Gesetzesantrag zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht

Gesetzentwürfe:

Das Land Baden-Württemberg hat am 15. Februar 2022 erneut einen Gesetzesantrag zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht (BR Drs. 64/22, BR Drs. 360/20) auf den Weg gebracht. Der Entwurf wurde bereits im Oktober 2020 in den Bundestag eingebracht und unterfiel mit Ablauf der Legislaturperiode dem Grundsatz der Diskontinuität. 

Am 11. März 2022 beschloss der Bundesrat den Entwurf erneut in den Bundestag einzubringen. Am 29. April 2022 veröffentlichte die Bundesregierung ihre Stellungnahme (BT Drs. 20/1541) und begrüßte das grundsätzliche Anliegen der Länder. Der vom Bundesrat eingebrachte Entwurf sei jedoch in vielen Teilen veraltet und im Übrigen nicht zielführend, so dass er insgesamt abzulehnen sei. 

 


19. Legislaturperiode:  

 

Das Land Baden-Württemberg hat einen Gesetzesantrag zur Verbesserung des Kinderschutzes im Familienverfahrensrecht (BR Drs. 360/20) in den Bundesrat eingebracht. Hintergrund des Antrags ist der „Staufener Missbrauchsfall“, der das Land dazu veranlasst hat, eine „Kommission Kinderschutz“ einzusetzen, um die Verfahren des Kinderschutzes auf allen Ebenen zu analysieren und einen möglichen Handlungsbedarf herauszuarbeiten. Die Einzelempfehlungen wurden am 17. Februar 2020 in einem Abschlussbericht vorgestellt. Mit dem Entwurf macht das Land Vorschläge zur Änderung des FamFG: 

  • Einbeziehung und Befassung mit dem betroffenen Kind stärken
  • Verstärkung des Informationsaustauschs zwischen Gericht und Jugendamt
  • Verpflichtung des Gerichts, die Umsetzung und die Umsetzbarkeit geplanter Maßnahmen mit dem Jugendamt zu erörtern
  • Klarstellung der Überprüfungspflicht von Anordnungen nach § 1666 Abs. 3 BGB in angemessenen Zeitabständen durch das Gericht 
  • Verstärkung der Möglichkeit der Anhörung Dritter 
  • Verstärkung der Möglichkeit des Einsatzes von Sachverständigen
  • Streichung des Regelvorbehalts in § 158 FamFG zur Verstärkung des Instituts der Verfahrensbeistandschaft 

Der federführende Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Frauen und Jugend empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf mit kleineren Änderungen in den Bundestag einzubringen. Der Entschluss hierzu wurde am 18. September 2020 im Plenum gefasst und am 23. Oktober 2020 umgesetzt (BT Drs. 19/23567). 

 

 

Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche

Hier finden Sie folgende Stellungnahmen: 

Öffentliche Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am 9. Dezember 2020: 

Zum Referentenentwurf (nähere Informationen dazu finden Sie hier) zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche 

 

 

 

 

Gesetzesantrag zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern

Gesetzentwürfe: 

Hessen hat am 24. Februar 2022 erneut einen Gesetzesantrag zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern auf den Weg gebracht. Der Entwurf wurde bereits im Oktober 2020 in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/23569) und unterfiel mit Ablauf der Legislaturperiode dem Grundsatz der Diskontinuität. 

Der Bundesrat hat am 11. März 2o22 über die Initiative abgestimmt und den Entwurf erneut über die Bundesregierung in den Bundestag eingebracht. Diese veröffentlichte am 29. April 2022 ihre Stellungnahme (BT Drs. 20/1543), in der sie sich ablehnen zu dem Entwurf äußerte: 

„Die Bundesregierung erachtet die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen des Strafgesetzbuchs (StGB) und der Strafprozessordnung (StPO) als nicht erforderlich, um den Schutz von Kindern zu verbessern. Die effektive strafrechtliche Verfolgung von Kindesentführungen ist auch aufgrund der bestehenden Rechtslage möglich.“

 


19. Legislaturperiode: 

 

Das Bundesland Hessen hat bereits 2018 einen Gesetzesantrag zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 518/18). Bislang wurde dem Antrag jedoch wenig Beachtung geschenkt und immer wieder von der Tagesordnung abgesetzt. 

Im Hinblick auf die Tatumgebung des Internets und der besonderen körperlichen Unterlegenheit und Gutgläubigkeit von Kindern, sieht das Land Handlungsbedarf und möchte mit dem Entwurf Gesetzeslücken schließen. Zum einen sei dies für Fälle der Kindesentführung notwendig, „bei denen es (noch) nicht zu sexuellen Missbrauchshandlungen oder sonstigen Anschlusstaten gekommen ist. Bei Säuglingen oder Kleinstkindern scheiden mangels Vorliegen eines natürlichen Fortbewegungswillens die Tatbestände der Freiheitsberaubung (§ 239 Abs. 1 StGB) oder der Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB) aus. Für eine Strafbarkeit nach § 235 Abs. 1 StGB (Entziehung Minderjähriger) ist nach der Rspr. des BGH eine Entziehung von gewisser Dauer erforderlich. Welcher Zeitraum hierfür zu veranschlagen ist, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Zudem sei bei versuchten Kindesentführungen der Nachweis des Tatvorsatzes zu einem versuchten Sexual- oder gar Tötungsdelikts nicht zu erlangen. Zum verbesserten Schutz sieht der Entwurf daher eine Erweiterung des Straftatbestandes des § 235 StGB vor, in der das Entführen oder das rechtswidrige Sich-Bemächtigen von Kindern einen Grundtatbestand mit einem Strafrahmen von Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bildet: 

§ 235 Abs. 4 StGB-E

„Folgende Nummern 3 bis 5 werden angefügt:

3. die durch die Tat geschaffene Lage zur Herstellung kinderpornographischer Schriften ausnutzt,

4. die Tat begeht, um das Kind oder die Person unter achtzehn Jahren zu töten, zu quälen oder roh zu misshandeln oder

5. die Tat begeht um eine Handlung nach Nummer 3 oder 4 zu ermöglichen.“

Darüber hinaus sind Qualifikationen für die Fälle gesteigerten Unrechts vorgesehen. Flankierend soll eine Erweiterung des Straftatenkatalogs des § 68c Abs. 3 S. 1 Nr. 2 lit. a StGB erfolgen und damit eine Möglichkeit der unbefristeten Führungsaufsicht für Fälle des § 235 Abs. 4 StGB-E geschaffen werden. Eine Ergänzung des § 112a Abs. 1 S. 1 StPO soll die Anordnung der Untersuchungshaft in Fällen der Kindesentführung erleichtern. 

Als weiteren Aspekt zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern sieht der Entwurf die Einführung einer Versuchsstrafbarkeit für das Cybergrooming vor. Dieser Aspekt dürfte sich seit dem Siebenundfünfzigsten Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Versuchsstrafbarkeit des Cybergroomings vom 3. März 2020: BGBl. I 2020 Nr. 11, S. 431 ff. erledigt haben. 

