Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Europol-Gesetzes

Erstes Gesetz zur Änderung des Europol-Gesetzes vom 23. Juni 2017: BGBl I 2017 Nr. 40, S. 1882 ff.

 

Gesetzentwürfe:

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 160/1/17

Stellungnahme des Bundesrates vom 31. März 2017: BR Drs. 160/17 (B)

Gegenäußerung der Bundesregierung vom 12. April 2017: BT Drs. 18/11931

Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses: BT Drs. 18/12122

Gesetzesbeschluss des Bundestages: BR Drs. 334/17

 
Durch den Gesetzentwurf wird das Europol-Gesetz an die Verordnung (EU) 2016/794 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2016 über die Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung (Europol) angepasst und die Beschlüsse 2009/371/JI, 2009/934/JI, 2009/935/JI, 2009/936/JI und 2009/968/JI des Rates (Europol-Verordnung) aufgehoben und ersetzt.
 
Der Zugang zu Daten, die bei Europol zum Zweck der operativen Analyse verarbeitet werden, soll nach dem „Treffer/Kein Treffer-Verfahren“ erweitert werden. Bislang erfolgen derartige Abfragen nur durch das deutsche Verbindungsbüro bei Europol. Mit dem Gesetzentwurf soll es der Bundespolzei, dem Zollfahndungsdienst und den Polizeien der Länder ermöglicht werden, selber solche Abfrage vorzunehmen. 
 
Der Zugang zu den Daten soll auch auf Daten ausgedehnt werden, „die bei Europol zum Zweck der strategischen und thematischen Analyse“ verarbeitet werden. Dazu gehören z.B. Daten zu neuen Vorgehensweisen beim Kreditkartenbetrug oder Daten zu Routen beim Drogenschmuggel.
 
Am 23. März 2017 wurde der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag beraten und danach zur federführenden Beratung an den Innenausschuss überwiesen. Am 31. März 2017 hat der Bundesrat in seiner Plenarsitzung zu dem Entwurf Stellung genommen. Er gab zu Bedenken, dass die Regelungen des Gesetzentwurfs im Widerspruch zu der Regelung in § 3 BKAG-E steht. Darum bittet er darum, in § 2 EuropolG-E einen klarstellenden Hinweis hinsichtlich der Zusammenarbeit der Länder mit Europol aufzunehmen, dass die Regelungen in § 3 BKAG-E durch die Regelungen des Gesetzesentwurfs zur Änderung des Europol-Gesetzes unberührt bleiben. Des Weiteren soll § 2 Abs. 3 EuropolG dahingehend geändert werden, dass er die Möglichkeiten aufgreift, die Art. 7 Abs. 5 S. 2 der Europol-Verordnung (EU) 2016/794 den Mitgliedstaaten für direkte Kontakte zwischen ihren zuständigen Behörden und Europol gestattet.
Im weiteren Gesetzgebungsverfahren soll nach dem Bundesrat auch überprüft werden, auf welche Weise die Anwendung der Vorschriften des Strafgesetzbuchs über die Verletzung von Privatgeheimnissen, (§ 203 StGB), die Verwertung fremder Geheimnisse (§§ 204, 205 StGB) sowie die Verletzung des Dienstgeheimnisses (§ 353b StGB) auf die Mitglieder des Verwaltungsrates, den Exekutivdirektor und die Bediensteten von Europol sowie die Verbindungsbeamten und weitere gegebenenfalls zur Geheimhaltung besonders verpflichtete Personen sichergestellt und eine auch nur vorübergehende Strafbarkeitslücke vermieden werden kann.
 
Am 26. April 2o17 hat der Innenausschuss die Novelle des Europol-Gesetzes in modifizierter Fassung gebilligt. Die Fraktion die Linke stimmte gegen den Gesetzentwurf, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt sich der Stimme. In die modifizierte Fassung wird die Bitte des Bundesrates aufgenommen in § 2 EuropolG-E einen klarstellenden Hinweis hinsichtlich der Zusammenarbeit der Länder mit Europol aufzunehmen. Die Regelungen in § 3 BKAG-E sollen durch die Regelungen des Gesetzesentwurfs zur Änderung des Europol-Gesetzes unberührt bleiben.
 
Am 27. April 2017 hat der Bundestag den Regierungsentwurf auf Empfehlung des Innenausschusses angenommen. Die Fraktion die Linke stimmte gegen den Entwurf, während sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ihrer Stimme enthielt. Am 12. Mai 2017 hat der Bundesrat die Änderung des Europol-Gesetzes abschließend gebilligt. Der Ständige Beirat des Bundesrates hatte zuvor der Beratung des Gesetzes unter Verkürzung der Drei-Wochen-Frist nach Art. 77 Abs. 2 S. 1 des GG zugestimmt.
 
Das erstes Gesetz zur Änderung des Europol-Gesetzes vom 23. Juni 2017 wurde am 29. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat vorbehaltlich des Abs. 2 am Tag nach der Verkündung in Kraft. Art. 2 tritt am 25. Mai 2018 in Kraft.

 

Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren und zur Änderung des Schöffenrechts (BT-Drs. 18/9534) Stellungnahme zur geplanten Änderung des Schöffenrechts

von Dr. Oliver Harry Gerson

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Abstract
Der Beitrag beleuchtet ausschließlich die geplanten Änderungen des Schöffenrechts. Die Modifikationen des Entwurfs der Bundesregierung laufen auf ein „ununterbrochenes“ Schöffenamt sowie eine strukturelle Reduktion der Auswahllisten für potentielle Kandidaten hinaus, was insgesamt als wenig nachvollziehbar und kontra-produktiv zu bewerten ist. Mit Blick auf die rechtlichen, demokratietheoretischen und sozial-psychologischen Implikationen der „Institution Schöffe“ ist zudem zu konstatieren, dass der „große Wurf“ durch die angedachten Änderungen jedenfalls nicht gelungen ist. Stattdessen verfängt sich das Vorhaben in inneren Widersprüchen und läuft darüber hinaus Gefahr, neue Asymmetrien im Strafverfahren zu verfestigen. Der Beitrag zeigt zudem auf, dass die erhofften Effekte von Laienrichtern auf das Strafverfahren oftmals hinter deren tatsächlicher Wirkung zurückbleiben.

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Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)

Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) vom 1. September 2017: BGBl I 2017 Nr. 61, S. 3352 ff.
Gesetz zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes vom 3. Juni 2021: BGBl. I 2021 Nr. 29, S. 1436 ff.
 
19. Wahlperiode: (Hier geht es zur 18. Wahlperiode)

 

Gesetzentwürfe 19. Wahlperiode:

Kleine Anfrage der Fraktion der AfD zur operativen Umsetzung, Straftatbeständen und Datenschutz beim NetzDG: BT Drs. 19/210
Antwort der BReg auf die Anfrage der Fraktion der AfD: BT Drs. 19/355

Weitere Materialien:

 

Am 23. November 2017 brachte die Fraktion der AfD einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des NetzDG in den Bundestag ein (BT Drs. 19/81). Es stelle einen schwerwiegenden Eingriff in das Recht der Meinungsfreiheit dar. Bei der Bewertung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Äußerung müssten auch subjektive Tatbestände Berücksichtigung finden. Sie blieben jedoch bislang durch das NetzDG unbeachtet. Vielmehr werde durch nicht legaldefinierte Begriffe wie „Hasskriminalität“ oder „strafbare Falschnachrichten“ eine Gefahr geschaffen, den Anwendungsbereich der Strafmaßnahmen des NetzDG über Gebühr auszudehnen. Hohe Geldbußen bei Fristüberschreitung zur Löschung eines Kommentars würden daher die Netztwerkbetreiber zu einer präventiven Löschung möglichst vieler Kommentare zwingen. Dies führe jedoch zu einem rechtswidrigen Eingriff in die kontroversen Debatten in den sozialen Netzwerken. Des Weiteren übertrage das NetzDG den Schutz der freien Meinungsäußerung auf private Akteure und entziehe so dem Rechtsstaat die Verantwortung.

