool, um zu überprüfen, ob beispielsweise eine Datei oder eine Webseite mit einem Virus infiziert wurde, sei VirusTotal. Dabei handelt es sich um einen vom Unternehmen Google betriebenen, kostenlosen Online-Dienst.
Als Recherchetool wurden die Nutzungsmöglichkeiten der erweiterten Suchoperatoren von beispielsweise Google – in IT-Kreisen auch gerne als Google-Hacks bezeichnet – dargestellt. Hiermit könne zielgerichtet nach Informationen im Internet gesucht werden, auch dann, wenn die normale Suche in Google nicht erfolgversprechend war. So ist es mittels spezieller Suchfunktionen möglich, beispielsweise auch ältere oder gelöschte Informationen abzurufen.
Neben anderen Tools wurden auch die Sicherung von Webseiten mittels „WGET“ sowie die Netzwerkdiagnose mit „NMap“ als nützliche Anwendung für die Praxis dargestellt.
2. Workshop Waffen- und Drogenhandel im „Darknet“
In einem weiteren Workshop gab Dr. Benjamin Krause (Zentralstelle für Internetkriminalität GenSta Frankfurt) einen Überblick über das Phänomen des Waffen- und Drogenhandels im Darknet. Hierbei stellte er zunächst die Zugangsmöglichkeiten mittels TOR-Browser sowie die weitgehend anonymen Bezahl- und Versendemöglichkeiten vor.
Anhand von Fallbeispielen beschrieb Dr. Krause, welche Ermittlungen im Darknet möglich und welche Ermittlungsmethoden in diesem Bereich nicht zielführend seien. Im Ergebnis stelle sich dar, dass klassische technische Ermittlungen wie Bestands- und Nutzungsdatenabfrage, große Bereiche der Finanzermittlungen, Telekommunikationsüberwachung oder Serverbeschlagnahme meist nicht zum Ziel führen. Allerdings gebe es trotzdem Möglichkeiten der Ermittlung; denn auch, wenn der Informationsaustausch mittels TOR kaum zurückzuverfolgen sei, ergäben sich insbesondere durch die Kommunikation mit dem Täter Identifizierungs- und Ermittlungsmöglichkeiten.
Der Vortrag endete mit der Fallvorstellung des Amoklaufs aus München und den damit einhergehenden erfolgreichen Ermittlungen im Darknet bezüglich der dort erworbenen Tatwaffe.
3. Workshop „EG Pornplayer“
Michael Prior und Carsten Ehlert (PD Hannover) stellten in ihrem Vortrag das Ermittlungsverfahren „Pornplayer“ vor. Hierbei wurden Computer und Android-Smartphones mittels Schadsoftware gesperrt. Die Täter stellten die Entsperrung gegen eine Zahlung von 100,- Euro mittels PaysafeCard oder ITunes-Gutscheinen in Aussicht. Die Infizierung erfolgte durch Werbebanner. Im Rahmen der Ermittlungen stellte sich heraus, dass allein in Deutschland mindestens 5000 Personen auf die Erpressung eingegangen sind und die geforderte Summe bezahlt hatten. Dabei werde die Dunkelziffer erheblich höher eingeschätzt.
Die Referenten stellten dar, dass es im Rahmen ihrer Ermittlungen gelungen sei, die Server der Täter ausfindig zu machen und diese automatisiert zu überwachen. So konnten unter anderem PINs von PaySafe Karten gesperrt und Gelder abgeschöpft werden. Die Ermittler lobten insbesondere die hervorragende Zusammenarbeit mit PaySafeCard, die erlaube, neu festgestellte PINs zum Teil innerhalb eines Tages zu sperren. Dadurch seien die PINs für die Täter unbrauchbar und diese kämen nicht mehr an das Geld heran. Durch den intensiven Ermittlungsdruck sei es mittlerweile gelungen zu verhindern, dass die Täter neue Server in Betrieb nehmen. Ein Umstand, der wahrscheinlich ursächlich dafür sei, dass derzeit keine neuen Anzeigen zu verzeichnen seien.
