Die Entscheidung im Original finden Sie hier.
BGH, Urt. v. 30.03.2021 – 3 StR 474/19: Zur Einziehung von Taterträgen bei juristischen Personen
Amtliche Leitsätze:
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Erteilte Genehmigungen nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz sind nicht deshalb strafrechtlich unbeachtlich, weil sie durch die Vorlage falscher amtlicher Endverbleibserklärungen erschlichen wurden.
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Der Einziehung von Taterträgen bei einer juristischen Person gemäß § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB nF steht nicht entgegen, dass deren Organwalter bei Erlangung des Vorteils gutgläubig waren.
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Das bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten zu beachtende Abzugsverbot (§ 73d Abs. 1 Satz 2 StGB nF) gilt auch für einen gutgläubigen Drittbegünstigten.
Sachverhalt:
Das LG Stuttgart hat den Angeklagten S. wegen bandenmäßiger Ausfuhr von Gütern aufgrund erschlichener Genehmigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz in zwei Fällen, davon in einem Fall in zwei tateinheitlichen Fällen, unter Einstellung zweier Vorwürfe wegen Verjährung und Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt.
Die Angeklagte B. hat es wegen Beihilfe zur bandenmäßigen Ausfuhr von Gütern aufgrund erschlichener Genehmigung nach dem Außenwirtschaftsgesetz in drei Fällen, davon in einem Fall in sechs tateinheitlichen Fällen sowie in einem Fall in drei tateinheitlichen Fällen, unter Freispruch im Übrigen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Daneben hat es gegen die Einziehungsbeteiligte die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 3.730.044€ angeordnet.
Nach den tatgerichtlichen Feststellungen hatten die Angeklagten als Angestellte eines Waffenherstellers Verträge über Waffenlieferungen mit der mexikanischen Regierung abgeschlossen. Als Grundlage für die Ausfuhrgenehmigung der Waffen hatte die Regierung bescheinigt, dass die Waffen in Mexiko verbleiben würden und lediglich in solchen Bundesstaaten eingesetzt würden, die von der deutschen Regierung als unproblematisch eingestuft werden.
Die Angeklagten hatten damit gerechnet, dass diese Endverbleibserklärungen hinsichtlich konkreter Bundesstaaten unrichtig sein könnten. Sie waren jedoch nicht davon ausgegangen, dass der Verbleib in den konkret angegebenen Bundesstaaten Inhalt der jeweiligen Ausfuhrgenehmigung geworden war.
Entscheidung des BGH:
Der BGH hielt die Verurteilungen für rechtsfehlerfrei. Das LG habe den Inhalt der verwaltungsrechtlichen Genehmigung revisionsrechtlich unproblematisch ausgelegt und sei zu dem tragbaren Ergebnis gekommen, dass die Verwendung der Gewehre in konkreten Bundesstaaten nicht Bestandteil der Genehmigung geworden sei.
Dass die Genehmigung, an dessen Nichtbestehen die Strafbarkeit geknüpft werde, mit Hilfe unrichtiger Angaben erschlichen worden sei, ändere an diesem Ergebnis nichts.
Auch bei rechtsmissbräuchlich erlangten Genehmigungen sei kein Handeln ohne Genehmigung anzunehmen. Eine unter unrichtigen Angaben erteilte Genehmigung sei zwar rechtswidrig, allerdings nicht nichtig und behalte somit auch im Strafrecht ihre Gültigkeit bis sie widerrufen oder zurückgenommen werde, so der BGH.
Der Streit, ob eine Durchbrechung der Verwaltungsakzessorietät in solchen Fällen angezeigt sei, in denen die behördliche Genehmigung lediglich eine Rechtfertigung bilde und nicht die Tatbestandsmäßigkeit entfallen lasse, könne hier dahinstehen.
Denn im KrWaffKG gebe es Regelungen, die eine erschlichene Genehmigung einer nicht vorhandenen Genehmigung gleichstellten. In den für diesen Fall relevanten Normen, habe der Gesetzgeber jedoch bewusst auf diese Gleichstellung verzichtet. Daher könne davon ausgegangen werden, dass die Verwaltungsakzessorietät nicht durchbrochen werden sollte.
Hinsichtlich der Einziehungsentscheidung führte der BGH aus, dass die Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB auch dann erfüllt seien, wenn der Drittbegünstigte bei Erlangung des Vorteils gutgläubig gewesen sei. Dies sie bereits nach alter Rechtslage der Fall gewesen, was der Gesetzgeber mit der Reform der Vermögensabschöpfung auch nicht habe ändern wollen.
Ebenfalls ändere die Gutgläubigkeit der Einziehungsbeteiligten nichts an der Anwendung des Bruttoprinzips und der Ausnahme des § 73d Abs. 1 Satz 2 StGB. Bei der Einziehung handele es sich auch nach der Gesetzesreform nicht um eine Maßnahme mit strafähnlichem Charakter, sodass es auf ein schuldhaftes Verhalten des Drittbegünstigten und eine etwaige Gutgläubigkeit seiner Organe nicht ankommen könne. Etwas anderes folge auch nicht aus der Streichung der Härtefallklausel in § 73c Abs. 1 StGB aF, da diese Streichung vom Gesetzgeber bewusst nicht mit einer Ausnahme beim Bruttoprinzip kompensiert worden sei.
Anmerkung der Redaktion:
Alles zum Gesetz zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung finden Sie hier.