Am 12. Dezember 2017 fand im Bundestag die erste Lesung zu dem Gesetzentwurf der AfD statt. Gleichzeitig wurde auch über einen Entwurf der Fraktion DIE LINKE zur Teilaufhebung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes beraten (BT Drs. 19/218). Ihrer Meinung nach sollten vor allem die Teilregelungen rund um die Vorgaben zum Beschwerdemanagement der Netzwerkbetreiber entfallen.

Beide Vorlagen wurden zur weiteren Beratung an den Hauptausschuss überwiesen.

Ebenfalls wird im Rahmen eines Gesetzentwurfs der FDP zur Stärkung der Bürgerrechte (Bürgerrechtestärkungs-Gesetz) über die Aufhebung des NetzDG diskutiert (BT Drs. 19/204). Nach Ansicht der FDP sei das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit aus der Balance geraten. In einer Vielzahl von Fällen habe der Gesetzgeber die Bürgerinnen und Bürger in der vergangenen Legislaturperiode unverhältnismäßig eingeschränkt, z.B. mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz oder der anlasslosen Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten. Der Staat müsse zwar seiner Schutzpflicht gegenüber der Bürgerinnen und Bürger nachkommen und sie vor Kriminalität und Terrorismus schützen, er habe hierbei jedoch insbesondere die Grenzen zu wahren, die ihm das Grundgesetz vorgibt. Eine Trendwende in der Innen- und Rechtspolitik sei daher dringend notwendig. Grundrechte sollten wieder respektiert und beachtet werden und nicht nur als Grenze staatlichen Handelns fungieren. Ein erster Schritt für diese Trendwende solle daher die Abschaffung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sowie der Vorratsdatenspeicherung sein. Näheres zum Bürgerrechtestärkungs-Gesetz finden Sie hier.

Am 8. Januar 2018 veröffentlichte die Bundesregierung ihre Antwort (BT Drs. 19/355) auf eine Reihe von Fragen der Fraktion der AfD (BT Drs. 19/210) zur operativen Umsetzung, zu Straftatbeständen und zum Datenschutz beim NetzDG. Die Regierung führt aus, dass das Bundesamt für Justiz die Entscheidung treffe, auf welche Plattformen das Verfahren zur Löschung strafbarer Inhalte Anwendung findet. Das Bundesjustizministerium habe in Abstimmung mit weiteren Ressorts noch Verwaltungsvorschriften zu erlassen, wie im einzelnen die Bagatellgrenze der Plattformen von zwei Millionen Nutzern festgestellt wird. Ebenso wird in der Antwort mitgeteilt, welche Plattformbetreiber bereits Empfangsberechtigte im Sinne des NetzDG gemeldet haben. Auf weitere Fragen der Fraktion der AfD verweist die Bundesregierung auf das erst kurze Inkrafttreten des Gesetzes (1. Januar 2018), weshalb sie noch keine weiteren Angaben machen könne.

Am 17. Oktober 2018 stand das NetzDG im Ausschuss Digitale Agenda auf dem Prüfstand. Unter der Leitung des stellvertretenden Vorsitzenden Hansjörg Durz fanden Gespräche mit Vertretern der Portale Facebook, Twitter und Google statt. Insgesamt seien erste positive Verbesserungen angestoßen und die Hausregeln verschärft worden. Ebenso habe man vermehrt Personal eingestellt. Vergleichbar seien die Zahlen der eingereichten Beschwerden zwischen den Portalen allerdings nicht. Eine Vertreterin von Facebook äußerte, dass im Unternehmen weiterhin die Sorge bestehe, dass die Mitarbeiter nun zu Richtern über die Meinungsfreiheit gemacht werden könnten. Bei Google sei es zu einigen Entfernungen von Inhalten gekommen. Diese seien aber nicht aufgrund des NetzDG erfolgt, sondern aufgrund der verschärften Hausregeln. Innerhalb des Unternehmens Twitter seien in den vergangenen Monaten die Prüfungsprozesse erheblich verbessert worden. Mittlerweile werde auch der Kontext des gemeldeten Beitrags berücksichtigt und auch die Historie des Nutzers in die Prüfung mit einbezogen. Der Ausschuss interessierte sich insbesondere für die Höhe des Löschanteils und die Zeit, die ein Mitarbeiter im Durchschnitt pro Beschwerde aufwenden müsse. Zu diesen Fragen konnten die drei Unternehmen keine genauen Angaben machen, entsprechende Zahlen sollen nachgereicht werden. 

Am 23. November 2018 brachte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzesantrag zur Weiterentwicklung des NetzDG in den Bundestag ein (BT Drs. 18/5950). Nutzerrechte sollen nach Meinung der Fraktion gestärkt und die Meinungsfreiheit in sozialen Netzwerken sichergestellt werden. Besonders kritisiert wird die uneinheitliche Vorgehensweise der Netzwerkbetreiber. So seien die Meldewege teilweise sehr umständlich und schreckten ab, die Transparenzberichte der Betreiber seien von minderer Güte und Empfangsbevollmächtigte nicht überall eingesetzt oder nur schwer zu erreichen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, das NetzDG u.a. wie folgt zu ändern: 

Berichtspflicht:

  • „die Kriterien zur Transparenzberichtspflicht so zu überarbeiten, dass vergleichbare Berichte vorgelegt werden und valide Aussagen über die Betroffenen gemacht werden können und ein umfassendes, anonymisiertes Monitoring der Beschwerden sowie der Opfer (zB. Alter, Geschlecht, Herkunft) möglich ist;

  • die Berichtspflicht auf das Aufkommen und Bemühungen zur Reduktion von social bots und menschliche Interaktion vorgebenden Profilen („fake profile“) auszuweiten.“

Umgang mit Beschwerden über rechtswidrige Inhalte:

  • „ein bußgeldbewehrtes und berichtspflichtiges Wiedereinstellungsverfahren (put-back) einzuführen, nach dem Inhalte unverzüglich wieder ein-gestellt oder die Entscheidung hierüber an eine Einrichtung der regulierten Selbstregulierung abgegeben werden muss;

  • dafür zu sorgen, dass die Diensteanbieter einheitliche, nutzerfreundliche und altersgerechte Standards zu Meldewegen befolgen;

  • einen Dialog mit dem Ziel zu initiieren, bestehende Defizite zu analysieren und die Zusammenarbeit zwischen Diensteanbietern, Einrichtungen der freiwilligen Selbstkontrolle und den Strafverfolgungsbehörden im Sinne einer verbesserten Rechtsdurchsetzung zu effektivieren;

  • die Schaffung eines zusätzlichen besonderen Gerichtsstandes in der Strafprozessordnung und in der Zivilprozessordnung zu prüfen, um schnellen Rechtsschutz mit hoher Expertise zu gewährleisten.“

