Keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verwertbarkeit von ANOM-Chatdaten als Beweismittel

BVerfG, Beschl. v. 23.9.2025 – 2 BvR 625/25 / Volltext

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Gründe:

1      Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen seine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe unter Verwertung der im Wege der Rechtshilfe von den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) erlangten Informationen aus der Überwachung seiner ANOM-Kommunikation und gegen die Verwerfung seiner hiergegen gerichteten Revision. Zugleich begehrt der Beschwerdeführer, den Haftbefehl im Wege der einstweiligen Anordnung bis zum Abschluss des Verfassungsbeschwerdeverfahrens außer Vollzug zu setzen.

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ANOM-Chatdaten zur Aufklärung schwerer Straftaten verwertbar

BGH, Urt. v. 9.1.2025 – 1 StR 54/25 / Volltext 

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Gründe:

1      Das LG hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 35 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt; daneben hat es gegen ihn die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 524.047 EUR sowie sichergestellten Kokains angeordnet. Die gegen seine Verurteilung gerichtete Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts beanstandet, hat den aus der Urteilsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

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Isabel Ecker: Die Durchführung einer verbandsinternen Untersuchung. Eine Aufarbeitung des gescheiterten Verbandssanktionengesetzes (VerSanG) mit Neuvorschlag

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2024, Verlag Nomos, ISBN: 978-3-7560-1943-4, S. 354, Euro 119,00 

Es ist ruhig geworden um die Diskussion eines Verbandssanktionengesetzes (VerSanG). Im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung „Verantwortung für Deutschland“ taucht das Vorhaben gar nicht mehr auf. Dennoch sollten Überlegungen zu einer Neukonzeption einer Sanktionierung von Unternehmen nicht von der Tagesordnung genommen werden. Dies macht die Verfasserin dieser Dissertation schon in der Einleitung deutlich. Primär geht es ihr darum, die fortdauernde Rechtsunsicherheit in Bezug auf interne Untersuchungen zu beenden. Da das VerSanG gescheitert ist, stellt sich für sie insbesondere die Frage, welche rechtlichen Stärken und Schwächen dieses Gesetzes sich für verbandsinterne Untersuchungen ergeben und wie Fehler in einem künftigen Gesetz vermieden werden können.

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Milan Schäfer: Artificial Intelligence und Strafrecht. Zur Leistungsfähigkeit des geltenden Strafrechts im Hinblick auf die Herstellerverantwortlichkeit bei Schädigungen durch tiefe neuronale Netze

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2024, Duncker & Humblot GmbH, ISBN: 978-3-428-19095-9, S. 593, Euro 109,90

Die Dissertation, die erst 2024 bei Duncker&Humblot erschienen ist, wurde bereits im Sommersemester 2023 an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von der Juristischen Fakultät angenommen. Ausgewählte Literatur wurde noch bis Oktober 2023 berücksichtigt und aktualisiert. In Zeiten schnelllebiger Digitalisierung ist dies wichtig zu wissen. Allerdings sind die de lege ferenda gegebenen Ausblicke des Schlusskapitels durchaus nicht überholt und durch die Grundlagenarbeit der Dissertationsschrift können auch weitere Monografien darauf aufbauen.

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Funktionen der Strafe angesichts populistischer Tendenzen – Bericht von der Tagung des Kriminalpolitischen Kreises 2025 in Hamburg

von Prof. Dr. Thomas Weigend 

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I. Einleitung

Der Kriminalpolitische Kreis, ein Zusammenschluss von 40 deutschen Strafrechtsprofessoren und -professorinnen, beschäftigt sich seit etwa zehn Jahren mit der Frage, wie das Straf- und Strafverfahrensrecht unter Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze an die aktuellen Herausforderungen des Soziallebens angepasst werden kann. Der Kriminalpolitische Kreis (KriK) legt zu verschiedenen Einzelfragen Gesetzentwürfe und Stellungnahmen vor,[1] beschäftigt sich aber auch intensiv mit grundsätzlichen Themen des Strafrechts.