4. Workshop Cybergrooming
Andreas Pößel (LKA Rheinland-Pfalz) stellte die Initiativermittlungen zum Phänomen des Cybergrooming dar. Hierbei würden Täter auf Chat-Plattformen gezielt Kinder ansprechen, um dann im weiteren Verlauf in einem Videochat vor diesen sexuelle Handlungen vorzunehmen. Die Ermittlungsgruppe sei mit der Zielrichtung gebildet worden, weitere Erkenntnisse zu dem nicht ganz neuen Phänomen zu erhalten, Tatverdächtige zu identifizieren und Ermittlungsverfahren einzuleiten sowie Täterkreise zu verunsichern. Als Plattform wurde die Webseite knuddels.de gewählt, die Zusammenarbeit mit dem Betreiber sei hierbei unproblematisch gewesen. Mittels einer nicht offen ermittelnden Polizeibeamtin, welche sich im Chat als Kind ausgab, konnten dabei zahlreiche Täter identifiziert werden. Herr Pößel beschreibt dabei, dass es stellenweise kaum möglich gewesen wäre, den Anfragen potentieller Täter hinterherzukommen, da man noch im Chat mit einem anderen Täter gewesen sei. In den folgenden Videochats sei es dann in vielen Fällen zu sexuellen Handlungen wie Masturbation der Täter gekommen. In insgesamt 27 Fällen wurden Strafanzeigen wegen §§ 176 Abs. 4 Nr. 1 und 2 i.V.m. 22, 23 StGB eingeleitet. Die Zahl der bedenklichen Chats sei zwar deutlich höher gewesen, allerdings habe man sehr genau darauf geachtet, dass die Beamtin nicht als agent provocateur aufgetreten sei.
IV. Fazit
Dr. Jörg Angerer (Leiter Landeszentralstelle Cybercrime, GenStA Koblenz) und Johannes Kunz (Präsident des LKA Rheinland-Pfalz) fassten zum Abschluss der Veranstaltung zusammen, dass man den verschiedenen Aspekten der Cybercrime begegnen könne. Notwendig seien innovative Ermittlungsansätze und vor allem der Mut und die Bereitschaft, auch einmal ein komplexeres Ermittlungsverfahren zu betreiben. Beide betonten die gute Zusammenarbeit zwischen Justiz und Polizei in Rheinland-Pfalz. Als entscheidend und erfolgversprechend stuften beide die Bildung von Schwerpunktdienststellen bei Polizei und Justiz ein. Im Ergebnis sei man im Thema Cybercrime gut aufgestellt.
Gesetzentwürfe:
19. Wahlperiode
Plenarantrag des Landes Hessen: BR Drs. 58/2/18
18. Wahlperiode
Empfehlung der Ausschüsse: BR Drs. 357/1/16
weiterführende Materialien:
Am 2. März 2018 beschloss der Bundesrat einen Gesetzantrag des Landes Niedersachen zur Verschärfung des Waffenrechts (BR Drs. 39/18) in den Bundestag einzubringen. Gleichzeitig wurde eine Vorlage aus Hessen vorgestellt und zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
Beide Entwürfe sehen vor der Erteilung eines Waffenscheins eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden vor. Dies soll verhindern, dass bekannte Extremisten legal an Waffen kommen. In der vergangenen Wahlperiode gab es bereits einen ähnlichen Vorstoß nach den Anschlägen in Brüssel und Paris. Alle Entwürfe knüpfen an die geforderte Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers in § 5 WaffG an.