Inländischer Zustellungsbevollmächtigter:

  • „die Einsetzung eines solchen Bevollmächtigten tatsächlich durchzusetzen, eine Klarstellung der Empfangsbefugnis des inländischen Zustelungsbevollmächtigten für zivilrechtliche Angelegenheiten und dabei eine verschlüsselte Kommunikation mit diesem sicher zu stellen;
  • zu prüfen, ob die Bußgeldbewährung der Auskunftsverweigerung gegenüber den Strafverfolgungsbehörden nach § 4 Abs. 1 Nr. 8 des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes auch inhaltsleere Antworten auf Anfragen der Strafverfolgungsbehörden, etwa durch Verweise auf Online-Plattformen, umfassen sollte.“

Außerdem: 

  • „durch Ergänzung und Konkretisierung der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren (RiStBV) Regelungen zu schaffen, durch die die Staatsanwaltschaft in Fällen des Verdachts strafbarer Online-Äußerung (bzw. Information)

a) wegen Schnelligkeit und Reichweite der Verbreitung der ehrverletzenden Äußerungen das öffentliche Interesse annehmen kann und

b) auch im Falle der Verweisung auf das Privatklageverfahren jedenfalls zuvor die Herkunft von pseudonymen und anonymen Äußerungen, gegebenenfalls auch unter Auskunftseinholung vom Diensteanbieter, ermittelt;

  • in Zusammenarbeit mit den Ländern im Rahmen des Paktes für den Rechtsstaat darauf hinzuwirken, dass die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte personell und technisch so ausgestattet werden, dass sie Strafrechtsverstöße im Netz adäquat und in angemessener Zeit bearbeiten können.“
Am 17. Januar 2019 stand der Antrag zur späten Stunde erstmals auf der Tagesordnung des Bundestages. Im Anschluss an die Debatte wurde er zur weiteren Beratung an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. 
 
Nachdem der Antrag der AfD zur Aufhebung des NetzDG (BT Drs. 19/81) im Dezember 2017 erstmals im Bundestag beraten wurde, stand er für den 15. März 2019 erneut auf der Tagesordnung. Nach dem Willen der AfD sollte der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz gem. § 62 Abs. 2 GOBT einen Bericht vorlegen. Der Bundestag hat die geplante Aussprache zum Beratungsstand jedoch kurzfristig wieder von der Tagesordnung abgesetzt. 
 
Am 13. März 2019 hat der Rechtsausschuss in seiner Sitzung zu den Gesetzentwürfen der AfD (BT Drs. 19/81) und der Linken (BT Drs. 19/218) und einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (BT Drs. 19/5950) die Durchführung einer öffentlichen Anhörung beschlossen. Diese fand am 15. Mai 2019 statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier.
 
Während Prof. Dr. Hubertus Gersdorf die Aufhebung des NetDG forderte, weil es formell und materiell verfassungswidrig sei, wies Prof. Dr. Martin Eifert eine Verfassungswidrigkeit zurück. Die Kritik an den bußgeldbewertet Löschfristen sei unberechtigt. Gersdorf hingegen betonte, dass Soziale Netzwerke laut NetzDG Telemedien seien, für die die Länder zuständig sind. Aufgrund dessen bestehe ein Verstoß gegen den Rundfunkstaatsvertrag. Auch der Rechtsanwalt Joachim Nikolaus Steinhöfel sprach sich für eine Aufhebung des NetzDG aus. Er bezeichnete dies als einen Akt demokratischer, parlamentarischer und gesetzgeberischer Hygiene. Die bislang vorgelegten Änderung- und Ergänzungsvorschläge seien zwar durchaus vernünftig, sie sollten jedoch in anderen Gesetzen oder in ein neu zu formulierendes Gesetz aufgenommen werden. OStA Martin Elsner betonte, dass das NetzDG bislang die  Möglichkeiten für die Strafverfolgungsbehörden nicht verbessert habe. Es bestehe insbesondere immer noch eine Strafbarkeitslücke für die Verfolgung von Hasskriminalität im Internet. 
 
Cornelia Holsten von der Landesmedienanstalt in Bremen sprach von wichtigen Impulsen, die das NetzDG gesetzt habe. Dennoch gebe es eine Reihe von Nachbesserungsmöglichkeiten. Für eine Weiterentwicklung des NetzDG sprach sich ebenso Mag. Dr. Matthias C. Kettemann aus. Das Ziel sollte sein, eine sensibel aufeinander abgestimmte Plattform- und Telemedienregulierung zu schaffen, die gefährdete Gruppen schützt und Raum für eine Ausübung der Grundrechte bietet. Prof. Dr. Alexander Peukert legte einen Gesetzentwurf zur Änderung des NetzDG vor. Dieser sieht vor, „das auf dem Auge der Kommunikationsfreiheit weitgehend blinde NetzDG“ um eine Gewährleistungspflicht für die rechtsgleiche Informations- und Meinungsfreiheit zu ergänzen. Sabine Frank von Google Deutschland schlug eine Überarbeitung des Katalogs der Straftaten vor, um den Zweck des Gesetzes wirksam erfüllen zu können. 
 
Am 12. Dezember 2019 beriet der Bundestag über vier Berichte des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (BT Drs. 19/14350, BT Drs. 19/14723, BT Drs. 19/15780, BT Drs. 19/15735), die auf Initiative der Oppositionsfraktionen nach einem Antrag gem. § 62 Abs. 2 GOBT eingegangen waren (BT Drs. 19/5950, BT Drs. 19/204, BT Drs. 19/218, BT Drs. 19/81). Danach kann eine Fraktion 10 Sitzungswochen nach Überweisung einer Vorlage an den Ausschuss verlangen, dass dieser durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter dem Bundestag einen Bericht über den Stand der Beratungen erstattet. Wenn die Fraktionen es verlangen, ist der Bericht auf die Tagesordnung des Bundestages zu setzen. Ergebnis der Aussprache war ein Antrag, der den Rechtsausschuss verpflichten sollte, bis zum 31. Januar 2020 Beschlussempfehlungen für die Oppositionsinitiativen vorzulegen. Dieser Antrag scheiterte jedoch an der Mehrheit der Koalitionsfraktionen. In seiner Sitzung am 29. Januar 2020 lehnte der Rechtsausschuss schließlich mehrheitlich die Gesetzentwürfe der AfD, FDP, Linke und den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. 
 
Am gleichen Tag veröffentlichte das BMJV einen Referentenentwurf zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes. Der Ansatz des am 1. Oktober 2017 in Kraft getretenen NetzDG habe sich grundsätzlich bewährt. Gleichwohl habe sich in der Praxis gezeigt, dass einige Regelungen weiterentwickelt werden sollten:
  • Die Nutzerfreundlichkeit der Meldewege soll durch eine Klarstellung in § 3 Abs. 1 S. 2 NetzDG verbessert werden und der Informationsgehalt und die Vergleichbarkeit der gem. § 2 NetzDG einzureichenden Berichte erhöht werden.
  • Einführung einer außergerichtliche Streitbeilegung für Streitigkeiten über das Entfernen eines Inhalts zwischen dem Netzwerkbetreiber und dem Nutzer. 
  • Klarstellung des Geltungsbereichs bzgl. des inländischen Zustellungsbevollmächtigten (§ 5 Abs. 1 NetzDG). 
  • Einführung einer Aufsichtsbefugnis des Bundesamtes für Justiz.