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Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt

Gesetzentwürfe: 

 

Am 17. Oktober 2025 hat das BMJV einen Referentenentwurf zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1203 über den strafrechtlichen Schutz der Umwelt auf den Weg gebracht. Die EU Richtlinie wurde am 11. April 2024 beschlossen und soll in den Mitgliedsstaaten Mindestvorschriften zur Definition von Umweltstraftaten und deren Strafen festlegen. Der Entwurf erfolgt vor dem Hintergrund der gefährdeten fristgerechten Umsetzung der Resolution der VN-Generalversammlung vom 25. September 2015 („Transformation unserer Welt – Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“). Er dient insbesondere der Verwirklichung des Nachhaltigkeitsziels 13 (Bekämpfung des Klimawandels und seiner Folgen) sowie der Zielvorgaben 16.3 und 16.6 (Förderung der Rechtsstaatlichkeit und Aufbau leistungsfähiger, rechenschaftspflichtiger und transparenter Institutionen). Ziel ist es, eine bessere Durchsetzbarkeit des Umweltrechts der Europäischen Union zu erreichen und die Umweltkriminalität wirksamer zu bekämpfen. Das deutsche Umweltstrafrecht enthält bereits zahlreiche Regelungen, die den Anforderungen der Richtlinie entsprechen. Gleichwohl besteht Umsetzungsbedarf im Kernstrafrecht sowie in einzelnen strafrechtlichen Nebengesetzen. Erforderlich ist insbesondere die Einführung der Versuchsstrafbarkeit für eine Vielzahl bestehender Tatbestände sowie die Anhebung der Strafrahmen. Darüber hinaus enthält die Richtlinie neue Elemente für das nationale Strafrecht, insbesondere die Einbeziehung von „Ökosystemen“ als zusätzliches Schutzgut. Die Umsetzung erfordert Änderungen und Ergänzungen im StGB im OWiG, im BNatSchG, im BJagdG, im ChemG, im PflSchG sowie flankierend in mehreren Verordnungen.

 

 

 

 

 

Unmittelbarer Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen: 

Öffentliche Anhörung vom 12. Oktober 2025: 

zum Regierungsentwurf: 

 

 

Hausdurchsuchungen bei Ehrverletzungsdelikten

Gesetzentwürfe: 

 

Am 8. Oktober hat die Fraktion der AfD einen Gesetzentwurf zur Stärkung der Meinungsfreiheit und zur Änderung des Strafprozessordnung – Einschränkung der Zulässigkeit der Hausdurchsuchung bei Ehrverletzungsdelikten in den Bundestag eingebracht. In den vergangenen Jahren sei in Deutschland ein erheblicher Anstieg von Strafanzeigen und Zivilverfahren wegen mutmaßlicher Beleidigungen von Politikern in sozialen Medien zu verzeichnen gewesen. Dabei seien zunehmend automatisierte Verfahren und KI-gestützte Methoden zur Anwendung gekommen, durch die insbesondere die Meinungsfreiheit der sich äußernden Personen tangiert werde. Mit § 188 StGB sei 2021 ein besonderer Schutz für Personen des politischen Lebens eingeführt worden, der gegenüber dem allgemeinen Beleidigungstatbestand (§ 185 StGB) einen erhöhten Strafrahmen vorsieht. Dies sei eine faktische Privilegierung von Politikern, die in der Praxis zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Privatpersonen führe. Während Verfahren wegen Ehrverletzungen unter Privatpersonen häufig eingestellt würden, komme es bei Äußerungen über Politiker regelmäßig zu Strafbefehlen und zivilrechtlichen Sanktionen – auch bei geringfügigen oder satirisch zugespitzten Formulierungen. Zudem weist die Fraktion auf eine erhebliche Zunahme von Ermittlungsmaßnahmen hin, darunter Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit sogenannten Hassdelikten. Solche Maßnahmen würden teilweise öffentlichkeitswirksam durchgeführt und könnten eine abschreckende Wirkung auf die freie Meinungsäußerung entfalten. Angesichts der geringen Schwere vieler der zugrunde liegenden Delikte erscheine der Eingriff in Grundrechte wie die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Meinungsfreiheit unverhältnismäßig. Ziel der vorgeschlagenen Gesetzesänderung ist es daher, Hausdurchsuchungen bei Ehrverletzungsdelikten künftig auszuschließen, um einen ausgewogeneren Schutz zwischen der Strafverfolgung und den Grundrechten der Bürger zu gewährleisten. Am 10. Oktober 2025 wurde der Gesetzentwurf bereits in erster Lesung beraten und im Anschluss an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen. In der Debatte wiesen die übrigen Fraktionen den Vorstoß der AfD zurück. 

 

 

Sexuelle Gewalt als Kriegswaffe

Forderung nach wirksamerer Strafverfolgung

Sexuelle Gewalt als gezielte Kriegsstrategie ist kein neues Phänomen – doch ihre systematische Ahndung bleibt bis heute eine Herausforderung für das Völkerrecht. Anlässlich der Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe im Deutschen Bundestag am 8. Oktober 2025 wurde erneut deutlich, wie dringend ein Umdenken in der internationalen Strafverfolgung notwendig ist. Zwei renommierte Juristinnen – Prof. Dr. Beate Rudolf und Prof. Dr. Ruth Halperin-Kaddari – forderten einen „Paradigmenwechsel“: weg von der rein individuellen Täterverfolgung, hin zu einem Konzept kollektiver Verantwortung bei sexualisierter Kriegsgewalt.

