Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/713 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates

Einundsechzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/713 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates vom 10. März 2021: BGBl. I 2021, S. 333 ff.

Gesetzentwürfe:

Empfehlungen der Ausschüsse: BR-Drs. 653/1/17

 

Der Vorschlag der Europäischen Kommission soll den Rahmenbeschluss 2001/413/JI des Rates zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln ablösen. Dieser ist bislang für eine Einstufung von Betrug im unbaren Zahlungsverkehr als Straftatbestand maßgebend.

Der Zahlungsverkehr passt sich immer wieder an technologische Entwicklungen an und wird so vor neue Herausforderungen gestellt. Im aktuellen Rahmenbeschluss des Rates finden virtuelle Währungen und mobile Zahlungen nur unzulänglich Berücksichtigung.
 
Im Vergleich zum Vorjahr erreichte der Betrug im Zusammenhang mit im europäischen Zahlungsverkehr ausgestellten Karten im Jahr 2013 einen Zuwachs von 8%. Die Schadenssumme blief sich 2013 auf 1,44 Mrd. EUR. Da Kartenzahlungen gemessen an der Anzahl der Transaktionen das wichtigste unbare Zahlungsinstrument in der EU darstellen, führt diese Form des Betrugs zu einer Bedrohung für die Sicherheit. Er generiert nicht nur Einnahmen im Bereich der organisierten Kriminalität, sondern ermöglicht auch die Förderung von Terrorismus, Drogen- oder Menschenhandel.
 
In den Begleitunterlagen und der Folgenabschätzung der Europäischen Kommission (SWD(2017) 299 final) wurden 3 Hauptprobleme in Bezug auf den aktuellen Rechtsrahmen thematisiert:
  1. Bei bestimmten Formen der Kriminalität ist eine wirksame Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung auf der Grundlage des derzeitigen rechtlichen Rahmens nicht möglich.
  2. Bei bestimmten Formen der Kriminalität ist eine wirksame Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung aufgrund operativer Hindernisse nicht möglich.
  3. Die Straftäter nutzen für ihre betrügerischen Handlungen Lücken in der Prävention.

Darum sollen nach dem Arbeitspapier 2 allgemeine und 3 spezielle Ziele verfolgt werden:

allgemeine Ziele:
  • Verbesserung der Sicherheit durch Verringerung der Attraktivität des Betrugs im unbaren Zahlungsverkehr als Einkommensquelle für kriminelle Vereinigungen (d.h. Verringerung der Gewinne, Erhöhung des Risikos).
  • Unterstützung des digitalen Binnenmarkts durch Steigerung des Vertrauens der Verbraucher und der Unternehmen in die Zahlungsprozesse sowie durch Verringerung der durch den Betrug im unbaren Zahlungsverkehr bewirkten unmittelbaren Verluste.
spezifische Ziele:
  • Schaffung eines klaren, soliden und technologieneutralen politischen/rechtlichen Rahmens
  • Beseitigung der operativen Hindernisse, die Ermittlung und strafrechtliche Verfolgung behindern
  • Verbesserung der Prävention

Die Europäische Kommission unterbreitet daher den Vorschlag, im Bereich der Cyberkriminalität neue Straftatbestände zu schaffen. Sie möchte die Vorgaben für den Zahlungsverkehr an neue technologische Entwicklungen anpassen und durch die Regelung gerichtlicher Zuständigkeiten eine intensivere grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Strafjustizbehörden der EU-Mitgliedstaaten fördern.

Der Rechtsausschuss äußerte sich in seiner Stellungnahme bereits kritisch zu dem Thema. Die EU werde dadurch im Strafrecht gesetzgeberisch tätig. Dies obliege aber den Mitgliedstaaten. Der Ausschuss für Fragen der Europäischen Union warnte davor, den Begriff der virtuellen Währung in das Strafrecht miteinzubeziehen. Bislang habe es keine Strafbarkeitslücken gegeben und ein Handeln des Gesetzgebers sei nicht angezeigt. Des Weiteren seien einige Formulierungen des Vorschlags rechtsstaatlich bedenklich.

Auch die Länder betonten in der Bundesratssitzung am 3. November 2017, dass vor dem Hintergrund der Souveränität der Mitgliedstaaten eine europaweite Regelung auf dem Gebiet des Strafrechts einer sorgfältigen Abwägung bedürfe. Nach ihrer Meinung dürften allein grenzüberschreitende Aspekte kein Grund für eine Harmonisierung der Strafrechtsordnungen der Mitgliedstaaten sein. 