Außerdem sieht der Referentenentwurf eine Reihe von Anpassungen an europarechtliche Vorgaben (RiLi 2010/13/EU v. 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste, geändert durch die RiLi 2018/1808/EU v. 14. November 2018) vor. Unter anderem sind Vorgaben zu Compliance-Vorschriften zum Schutz vor unzulässigen Inhalten bei Videosharingplattform-Diensten umzusetzen. 

Im Februar 2020 brachten auch die Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern einen Gesetzesantrag zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes zum Zweck der Erleichterung der Identifizierbarkeit im Internet für eine effektivere Bekämpfung und Verfolgung von Hasskriminalität in den Bundesrat ein (BR Drs. 70/20). Sie verfolgen das Ziel, die Ermittlung von Tätern im Internet zu erleichtern, die sich hinter Pseudonymen verstecken. Hasskriminalität tauche nicht nur in den sozialen Netzwerken auf, sondern sei zunehmend auch auf Spieleplattformen bei der Nutzung von Messenger-Funktionen zu finden. Der Gesetzentwurf sieht vor, das NetzDG um eine Verpflichtung der Anbieter sozialer Netzwerke und von Spieleplattformen zur Registrierung von Namen, Anschrift und Geburtsdatum der Nutzer zu erweitern und so die Strafverfolgung zu erleichtern. Flankierend dazu haben die Länder Hamburg und Bremen einen Entschließungsantrag zur „Effektivierung von Auskunftserteilungen durch ausländische Anbieter sozialer Netzwerke“ in den Bundesrat eingebracht (BR Drs. 65/20). Es sei auf nationaler Ebene durch eine Statuierung des Marktortprinzips dafür Sorge zu tragen, dass die Telemediendiensteanbieter ihre Auskunftspflichten auch erfüllen. Beide Anträge werden am 14. Februar 2020 im Plenum vorgestellt und im Anschluss an die Fachausschüsse überwiesen. 

Am 1. April 2020 hat die Bundesregierung den Referentenentwurf des BMJV beschlossen. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht: „Mit der Reform stärken wir die Rechte der Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke. Wir stellen klar: Meldewege müssen für jeden mühelos auffindbar und leicht zu bedienen sein. Wer im Netz bedroht und beleidigt wird, muss die Möglichkeit haben, dies dem sozialen Netzwerk einfach und unkompliziert anzuzeigen. Darüber hinaus vereinfachen wir die Durchsetzung von Auskunftsansprüchen: Wer sich vor Gericht gegen Bedrohungen oder Beleidigungen zur Wehr setzen will, soll die hierfür erforderlichen Daten deutlich leichter herausverlangen können als bisher. Außerdem verbessern wir den Schutz vor unberechtigten Löschungen: Betroffene können künftig verlangen, dass die Entscheidung über die Löschung ihres Beitrags überprüft und begründet wird. Dies erhöht die Transparenz und schützt vor unberechtigten Löschungen.“

Am 6. Mai 2020 stand der Regierungsentwurf zusammen mit einem Antrag der Fraktion der AfD zur Aufhebung des NetzDG (BT Drs. 19/18973) auf der Tagesordnung des Bundestages. Beide Vorlagen wurden im Anschluss an die Debatte an den federführenden Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz überwiesen. Am 15. Mai 2020 hat sich auch der Bundesrat mit den geplanten Änderungen des NetzDG befasst und Stellung genommen (BR Drs. 169/1/20). Die Länder sehen in verschiedenen Punkten Nachbesserungsbedarf. So soll u.a. geprüft werden, ob die Löschpflicht auch auf inhaltsgleiche Posts ausgedehnt werden kann. Auch die zeitliche Vorgabe der Löschfrist von 24 Stunden sei zu lang. Vielmehr soll hier eine „unverzügliche“ Reaktion gefordert werden. Hinsichtlich der Berichtspflicht plädierten die Länder für eine Ausweitung auf missbräuchlich eingesetzte Social Bots und Fake Profile. Ebenso sollte das Herkunftslandprinzip überprüft werden. Nach Ansicht des Bundesrates sei es ein Rückschritt gegenüber der jetzigen Rechtslage, wenn Plattformbetreiber mit Sitz im Ausland von bestimmten Strafvorschriften des NetzDG ausgenommen seien. Auf der anderen Seite gebe es zu viele Überschneidungen im Bereich der europäischen AVMD-Richtlinie, dem Medienstaatsvertrag der Bundesländer, dem NetzDG, dem TMG und dem JuSchG. Hier seien insbesondere die Zuständigkeits- und Kompetenzverteilungen zu koordinieren. 

Am 17. Juni 2020 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Sachverständigen kamen zu unterschiedlichen Einschätzungen des Entwurfs. RAin Ballon erklärte, dass es weiterhin um die zentrale Frage der Wahrung der Meinungsfreiheit gehe. Zwar beinhalte der Entwurf gut Ansätze, die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen sei aber nur wenig aussagekräftig und mitunter nur oberflächlich. Es bedürfe hier für die Praxis einer Präzisierung durch den Gesetzgeber. Dr. Anne Busch-Heizmann sah in dem Vorschlag zum Einsatz von künstlicher Intelligenz bzgl. der Erkennung und Bewertung von Inhalten eine Gefahr für die Meinungsfreiheit. Zwar gebe es eine staatliche Pflicht, Betroffene zu schützen, es dürfe aber keine Internetzensur und Überwachung stattfinden, die die Bürgerrechte beschneidet. Auch Sabine Frank (Google) befürchtete, dass das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat schwinde und sich die Sorge vor einer stattlichen Überwachung breit mache. So verstoße z.B. die Überwachung der Internetdienste durch eine regierungsnahe Stelle gegen den Grundsatz der Staatsferne. Google begrüße zwar die Ziele der Weiterentwicklung des NetzDG, halte es aber nicht für möglich, dass die vorgeschlagenen Regelungen diese Ziele erreichen werden. Daher plädierte Frank für einen kohärenten europäischen Ansatz. Auch Prof. Dr. Marc Liesching ging auf den europäischen Kontext ein und bemängelte die fehlende Unionsrechtskonformität des Gesetzentwurfs. Die Europarechtswidrigkeit des NetzDG sei so deutlich, dass niemand in der Rechtswissenschaft von einer EU-Rechtskonformität des NetzDG ausgehe. Prof. Dr. Rolf Schwartmann sah dies anders und betonte gerade die Europarechtskonformität des Entwurfs. Die geplanten Regelungen seien im Einklang mir den Zuständigkeitsvorgaben der E-Commerce-Richtlinie. Dr. Wolfgang Kreißig, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten, sprach sich dafür aus, zur Wahrung der Einheit der Rechtsordnung Regelungen zur Zusammenarbeit von Behörden in das NetzDG aufzunehmen. 

Aus der Praxis konnte Heinz-Josef Friehe, Präsident des BfJ, nur positive Bilanz ziehen. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass die Anbieter sozialer Netzwerke aufgrund drohender Bußgelder übereilt Beiträge löschen oder sperren. RA Nico Härting sprach sich dafür aus, das Beschwerde- und Gegenvorstellungsverfahren zu vereinfachen, damit die Strafverfolgungsbehörden nicht unnötig belastet werden. Auch Prof. Dr. Simon Hegelich schilderte Erfahrungen aus der Praxis und bemängelte den Datenzugang für die Wissenschaft. 