Die Ausschüsse haben bereits über den Antrag Hessens beraten und empfahlen dem Bundesrat, den Gesetzentwurf mit kleineren Änderungen in den Bundestag einzubringen. Der Entschluss hierzu wurde am 18. September 2020 im Plenum gefasst und am 23. Oktober 2020 umgesetzt (BT Drs. 19/23569).

 

 

 

Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder

Gesetz zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 des Strafgesetzbuches – Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornographischer Inhalte vom 27. Juni 2024, BGBl I Nr. 213

Gesetzentwürfe: 

 

Am 17. November 2023 hat das BMJ einen Referentenentwurf zur Anpassung der Mindeststrafe des § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 StGB auf den Weg gebracht.

Durch die Neufassung des § 184b StGB im Juni 2021 wurden die Strafrahmen der Tatbestandsvarianten des § 184b Abs. 1 S. 1 StGB und des § 184b Abs. 3 StGB angehoben und stellen seither ein Verbrechen dar. Eine Regelung für minder schwere Fälle wurde nicht getroffen und eine Verfahrenseinstellung aus Opportunitätsgründen entfällt nunmehr aufgrund des Verbrechenscharakters.  Die Rückmeldung aus der Praxis habe gezeigt, dass „dies bei Verfahren, die einen Tatverdacht am unteren Rand der Strafwürdigkeit zum Gegenstand haben, dazu führt, dass eine tat- und schuldangemessene Reaktion nicht mehr in jedem Einzelfall gewährleistet ist“, so der Entwurf. Besonders fraglich erscheine die Verhältnismäßigkeit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wenn die beschuldigte Person ersichtlich nicht mit pädokrimineller Energie gehandelt habe, bspw. wenn kinderpornographische Inhalte an Lehrer:innen oder die Schulleitung weitergeleitet wurden, um über den Vorfall zu informieren. Ebenso können Inhalte ungewollt in den Besitz des/der Empfänger:in gelangen.

Der Referentenentwurf sieht daher vor, den Strafrahmen der Tatbestandvariante des § 184b Abs. 1 S. 1 StGB von einem Jahr auf sechs Monate und der Variante des § 184b Abs. 3 StGB von einem Jahr auf drei Monate herabzusenken. Somit wird den Strafverfolgungsbehörden wieder die Möglichkeit eröffnet, Verfahren, die sich am unteren Rand der Strafwürdigkeit befinden, gem. §§ 153 153a StPO einzustellen. Die Grenze der Höchststrafen soll jedoch beibehalten werden, um künftige schwere Taten angemessen sanktionieren zu können.

Die neue Regelung soll insbesondere auch dem großen Anteil jugendlicher Täter:innen zugute kommen, die aus „jugendlicher Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben“ und nicht aus pädophilen Motiven heraus handeln.

Am 7. Februar 2024 hat die Bundesregierung den vorgelegten Regierungsentwurf beschlossen. Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann dazu: 

„Die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte ist eine schwere Straftat. Sie kann mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden. Das ist richtig so und daran wird sich nichts ändern. Die Änderung des unteren Strafrahmens aus dem Jahr 2021 hat jedoch zu zahlreichen Problemen in der Praxis der Strafverfolgung geführt. Insbesondere droht Menschen, die solches Material ungewollt – etwa im Rahmen einer WhatsApp-Eltern-Gruppe – zugespielt bekommen haben, eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Vergleichbares gilt beispielsweise auch im Falle von Lehrerinnen und Lehrern, die bei Schülern kinderpornographisches Material auf dem Handy entdeckt und es weitergeleitet haben, um betroffene Eltern zu alarmieren. Um den Staatsanwaltschaften und Gerichten die Möglichkeit zurückzugeben, flexibel und verhältnismäßig auf jeden Einzelfall angemessen reagieren zu können, werden wir im Wesentlichen zur alten Rechtslage zurückkehren. Das ist ein dringender Wunsch insbesondere von Strafverfolgern, Staatsanwälten und Gerichten sowie der Landesjustizministerinnen und Landesjustizminister. Dieses Einvernehmen in der gesamten Fachwelt rührt insbesondere daher, dass künftig die Strafverfolgung wieder effizienter und zielgerichteter organisiert werden kann. Das ist in Anbetracht dieses schrecklichen Kriminalitätsfeldes auch dringend nötig.“

Am 14. März 2024 wurde der Entwurf in erster Lesung beraten und im Anschluss an den federführenden Rechtsausschuss überwiesen. In seiner Plenarsitzung am 22. März 2024 hat sich der Bundesrat erstmals mit der Anpassung des § 184b StGB beschäftigt und keine Einwendungen erhoben. Am 10. April 2024 fand im Rechtsausschuss eine Öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier.

Die Sachverständigen waren einhellig der Ansicht, dass der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 184b StGB im Juni 2021 „über das Ziel hinausgeschossen“ sei. Alexander Boger von der Staatsanwaltschaft Ravensburg erklärte, dass seither eine Einstellung der Verfahren selbst bei „Fällen mit geringstem Unrechtsgehalt“ nicht mehr möglich sei, was letztlich zu einer Verzögerung der Ermittlungen in schwerwiegenden Fällen beitrage. Auf der anderen Seite bestehe auch die Situation, dass ahnungslose Personen „harten Ermittlungsmaßnahmen“ unterzogen würden und sich Durchsuchungen oder Beschlagnahmen ausgesetzt sähen, so Alexander Poitz von der Gewerkschaft der Polizei. Davor hätten die Expert:innen bereits vor der Reform gewarnt und die Praxis rufe nun nach einer Reform, erklärte Dr. Oliver Piechaczek vom Deutschen Richterbund. Rainer Becker von der Deutschen Kinderhilfe schlug die Einführung von minderschweren Fällen in § 184b StGB vor, die mit einem entsprechend niedrigen Strafrahmen versehen werden könnten. Er betonte, dass die geplante Gesetzesänderung gegen eine EU-Richtlinie verstoße, die Kinderpornografie in jeglicher Form als schwere Straftat einstufe. Fälle, in denen bspw. Eltern vor Kinderpornografie warnen und Beweisbilder verschicken, sollten ganz von der Strafverfolgung ausgenommen werden. Dem stimmten PD Dr. Anja Schmidt von der Goethe- Universität Frankfurt und Kerstin Klaus, Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, nicht zu. Auch in solchen Fällen bedürfe es der Möglichkeit der strafrechtlichen Beurteilung durch Ermittler:innen, so Klaus. Schmidt betonte zudem, dass mit der Weitergabe solcher Bilder auch immer eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Kinder einhergehe. Weiterhin sahen die Sachverständigen bei einem Ausschluss mehrerer Tatumstände ein Risiko für die gezielte Ausnutzung solcher Lücken. Prof. Dr. Jörg Eisele von der Universität Tübingen lehnte auch eine Einführung minderschwerer Fälle ab, da damit keine Einstellung von Verfahren erreicht werde. Dafür bedürfe es der vorgesehenen Senkung der Mindeststrafe. Abseits der Diskussion um die Änderung des Strafrahmens in § 184b StGB regte Prof. Dr. Beate Naake vom Kinderschutzbund an, den Begriff der „Kinderpornografie“ ganz aus dem Strafrecht zu streichen, da er eine Einvernehmlichkeit suggeriere, die von diesen Delikten gerade nicht ausgehe. Überwiegend waren sich die Expert:innen am Ende der Anhörung jedenfalls einig, dass die bestehende Regelung in § 184b StGB verfassungswidrig sei, weil sie gegen das Übermaßverbot bei der Strafverfolgung verstoße. Eine entsprechende Prüfung sei bereits vor dem BVerfG anhängig.