Am 5. April 2018 veröffentlichte der DAV eine Stellungnahme zu dem Vorschlag der Kommission und lehnte ihn ab. Die Stellungnahme finden Sie hier

Schließlich wurde die Richtlinie (EU) 2019/713 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates am 10. Mai 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 123, S. 18) verkündet und trat am 30. Mai 2019 in Kraft. Sie enthält nunmehr Mindeststandards für die Definition von Straftatbeständen und Strafen im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Betrug und Fälschung in Verbindung mit unbaren Zahlungsmitteln. Die Richtlinie muss bis zum 31. Mai 2021 in nationales Recht umgesetzt werden. Hierzu hat das BMJV am 3. September 2020 einen Referentenentwurf vorgelegt. Da das deutsche Recht bereits überwiegend der EU-Richtlinie entspricht, sind lediglich kleinere Anpassungen im StGB vorgesehen: 

  • § 152a StGB – Erweiterung des Tatbestandes auf Wechsel und andere körperliche unbaren Zahlungsinstrumente 
  • § 152b StGB – Streichung der Euroscheckvordrucke und Euroscheckkarten
  • Einfügung eines § 152c StGB – Vorbereitung des Diebstahls und der Unterschlagung von Zahlungskarten, Schecks, Wechseln und anderen körperlichen unbaren Zahlungsinstrumenten 

(1) Wer eine Straftat nach § 242 oder § 246, die sich auf inländische oder ausländische Zahlungskarten, Schecks, Wechsel oder andere körperliche unbare Zahlungsinstrumente bezieht, vorbereitet, indem er

      1. Computerprogramme oder Vorrichtungen, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft oder einem anderen überlässt oder
      2. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen verschafft oder einem anderen überlässt,
        wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 149 Absatz 2 und 3 gilt entsprechend. § 152a Absatz 4 ist anwendbar.“

  • Neufassung des § 263a Abs. 3 StGB:

„(3) Wer eine Straftat nach Absatz 1 vorbereitet, indem er 

      1. Computerprogramme, deren Zweck die Begehung einer solchen Tat ist, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt oder
      2. Passwörter oder sonstige Sicherungscodes, die zur Begehung einer solchen Tat geeignet sind, herstellt, sich oder einem anderen verschafft, feilhält, verwahrt oder einem anderen überlässt,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Am 4. November 2020 veröffentliche die Bundesregierung ihren Regierungsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie. Er wurde am 11. Februar 2021 im Bundestag beschlossen. Der Bundesrat erhob in seiner Sitzung am 5. März 2021 keine Einwendungen und billigte das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/713 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates. Es wurde am 17. März 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet und trat am Tag nach seiner Verkündung in Kraft. 

 

 

 

 

 

 

 

Zweiter Strafkammertag in Würzburg, 26. September 2017 – Forderungskatalog der teilnehmenden Richter

 

Am 26. September 2017 fand in Würzburg der zweite Strafkammertag unter dem Motto „Gerechter Strafprozess braucht gute Gesetze“ statt. 80 Vorsitzende aus Strafkammern und Strafsenaten sowie viele Praktiker erarbeiteten Gesetzgebungsvorschläge, um den Strafprozesses weiter zu vereinfachen. Dabei ließen sie insbesondere ihre langjährige Erfahrung in der gerichtlichen Praxis mit einfließen.

Die Arbeitsgruppe „Zukunft des Strafprozesses“, in der sich die Präsidenten/innen des Bundesgerichtshofs, der Oberlandesgerichte und des Kammergerichts unter Leitung des Präsidenten des Oberlandesgerichts Bamberg Clemens Lückemann zusammengefunden haben, veröffentlichte am 26. September 2017 eine Pressemitteilung, in der sie gemeinsam mit den Teilnehmern des Strafkammertages einen Appell an die Politik richteten, eine Verbesserung des deutschen Strafprozesses in die Koalitionsvereinbarungen einzubeziehen. Clemens Lückemann: „Die deutsche Strafjustiz erhofft sich ein Signal von der Politik durch die Aufnahme etwa folgender Vereinbarung in einen abzuschließenden Koalitionsvertrag: Wir werden das Strafverfahren weiter praxisgerecht verbessern und die Wahrheitsfindung im Strafprozess erleichtern.“

Sechs Arbeitsgruppen, die sich aus den Teilnehmern des Strafkammertages zusammensetzten, haben hierzu Kernvorschläge erarbeitet, die anschließend im Plenum verabschiedet wurden.