 

Am 9. September 2020 stellte die Bundesregierung ihren Evaluationsbericht zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz vor. Den Bericht finden Sie hier. Darin kommt die Regierung zu dem Ergebnis, dass die Ziele des Gesetzes in erheblichem Umfang erreicht worden seien und nur ein geringer gesetzgeberischer Nachbesserungsbedarf bestehe, der schon durch die Reform durch das Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität und dem Gesetzentwurf zur Änderung des NetzDG nachgekommen worden sei. Durch das NetzDG sei insgesamt eine deutliche Verbesserung des Beschwerdemanagements und der öffentlichen Rechenschaft der Anbieter sozialer Netzwerke im Umgang mit rechtswidirgen Inhalten zu verzeichenen und das befürchtete sog. Overblocking sei bisher ausgeblieben.

Am 6. Mai 2021 hat der Bundestag nach halbstündiger Aussprache den Regierungsentwurf in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (BT Drs. 19/29392) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen. Die Linksfraktion und die Grünen enthielten sich, die FDP und die AfD stimmten dagegen. 

Am 28. Mai 2021 befasste sich der Bundesrat ebenfalls abschließend mit dem Entwurf und stimmte den vom Bundestag beschlossenen Änderungen zu. Nach Ausfertigung durch den Bundespräsidenten ist das Gesetz am 9. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2017 Nr. 61, S. 3352 ff.) verkündet worden. Es tritt überwiegend bereits am 28. Juni 2021 in Kraft (Abs. 2 und 3). 

 


18. Wahlperiode: 
 
Gesetzentwürfe 18. Wahlperiode:

 

kleine Anfrage der Fraktion die Linke zur Löschpraxis von Facebook: BT Drs. 18/11986

Antwort der Bundesregierung: BT Drs. 18/12220

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 315/1/17

Stellungnahme des Bundesrates: BR Drs. 315/17

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses: BT Drs. 18/13013

Gesetzesbeschluss des Bundestages: BR Drs. 536/17

Weiterführende Materialien:

Faktenpapier: Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen – Transparenz und Recht im Netz – Maßnahmen gegen „Hass-Kommentare“, „Fake News“ und Missbrauch von „Social Bots“: BT Drs. 18/11856

Rechercheberichte zu den Plattformen:

Monitoring-Bericht
Löschung rechtswidriger Hassbeiträge bei Facebook
Löschung rechtswidriger Hassbeiträge bei Twitter
Löschung rechtswidriger Hassbeiträge bei YouTube

 

Aus einem Monitoring der Jugendschutz.net geht hervor, dass soziale Netzwerke nur schleppend strafbare Inhalte löschen, wenn sie ihnen von Nutzern gemeldet werden. Dieses Monitoring wurde im Januar und Februar 2017 durchgeführt und fand auch schon bereits im Juli und August 2016 statt. Die Erhebung zeigte, dass nur 33 % der Beschwerden von Facebook binnen 24 Stunden gelöscht wurden. Bei Twitter wurde lediglich 1 von 100 Meldungen gelöscht und das nicht binnen 24 Stunden. Bei YouTube lag nach der letzten Erhebung die Löschquote der gemeldeten strafbaren Beiträge bei 90 %, fast alle wurden binnen 24 Stunden gelöscht.
 

Um die Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken zu verbessern, hat das BMJV einen Referentenentwurf (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) vorgestellt. Der Entwurf zielt darauf ab, die Hasskriminalität und strafbare Falschnachrichten, sog. Fake News, auf den Plattformen sozialer Netzwerke zu bekämpfen. Sie sollen zu einer umfassenden und zügigen Bearbeitung von Beschwerden gezwungen werden. Dazu setzt der Entwurf auf gesetzliche Compliance-Regeln. Die Betreiber sozialer Netzwerke sind danach verpflichtet, offensichtlich strafbare Inhalte innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren, jeden strafbaren Inhalt innerhalb von 7 Tagen nach Eingang der Beschwerde zu löschen oder zu sperren und den Nutzer über jede Entscheidung bezüglich seiner Beschwerde zu informieren. Die Verpflichtung zur Löschung oder Sperrung bezieht sich auf sämtliche auf der Plattform befindlichen Kopien des strafbaren Inhalts.

Des Weiteren trifft sie eine gesetzliche Berichtspflicht über den Umgang mit Hasskriminalität, die Pflicht zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten und die Entwicklung und Bereitstellung eines wirksamen Beschwerdemanagements, um die zügige Bearbeitung der Beschwerde auch gewährleisten zu können. Die Berichtspflicht müssen die Unternehmen vierteljährlich erfüllen. Die Berichte müssen für jedermann zugänglich im Internet veröffentlicht werden. Verstöße können mit Bußgeldern von bis zu fünf Millionen Euro gegen eine für das Beschwerdeverfahren verantwortliche Person und bis zu 50 Millionen Euro gegen das Unternehmen selber geahndet werden.

Durch die Regelungen sollen Inhalte erfasst werden, die den objektiven Tatbestand einer der im Gesetzentwurf genannten Strafvorschriften erfüllen, z.B. Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung und Bedrohung.

Das BMI möchte künftig gegen Falschmeldungen vorgehen. Dazu wurde kürzlich die Einrichtung eines „Abwehrzentrums gegen Desinformation“ vorgeschlagen. Zudem sollen gesetzliche Maßnahmen getroffen werden, die eine Verbreitung von Fake-News über soziale Netzwerke verhindern.

Zu dem Thema der Fake News fand am 25. Januar 2017 bereits im Ausschuss „Digitale Agenda“ ein Fachgespräch mit Experten zu regulatorischen Eingriffen im Kampf gegen Fake News, Social Bots, Hacks und Hate Speech statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier.

Am 5. April 2017 hat die Bundesregierung den vorgelegten Gesetzentwurf beschlossen. Zum Regierungsentwurf siehe auch Kubiciel, jurisPR-StrafR 7/2017 Anm. 1.

Am 19. Mai 2017 hat der Bundestag erstmals über den Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD beraten und ihn zusammen mit dem Gesetzantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuss überwiesen. Die Opposition äußerte massive Kritik an dem Gesetzentwurf, die von den Koalitionsfraktionen anerkannt wurde. Die verbleibende Beratungszeit in der Legislaturperiode soll dafür genutz werden, den Entwurf nachzubessern. „Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit“, sagte Stefan Heck. Ziel sei aber ein Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens bis zur Sommerpause.