Bereits 2001 hatte der Internationale Strafgerichtshof sexualisierte Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt. Trotz dieser völkerrechtlichen Weichenstellung gelingt es bislang jedoch nur selten, Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Für Halperin-Kaddari, Juristin an der Bar-Ilan-Universität in Israel und Mitbegründerin des Dinah-Projekts zur Dokumentation sexualisierter Kriegsgewalt, ist der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 ein erschütterndes Beispiel für den systematischen Einsatz sexueller Gewalt als Kriegswaffe. Gemeinsam mit einem interdisziplinären Team untersuchte sie Aussagen von Überlebenden sowie forensische Beweise. Ihr Fazit: Die Taten waren kein Zufallsprodukt, sondern Teil einer gezielten Strategie der Entmenschlichung und Machtausübung.

Bislang orientiert sich die Strafverfolgung stark am klassischen Tatnachweis: Täter, Tat, Opfer – in direkter Beziehung zueinander. Gerade bei sexualisierter Gewalt im Krieg ist ein solcher Nachweis jedoch oft kaum möglich, etwa weil Opfer verstorben, traumatisiert oder aus Angst zum Schweigen gezwungen sind. Halperin-Kaddari plädiert deshalb für eine Erweiterung des strafrechtlichen Verständnisses: Wer Teil einer Organisation ist, die sexualisierte Gewalt systematisch einsetzt, soll auch dann zur Verantwortung gezogen werden, wenn er oder sie nicht selbst unmittelbar beteiligt war. Das Konzept „kollektiver Verantwortung“ müsse juristisch stärker verankert werden. Als Vorbild nannte sie das Urteil gegen John Demjanjuk (LG München, 2011), bei dem erstmals die bloße Zugehörigkeit zu einem Vernichtungssystem ohne konkreten Tatnachweis zur Verurteilung führte. Auch Rudolf verwies auf die Bedeutung solcher Urteile für die Weiterentwicklung des Völkerrechts. Deutschland und andere Staaten müssten sich international für rechtliche Reformen, gezielte Sanktionen und eine konsequentere Strafverfolgung sexualisierter Kriegsgewalt einsetzen.

 

 

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ALLGEMEINE BEITRÄGE

Sexuelle Übergriffe in Machtverhältnissen - Plädoyer für eine Reform 
von Prof. Dr. Elisa Hoven

Das kriminalpolitische Konzept der Geldwäschebekämpfung - Erfolgsmodell oder Symbolpolitik
von Dipl-Jur. Giannis Petras

Neue Mordmerkmale und eine Gesamtreform des Strafrechts gegen Tötungen 
von Prof. Dr. Wolfgang Mitsch 

Mehr Sicherheit durch Strafverfolgung? - Der Koalitionsvertrag im Lichte des IT-Strafrechts 
von Jana Elsner, Lorenz Meinen und Prof. Dr. Christian Rückert

Zwischen (Teil-)Entkriminalisierung und Rufen nach (Re-)Regulierung - Zur Evaluierung des neuen Konsumcannabisgesetzes 
von Dr. Alessandro Giannini

FORSCHUNGSBERICHT 

Das Projekt GeVoRe - Gewalt gegen Vollstreckungsbeamte und Rettungskräfte
von Katharina Becker, Jule Fischer, Marie Heil, Sabine Horn, Prof. Dr. Anja Schiemann, Nicole Seif und Maren Wegner 

ENTSCHEIDUNGEN/ANMERKUNGEN

Protokollverzögerung als haftverlängernder Faktor 
Anmerkung zu OLG Düsseldorf, Beschl. v. 5.6.2025 - III-2 WS 156/25
von Alicia Althaus und Sina Aaron Moslehi

BUCHBESPRECHUNGEN

Marie-Theres Hess: Digitale Technologien und freie Beweiswürdigung. Eine Untersuchung der Einflüsse von technologiegestützten Beweisen und Legal-Tech-Anwendungen auf die Sachverhaltsfeststellung im Strafprozess
von Prof. Dr. Anja Schiemann 

Simon Pschorr: Strukturbedingt unbestimmte Straftatbestände. Zur Verfassungswidrigkeit des § 315d StGB
von Prof. Dr. Anja Schiemann 

TAGUNGSBERICHT

Fachtagung „Leitlinien für effektive und faire Vernehmungen in Strafverfahren" an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg 
von Laura Farina Diederichs und Pascale Fett

 

 

 

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