Der Gesetzesantrag aus Niedersachsen basiert auf den Ermittlungsergebnissen im Zusammenhang mit der „Zwickauer Terrorzelle“. Zur Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis sind die Behörden bislang lediglich zur Überprüfung des BZRG und des staatsanwaltlichen Verfahrensregisters verpflichtet. Zusätzlich wird eine Stellungnahme der örtlichen Polizeidienststellen eingeholt. Eine Pflicht zur Abfrage von Erkenntnissen der Verfassungsschutzbehörden besteht für die Überprüfung der Zuverlässigkeit nicht. Dazu sollen die Waffenbehörden nun verpflichtet werden. Grund zur erneuten Diskussion des Entwurfs gaben aktuell einige „Reichsbürger“, die über legale Waffenarsenale verfügen.
Der Gesetzentwurf stand nun zum dritten Mal auf der Tagesordnung des Bundesrates. Der Antrag wurde bereits 2013 in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 744/12 (B)), jedoch bis zum Ende der Legislaturperiode nicht weiter verfolgt. Am 25. März 2014 beschloss die Niedersächsische Landesregierung die erneute Einbringung in den Bundesrat (BR Drs. 115/14). Zwei Monate später, am 28. Mai 2014, wurde der Gesetzentwurf entsprechend in den Bundestag eingebracht (BR Drs. 18/1582), jedoch auch hier bis zum Ende der Legislaturperiode nicht weiter verfolgt. Einen ähnlichen Entwurf des Bundesrates aus dem Jahr 2016 (BT Drs. 18/10262) lehnte die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme ab. Sie bezweifelte die Gebotenheit solcher Abfragen und hielt die nach geltender Rechtslage zur Verfügung stehenden Instrumente für ausreichend.
Der Antrag aus Hessen (BR Drs. 58/18) sieht neben der Einführung einer Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden eine Regelung vor, wonach Personen, die bereits vom Verfassungsschutz überwacht werden, auch regelmäßig keine Zuverlässigkeit im Sinne des Waffenrechts besitzen. Er stand am 23. März 2018 auf der Tagesordnung zur 966. Sitzung des Bundesrates, wurde dann jedoch kurzfristig wieder abgesetzt.
Am 25. April 2018 hat der Bundestag den Entwurf aus Niedersachsen in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/1715). Dieser hat noch nicht über den Vorschlag entschieden.
Am 6. Juli 2018 hat der Bundesrat nun auch über den Gesetzesantrag aus Hessen debattiert. In der Abstimmung erhielt er jedoch nicht die erforderliche absolute Mehrheit.
18. Wahlperiode
Die unter dem Eindruck der Terroranschläge in Brüssel und Paris sowie der Verübung tödlicher Übergriffe mithilfe von Waffen durch Extremisten vorangetriebene Forderung nach Verschärfung des Waffenrechts bildet den Inhalt dieses Gesetzentwurfs. Nach dem Willen des Bundesrates soll vermieden werden, dass Extremisten legal Waffen besitzen. Dieses Vorhaben soll dadurch realisiert werden, dass die zuständigen Behörden bei den Verfassungsschutzbehörden personenbezogene Informationen über Personen abfragen, die einen Antrag auf Waffenerwerb oder -besitz gestellt haben. Der Bundesrat hat dazu auf Initiative des Landes Hessen am 23. September 2016 einen Gesetzentwurf beschlossen, der eine Ergänzung im Waffengesetz vorschlägt. Extremisten, die dem Entwurf zufolge dem Verfassungsschutz bekannt sind, könnten die Waffenbehörden die Erlaubnis dann versagen. Die Bundesrats-Vorlage präzisiert dazu die Vorschriften der sogenannten Zuverlässigkeitsprüfung und führt eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden ein.
Die Bundesregierung lehnt in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf den Bundesratsvorschlag zur Regelabfrage bei Verfassungsschutzbehörden ab. Sie bezweifelt die Gebotenheit solcher Abfragen und hält die nach geltender Rechtslage zur Verfügung stehenden Instrumente für ausreichend, um den Informationsfluss in der gebotenen Weise zu verbessern.