Bundesjustizminister Heiko Maas: „Hasskriminalität beschädigt unser Zusammenleben, unsere Debattenkultur und letztlich auch die Meinungsfreiheit.“ Beschimpfungen, Bedrohungen und Mobbing seien „Angriffe auf die Meinungsfreiheit“. Er wies darauf hin, „dass das Internet kein rechtsfreier Raum ist, dass auch online nicht erlaubt ist, was offline verboten ist.“
Die Fraktion die Linke kritisierte das grundsätzliche Löschverhalten von Facebook und Co., sieht aber die Gefahr, dass mit dem Gesetzentwurf auch legale Inhalte in großem Stil gelöscht würden. Ebenfalls eröffne man der Abmahnindustrie ein neues Betätigungsfeld, wenn Bestandsdaten auch im Zivilprozess herausgegeben werden müssten.
Die Fraktion CDU/CSU wies darauf hin, dass der Gesetzentwurf nicht nur die Verpflichtung der Netzbetreiber schaffe, sondern auch bessere Möglichkeiten biete, die Urheber von Hass und Hetze zur Verantwortung zu ziehen. Im Bundesrat habe es bereits Initiativen der Landesregierungen gegeben, das Gesetz noch weiter zu verschärfen.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gab zu bedenken, dass die Anbieter der sozialen Plattformen nicht in die Richterrolle gedrängt werden dürften.
Die SPD teilte mit, dass sie eine ganze Reihe von Kritikpunkten in der Öffentlichkeit bereits aufgenommen habe und diese in weiteren Gesetzgebungsverfahren  berücksichtigen werde. Darunter falle zum Beispiel die Einführung eines Richtervorbehaltes für den Auskunftsanspruch. Ebenso solle eine Konkretisierung der Bußgelder und eine deutliche Klarstellung erfolgen, welche Netzwerke von dem Gesetz betroffen sind.

Am 2. Juni 2017 begrüßte der Bundesrat in seiner Plenarsitzung das Vorhaben der Bundesregierung, mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz verstärkt gegen Hetze und Fake News im Internet vorzugehen. In seiner Stellungnahme machte der Bundesrat klar, dass freiwillige Selbstverpflichtungen, konsequenter gegen rechtswidrige Inhalte vorzugehen, keine ausreichende Wirkung erzielen können. Zugleich müssten aber dennoch geplante Maßnahmen verhältnismäßig sein. Die vorgesehenen hohen Bußgelder könnten zu einer vorschnellen Löschung von Inhalten führen. Daher sollte über die Einrichtung einer Clearingstelle nachgedacht werden. Diese soll Anlaufstelle für Betroffene sein, wenn unberechtigt Inhalte gelöscht wurden. Auch das von der Bundesregierung vorgesehene Beschwerdemanagement, das die Unternehmen einrichten müssen, sei weiter zu konkretisieren, damit die Betroffenen genau wissen, was sie zu tun haben. Für die Fälle, in denen der rechtswidrige Inhalt einen Straftatbestand erfüllt, soll eine strafrechtliche Verfolgung vereinfacht werden, indem die Zusammenarbeit mit den sozialen Netzwerken und den Strafverfolgungsbehörden geregelt wird. Bezweifelt wurde die Schätzung der anfallenden Kosten für den Erfüllungsaufwand der Länder in Höhe von 300.000 EURO im Jahr. Ebenso wurde die Zuständigkeit des Bundesamtes für Justiz zur Durchsetzung des Gesetzes in Frage gestellt. Der Bundesrat deutete in seiner Stellungnahme an, dass hier eine Kollision mit Länderzuständigkeiten möglich sei und verlangt eine Prüfung, ob das Gesetz zustimmungsbedürftig ist. In ihrer Gegenäußerung hält die Bundesregierung an ihrer Kostenschätzung fest. Ferner sei das Netzwerkdurchsetzungsgesetz nicht zustimmungsbedürftig, weil „ein Konflikt mit dem Medienrecht bzw. der Medienaufsicht der Länder nach Auffassung der Bundesregierung“ nicht bestehe.

Am 15. Juni 2017 brachte die Bundesregierung ihren wortgleichen Gesetzentwurf (BT Drs. 18/12727) in den Bundestag ein. Zur Verfahrensbeschleunigung wurde der Entwurf der Koalitionsfraktionen (BT Drs. 18/12356) bereits in den Bundestag eingebracht und beraten, während der Gesetzentwurf der Bundesregierung seinen üblichen Weg ging und zunächst dem Bundesrat zur Beratung zugeleitet wurde.

Am 19. Juni 2017 fand im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier. Die Sachverständigen beurteilten die wortgleichen Entwürfe der Bundesregierung und der Koalitionsfraktionen unterschiedlich. Die Einschätzungen reichten von einer Verfassungswidrigkeit des Entwurfs bis hin zur Übereinstimmung mit geringen Einschränkungen. Von den Befürwortern wurde insbesondere die Verpflichtung einen inländischen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen hervorgehoben. Da die großen Plattformbetreiber ihren Sitz im Ausland inne haben, müssten ansonsten regelmäßig Rechtshilfeersuchen gestellt werden, deren Bearbeitung oft langwierig sei und die Strafverfolgung erschwere. Dagegen wurde die Löschpflicht als solche als nachrangig betrachtet. Selbst bei Einhaltung der Löschfristen könnten sich Postings immer weiter verbreiten, gerade weil niemand daran gehindert ist, gelöschte Posts wieder einzustellen.
Einige Sachverständige sahen in dem Gesetzentwurf einen verfassungswidrigen Eingriff in die Meinungsfreiheit, sowie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Es solle nur bei eindeutigen Rechtsverstößen eine Löschpflicht seitens des Plattformbetreibers bestehen, damit nicht „mehr Schaden als Nutzen“ angerichtet werde. Vielmehr sei auf „regulierte Selbstregulierung“ zu setzen und ein rechtlicher Rahmen für die Selbstkontrolle zu schaffen. Ferner wurde kritisiert, dass dem Entwurf eine Regelung fehle, dass gelöschte Inhalte wieder eingestellt werden müssen, wenn sie sich nachträglich als nicht rechtswidrig herausstellen. Ebenso wenig könne es sein, dass Opfer von Hass-Postings einen Anspruch auf Nennung des Urhebers erhalten.
Eine weiteres Problem sahen die Gegner des Entwurfs auch in der Verwendung unbestimmter Begriffe. So sei es bereits in Weißrussland zu dem Fall gekommen, dass zwecks der Begründung einer weitreichenden Einschränkung der Meinungsfreiheit im Internet der deutsche Gesetzentwurf herangezogen wurde. Der Entwurf dürfe keinen Präzedenzfall für andere Länder schaffen. 
Schließlich wurde dafür plädiert, das Vorhaben in der nächsten Legislaturperiode neu aufzugreifen. „Sorgfalt geht vor Schnelligkeit“, mahnte Bernhard Rohleder vom Internet-Branchenverband Bitkom.

Am 30. Juni 2017 hat der Bundestag den Koalitionsentwurf in der geänderten Fassung des Rechtsausschusses (BT Drs. 18/13013) angenommen.
Der von der Bundesregierung wortgleich eingebrachte Gesetzentwurf wurde einvernehmlich für erledigt erklärt. Der Antrag der Grünen (BT Drs. 18/11856), mit dem sie ein Gesetz forderten, das für „Diensteanbieter von Telemedien ab einer festzulegenden Größenordnung“ ein strukturiertes Verfahren zum Umgang mit rechtswidrigen Informationen vorschreibt, wurde mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Am 7. Juli 2017 hat der Bundesrat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz gebillig. Es soll bereits am 1. Oktober 2017 in Kraft treten.

Der Begriff der sozialen Netzwerke wurde nun konkretisiert und die Bagatellgrenze auf zwei Millionen registrierte Nutzer festgelegt. Die Betrieber der sozialen Netzwerke wurden hinsichtlich der Berichtspflicht entlastet. Ursprüngliche war eine vierteljährliche Berichtspflicht vorgesehen. Ebenso wurden die starren Verfahrensfristen bei der Löschung von Inhalten gelockert. Diese Änderungen sind auf die Länder zurückzuführen. Sie hatten diese gefordert, um zu verhindern, dass Inhalte vorschnell aus dem Internet genommen werden.