Der Forderungskatalog lautet:

  1. Nach Befangenheitsanträgen – vor und während der Hauptverhandlung – soll die Hauptverhandlung bis zum übernächsten Verhandlungstag, mindestens aber für zwei Wochen fortgesetzt werden können.
  2. Entscheidung über Besetzungsrügen im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens, wobei die sofortige Beschwerde keine aufschiebende Wirkung entfaltet und die vom Beschwerdegericht getroffene Entscheidung für das Revisionsverfahren bindend ist.
  3. Unterbindung von „ins Blaue hinein“ gestellten Beweisanträgen durch erhöhte gesetzliche Anforderung an deren Begründung.
  4. Erweiterte Verlesbarkeit von Urkunden in Fällen – von Zeugenfragebögen/Strafanzeigen in gleichgelagerten Masseverfahren – von Berichten der Jugendgerichtshilfe und der Bewährungshilfe
  5. Revisionen sollen nur noch dann zulässig sein, wenn sie durch einen Verteidiger begründet werden, der die Sachrüge in gleicher Weise wie die Verfahrensrüge auszuführen hat. Die Revision gegen Entscheidungen der kleinen Strafkammer bedarf zusätzlich der Zulassung; die Sprungrevision wird abgeschafft.
  6. Das Verschlechterungsverbot bei Widerruf eines Geständnisses nach erfolgter Verständigung entfällt.
  7. Sofern mehrere Nebenkläger gleichgelagerte Interessen im Strafverfahren verfolgen, soll ihnen derselbe Rechtsbeistand bestellt werden. Dies ist in den Fällen des § 395 II Nr. 1 StPO in der Regel anzunehmen. Die Rechte aus §§ 68b und 406f StPO bleiben unberührt.
  8. Die Tatsachenfeststellungen und der Schuldspruch im Strafverfahren sollen eine Bindungswirkung in nachfolgenden Zivilverfahren entfalten.
  9. Wir fordern die Formulierung eines Anspruchs auf und eine Pflicht zur aufgabenorientierten Fortbildung (zeitnah, ortsnah, kompakt, nacharbeitsfrei) unter Berücksichtigung bei der Personalausstattung und tätigkeitsbegleitende Unterstützung durch Maßnahmen wie Coaching/Supervision gezielt für Strafrichter.
  10. Wir fordern zur Entlastung der Strafkammern und Professionalisierung der Pressearbeit eine gesetzliche Regelung, die gewährleistet, dass die Tätigkeit durch erfahrene, entsprechend geschulte und ausreichend freigestellte Mitarbeiter ausgeübt werden kann.
  11. Gerechter Strafprozess braucht gute Gesetze und zuverlässige technische Grundlagen. Die Verantwortlichen in Bund und Ländern werden aufgefordert, für die elektronische Akte im Strafprozess einheitliche Standards zu schaffen und einen reibungslosen Datenaustausch zwischen sämtlichen beteiligten Stellen zu gewährleisten. Zur Wahrung der Rechte aller Verfahrensbeteiligten auf informationelle Selbstbestimmung sollte in Abänderung der neu gefassten Regelungen Einsicht in die eAkte nur durch Rechtsanwälte oder im Gericht erfolgen. Der missbräuchliche Umgang mit den Daten muss verhindert werden.
  12. Die Möglichkeiten der eAkte zur Konzentration der Hauptverhandlung sollen umfassend geprüft werden, zum Beispiel für das Selbstleseverfahren und für die (Selbst-) Augenscheinseinnahme auch durch die Öffentlichkeit.

Der Forderungskatalog wird den entsprechenden Partei- und Fraktionsvorsitzenden mit der Bitte um Berücksichtigung in der kommenden Legislaturperiode weitergeleitet.

Am 25. Oktober 2017 veröffentlichte der Deutsche AnwaltVerein eine Stellungnahme und kritisierte die Beschlüsse des Strafkammertages zur Reform des Strafprozesses. Die Stellungnahme finden Sie hier.

Nunmehr ist die Abschlussdokumentation des 2. Strafkammertages als PDF-Dokument verfügbar. Sie enthält auf 96 Seiten u.a. die Impulsreferate und Protokolle zu den 6 Arbeitsgruppen sowie die vom Strafkammertag formulierten Vorschläge. die Dokumentation finden Sie hier.