Am 16. Mai 2024 hat der Bundestag den Regierungsentwurf in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (BT-Drs. 20/11419) beschlossen. Dieser hatte auf Antrag der Koalitionsfraktionen eine Folgeänderung in § 127 StGB vorgenommen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass zum Vergehen herabgestufte Delikte entsprechend erfasst bleiben. Am 14. Juni 2024 passierte der Gesetzentwurf den Bundesrat. Das Gesetz wurde am 27. Juni 2024 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (Gesetz zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 des Strafgesetzbuches: BGBl. I 2024, Nr. 213) und trat bereits einen Tag später in Kraft.

 

 

 


19. Legislaturperiode: 

Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16. Juni 2021: BGBl. I 2021, S. 1810 ff. 

Gesetzentwürfe: 

 

Am 31. August 2020 hat das BMJV einen Referentenentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder veröffentlicht. 

Die Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder sei eine der wichtigsten gesellschaftspolitischen Herausforderungen und eine zentrale Aufgabe des Staates. Der technische Wandel habe dazu beigetragen, das Gefährdungspotential für Kinder nicht nur in der virtuellen, sondern auch in der realen Welt zu erhöhen. So biete z.B. das Darknet viel Raum, um kinderpornographisches Material zu verbreiten. Der Verbreitung und dem Konsum liege aber immer real sexualisierte Gewalt gegen Kinder zugrunde. Die Zahl der bekannt gewordenen Fälle sei in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Daher sei es notwendig, die entsprechenden Straftatbestände zu ändern, um ihre Schutzfunktion für Kinder zu verbessern. Vorgesehen sind hierzu u.a. Verschärfungen der Strafrahmen sowie eine effektivere Ausgestaltung der Strafverfolgung. Flankiert werden die Änderungen durch ein Bündel von Maßnahmen, die insbesondere die Prävention betreffen. 

Die Änderungen im StGB: 

Der bisherige Straftatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern soll in drei Straftatbestände aufgespalten werden. Begrifflich soll der sexuelle Missbrauch als „sexualisierte Gewalt gegen Kinder“ neugefasst werden und damit das Unrecht dieser Straftaten klarer umschreiben und einer Bagatellisierung entgegenwirken. 

  • § 176 Sexualisierte Gewalt gegen Kinder 
  • § 176a Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt mit dem Kind 
  • § 176b Vorbereitung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder
  • § 176c Schwere sexualisierte Gewalt gegen Kinder 
  • § 176d Sexualisierte Gewalt gegen Kinder mit Todesfolge

Dabei soll bereits der Grundtatbestand des § 176 StGB-E als Verbrechen ausgestaltet werden. Mit der Änderung der Begrifflichkeit des Missbrauchs soll keine Anwendung von Gewalt oder eine Drohung mit Gewalt zur Tatbestandsverwirklichung erforderlich sein. Vielmehr soll ein klares Signal gesetzt werden, dass der sexualisierten Gewalt gegen Kinder „mit aller Kraft entgegengetreten wird“. Von einer Strafverfolgung kann im Einzelfall abzusehen sein, wenn es sich in Fällen einvernehmlicher sexueller Handlungen um annähernd gleichaltrige Personen handelt. 

Alle bisherigen Tathandlungen, die keinen Körperkontakt mit einem Kind voraussetzen (das Vornehmen sexueller Handlungen vor einem Kind, das Bestimmen eines Kindes zu sexuellen Handlungen, das Einwirken auf ein Kind durch pornographischen Inhalt oder durch entsprechende Reden, das Anbieten eines Kindes für eine der zuvor genannten Tatbestandsvarianten sowie eine teilweise Versuchsstrafbarkeit) werden in § 176a StGB-E. – Sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Körperkontakt mit dem Kind zusammengefasst. Um auch hier das Unrecht der Tat angemessen abbilden zu können, soll der Strafrahmen auch bei diesen Straftatbeständen auf eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren angehoben werden (vorher: Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren). Für das Vorzeigen pornographischer Inhalte soll zudem eine Versuchsstrafbarkeit eingeführt werden. Vergleichbar mit dem Cybergrooming soll der Täter auch dann strafbar sein, wenn seine Tatvollendung daran scheitert, dass er irrig annimmt, sein Einwirken beziehe sich auf ein Kind. Damit werde zugleich die Strafverfolgung erleichtert. 

§ 176b StGB-E – Vorbereitung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder erfasst u.a. das Cybergrooming und soll auch hier den Unrechtsgehalt der Tat angemessener umschreiben. Der Strafrahmen (Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren) soll beibehalten werden. Das Anbieten oder Nachweisen eines Kindes für sexualisierte Gewalt bzw. das Verabreden zu einer solchen Tat soll künftig mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft werden, da sie besonders verwerflich sei. 

Im Falle der schweren sexualisierten Gewalt gegen Kinder (§ 176c StGB-E) sieht der Entwurf die Streichung der minder schweren Fälle vor. Auch hier soll das Unrecht der Tat deutlicher zum Vorschein gebracht werden und sich stärker als bisher im Strafmaß widerspiegeln. § 176c Abs. 1 StGB-E umfasst dabei alle Tathandlungen, die bislang unter § 176a Abs. 2 StGB gefasst werden und nimmt den alten Strafrahmen auf. § 176c Abs. 2 StGB-E regelt die Tatbestandsvariante, bei der der Täter in der Absicht handelt, die Tat zum Gegenstand pornographischer Inhalte zu machen (entspricht § 176a Abs. 3 StGB). Minder schwere Fälle sollen künftig nicht mehr erfasst sein. Die schwere körperliche Misshandlung und die Gefahr des Todes wird wie bislang von § 176a Abs. 5 StGB in § 176c Abs. 3 StGB-E geahndet. Die Qualifikation bei Wiederholungstaten (§ 176a Abs. 1 StGB) geht aufgrund der Hochstufung des Grundtatbestandes (§ 176 Abs. 1 StGB-E) zum Verbrechen in diesem auf. 

Der sexuelle Missbrauch von Kindern mit Todesfolge (§ 176b StGB) wird beibehalten und in § 176d StGB-E – Sexualisierte Gewalt gegen Kinder mit Todesfolge mit einer kleinen Folgeänderung neu verortet. 