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG) vom 1. September 2017 wurde am 7. September 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es wurde notifiziert gemäß der Richtlinie (EU) 2015/1535 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. September 2015 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (ABl. L 241 vom 17.9.2015, S. 1). Es trat am 1. Oktober 2017 in Kraft.

 

 

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafzumessung bei kulturellen und religiösen Prägungen

Gesetzentwürfe:

  • Gesetzantrag des Freistaates Bayern vom 7. März 2017: BR Drs. 214/17

Empfehlungen der Ausschüsse vom 17. März 2017: BR Drs. 214/1/17

 

Nach dem Gesetzantrag  soll die religiöse oder kulturelle Prägung eines Straftäters kein Grund für eine Strafmilderung mehr sein. Mit „Ehrenmorden“, Genitalverstümmelungen und Zwangsheirat sei die Justiz immer häufiger mit völlig fremden Wertvorstellungen konfrontiert, was eine besondere Herausforderung bei der Frage der Schuld und Strafzumessung für die Strafgerichte bedeute.  Deshalb sollen ausdrückliche Vorgaben geschaffen werden. Dazu werden die Regeln der Strafzumessung um zwei Aspekte ergänzt. Die Beurteilung der Strafe soll sich an der verfassungsmäßigen Ordnung Deutschlands orientieren und die Möglichkeit der Strafmilderung bei religiös motivierten Straftaten soll auf wenige Ausnahmefälle begrenzt werden.

Der Gesetzentwurf war am 10. März 2017 Thema in der Plenarsitzung des Bundesrates. Er wurde zur Beratung an die Ausschüsse weitergeleitet. In seiner Sitzung vom 31. März 2017 hat der Bundesrat beschlossen, den Gesetzentwurf nicht in den Bundestag einzubringen.

 

 

Anmerkungen zum Bundesratsentwurf „Effektive Bekämpfung von sogenannten Gaffern sowie Verbesserung des Schutzes des Persönlichkeitsrechts“

von Prof. Dr. Martin Heger und Wiss. Mit. Michael Jahn, LL.M. (UMN)

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Abstract
„Der Bundesrat versucht, mit einem Gesetzentwurf der Problematik des sogenannten Gaffens bei Unglücksfällen Herr zu werden. Kern der Lösung soll ein neuer Tatbestand sein, der das Behindern von Rettungskräften unter Strafe stellt, ohne dass es dabei zur Anwendung von Gewalt oder Drohungen kommen muss. Ob für das Problem des sogenannten Gaffens grundsätzlich ein Bedarf nach neuen Strafgesetzen vorhanden ist und welche Probleme und Gefahren der Gesetzentwurf mitbringt, wird im folgenden Beitrag besprochen.”

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Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Ausweitung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auf extremistische Straftäter im Rahmen der Führungsaufsicht

von Dr. Alexander Baur, M.A./B.Sc.

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Abstract
Der Terrorismus ist im Sanktionenrecht angekommen: Unter dem Eindruck des jüngsten Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt plant die Bundesregierung, die 2013 in das Recht der Führungsaufsicht (§ 68b Abs.1 S. 1 Nr. 12 StGB) eingeführte Elektronische Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) auf extremistische Straftäter auszudehnen. Da bei extremistischen Straftätern ein resozialisierungs- und besserungsorientiertes Strafrecht an seine Grenzen stößt, fügt sich das Vorhaben nicht ohne Friktionen in das Recht der Führungsaufsicht ein. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist ein neuerliches Symptom einer sich verändernden Grundausrichtung des Sanktionenrechts. Diesen Paradigmenwechsel und andere Bedenken gegen das Gesetzesvorhaben möchte der folgende Beitrag aufzeigen.

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Oliver Harry Gerson: Das Recht auf Beschuldigung. Strafprozessuale Verfahrensbalance durch kommunikative Autonomie

von Prof. Dr. Anja Schiemann

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2016, Verlag De Gruyter, Berlin, ISBN: 978-3-11-048980-4, S. 1084, Euro 179,95.

Die an der Juristischen Fakultät der Universität Passau bei Prof. Dr. Esser als Erstgutachter eingereichte Dissertation hat einen monumentalen Umfang von über 1000 Seiten, was für eine Dissertation doch eher ungewöhnlich ist. Der Umfang sollte den Leser aber nicht abschrecken, liest man sich doch – auch dank des flüssigen Schreibstils – sehr schnell in die Arbeit und das spannende Thema ein.

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Rebekka Popadiuk: Der Abrechnungsbetrug im GOÄ-Liquidationsbereich

von Dr. Kerstin Stirner

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2016, Verlag Dr. Kovač, Hamburg, ISBN: 978-3-8300-9068-7, S. 201, Euro 88,90.

Das Gesundheitswesen gehört zu den bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren in unserer Gesellschaft. Nicht überraschend ist daher, dass sich Straftaten im Gesundheitswesen längst nicht mehr im Bereich der klassischen Körperverletzungs- und Tötungsdelikte bewegen, sondern in jüngerer Vergangenheit zunehmend Bedeutung im Wirtschaftsstrafrecht gewonnen haben. Der ärztliche Abrechnungsbetrug nimmt hierbei einen nicht unbeachtlichen Anteil ein. Lange hatten sich die Gerichte allerdings nur mit dem vertragsärztlichen Abrechnungsbetrug zu befassen. Erst mit der Entscheidung des 1. Strafsenats vom 25.01.2012 (BGH, NJW 2012, 1377) ist auch der privatärztliche Abrechnungsbetrug in den Fokus von Rspr. und Lit. gerückt. Dieses Thema greift Rebekka Popadiuk in ihrer vom Fachbereich Rechtswissenschaft der Universität Trier 2016 als Dissertation angenommenen und von Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Hans-Heiner Kühne betreuten Arbeit auf.

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Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleis tung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union vom 23. Juni 2017: BGBl I 2017 Nr. 40, S. 1885 ff.
 

Gesetzentwürfe:

 

Der Gesetzentwurf dient Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/1148 vom 6. Juli 2016 „über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in den Union“. Durch die Richtlinie wurde ein einheitlicher europäischer Rechtsrahmen für den europaweiten Aufbau nationaler Kapazitäten für die Cyber-Sicherheit geschaffen. Des Weiteren wurde eine stärkere Zusammenarbeit der EU-Staaten sowie Mindestsicherheitsanforderungen an Meldepflichten für bestimmte Dienste geschaffen.

Die Richtlinie wird nun im Rahmen einer Anpassung des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit und Änderungen einzelner vorrangiger Spezialgesetze umgesetzt. Viele europarechtliche Vorgaben bezüglich der Betreiber wesentlicher Dienste sind bereits durch das IT-Sicherheitsgesetz im Juli 2015 in nationales Recht umgesetzt worden. Daher seien nach der Bundesregierung nur wenige Anpassungen erforderlich.

Das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 2016 über Maßnahmen zur Gewährleis tung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union wurde am 29. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am Tag nach seiner Verkündung in Kraft.

 

 

Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen

Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juni 2017: BGBl I 2017 Nr. 39, S. 1822 ff.