 

 

KONTAKT
schriftleitung@kripoz.de

Herausgeber
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Prof. Dr. Bernd Heinrich
Prof. Dr. Anja Schiemann

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Wiss. Mit. Sabine Horn

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EDITORIAL

ALLGEMEINE BEITRÄGE

Das Gesetz zur Neugestaltung des BKAG im Jahr 2017
von Richter am BVerwG a.D. Prof. Dr. Kurt Graulich

Markierung von Personen mit "künstlicher DNA" im Strafverfahren
von Prof. Dr. Fredrik Roggan

STELLUNGNAHMEN ZU GESETZENTWÜRFEN

Zum Stand der Dinge in Sachen Europäischer Staatsanwaltschaft
von Rechtsanwalt und Privatdozent Dr. Peter Rackow

Die Neuregelungen im Umfeld des § 203 StGB
von Prof. Dr. Carsten Momsen und Wiss. Mit. Laura Iva Savić

Die Strafgesetzgebung zu Einzelrasern in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB
von Wiss. Mit. Felix Dahlke und Prof. Dr. Klaus Hoffmann-Holland

ENTSCHEIDUNGEN/ANMERKUNGEN

Fakultative Anordnung der Sicherungsverwahrung neben
lebenslanger Freiheitsstrafe zulässig

BGH, Urt. v. 28.6.2017 - 2 StR 178/16

Gemengelage und die legendierte Kontrolle
von OStA Dieter Kochheim

BUCHBESPRECHUNGEN

Urs Kindhäuser/Ulfried Neumann/Hans-Ulrich Paeffgen:
Strafgesetzbuch, Nomos Kommentar Band 1-3

von Prof. Dr. Anja Schiemann

Julia Hugendubel: Tätertypologien in der Wirtschaftskriminologie
von Prof. Dr. Anja Schiemann

TAGUNGSBERICHT

Das 4. Trierer Forum zum Recht der inneren Sicherheit (TRIFORIS)
von Wiss. Mit. Maren Wegner

 

Editorial

 

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Heft 5 der KriPoZ beginnt mit einem Aufsatz von Graulich mit dem Titel „Aufgaben und Befugnisse des Bundeskriminalamts im digitalen Rechtsraum“, in dem die Neufassung und Neugestaltung des BKAG beleuchtet wird.  Der Gesetzgeber hat mit dem Gesetz zur Neugestaltung des BKAG drei Ziele verfolgt, nämlich die Stärkung des Datenschutzes, die Harmonisierung zur Verbesserung des Informationsflusses zwischen den Polizeibehörden in Europa und die Modernisierung des BKA als Zentralstelle. 

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Aufgaben und Befugnisse des Bundeskriminalamts im digitalen Rechtsraum – Das Gesetz zur Neugestaltung des BKAG im Jahr 2017

von Prof. Dr. Kurt Graulich

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Abstract
Das Gesetz über das Bundeskriminalamt ist im Jahr 2017 umfassend neugestaltet worden. Es gibt wenige Bereiche von Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung, in denen es nicht um die Erhebung oder Verarbeitung personenbezogener Daten geht. Ihr Milieu ist der digitale Raum, der als Rechtsraum begriffen werden muss. Inhaltlich finden sich die Auswirkungen der Digitalisierung des gesellschaftlichen Lebens, die daran knüpfenden polizeilichen Maßnahmen und – ihnen auf dem Fuß folgend – eine grundlegende Veränderung des Datenschutzes en gros und en detail in der Novellierung des BKAG. Die Neufassung verhilft dem Gesetz zu einer Ausstattung mit sämtlichen derzeit bekannten polizeirechtlichen Typen von Aufgabenzuweisungen und Befugnisnormen. Durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die „hypothetische Datenneuerhebung“ zum Kriterium des subjektiven Datenschutzes im Sicherheitsrecht geworden und hat im novellierten BKAG seinen vielfältigen Ausdruck gefunden. Der objektive Datenschutz hat sich in zahlreichen neuen institutionellen Konstruktionen niedergeschlagen, deren nutzbringende Auswirkungen auf den einzelnen Rechtsbetroffenen sich allerdings noch erweisen müssen. Sämtliche seither mit Buchstabenzusätzen versehen gewesene Normen sind nunmehr in die Nummerierung des Paragraphenwerks einbezogen worden und verhelfen dem Gesetz dadurch zu einem geschlossenen Aussehen. Die Novellierung macht rechtspolitisch die Forderungen nach einem neuen „Musterentwurf für ein einheitliches Polizeigesetz“ überflüssig, denn das vorliegende BKAG ist dieses Muster.