Eine Verschärfung des Strafrahmens sollen auch die Straftatbestände der Kinderpornographie erfahren. Das Verbreiten, Zugänglichmachen, Besitzverschaffen, Herstellen, Beziehen, Liefern, Vorrätig halten, Anbieten, Bewerben und das Ein- und Ausführen wird zu einem Verbrechen hochgestuft (§ 184b Abs. 1 StGB-E). Die Einordnung als Verbrechen erscheine geboten, um das Maß des verwirklichten Unrechts und der Schuld besser abbilden zu können. Schließlich stehe hinter der Kinderpornographie sehr häufig eine sexualisierte Gewalt gegen Kinder. des Weiteren solle dies eine Möglichkeit bieten, potentielle Täter abzuschrecken. Die Einordnung als Verbrechen hat prozessrechtlich die Folge, dass eine Einstellung von Verfahren aus Opportunitätsgründen (§§ 153, 153a StPO) nicht mehr in Betracht kommt. Soweit lediglich Fiktivpornographie zum Gegenstand der Verbreitung geworden ist, bleibt der bisherige Strafrahmen von drei Monaten bis zu fünf Jahren (§ 184b Abs. 1 S. 2 StGB-E) erhalten. Entsprechend der Anhebung des Strafrahmens in § 184b Abs. 1 StGB-E soll auch der Strafrahmen für die banden- und gewerbsmäßige Begehungsformen (§ 184b Abs. 2 StGB-E) auf eine Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren angehoben werden. 

Neben den Neuregelungen der §§ 176b ff. und § 184b StGB-E sollen bestehende Strafbarkeitslücken geschlossen werden. Die §§ 174 bis 174c StGB (sexueller Missbrauch von Personen in Abhängigkeitsverhältnissen) sollen um Tathandlungen mit oder vor dritten Personen erweitert werden.

 

Die Änderungen in der StPO:

Aufgrund der Änderungen im StGB werden auch in der StPO Folgeänderungen vorgenommen. Das Zeugnisverweigerungsrecht für Berufsgeheimnisträger erfährt in § 53 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 StPO durch die Angabe der Tatbestände der §§ 174 bis 174c, 176a, 176b StGB ein Update. 

Redaktionelle Änderungen erfahren auch die Katalogtaten der Telekommunikationsüberwachung (§ 100a StPO), Onlinedurchsuchung (§ 100b StPO) und der Erhebung von Verkehrsdaten (§ 100g StPO). Dies soll eine effektive Strafverfolgung im Bereich der sexualisierten Gewalt gegen Kinder und der Kinderpornographie ermöglichen und zugleich „das Risiko der Entdeckung erhöhen und den zumeist abgeschotteten Foren für den Austausch kinderpornographischer Inhalte die tatanreizende Wirkung“ nehmen. 

Des Weiteren sieht der Entwurf vor, den Katalog des Untersuchungshaftgrundes der Schwerkriminalität in § 112 Abs. 3 StPO um den Straftatbestand der schweren sexualisierten Gewalt gegen Kinder gemäß § 176c StGBE und die sexualisierte Gewalt gegen Kinder mit Todesfolge nach § 176d StGB-E zu erweitern. Die hohe Bedeutung der geschützten Rechtsgüter werde materiell durch die Erhöhung der Mindeststrafe auf zwei Jahre Freiheitsstrafe zum Ausdruck gebracht. Prozessual soll dies auch mit der Aufnahme der Delikte in den Katalog des Untersuchungshaftgrundes der Schwerkriminalität verdeutlicht werden. 

 

Die Änderungen des GVG: 

Neben den Änderungen des StGB und der StPO sollen im GVG Qualifikationsanforderungen für Familien- und Jugendrichter, Jugendstaatsanwälte sowie Verfahrensbeistände von Kindern gesetzlich geregelt und damit konkreter und verbindlicher gefasst werden. In Kindschaftsverfahren soll grundsätzlich die persönliche Anhörung des Kindes festgeschrieben werden. 

 

Die Änderung des BZRG

Wie bereits vom Bundesrat in seinem Gesetzentwurf vom 18. März 2020 (BT Drs. 19/18019) gefordert, sollen die Fristen für die Aufnahme von relevanten Verurteilungen in erweiterte Führungszeugnisse verlängert werden (weitere Informationen zum Gesetzentwurf des Bundesrates finden Sie hier). Die Frist zur Aufnahme von Eintragungen geringfügiger Verurteilungen wegen bestimmter Straftaten wird von drei auf zehn Jahre verlängert und die Mindesttilgungsfrist für diese Verurteilungen verdoppelt. Damit sollen Stellen, die Personen mit einer beruflichen oder ehrenamtlichen Beschäftigung, Betreuung, Erziehung oder Ausbildung Minderjähriger beauftragen wollen, sowie Gerichten, Staatsanwaltschaften, Polizei und anderen auskunftsberechtigten Behörden (§ 41 BZRG) alle wichtigen Informationen zugänglich gemacht werden, die sie benötigen, um eine Entscheidung im Interesse der Strafrechtspflege und der öffentlichen Sicherheit zu treffen. 

 

Am 21. Oktober 2020 hat die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder beschlossen (Regierungsentwurf). Bundesjustizministerin Christine Lambrecht

„Immer wieder erleben wir, dass Kindern durch erschütternde sexualisierte Gewalttaten unermessliches Leid zugefügt wird. Um diese Gräueltaten mit aller Kraft zu bekämpfen und Kinder besser zu schützen, haben wir ein umfassendes Paket beschlossen. Dazu gehören deutlich schärfere Strafen, effektivere Strafverfolgung und Verbesserungen bei der Prävention auch durch Qualifikationsanforderungen in der Justiz. Täter fürchten nichts mehr als entdeckt zu werden. Den Verfolgungsdruck müssen wir deshalb massiv erhöhen. Das schreckliche Unrecht dieser Taten muss auch im Strafmaß zum Ausdruck kommen. Künftig muss sexualisierte Gewalt gegen Kinder ohne Wenn und Aber ein Verbrechen sein. Gleiches gilt für die abscheulichen Bilder und Videos, mit denen diese Taten zu Geld gemacht werden. Wer mit der Grausamkeit gegen Kinder Geschäfte macht, soll künftig mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden können. Wir brauchen höchste Wachsamkeit und Sensibilität für Kinder, die gefährdet sind oder Opfer von sexualisierter Gewalt wurden. Um sicherzustellen, dass Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte ihren verantwortungsvollen Aufgaben gerecht werden können, legen wir konkrete Qualifikationsanforderungen in der Familien- und Jugendgerichtsbarkeit fest.“