Die Anträge der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen beschäftigen sich inhaltlich mit Änderungen im Umgang mit Explosivstoffen im Waffenrecht. In einem wird das Bedürfnis nach einer Beschränkung der Abgabe von „anschlagsfähigen Ausgangsstoffen“ focusiert. Die Bedrohung durch politisch motivierte Anschläge gehe dem Antrag zufolge zunehmend auch von radikalisierten Einzeltätern aus, die zur Durchführung ihrer Taten Unterstützung durch bewusst wenig institutionalisierte, „fluide“ Netzwerke erhalten. Zudem wird die Verschärfung des Waffenrechts gefordert – die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Entwurf zur Reform des Waffengesetzes vorzulegen, der Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen und Kontrollen vorsieht. Zu diesen Anträgen fand am 28. November 2016 einen öffentliche Anhörung im Innenausschuss statt. Die Stellungnahmen der Sachverständigen, die die Änderungen unterschiedlich bewerteten, finden Sie hier.
Baden Württemberg
Bayern
Berlin
Brandenburg
Bremen
Hamburg
Hessen
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz
Saarland
Sachsen
Sachsen-Anhalt
Schleswig-Holstein
Thüringen
Allgemeine Stellungnahmen:
Baden Württemberg:
Bayern:
Berlin:
Brandenburg:
Bremen:
Hamburg:
Hessen:
Mecklenburg-Vorpommern:
Niedersachsen:
Nordrhein-Westfalen:
Rheinland-Pfalz:
Saarland:
Sachsen:
Sachsen-Anhalt:
Schleswig-Holstein:
Thüringen:
Hier finden Sie folgende Stellungnahmen:
zum Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/3039 und zum Antrag der Fraktion DIE LINKE: BT Drs. 18/3043:
zum Antrag der PIRATEN im Landtag NRW LT Drs. 16/3437:
Gesetzentwürfe:
Lehren aus den Ermittlungen hinsichtlich Landesverrats ‒ Pressefreiheit und Journalistinnen und Journalisten besser schützen
Entwurf eines Gesetzes zum Schutz von Hinweisgebern – Whistleblowern (Hinweisgeberschutzgesetz – HinwGebSchG)
Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Transparenz und zum Diskriminierungsschutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern (Whistleblower-Schutzgesetz)
Beschlussempfehlung und Bericht: BT Drs. 18/5148
Initiativen auf Landesebene:
Antrag der Fraktion der PIRATEN im nordrhein-westfälischen Landtag : LT Drs. 16/3437
Antrag der Fraktion der PIRATEN im schleswig-holsteinischen Landtag: LT Drs. 18/4925
Anlagen:
Die Enthüllungen Edward Snowdens über die globalen Überwachungs- und Spionagemaßnahmen eines ausländischen Geheimdienstes lösten weltweite Empörung aus und führten dazu, dass der Deutsche Bundestag auf Antrag aller Fraktionen am 20. März 2014 einen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre eingesetzt hat, der das Ausmaß und die Hintergründe der Ausspähungen in Deutschland aufklären soll. Enthüllungsplattformen wie WikiLeaks oder die Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen Journalisten der Internetplattform Netzpolitik.org erhitzen dabei in zunehmendem Maße die Debatte über Whistleblower. Einerseits leisten Whistleblower einen wichtigen Beitrag zur Transparenz und Meinungsbildung, sodass dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit Rechnung getragen wird; andererseits kann die ungefilterte Weitergabe hochsensibler, als Verschlusssachen eingestufter Informationen das staatliche Geheimhaltungsinteresse in erheblichem Ausmaß gefährden.
In Deutschland fehlt bisher ein einheitliches, in sich geschlossenes Konzept, dass die Belange beider widerstreitenden Interessen in einem angemessenen Ausgleich berücksichtigt.