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Die Markierung von Personen mit „künstlicher DNA“ im Strafverfahren – Über Maßnahmen mit der Gefahr von überschießenden Eingriffswirkungen

von Prof. Dr. Fredrik Roggan

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Abstract
Beim Einsatz von Markierungssystemen kann es sich um eine nach § 100h StPO zulässige Maßnahme im Zusammenhang mit der Observation von Straftatverdächtigen handeln. Jedoch erlangt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz besondere Bedeutung, wenn die Maßnahme nicht nur punktuell und auf Einzelpersonen bezogen durchgeführt werden soll. Überdies begründet er konkrete Kautelen für die Durchführung im Einzelfall und verbietet bestimmte, insbesondere massenhafte Einsätze („kDNA-Duschen“) vollständig. Unzulässig ist der Einsatz eines kDNA-Markierungssystems, wenn bzw. solange keine kurzfristige Möglichkeit zur Entfernung der Markierung nach dem Ende einer Observationsmaßnahme besteht.

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Zum Stand der Dinge in Sachen Europäischer Staatsanwaltschaft

von Rechtsanwalt und Privatdozent Dr. Peter Rackow

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Abstract
Soweit Rat und Europäisches Parlament einem entsprechenden Verordnungsentwurf zustimmen, wird die Europäische Staatsanwaltschaft im Rahmen einer Verstärkten Zusammenarbeit zwischen 20 Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, nun doch noch kommen. Der beim Rat liegende aktuelle Verordnungsentwurf des Jahres 2017 unterscheidet sich in nicht unwesentlichen Punkten von dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag aus dem Jahre 2013. Insbesondere ist der vorgesehene Aufbau der Europäischen Staatsanwaltschaft deutlich aufwändiger geworden. Zudem sind zurückhaltendere Handlungsmöglichkeiten der Europäischen Staatsanwaltschaft in den Mitgliedsstaaten vorgesehen. So wird sich die Europäische Staatsanwaltschaft im Falle der Umsetzung des aktuellen Entwurfs in ihren Ermittlungsbefugnissen konsequenter auf das jeweils nationale Recht verwiesen sehen. Bei grenzüberschreitenden Ermittlungen wird sie – bemerkenswerterweise abgesehen vom Europäischen Haftbefehl – keinen direkten Zugriff auf anerkennungsprinzipsbasierte Rechtsinstrumente haben und es sind die Spielräume der Mitgliedsstaaten gewachsen, in Fällen grenzüberschreitender Ermittlungen der Europäischen Staatsanwaltschaft im Ausland erhobene Beweise nicht zuzulassen. Was schließlich den Beschuldigten anbelangt, erneuert die aktualisierte Perspektive einer Europäischen Staatsanwaltschaft die alte Frage, ob als Gegengewicht eine institutionalisierte Europäische Strafverteidigung erforderlich wird.

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Daten-Outsourcing und IT-Compliance bei Berufsgeheimnisträgern – Die Neuregelungen im Umfeld des § 203 StGB

von Prof. Dr. Carsten Momsen und Wiss. Mit. Laura Iva Savić

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Abstract
Mit dem „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ ist es dem Gesetzgeber gelungen, die berufs- und strafrechtliche Grauzone beim Daten-Outsourcing zu beseitigen. Die Weitergabe von Daten an externe Dienstleister ist nun grundsätzlich von § 203 StGB-E gestattet. Gleichzeitig erweitert sich der Täterkreis um die externen Dienstleister. Zusätzlich hat der Gesetzgeber berufsrechtliche Compliance-Vorschriften festgelegt, die den Ruf nach Entwicklung verbindlicher IT-Sicherheitsstandards lauter werden lassen. Dieser Standards bedarf es in besonderer Weise im Datenverkehr mit ausländischen Anbietern, um unkalkulierbare Strafbarkeitsrisiken auszuschließen. Ferner bleibt abzuwarten, welche weiteren gesetzgeberischen Maßnahmen zur Harmonisierung des § 203 StGB mit §§ 53, 53a StPO folgen.

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Die Strafgesetzgebung zu „Einzelrasern“ in § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB

von Wiss. Mit. Felix Dahlke und Prof. Dr. Klaus Hoffmann-Holland

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Abstract
Der Gesetzentwurf des Bundesrates zur „Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr“ wurde im Rechtsausschuss um einen Tatbestand für „Einzelraser“ ergänzt. Die durch den Bundestag nun verabschiedete Fassung des § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB enthält als neues subjektives Merkmal die Formulierung „um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Die „höchstmögliche Geschwindigkeit“ ist allerdings keine feststehende Größe, sondern hängt vom konkreten Kraftfahrzeug und der konkreten (Verkehrs-, Straßen-, Wetter-, …) Situation ab. Damit sind Definitions- und Beweisprobleme ebenso vorgezeichnet wie mit der Formulierung „um … zu“, mit der nur unzureichend das gesetzgeberische Ziel, das objektive und subjektive Nachstellen von Kraftfahrzeugrennen als einzelner Fahrer unter Strafe zu stellen, erreicht wird.

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