Am 29. Oktober 2020 brachten die Fraktionen CDU/CSU und SPD einen gleichlautenden Gesetzentwurf in den Bundestag ein (BT Drs. 19/23707). Dieser wurde am 30. Oktober 2020 in erster Lesung beraten. Christine Lambrecht betonte eingangs, dass sexualisierte Gewalt gegen Kinder erschütternde Verbrechen darstellen, die ins Mark träfen. Darum sei sie froh, einen Gesetzentwurf vorstellen zu können, der alle Möglichkeiten zum Handeln eröffne. Die Fraktionen CDU/CSU und SPD betonten, dass sie froh seien, dass man nicht bei öffentlicher Empörung stehenbleibe, sondern mit zahlreichen Maßnahmen effektiv etwas für mehr Kinderschutz tue und begrüßten den Dreiklang des Gesetzentwurfs. Die Koalition habe entschieden den Entwurf gemeinsam einzubringen, um ihn zu beschleunigen. Dirk Wiese (SPD) sprach sich insbesondere für einen starken Fokus auf die Prävention aus. Die Opposition unterstütze grundsätzlich den Gesetzentwurf. Die AfD warf jedoch der Koalition vor, zu lange gewartet zu haben und nun in Aktionismus zu verfallen. So erschließe sich nicht, warum Tatvarianten ohne Körperkontakt milder bestraft werden sollen und die Mindeststrafe für Tauschbörsenbetreiber nur bei einem Jahr Freiheitsstrafe liege. Stattdessen forderte die AfD u.a. ein öffentlich einsehbares Register von Sexualstraftätern. Dr. Jürgen Martens (FDP) kritisierte, dass zu lange von einem sexuellen Missbrauch gesprochen worden sei, da es schließlich auch keinen zulässigen Gebrauch von Kindern gebe. Die Notwendigkeit zu handeln sei da, jedoch zweifelte er daran, ob mit dem Entwurf immer das Richtige getan werde und sprach sich für eine evidenzbasierte Strafrechtspolitik aus. Die Straferhöhung ziehe schließlich Folgeprobleme nach sich. So müsse nicht nur personell in der Justiz nachgesteuert werden, auch die Ermittlungsbehörden benötigten mehr Personal und Sachmittel, damit sie überhaupt von ihren erweiterten Befugnissen Gebrauch machen könnten. Ferner bestehe bei Bagatellfällen die Gefahr der Überstrafe. Ebenso wie die SPD sah die FDP einen Schwerpunkt in der Prävention, wofür im Haushalt aber keine Mittel bereit stünden. Die Linke wies insbesondere auf einen Verbesserungsbedarf im Hinblick auf den Wegfall der minderschweren Fälle hin. Annalena Baerbock von den Grünen befand den Gesetzentwurf der Koalition als absolut richtig und wichtig, schließlich seien auch viele Vorschläge der Grünen in den Entwurf eingeflossen. Es sei an der Zeit einen Perspektivwechsel vorzunehmen und Kinder auch im juristischen Verfahren als Rechtssubjekte anzusehen und nicht nur als Objekte. Es brauche Prävention und eine Trauma-Ambulanz für Kinder. Daher könne der Gesetzentwurf nur der Beginn einer notwendigen Debatte sein. 

Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen wurde im Anschluss an die Debatte gemeinsam mit einem Entschließungsantrag der Grünen (BT Drs. 19/23676) zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. 

Am 27. November 2020 befasste sich der Bundesrat mit dem Regierungsentwurf und nahm hierzu Stellung. Er fordert insbesondere im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Neuordnung und Harmonisierung des Sexualstrafrechts sowie die Beibehaltung der bisherigen Terminologie des „sexuellen Missbrauchs“. Des Weiteren soll an dem Vorhaben der Erhöhung der Strafandrohung bei Verstößen gegen Weisungen in der Führungsaufsicht festgehalten werden (so schon der Gesetzesentwurf aus Bayern, BR Drs. 362/20). Die Stellungnahme wird nun der Bundesregierung zugeleitet. 

Am 7. Dezember 2020 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Sachverständigen begrüßten einhellig das Anliegen, Kinder besser zu schützen. Kritik übten sie jedoch insbesondere an der geplanten begrifflichen Änderung. Prof. Dr. Jörg Kinzig kritisierte, dass der Entwurf in den meisten Bereichen nicht einer evidenzbasierten Kriminalpolitik entspreche. Es drohe der Verlust der Rechtsstaatlichkeit, wenn Kriminalpolitik nach den Vorgaben der Boulevardpresse betrieben werde. Vielmehr solle zum Schutz der Kinder ein Augenmerk auf die Prävention gelegt werden. Der Begriff der „sexualisierten Gewalt“ verwische schließlich den Unterschied zwischen sexuellen Handlungen mit und ohne Anwendung von Gewalt, was zu Auslegungsproblematiken führe. Dem schlossen sich auch Rechtsanwältin Dr. Jenny Lederer und Dr. Julia Bussweiler von der GenStA Frankfurt a.M. an. Letztere führte aus, dass es zu einer falschen Bewertung in der Gesellschaft führe, wenn ein bislang durchgängig negativ besetzter Begriff, wie der sexuelle Missbrauch, plötzlich umbenannt werde. Prof. Dr. Jörg Eisele äußerte sich ebenfalls kritisch zur Änderung der Begrifflichkeit des sexuellen Missbrauchs. Der Gesetzgeber meine zwar, das Unrecht der Taten besser zu verdeutlichen, verfehle damit aber die tatbestandliche Beschreibung. Außerdem entspreche der bisher gängige Begriff der einschlägigen EU-Richtlinie. Prof. Dr. Tatjana Hörnle gab zu bedenken, dass bei der Verwendung der generellen Begrifflichkeit „sexualisierte Gewalt“ alle die Formen der sexuellen Gewalt an Kindern verloren gingen, die mit brutalen körperlichen Attacken einhergehen und zu deren Charakterisierung die Begriffe erforderlich seien. Ein „Fehlschuss“ sei insbesondere die Annahme, dass man durch den Begriff des „Missbrauchs“ einen straflosen „Gebrauch“ von Kindern impliziere. Der Begriff „sexueller Missbrauch“ sei eine Kurzfassung von „Missbrauch von Abhängigkeit und Unterlegenheit für sexuelle Zwecke“. Dr. Leonie Steinl vom Deutschen Juristinnenbund gab zu bedenken, dass der Gewaltbegriff im deutschen Strafrecht enger verstanden werde als im Völkerrecht und schlug die Verwendung des Begriffs „sexualisierte Übergriffe“ vor. Dr. Franziska Drohsel von der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend sprach sich als einzige Expertin für die Streichung des Begriffs des „sexuellen Missbrauchs“ aus. Was die Erhöhung des Strafrahmens betrifft, so waren sich die Experten einig, dass man mit dem Vorstoß über das Ziel hinaus schieße. Insbesondere die Heraufstufung des Grundtatbestandes zum Verbrechen lehnte die Rechtsanwältin Dr. Jenny Lederer ab. Es fehle eine rationale Begründung oder der empirische Beleg einer Wirksamkeit. Auch bei der beabsichtigten Einführung einer Strafbarkeit des Erwerbs von kindlichen „Sexpuppen“ würden Verhaltensweisen kriminalisiert, von denen man gar nicht wüsste, ob sie zwangsläufig zu Hands-on-Delikten führen. Dies widerspreche dem Ultima-Ratio-Grundsatz. Barbara Stockinger vom DRB betonte, dass eine Strafandrohung allein erfahrungsgemäß wenig Abschreckungswirkung entfalte. Die Anhebung des Strafrahmens bedeute nicht zuletzt auch eine massive Mehrbelastung der überlasteten Staatsanwaltschaften und Gerichte. Sie begrüßte jedoch die vorgesehene Erweiterung der Befugnisse der Ermittlungsbehörden, auch wenn die Umsetzung der Mindestspeicherfrist für Verkehrsdaten immer noch nicht erfolgt sei und dadurch ein wichtiges Instrument im Kampf  gegen die Kinderpornografie und sexualisierte Gewalt gegen Kinder fehle. Dr. Franziska Drohsel sprach sich für eine Erweiterung des Gesetzesentwurfs im Bereich des Opferschutzes aus. Außerdem sollte der Begriff der „Kinderpornografie“ abgeschafft und den Richterinnen und Richtern mehr Fachwissen in Bezug auf den Umgang mit traumatisierten Kindern vermittelt werden. 