Im Jahre 2012 und erneut im Jahr 2014 hat die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der den Schutz sogenannter Whistleblower auf eine gesetzliche Grundlage stellen soll. Dazu sollten Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch, Berufsbildungsgesetz, Bundesbeamtengesetz und Beamtenstatusgesetz Hinweisgeber*Innen arbeits- bzw. dienstrechtlichen Diskriminierungsschutz gwähren und regeln, unter welchen Voraussetzungen sie sich an eine außerbetriebliche Stelle bzw. andere zuständige Behörde oder außerdienstliche Stelle bzw. direkt an die Öffentlichkeit wenden dürfen. Zudem sollten Änderungen im Strafgesetzbuch herbeigeführt werden, die Hinweisgeber*Innen unter bestimmten Bedingungen straffrei stellen. Dieser Gesetzentwurf wurde jedoch abgelehnt.
Mit dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird die Bundesregierung erneut aufgefordert, den Schutz von Informanten und Journalisten gesetzlich zu modifizieren und zu erweitern. Kernstück bildet dabei die Neufassung des Begriffes des Staatsgeheimnisses des § 93 StGB. Zudem sollen zukünftig in den Fällen der §§ 94 bis 97a, 202d, 353b, 355 StGB Teilnahmehandlungen (§§ 26, 27, 30) einer in § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 StPO genannten Person nicht rechtswidrig sein, wenn sie sich auf die Entgegennahme einschließlich deren Veranlassung, die Auswertung oder Veröffentlichung der Informationen und die dazu erforderlichen Vorbereitungen beschränken. Außerdem sieht der Antrag eine entsprechende Anpassung weiterer Vorschriften vor.
Die Anträge wurden in der Beschlussempfehlung und in dem Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (BT Drs. 18/5148 ) abgelehnt.
Gesetzentwürfe:
19. Wahlperiode:
18. Wahlperiode:
Gesetzesantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: BT Drs. 18/10038
Gesetzesantrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Gesetzgebungsvorschlag des BUJ – Bundesverband der Unternehmensjuristen
Medienwirksame Skandale großer Unternehmen, wie die „VW-Abgasaffäre“ exemplarisch aufzeigt, führen zu der kriminalpolitischen Forderung, juristische Personen und Personenvereinigungen neben oder anstelle der ordnungswidrigkeitenrechtlichen Sanktionierung auch mit echter Kriminalstrafe zu belegen. Der Gesetzgeber hat bisher trotz verschiedentlicher Forderungen (z.B. nach einem Verbandsstrafgesetzbuch, Vorschlag Kutschaty, NRW) von der normativen Etablierung einer kriminalrechtlichen Strafe für Unternehmen abgesehen. Bislang können einem Unternehmen nur Bußgelder auferlegt werden.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN forderte von der Bundesregierung ein geschlossenes, eigenständiges, einheitlich konzipiertes Gesetz zur Sanktionsregelung von Unternehmen und Verbänden, sowie die Ergänzung einzelner näher aufgeführter Tatbestände und Sanktionen. Zudem sollte das Gesetz eine Regelung enthalten, nach der „zukünftig widerlegbar vermutet wird, dass bei Straftaten, pflichtwidrigem Verhalten oder schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten aus Unternehmen heraus ein dortiges Organisationsverschulden vorliegt“.
Anfang Dezember 2017 legte nun die Forschungsgruppe Verbandsstrafrecht den „Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetz“ vor.
Der Entwurf regelt die Sanktionierung von Verbänden in Bezug auf verbandsbezogene Straftaten (§ 3 VerbSG-E) und die damit einhergehenden Verfahrensfragen. Dazu führte die Forschungsgruppe unter anderem umfangreiche Recherchen über die Rechtslage in den USA und in Österreich durch, wo bereits mit einem Verbandsstrafrecht gearbeitet wird.