 

Gesetzentwürfe:

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 182/1/17

Stellungnahme des Bundesrates vom 31. März 2017: BR Drs. 182/17

Gegenäußerung der Bundesregierung vom 12. April 2017: BT Drs. 18/11928

Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses: BT Drs. 18/12405

Änderungsantrag der Fraktion die Linke: BT Drs. 18/12428
Änderungsantrag der Fraktion die Linke: BT Drs. 18/12429
Änderungsantrag der Fraktion die Linke: BT Drs. 18/12430

Empfehlungen der Ausschüsse: BR Drs. 389/1/17

 

Die Vierte Geldwäscherichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/849) des Europäischen Parlaments und des Rates ist von den Mitgliedstaaten bis zum 26. Juni 2017 in nationales Recht umzusetzen.  Zudem müssen die Mitgliedstaaten bis zum 26. Juni 2017 Vorschriften zur Durchführung der Geldtransferverordnung (Verordnung (EU) 2015/847) erlassen.

Die Vierte Geldwäscherichtlinie hebt die Richtlinie 2005/60/EG auf und passt sich an die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) an. Zukünftig sollen die geldwäscherechtlich Verpflichteten über ein  angemessenes Risikomanagement verfügen und dadurch ihr jeweiliges Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung unter Berücksichtigung ihrer Kundenstruktur und Dienstleistungen selbst prüfen und ggf. Maßnahmen zur Minderung des Risikos treffen. Des Weiteren soll ein elektronisches Transparenzregister eingeführt werden, in dem juristische Personen des Privatrechts, eingetragene Personengesellschaften, Trusts und Rechtsgestaltungen, die in ihrer Struktur und Funktion Trusts ähneln, Angaben zu ihren wirtschaftlich Berechtigten machen. Auch eine Harmonisierung von bußgeldbewehrten Verstößen gegen geldwäscherechtliche Pflichten ist vorgesehen. Die Bußgelder für schwerwiegende, wiederholte und systematische Verstöße werden angehoben.  Ferner sollen die Aufsichtsbehörden künftig unanfechtbar gewordene Bußgeldentscheidungen auf ihrer Internetseite veröffentlichen und damit präventiv zur Befolgung der geldwäscherechtlichen Vorschriften anhalten.

Zur Umsetzung der Richtlinie wird nicht nur das Geldwäschegesetz neu gefasst, auch weitere Gesetze werden angepasst. Geplant ist ferner die Umbenennung und Umsiedlung der Zentralstelle für Verdachtsmeldungen, die beim Bundeskriminalamt im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern angesiedelt ist.  Sie wird demnächst Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) genannt und bei der Generalzolldirektion angesiedelt sein.  Die FIU soll geldwäscherechtliche Meldungen entgegennehmen, analysieren und bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung die Meldungen an die zuständigen Stellen weiterleiten und dabei eine Filterfunktion erfüllen, um die Strafverfolgungsbehörden zu entlasten.
 
Die Bundesregierung hat ihren Gesetzentwurf am 22. März 2017 in den Bundestag eingebracht.
In der Bunderatssitzung vom 31. März 2017 haben die Länder Bedenken hinsichtlich der Zuständigkeit der Generalzolldirektion als Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen geäußert. Sie fordern eine Stärkung ihrer Verfassungsschutzbehörden. Dies soll durch eine Einbeziehung der Verfassungsschutzbehörden in die Datenübermittlung der Zentralstelle erreicht werden. Ferner wollen sie das Recht erhalten, selber Daten abrufen zu können.
Des Weiteren möchte der Bundesrat die Begünstigung für die Aufsteller von Geldspielautomaten streichen. Diese sind nach dem Gesetzentwurf aus der Regelung ausgenommen. Ebenso sollen Sport- und Pferdewetten gleichbehandelt und auch nach dem Geldwäscherecht verpflichtet werden. Der Gesetzentwurf soll daher an verschiedenen Stellen abgeändert werden. Ende Juni soll das geplante Gesetz in Kraft treten.
 
Am 24. April 2017 fand im Finanzausschuss eine öffentliche Anhörung statt. Eine Liste der Sachverständigen und deren Stellungnahmen finden Sie hier.
Der Gesetzentwurf wurde aus unterschiedlichen Gründen kritisiert. Das vor 24 Jahren in Kraft getretene Geldwäschegesetz sei nicht umgesetzt worden. Deshalb könne es jetzt nicht überraschen, dass die Erfolge im Kampf gegen Geldwäsche und die Terrorismusfinanzierung ausbleiben.
Die Schaffung des geplanten Transparenzregisters wurde von den Sachverständigen begrüßt, wenngleich es auch vereinzelt Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes gab. Das Vorhaben der Bundesregierung, den Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten zu erweitern, stieß vielfach auf Kritik. Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) befürchtet, dass jeder gewerbliche Verkäufer von Gütern in den Anwendungsbereich fallen könnte. Es solle berücksichtigt werden, dass Betriebe mit einer geringen Personaldecke nicht unangemessen mit der Geldwäschebekämpfung belastet werden, da sie nur wenig zur Risikominimierung beitragen könnten.
Des Weiteren stieß die Auskunftspflicht von Steuerberatern bei der Bundessteuerberaterkammer auf Missfallen. Steuerberater seien gesetzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet und darauf müsse sich ein Mandant verlassen können.
Der Bund deutscher Kriminalbeamter kritisierte die unzureichenden Personalausstattung bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Schon heute seien die Mitarbeiter dort derart überlastet, dass die Situation „nahe bei einer Strafvereitelung im Amt“ sei.
 
Am 17. Mai 2017 hat der Finanzausschuss den Gesetzentwurf beschlossen (BT Drs. 18/12405), nachdem zuvor die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD 25 Änderungsanträge angenommen hatten. Die Änderungsanträge der Fraktion die Linke wurden abgelehnt.
 
Am 18. Mai 2017 hat der Bundestag in der zweiten und dritten Lesung über den Gesetzentwurf debattiert und ihn in der geänderten Fassung des Finanzausschusses (BT Drs. 18/12405) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen und mit Enthaltung der Opposition angenommen.
Die Fraktion die Linke hatte zuvor in der zweiten Lesung drei Änderungsanträge vorgelegt, die alle gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt wurden. Es wurde gefordert das Aufspüren von Gewinne aus schweren Straftaten zu streichen (BT Drs. 18/12428), da ansonsten die Definition des „wirtschaftlich Berechtigten“ aufgeweicht werde. Ebenso wurde bemängelt, dass das Transparenzregister zu einer abweichenden und geografisch begrenzten Bestimmung des „wirtschaftlich Berechtigten“ führe (BT Drs. 18/12429) und dass sich nur mit einem öffentlichen und jedem frei zugänglichen Register die Eindämmung der Geldwäschestraftaten bewirken lasse (BT Drs. 18/12430).
 
Am 2. Juni 2017 hat der Bundesrat der Umsetzung der Geldwäscherichtlinie zugestimmt. In der begleitenden Entschließung des Bundesrates sprachen sich die Länder ausdrücklich für einen öffentlichen Zugang zum Transparenzregister aus. Vergleiche wurden zum Handelsregister gezogen, das ebenfalls öffentlich zugänglich ist. Die Länderkammer bat die Bundesregierung, sich bei einer Änderung der Vierten Geldwäscherichtlinie auf europäischer Ebene für einen öffentlichen Zugang zum Transparenzregister einzusetzen.
 

Das Gesetz zur Umsetzung der Vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen vom 23. Juni 2017 wurde am 24. Juni 2017 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am 26. Juni 2017 in Kraft. Artikel 23 tritt am 25. Mai 2018 in Kraft.

 
 

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