Am 24. März 2021 beschäftigte sich der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz mit dem Entwurf der Koalitionsfraktionen (BT Drs. 19/23707), dem Regierungsentwurf (BT Drs. 19/24901) sowie mit den Gesetzentwürfen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes (BT Drs. 19/20541), zur Stärkung des Kinderschutzes im familiengerichtlichen Verfahren (BT Drs. 19/20540) und dem Antrag „Prävention stärken – Kinder vor sexualisierter Gewalt schützen“ (BT Drs. 19/23676). Der Ausschuss empfiehlt in seinem Bericht (BT Drs. 19/27928) die Annahme des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und SPD in geänderter Fassung unter gleichzeitiger einvernehmlicher Erledigterklärung des Regierungsentwurfs. Die Gesetzentwürfe der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sowie deren Antrag zur Stärkung der Prävention hat der Ausschuss abgelehnt. In der geänderten Fassung des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen wurde insbesondere auf den Begriff der „sexualisierten Gewalt“ verzichtet. 

Am 25. März 2021 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der AfD bei Enthaltung der Oppositionsfraktionen beschlossen. Der Regierungsentwurf wurde nach der Abstimmung für erledigt erklärt. 

Am 7. Mai 2021 hat der Bundesrat den Gesetzesbeschluss des Bundestages gebilligt. Das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16. Juni 2021 wurde am 22. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I 2021, S. 1810 ff.). Es tritt vorbehaltlich des Absatzes 2 am 1. Juli 2021 in Kraft. Mit Ausnahme des Artikels 4 treten die übrigen Regelungen am 1. Januar 2022 in Kraft, Artikel 4 schließlich am 1. Juli 2022. 

 

 

Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche

Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9. März 2021: BGBl. I 2021, S. 327 ff. 

Gesetzentwürfe: 

 

Das BMJV hat am 11. August 2020 einen Referentenentwurf zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche auf den Weg gebracht. Damit soll zugleich der seit dem 2. Dezember 2018 in Kraft getretenen Richtlinie (EU) 2018/1673 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche Rechnung getragen werden, die bis zum 3. Dezember 2020 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die Richtlinie enthält Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Sanktionen. Der Tatbestand des § 261 StGB entspricht zwar schon in weitern Teilen der EU-Richtlinie, die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche soll jedoch weiter verbessert und neu gefasst werden und über die internationalen Mindestvorgaben hinausgehen. Der Entwurf sieht vor, künftig alle Straftaten als Geldwäschevortaten einzubeziehen. Durch einen Verzicht auf einen Vortatenkatalog wird eine effektiverer Kriminalitätsbekämpfung im Bereich der organisierten Kriminalität erwartet. Entsprechend soll die Beweisführung erleichtert werden. Gerade im Bereich der banden- oder gewerbsmäßigen Strukturen war ein Nachweis in der Strafverfolgungspraxis oft schwierig. 

Die Ausweitung der Norm macht es aus Gründen der „Eingrenzung und Ausgewogenheit der Strafandrohung“ notwendig, den Anwendungsbereich einzuschränken. So soll etwa die leichtfertige Geldwäsche nicht erfasst werden. Auch die straprozessualen Eingriffsbefugnisse der §§ 100a, 100b und 100g StPO wurden an den ausgeweiteten Anwendungsbereich der Geldwäsche angepasst und ermöglichen eine Telekommunikaationsüberwachung oder eine Online Durchsuchung nur im besonders schweren Fall, bzw. wenn die Vortat eine der in den Nr. 1 bis 11 genannten schweren Straftaten darstellt. Eine Überarbeitung der Umschreibung tauglicher Tatobjekte und eine Neugliederung der Tathandlungen soll den Tatbestand des § 261 StGB in seiner Handhabung vereinfachen. Ebenso wurden im Entwurf die durch das BVerfG geprägten Vorsatzanforderungen bei der Annahme von Honoraren durch Strafverteidiger berücksichtig. Weiterhin sieht der Entwurf eine Modifizierung der selbstständigen Einziehung (§ 76a StGB) vor, die zudem an die neue Terminologie angepasst werden soll. Flankiert werden die Neuregelungen durch eine Zuständigkeitsregelung der Wirtschaftsstrafkammern. Durch die Aufnahme des § 261 StGB in den Katalog des § 74c Abs. 1 S. 1 Nr. 6 lit. a GVG soll die Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammern immer dann begründet sein, wenn die „Beurteilung des Falles besondere Kenntnisse des Wirtschaftslebens erforderlich“ macht. 

§ 261 StGB soll schließlich künftig wie folgt gefasst werden: 

„§ 261 – Geldwäsche

(1) Wer einen Tatertrag, ein Tatprodukt oder einen an dessen Stelle getretenen anderen Vermögensgegenstand

1. verbirgt,

2. in der Absicht, dessen Auffinden, dessen Einziehung oder die Ermittlung von dessen Herkunft zu vereiteln, umtauscht, überträgt oder verbringt,

3. sich oder einem Dritten verschafft oder

4. verwahrt oder für sich oder einen Dritten verwendet, wenn er dessen Herkunft zu dem Zeitpunkt gekannt hat, zu dem er ihn erlangt hat,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Dies gilt nicht in Bezug auf einen Vermögensgegenstand, den ein Dritter zuvor erlangt hat, ohne hierdurch eine Straftat zu begehen. Wer als Strafverteidiger ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt, handelt in den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 und 4 nur dann vorsätzlich, wenn er zu dem Zeitpunkt der Annahme des Honorars sichere Kenntnis von dessen Herkunft hatte.

(2) Ebenso wird bestraft, wer Tatsachen, die für das Auffinden, die Einziehung oder die Ermittlung der Herkunft eines Vermögensgegenstands nach Absatz 1 von Bedeutung sein können, verheimlicht oder verschleiert. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer eine Tat nach Absatz 1 oder Absatz 2 als Verpflichteter nach § 2 des Geldwäschegesetzes begeht, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

(5) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Geldwäsche verbunden hat.