Als Sanktion ist vorrangig eine umsatzgekoppelte Geldsanktion (§ 4 VerbSG-E) ohne starre Obergrenze vorgesehen, die eine teilweise Aussetzung der Verbandsstrafe zur Bewährung ermöglicht (§ 5 VerbSG-E). Es besteht die Möglichkeit, einen Teil der Sanktion zu erlassen, soweit der Verband den durch die Verfehlung entstandenen Schaden kompensiert und geeignete Maßnahmen ergreift, um dies künftig zu verhindern. Dabei können die Maßnahmen technischer, organisatorischer oder personeller Art sein. So soll für die Verbände ein Anreiz geschaffen werden, die internen Strukturen und die Compliance langfristig zu verbessern.
Prozessual werden die vorgeschlagenen Regelungen vorrangig durch eine Einführung der Ermittlungspflicht für Strafverfolgungsbehörden (§§ 152, 160 StPO) flankiert (§ 13 VerbSG-E). Es soll zwischen der Ermittlungs- und der Anklagepflicht differenziert werden. Besteht ein Anfangsverdacht hinsichtlich einer Verbandsverfehlung, so soll die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen verpflichtet sein. Dabei stehen ihr die in der StPO vorgesehenen Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung, soweit sie in einem Strafverfahren wegen der verbandsbezogenen Zuwiderhandlung gegen eine natürliche Person zulässig wäre (§ 20 VerbSG-E). Besteht nach den Ermittlungen ein hinreichender Tatverdacht, liegt es im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ob sie Anklage erhebt oder von einer Verfahrenseinstellung unter Auflage (§ 14 VerbSG-E) Gebrauch macht.
Am 27. Februar 2019 brachte die Fraktion Die Linke einen Antrag zur Schaffung eines Unternehmensstrafrechts in den Bundestag ein (BT Drs. 19/7983). Zahlreiche Skandale deutscher Unternehmen seien nicht hinreichend strafrechtlich aufgeklärt worden, weil es an einem Gesetz zur strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen fehle. Damit nehme Deutschland eine Sonderrolle ein, während bereits in 21 von 28 EU-Mitgliedsstaaten ein Unternehmensstrafrecht existiere. Auch um unmenschlichen Arbeitsbedingungen begegnen zu können, fordere das European Center for Constitutional and Human Rights schon seit langem die Schaffung eines Regelwerkes.
Ebenso habe sich der Deutsche Richterbund und der Bund Deutscher Kriminalbeamter wiederholt die Einführung eines Unternehmensstrafrechtes ausgesprochen. Im Jahr 2013 hat Nordrhein-Westfalen bereits einen Entwurf in den Bundesrat eingebracht, 2017 wurde der Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes vorgelegt.
Der Bundestag wird daher in dem Antrag aufgefordert,
„1. einen Gesetzentwurf vorzulegen, der
a) die Einführung eines Regelwerkes zur strafrechtlichen Sanktionierung von Unternehmen und daneben die Anpassung des Strafprozessrechts zur Ahndung von Unternehmensstraftaten vorsieht,
b) eine Unternehmensstrafe dann vorsieht, wenn ein Entscheidungsträger oder eine Entscheidungsträgerin (ob Einzelperson oder ein Kollektivorgan wie der Vorstand) in Wahrnehmung der Angelegenheiten seines Unternehmens vorsätzlich oder fahrlässig eine unternehmensbezogene Zuwiderhandlung gegen ein Strafgesetz vorgenommen hat,
c) die Staatsanwaltschaften ermächtigt und verpflichtet, Ermittlungen auch dann vorzunehmen, wenn Verfehlungen von deutschen Unternehmen oder Tochterunternehmen ausschließlich im Ausland begangen wurden,
d) darüber hinaus folgende Rechtsfolgen ermöglicht:
aa) Gewinn- und Vermögensabschöpfung,
bb) Geldsanktionen, welche sich an der Wirtschaftskraft des Unternehmens und dem begangenen Unrecht orientieren,
cc) Unternehmen von öffentlichen Aufträgen und dem Erhalt von öffentlichen Geldern nach der Begehung von Straftaten ausschließt,