(6) Wer wegen Beteiligung an der Vortat strafbar ist, wird nach den Absätzen 1 bis 5 nur dann bestraft, wenn er den Vermögensgegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert.

(7) Den Vermögensgegenständen im Sinne des Absatzes 1 stehen Taterträge und Tatprodukte einer im Ausland begangenen Tat sowie an deren Stelle getretene andere Vermögensgegenstände gleich, wenn die Tat

1. auch am Tatort mit Strafe bedroht ist oder

2. nach einer der folgenden Vorschriften und Übereinkommen der Europäischen Union mit Strafe zu bedrohen ist:

a) Artikel 2 oder Artikel 3 des Übereinkommens vom 26. Mai 1997 aufgrund von Artikel K.3 Absatz 2 Buchstabe c des Vertrags über die Europäische Union über die Bekämpfung der Bestechung, an der Beamte der Europäischen Gemeinschaften oder der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligt sind (BGBl. 2002 II S. 2727, 2729),

b) Artikel 1 des Rahmenbeschlusses 2002/946/JI des Rates vom 28. November 2002 betreffend die Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens für die Bekämpfung der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (ABl. L 328 vom 5.12.2002, S. 1),

c) Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2003/568/JI des Rates vom 22. Juli 2003 zur Bekämpfung der Bestechung im privaten Sektor (ABl. L 192 vom 31.7.2003, S. 54),

d) Artikel 2 oder Artikel 3 des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der zuletzt durch die Delegierte Richtlinie (EU) 2019/369 (ABl. L 66 vom 7.3.2019, S. 3) geändert worden ist,

e) Artikel 2 Buchstabe a des Rahmenbeschlusses 2008/841/JI des Rates vom 24. Oktober 2008 zur Bek.mpfung der organisierten Kriminalität (ABl. L 300 vom 11.11.2008, S. 42),

f) Artikel 2 und 3 der Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/629/JI des Rates (ABl. L 101 vom 15.4.2011, S. 1),

g) Artikel 3 bis 8 der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornografie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des Rates (ABl. L 335 vom 17.12.2011, S. 1; L 18 vom 21.1.2012, S. 7) oder

h) Artikel 4 bis 9 Absatz 1 und 2 Buchstabe b sowie Artikel 10 bis 14 der Richtlinie (EU) 2017/541 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2017 zur Terrorismusbekämpfung und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates und zur Änderung des Beschlusses 2005/671/JI des Rates (ABl. L 88 vom 31.3 2017, S. 6).

(8) Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, können eingezogen werden. § 74a ist anzuwenden. Die §§ 73 bis 73e bleiben unberührt.“

 

Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärte: „Geldwäsche ist ein schwerwiegendes Problem, weil der Staat und damit alle ehrlichen Bürgerinnen und Bürger geschädigt werden. Kriminelle Profite dürfen keinen Weg in die Legalität finden. Oft ist es aber kompliziert, Geldwäsche wirksam zu bekämpfen. Die grundlegende Reform des Geldwäschestraftatbestands nun ist ein wichtiger Schritt für den Kampf gegen Geldwäsche, weil es das Vorgehen vereinfacht. Die Reform ist ein Herzstück der Strategie der Bundesregierung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, die wir im vergangenen Herbst beschlossen haben. Mit unserem kürzlich vorgelegten 16-Punkte-Aktionsplan wollen wir überdies auf EU-Ebene die Regeln, Aufsichtsstruktur und den Informationsaustausch im Bereich der Geldwäsche ausweiten und stärken.“

Am 14. Oktober 2020 hat die Bundesregierung den vom BMJV vorgelegten Gesetzentwurf angenommen und am 11. November 2020 in den Bundestag eingebracht (BT Drs. 19/24180). Dort wurde er am 20. November 2020 erstmals beraten und im Anschluss an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz zwecks weiterer Beratung überwiesen. Der Regierungsentwurf beinhaltet nun eine geänderte Fassung. Während die Absätze 1-5 wortgleich erhalten geblieben sind, fügt sich nun Abs. 6 mit dem Tatbestandsmerkmal der Leichtfertigkeit ein:  

(6) Wer in den Fällen des Absatzes 1 oder 2 leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Vermögensgegenstand nach Absatz 1 handelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe be- straft. Satz 1 gilt in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 und 4 nicht für einen Strafverteidiger, der ein Honorar für seine Tätigkeit annimmt.

Die Beteiligung an der Vortat rückt damit auf Abs. 7 und in Abs. 8 wurde die Regelung zur Strafbefreiung bei freiwilliger Abgabe oder Veranlassung eine Anzeige der Tat (aktuell in § 261 Abs. 9 S. 1 StGB geregelt) wieder eingefügt. Die dortigen Abs. 7 und 8 sind nun in den Abs. 9 und 10 wiederzufinden:  

(8) Nach den Absätzen 1 bis 6 wird nicht bestraft,

1. wer die Tat freiwillig bei der zuständigen Behörde anzeigt oder freiwillig eine solche Anzeige veranlasst, wenn nicht die Tat zu diesem Zeitpunkt bereits ganz oder zum Teil entdeckt war und der Täter dies wusste oder bei verständiger Würdigung der Sachlage damit rechnen musste, und
2. in den Fällen des Absatzes 1 oder des Absatzes 2 unter den in Nummer 1 genannten Voraussetzungen die Sicherstellung des Vermögensgegenstandes bewirkt. 

 

Der Bundesrat hat am 27. November 2020 der Empfehlung des Rechtsausschusses sowie des Ausschusses für Innere Angelegenheiten entsprechend zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen (BR Drs. 620/1/20). Die Gegenäußerung der Bundesregierung finden Sie hier (BT Drs. 19/24902).

Am 9. Dezember 2020 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Experten kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Prof. Dr. Jens Bülte machte deutlich, dass die Bekämpfung der Geldwäsche ein wichtiges Instrument sei, um der organisierten Kriminalität die finanzielle Grundlage zu entziehen. Mit jeder Änderung des § 261 StGB entferne sich die Strafgesetzgebung jedoch von diesem Ziel und richte sich auch gegen geringfügige und mittlere Kriminalität, was zu einer „Zersplitterung“ der Kräfte und einer zusätzlichen Belastung der Justiz führe. Der Entwurf sieht vor, künftig auch den Ladendiebstahl und andere Kleinkriminalität als Vortat zu erfassen. Damit werde das Strafrecht als Mittel zur Abschöpfung missbraucht, so Bülte. Ähnlich äußerte sich auch Prof. Dr. Matthias Jahn zu dem Entwurf. Die Konzeption flächendeckender Kriminalisierung sei nach europäischem Recht durch die Geldwäscherichtlinie 2018/1673 nicht indiziert. Dies sei vielmehr kriminal- und justizpolitisch bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität dysfunktional. Ein „All-Crime-Ansatz“ führe zu viel „Beifang“, der die ohnehin belasteten Ressourcen mit bagatellhaften Vortaten überstrapaziere. Dr. Matthias Dann führte die bestehenden Defizite bei der Geldwäschebekämpfung in erster Linie auf mangelnde Ressourcen und nicht auf unzureichende Regelungen im Strafrecht zurück. Richter am Bundesgerichtshof Marcus Köhler begrüßte den Entwurf. Mit der Streichung des Vortatenkatalogs und der Erweiterung der selbstständigen Einziehung werde ein schlüssiges Konzept verfolgt. So sah auch Joachim Lüblinghoff, Vorsitzender des DRB, den Entwurf. Der „All-Crime-Ansatz sei vor allem geeignet, Schwierigkeiten bei der Beweisführung zu beseitigen und finde auch in anderen europäischen Ländern Anklang. Allerdings sah auch er eine deutlich höhere Belastung bei den Staatsanwaltschaften und den Gerichten. Dem stimmte Oberstaatsanwalt Dr. Klaus Ruhland zu. Sebastian Fiedler vom BDK gab zu bedenken, dass ein „All-Crime-Ansatz“ nicht die Aufklärung komplexer Sachverhalte erleichtere, bei denen die Herkunft von Vermögen durch internationale Strukturen und Briefkastenfirmen verschleiert werden. Das Problem sei in diesen Fällen nicht die Begrenzung der Strafbarkeit, sondern die Nachweisbarkeit der Quelle. Jedoch dürfe kriminell erwirtschaftetes Vermögen nicht bei den Tätern verbleiben.

Am 5. März 2021 stimmte der Bundesrat dem Regierungsentwurf zu, nachdem der Bundestag bereits am 11. Februar 2021 das Gesetz beschlossen hatte. Es wurde am 17. März 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat einen Tag später in Kraft. 

 

 

 

 

Lukas Schefer: Die Vortäuschung eines Zufallsfundes im Ermittlungsverfahren: Zur Zulässigkeit sogenannter „legendierter Kontrollen“

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2019, Nomos, Baden-Baden, ISBN: 978-3-8487-5756-5,    S. 356, Euro 92,00.

Legendierte Kontrollen sind als die „gezielte Suche nach dem Zufallsfund“ (so Müller/Römer, NStZ 2012, 543) schon seit längerer Zeit Anlass wissenschaftlicher Diskussion im Hinblick auf ihre generelle Zulässigkeit und einschlägige Rechtsgrundlage. Der BGH hat sich in einer Grundsatzentscheidung eindeutig positioniert und legendierte Kontrollen prinzipiell für zulässig erklärt und als Ermächtigungsgrundlage die präventiv-polizeilichen Landesgesetze herangezogen (BGHSt 62, 123). Aber auch dieses Urteil blieb nicht unwidersprochen. Gleichwohl fehlte bislang eine umfassendere, grundlegende wissenschaftliche Aufarbeitung legendierter Kontrollen, die auch nach dem positiven Votum des 2. Strafsenats nicht überflüssig geworden ist.

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Neuregelung der Sterbehilfe – Gesetzgeber muss Konsequenzen aus der Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit des § 217 Strafgesetzbuch ziehen

von Prof. em. Dr. Arthur Kreuzer

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Abstract
Das BVerfG hat § 217 StGB mit der Strafbarkeit geschäftsmäßiger Sterbehilfe für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber sollte angesichts nun bestehender rechtlicher Unsicherheiten und der Gefahr des Entstehens einer „Suizid-Kultur“ rasch eine Neuregelung von Sterbe- und Suizidhilfe schaffen. Die jetzt bestehende Rechtslage wird skizziert. Fünf bislang geltende Grundsätze werden auf mögliche Modifikationen durch das Verfassungsgerichtsurteil geprüft: Straflosigkeit des Suizids; Straflosigkeit der Beihilfe zum Suizid; Strafbarkeit aktiver Sterbehilfe; Straflosigkeit passiver Sterbehilfe; Straflosigkeit indirekter Sterbehilfe. Durchaus dürfen Risiken für das Entstehen einer „Suizid-Kultur“ berücksichtigt, beispielsweise auch Sterbehilfevereine unterbunden werden. Das setzt aber voraus, dass Suizidwilligen Wege zu ärztlich assistierter Hilfe offen bleiben. Elemente eines denkbaren Modells werden hier vorgestellt: Ärztliche Berufsordnungen beseitigen strikte Verbote ärztlicher Suizidassistenz. Nach Vorbild der Schwangerschaftsberatungsstellen werden von Sozialverbänden Sterbeberatungsdienste eingerichtet, die allen Betroffenen zur Verfügung stehen. Ihnen obläge zuvörderst  Beratung zur Lebenserhaltung; erst nach ärztlicher Prüfung fehlender zumutbarer Alternativen, der freien und ohne sozialen Druck getroffenen Willensentschließung zum Suizid, der Ernsthaftigkeit und Beständigkeit dieser Entscheidung darf ärztliche Suizidhilfe zugelassen und zu ihr vermittelt werden. Darüber hinaus könnte anstößige Werbung für Suizidhilfen strafbar sein.

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Wer sucht der findet… Fehlende OK-Ermittlungen

von Prof. Dr. Britta Bannenberg

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Abstract
Die Aufmerksamkeit für Clans ist zu begrüßen. Wir benötigen in Deutschland aber eine deutlich verbesserte gesellschaftliche Sensibilität für Organisierte Kriminalität (OK) und die vielfältigen kriminellen Gruppierungen und Parallelgesellschaften. Zu fordern sind Strukturermittlungen, Vermögensabschöpfungen und abgestimmte vernetzte Maßnahmen im Rahmen von internationalen Strategien der vier „P“:
prevent, pursue, protect and prepare. Eine Einbindung in kriminelle Gruppen und deren Anwachsen muss verhindert werden (Prävention), die Strafverfolgung sowie der Schutz potentieller und tatsächlicher Opfer und Geschädigter muss sichergestellt und letztlich müssen die Entwicklungen der OK verfolgt und ihre Schäden abgemildert werden.

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Die Bekämpfung von Clankriminalität in Deutschland: Verbundkontrollen im kriminalpolitischen und gesellschaftlichen Diskurs

von Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

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Abstract 
Clankriminalität ist eines der aktuell kriminalpolitisch brisantesten Themen. Die Aufmerksamkeit, die das Phänomen durch einzelne spektakuläre Kriminalfälle, aber auch durch Gewalt im öffentlichen Raum seit einigen Jahren erfährt, formulierte einen Auftrag an die Kriminalpolitik. Eine ebenso sichtbare Reaktion des Staates zeigen sich in Verbundkontrollen in Stadtgebieten, die als besonders belastet gelten. Als behördenübergreifende Gesamtstrategie sind die kooperativen Maßnahmen ein Instrument zur Bekämpfung von Organisierter Kriminalität. Wie wirkungsvoll diese sind, hängt von mehreren Faktoren ab. Dabei fordert Clankriminalität nicht nur die Behörden, sondern auch Politik und Gesellschaft heraus. Dies zeigt sich nicht zuletzt in den begleitenden Diskussionen um die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit der staatlichen Kontrollen.

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