dd) die auf bestimmte Bereiche bezogene Betriebseinschränkungen vorsieht bzw. die Entziehung von Konzessionen oder Lizenzen,
ee) als letztes Mittel die vollständige Betriebsschließung und Auflösung des Unternehmens,
2. mit den Bundesländern Gespräche über die Einrichtung von angemessen ausgestatteten Schwerpunktstaatsanwaltschaften und Gerichten für den Bereich des Unternehmensstrafrechtsrechts zu führen und gemeinsam hierzu Konzepte zu entwickeln.“
Am 22. April 2020 veröffentlichte das BMJV den Referentenentwurf zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft. Bislang können Straftaten, die aus Verbänden heraus begangen werden, nur mit einer Geldbuße nach dem OWiG sanktioniert werden. Die Höchstgrenze der Verbandsgeldbuße, mit 10 Mio. Euro, benachteiligt kleine und mittelständische Unternehmen und trifft multinationale Konzerne nur gering. Nachvollziehbare Zumessungsregelungen fehlen. Auch die Verfolgung der Unternehmenskriminalität, die im Ermessen der zuständigen Behörden liegt, führte zu einer uneinheitlichen Behandlung. Der Referentenentwurf sieht daher vor, die Sanktionierung von Verbänden mit wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb auf eine eigene gesetzliche Grundlage zu stellen. Damit wäre sie dem Legalitätsprinzip unterworfen und ermöglicht eine einheitliche und angemessene Ahndung.
Der Entwurf beinhaltet im Kern die Einführung eines Gesetzes zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG), ein flexibles Sanktionsinstrumentarium mit verbandsspezifischen Zumessungskriterien und Verbandssanktionenregister. Daneben ordnet es das bislang im Ordnungswidrigkeitenrecht geregelte Verbandsverfahren neu und gewährleistet mit verbandsspezifischen Einstellungsregelungen eine Verfolgungsflexibilität, die sich in der Praxis als erforderlich herausgestellt hat. Compliance Maßnahmen und die Unterstützung des Verfahrens mit internen Untersuchungen können mit Sanktionsmilderungen berücksichtigt werden.
Als mögliche Alternative zum Verbandssanktionengesetz nennt der Referentenentwurf die Einführung eines Unternehmensstrafrechts, was allerdings nach derzeitiger Einschätzung nicht zwingend geboten erscheine. Dies soll mit einer Evaluierung nach Ablauf von fünf Jahren nach Inkrafttreten überprüft werden.
Am 16. Juni 2020 beschloss das Bundeskabinett, den Entwurf des Justizministeriums in den Bundestag einzubringen.
Am 18. September 2020 beschäftigte sich nun der Bundesrat erstmalig mit dem Entwurf. Der federführende Rechtsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfahlen dem Bundesrat zuvor, den Regierungsentwurf abzulehnen (BR Drs. 440/1/20). Diese Entscheidung fand jedoch keine Mehrheit im Plenum. Stattdessen äußerte der Bundesrat entsprechend der alternativen Vorschläge des Rechts- und Wirtschaftsausschusses einige Änderungsvorschläge. U.a. sollen die vorgesehenen Verbandsverantwortlichkeiten und Sanktionen für kleinere und mittlere Unternehmen auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft werden und der verfahrensrechtliche Teil des Entwurfs überarbeitet werden, um einer drohenden Überlastung der Justiz vorzubeugen.
Am 23. Oktober 2020 brachte die Bundesregierung ihren Gesetzentwurf (BT Drs. 19/23568) in den Bundestag ein.
Am 9. Juni 2021 erklärte Jan-Marco Luczak (Unionsfraktion) den Gesetzentwurf aufgrund zu großer Differenzen zwischen den Regierungsfraktionen für gescheitert.
Auch der Antrag der Fraktion Die Linke (BT Drs. 19/7983) „Deutschland braucht ein Unternehmensstrafrecht“ wurde am 24. Juni 2021 ohne weitere Aussprache abgelehnt.
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